Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite?

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[enigma]
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

Tibor hat geschrieben:
[enigma] hat geschrieben: Ich spreche von den Lehrern und insbesondere den Mitschülern, die sich friedlich den Polizeiautos in den Weg gestellt haben. Ich hätte das für einen Klassenkameraden oder Freund, der abgeschoben werden soll, wahrscheinlich auch gemacht. In einer solchen emotional aufgeladenen Situation mit "there`s a Rechtsschutz for that" zu kommen, ist doch wirklich sehr praxisfern.
Dann solltest du mal selbst deinen rechtsstaatlichen Kompass neu justieren.

Grundsätzlich sollte man nämlich davon ausgehen, dass die Staatsgewalt sich an Recht und Gesetz hält und nur vollziehbare Anordnungen durchsetzt. Wenn also ein Polizeibeamter (oder anderer Beamter) zum Vollzug schreitet und das ersichtlich keine Eilmaßnahme ist (bspw. auf der Demo), dann sollte man davon ausgehen, dass das richtig ist. Aber es ist ja mittlerweile schon en vogue Polizeibeamte bei ihren Amtshandlungen immer nach der Rechtmäßigkeit zu befragen ("Herr Oberwachtmeister, was machen Sie da, dürfen Sie das überhaupt?") bzw. gleich als außenstehender Dritter rumzumaulen ("Oh, die Polizei dein Freund und Helfer muss mal wieder Türen eintreten. Kann ja nicht sein."). Nein, das ist nicht richtig.
Sorry, aber das ist doch ne völlig andere Situation. Ich rede nicht davon, Polizeibeamte grundsätzlich zu missachten oder ihnen Widerstand zu leisten. Ich habe lediglich Verständnis für die Schüler, die die Abschiebung ihres Mitschülers und/oder Freundes, den sie schon seit Jahren kennen, zu verhindern suchen, indem sie friedlich (!) Widerstand leisten. In der Situation kann man weder erwarten, dass die Schüler eine juristische Prüfung der Rechtsmäßigkeit der Polizeimaßnahme vornehmen, noch dass sie aus bloßer Obrigkeitshörigkeit zur Seite treten. Das hat wie gesagt nichts mit grundsätzlichem Widerstand gegen die Staatsgewalt zu tun. Und auch nicht mit unbeteiligten Fremden, die Polizeibeamte bei der Arbeit anpöbeln. Sondern mit Solidarität und Loyalität in einer emotionalen Ausnahmesituation. Da tatsächlich Bestrafung für die Schüler zu fordern, ist mE völlig daneben.

Vielmehr sollte man darüber nachdenken, solche Situationen zu vermeiden, indem man etwa nicht mehr aus der Schule (die ja angeblich Schutzraum sein soll) abschiebt.
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Tibor
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von Tibor »

Ich finde es nicht gut, wenn man sich - auch friedlich - der Polizei in den Weg setzt, um deren Vollstreckungsmaßnahme "zu verhindern" (oder wie man es schreiben will). Es ist eben Widerstand, wenn auch passiv. Ich spreche ja nicht von aggressivem Widerstand, es geht einfach darum, dass es schwer zum Rechtsstaat passt, wenn man sich als Unbeteiligter in einen Vollstreckungsprozess "einmischt". Man kann ja gern demonstrieren; ggf. hätten die Schüler ja auch mal vorher vor der Ausländerbehörde o.ä. demonstrieren können. Aber dann aktiv werden, wenn alle Bescheide mutmaßlich bestandskräftig sind, ist nicht das was ich unter demokratischer Teilhabe und Meinungsfreiheit verstehe. Und es ist vielleicht nicht das gleiche, wie in meinen anderen Beispielen, aber es deutet alles in die Richtung. Wer als Schüler sich schon der Polizei in nicht eigenen Verfahren widersetzt, der hat auch später sicherlich weniger Scheu dies wieder zu tun. Ich halte dies für keine gute Entwicklung, wenn dann diverse Verbände diese Jugendlichen noch loben und die Polizei nur kritisiert wird.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

Tibor hat geschrieben:Man kann ja gern demonstrieren; ggf. hätten die Schüler ja auch mal vorher vor der Ausländerbehörde o.ä. demonstrieren können. Aber dann aktiv werden, wenn alle Bescheide mutmaßlich bestandskräftig sind, ist nicht das was ich unter demokratischer Teilhabe und Meinungsfreiheit verstehe.
Afaik wussten die Schüler nichts vom Abschiebungsverfahren. Und derartige rechtliche Erwägungen spielen in einer emotional derart aufgeladenen Situation eben auch keine Rolle mehr. Das Verhalten der Schüler mag rechtswidrig gewesen sein, es ist aber menschlich nachvollziehbar, dass sie in der Aktion eine extreme Ungerechtigkeit gesehen haben und ihren Freund schützen wollten. Ob das objektiv zutrifft, ist egal. Das ist wie gesagt ne völlig andere Situation, als bei Fremden die Polizisten angreifen, weil die gerade ne Verhaftung durchführen und die Polizei eben der Feind ist.
Tibor hat geschrieben:Und es ist vielleicht nicht das gleiche, wie in meinen anderen Beispielen, aber es deutet alles in die Richtung. Wer als Schüler sich schon der Polizei in nicht eigenen Verfahren widersetzt, der hat auch später sicherlich weniger Scheu dies wieder zu tun. Ich halte dies für keine gute Entwicklung, wenn dann diverse Verbände diese Jugendlichen noch loben und die Polizei nur kritisiert wird.
Nein, es deutet nicht in die Richtung. In deinen anderen Beispiel geht es um eine staats- und polizeifeindliche Einstellung. Im konkreten Fall um die Verzweiflung und Verletzung des Gerechtigkeitsempfindens persönlich (aufgrund ihrer Freundschaft) betroffener Schüler. Ganz gewaltiger Unterschied. Dass die Situation dann auch von Chaoten und Gewalttätern ausgenutzt wurde, ist tatsächlich ein Problem und die müssen bestraft werden. Ich finde aber wie gesagt schon, dass man da differenzieren muss und diese Idioten nicht mit dem passiven Widerstand der Schüler in einen Topf werfen darf.
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Tibor
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von Tibor »

[enigma] hat geschrieben:Afaik wussten die Schüler nichts vom Abschiebungsverfahren. Und derartige rechtliche Erwägungen spielen in einer emotional derart aufgeladenen Situation eben auch keine Rolle mehr.
Das ist ja das was ich kritisiere: Keine Ahnung in der Sache, aber sich mal der Polizei in den Weg stellen. Es geht mir um die Haltung, die aus solch einer - auch in einer emotionalen Lage - Handlung spricht. Die subjektiven Gefühle (kann ja nicht sein) werden hier überbewertet. Auch wenn man in einer angespannten emotionalen Lage ist, sollte man in Anbetracht von Uniformen mal überlegen, was man macht. Es ist ein Mitschüler, aber auch nur ein Mitschüler, kein Familienmitglied, kein entfernter Angehöriger.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

Tibor hat geschrieben:
[enigma] hat geschrieben:Afaik wussten die Schüler nichts vom Abschiebungsverfahren. Und derartige rechtliche Erwägungen spielen in einer emotional derart aufgeladenen Situation eben auch keine Rolle mehr.
Das ist ja das was ich kritisiere: Keine Ahnung in der Sache, aber sich mal der Polizei in den Weg stellen. Es geht mir um die Haltung, die aus solch einer - auch in einer emotionalen Lage - Handlung spricht. Die subjektiven Gefühle (kann ja nicht sein) werden hier überbewertet. Auch wenn man in einer angespannten emotionalen Lage ist, sollte man in Anbetracht von Uniformen mal überlegen, was man macht. Es ist ein Mitschüler, aber auch nur ein Mitschüler, kein Familienmitglied, kein entfernter Angehöriger.
Aber für viele auch ein Freund, den sie seit Jahren kennen und täglich sehen. Das ist mehr als ein simples "kann ja nicht sein" ohne weitere Informationen und persönliche Betroffenheit. Solche Situationen entstehen eben, wenn man an der Praxis festhält, Kinder direkt aus dem Unterricht abzuschieben. Das mag aus praktischen Erwägungen effizient sein, aber es schafft eben auch Probleme, insbesondere weil die Schule als Schutzraum in Frage gestellt wird. Kinder, insbesondere ausländische Kinder, die das einmal miterlebt haben, verbringen den Rest ihrer Schulzeit in der ewigen Angst, dass ihnen das gleiche passiert.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von Tibor »

[enigma] hat geschrieben:... Kinder, insbesondere ausländische Kinder, die das einmal miterlebt haben, verbringen den Rest ihrer Schulzeit in der ewigen Angst, dass ihnen das gleiche passiert.
Ja, aber es trifft auch nur Kinder, die keinen Titel und keine Duldung haben. Es ist dann eben die Aufgabe der Eltern bzw. anderer Sorgeberechtigter, das Kind auf die Abschiebesituation vorzubereiten. Es besteht ja auch die Möglichkeit der Ausreiseverfügung allein folge zu leisten. Oder willst du nun Kinder der Minderjährigkeit wegen nicht abschieben?
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von julée »

[enigma] hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:Und es ist vielleicht nicht das gleiche, wie in meinen anderen Beispielen, aber es deutet alles in die Richtung. Wer als Schüler sich schon der Polizei in nicht eigenen Verfahren widersetzt, der hat auch später sicherlich weniger Scheu dies wieder zu tun. Ich halte dies für keine gute Entwicklung, wenn dann diverse Verbände diese Jugendlichen noch loben und die Polizei nur kritisiert wird.
Nein, es deutet nicht in die Richtung. In deinen anderen Beispiel geht es um eine staats- und polizeifeindliche Einstellung. Im konkreten Fall um die Verzweiflung und Verletzung des Gerechtigkeitsempfindens persönlich (aufgrund ihrer Freundschaft) betroffener Schüler. Ganz gewaltiger Unterschied. Dass die Situation dann auch von Chaoten und Gewalttätern ausgenutzt wurde, ist tatsächlich ein Problem und die müssen bestraft werden. Ich finde aber wie gesagt schon, dass man da differenzieren muss und diese Idioten nicht mit dem passiven Widerstand der Schüler in einen Topf werfen darf.
Jein, staatsbürgerliches Engagement und kritisches Denken gegenüber der Obrigkeit in allen Ehren: Ein solches Verhalten - so verständlich es möglicherweise sein mag - zeigt die nicht nur latente Bereitschaft, das Ergebnis rechtsstaatlicher Verfahren nicht zu akzeptieren und vielmehr - im Wesentlichen ohne echte Sachverhaltskenntnis - die eigenen Vorstellungen von richtig/falsch bzw. rechtmäßig/rechtswidrig mittels Widerstands gegen die Staatsgewalt durchzusetzen. Bei nächster Gelegenheit ist es dann der dreifach vorbestrafte Drogendealer dessen Festnahme / Abschiebung verhindert werden muss, weil die Polizei bestimmt völlig unrechtmäßig handelt.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

Tibor hat geschrieben:
[enigma] hat geschrieben:... Kinder, insbesondere ausländische Kinder, die das einmal miterlebt haben, verbringen den Rest ihrer Schulzeit in der ewigen Angst, dass ihnen das gleiche passiert.
Ja, aber es trifft auch nur Kinder, die keinen Titel und keine Duldung haben. Es ist dann eben die Aufgabe der Eltern bzw. anderer Sorgeberechtigter, das Kind auf die Abschiebesituation vorzubereiten. Es besteht ja auch die Möglichkeit der Ausreiseverfügung allein folge zu leisten. Oder willst du nun Kinder der Minderjährigkeit wegen nicht abschieben?
Ich will Kinder vor allem nicht in der Schule in Gewahrsam nehmen und dann abschieben lassen, selbst wenn die Abschiebung gerechtfertigt ist. Dass die Eltern für die Situation verantwortlich sind, ist richtig. Dafür können die Kinder aber nichts. Abschiebungen sind nie einfach. Sie sind aber aus der Schule besonders schlimm. Das traumatisiert nicht nur die betroffenen Kinder mehr, als es unbedingt nötig wäre, sondern zieht eben auch noch weitere Kinder mit rein und kann wie gesehen leicht eskalieren. Übrigens trifft man damit nur die Kinder, die tatsächlich in die Schule gehen, nicht diejenigen, die schwänzen und stattdessen am Bahnhof kiffen.

Ich hätte nicht mal was dagegen, die Ingewahrsamnahme in der Schule als ultima ratio zu nutzen, wenn man der Person auf anderem Wege, etwa zuhause, tatsächlich nicht habhaft werden kann. Das ist aber in den meisten Fällen, insbesondere im von mir zitierten Fall nicht so. Da werden die Kinder gezielt aus der Schule geholt, weil die Wahrscheinlichkeit, sie dort anzutreffen am Größten ist, was wie gesagt erstens nur für halbwegs integrierte Kinder gilt und zweitens außer Acht lässt, dass die Belastung für das Kind und andere Schüler dadurch deutlich höher ist.

Dass Minderjährigkeit alleine kein Argument gegen Abschiebung ist, stimmt natürlich. Gelungene (!) Integration sollte aber zumindest ein starkes Argument dagegen sein. Auch deshalb finde ich Abschiebungen aus der Schule grundsätzlich und im von mir zitierten Fall der Schülerin aus Nepal im Speziellen falsch. Und das Ungerechtigkeitsempfinden der Schüler kann ich in diesem Fall sehr gut nachvollziehen und halte das für eine völlig normale, menschlich richtige Reaktion. Den Kindern wird in der Schule richtigerweise beigebracht, dass die Herkunft eines Schülers keine Rolle für deren Platz in der Gemeinschaft spielen darf. Das wird mit solchen Polizeiaktionen, für die letztendlich aber nicht die Polizei, sondern die Politik verantwortlich ist, völlig konterkariert.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

julée hat geschrieben:
[enigma] hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:Und es ist vielleicht nicht das gleiche, wie in meinen anderen Beispielen, aber es deutet alles in die Richtung. Wer als Schüler sich schon der Polizei in nicht eigenen Verfahren widersetzt, der hat auch später sicherlich weniger Scheu dies wieder zu tun. Ich halte dies für keine gute Entwicklung, wenn dann diverse Verbände diese Jugendlichen noch loben und die Polizei nur kritisiert wird.
Nein, es deutet nicht in die Richtung. In deinen anderen Beispiel geht es um eine staats- und polizeifeindliche Einstellung. Im konkreten Fall um die Verzweiflung und Verletzung des Gerechtigkeitsempfindens persönlich (aufgrund ihrer Freundschaft) betroffener Schüler. Ganz gewaltiger Unterschied. Dass die Situation dann auch von Chaoten und Gewalttätern ausgenutzt wurde, ist tatsächlich ein Problem und die müssen bestraft werden. Ich finde aber wie gesagt schon, dass man da differenzieren muss und diese Idioten nicht mit dem passiven Widerstand der Schüler in einen Topf werfen darf.
Jein, staatsbürgerliches Engagement und kritisches Denken gegenüber der Obrigkeit in allen Ehren: Ein solches Verhalten - so verständlich es möglicherweise sein mag - zeigt die nicht nur latente Bereitschaft, das Ergebnis rechtsstaatlicher Verfahren nicht zu akzeptieren und vielmehr - im Wesentlichen ohne echte Sachverhaltskenntnis - die eigenen Vorstellungen von richtig/falsch bzw. rechtmäßig/rechtswidrig mittels Widerstands gegen die Staatsgewalt durchzusetzen. Bei nächster Gelegenheit ist es dann der dreifach vorbestrafte Drogendealer dessen Festnahme / Abschiebung verhindert werden muss, weil die Polizei bestimmt völlig unrechtmäßig handelt.
Wenn Familie oder Freunde des Drogendealers versuchen, die Verhaftung zu verhindern, indem sie sich friedlich vor das Polizeiauto stellen, hätte ich tatsächlich kein Problem damit. Würde ich für meinen Sohn oder Freund auch machen. Wenn das unbeteiligte Passanten machen, nur weil gerade ne Festnahme stattfindet und alle Polizisten Faschisten sind, wäre das in der Tat zu missbilligen. Das ist hier gerade der Unterschied. Natürlich entstehen zwischen ausländischen und deutschen Kindern in der Schule Freundschaft und Loyalitäten und natürlich ist das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb einer funktionierenden Schule oder Klasse größer, als beispielsweise in einer Nachbarschaft. Das wird durch die Lehrer völlig zu Recht auch aktiv gefördert. Das wirkt sich dann eben aus, wenn diesen Kindern etwas widerfährt, was auf deren Freunde wie eine extreme Ungerechtigkeit wirken muss.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von Tibor »

Ich bin da jetzt kein großer Kenner, aber ist es nicht eine Straftat/Owi, wenn man als ausreisepflichtiger nicht ausreist?
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von julée »

[enigma] hat geschrieben:Wenn Familie oder Freunde des Drogendealers versuchen, die Verhaftung zu verhindern, indem sie sich friedlich vor das Polizeiauto stellen, hätte ich tatsächlich kein Problem damit. Würde ich für meinen Sohn oder Freund auch machen. Wenn das unbeteiligte Passanten machen, nur weil gerade ne Festnahme stattfindet und alle Polizisten Faschisten sind, wäre das in der Tat zu missbilligen. Das ist hier gerade der Unterschied. Natürlich entstehen zwischen ausländischen und deutschen Kindern in der Schule Freundschaft und Loyalitäten und natürlich ist das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb einer funktionierenden Schule oder Klasse größer, als beispielsweise in einer Nachbarschaft. Das wird durch die Lehrer völlig zu Recht auch aktiv gefördert. Das wirkt sich dann eben aus, wenn diesen Kindern etwas widerfährt, was auf deren Freunde wie eine extreme Ungerechtigkeit wirken muss.
Allein mit Loyalität und Freundschaft wird man solche Phänomene nicht erklären können. Für ca. 90 % der Beteiligten wird es nicht um "den Freund" oder "den Klassenkameraden" gegangen sein, sondern darum, "dagegen" zu sein und in der ersten Reihe zu stehen.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

Tibor hat geschrieben:Ich bin da jetzt kein großer Kenner, aber ist es nicht eine Straftat/Owi, wenn man als ausreisepflichtiger nicht ausreist?
Ja. Man wird einem 15jährigen Kind aber kaum vorwerfen können, ohne seine Eltern auszureisen. Dass die Eltern in diesen Fällen für die Misere selbst verantwortlich sind, ebenfalls nicht. In solchen Fällen mag die Abschiebung der gesamten Familie trotzdem geboten sein. Es geht mir in erster Linie um die Art und Weise, nämlich die Stigmatisierung und Traumatisierung (nicht nur) ausländischer Kinder durch Abschiebungen aus der Schule, mit denen man sie behandelt wie Schwerkriminelle.

Ein zB. türkischer Schüler, der mitbekommt, wie der tunesische Mitschüler aus dem Unterricht geholt wird, wird den Rest seiner Schulzeit in der Panik verbringen, der nächste zu sein. Selbst dann, wenn er objektiv nichts zu befürchten hat, weil seine Eltern alles richtig gemacht haben.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

julée hat geschrieben:
[enigma] hat geschrieben:Wenn Familie oder Freunde des Drogendealers versuchen, die Verhaftung zu verhindern, indem sie sich friedlich vor das Polizeiauto stellen, hätte ich tatsächlich kein Problem damit. Würde ich für meinen Sohn oder Freund auch machen. Wenn das unbeteiligte Passanten machen, nur weil gerade ne Festnahme stattfindet und alle Polizisten Faschisten sind, wäre das in der Tat zu missbilligen. Das ist hier gerade der Unterschied. Natürlich entstehen zwischen ausländischen und deutschen Kindern in der Schule Freundschaft und Loyalitäten und natürlich ist das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb einer funktionierenden Schule oder Klasse größer, als beispielsweise in einer Nachbarschaft. Das wird durch die Lehrer völlig zu Recht auch aktiv gefördert. Das wirkt sich dann eben aus, wenn diesen Kindern etwas widerfährt, was auf deren Freunde wie eine extreme Ungerechtigkeit wirken muss.
Allein mit Loyalität und Freundschaft wird man solche Phänomene nicht erklären können. Für ca. 90 % der Beteiligten wird es nicht um "den Freund" oder "den Klassenkameraden" gegangen sein, sondern darum, "dagegen" zu sein und in der ersten Reihe zu stehen.
Woher weißt du das? In beiden Fällen ging die Situation direkt von den Klassenkameraden aus. Dann haben sich erst weitere Schüler und schließlich linksradikale Straftäter eingemischt. Ich bin der Meinung, man muss hier jeweils differenzieren. Sich auf die Seite eines Mitschülers zu stellen, um dessen Abschiebung zu verhindern, ist für mich nicht mißbilligenswert, für andere hier offensichtlich schon. Man muss auch beachten, dass diese Schüler keine Ahnung von der Existenz eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens haben. Dass die Schüler, die sich aus reiner Lust auf Action oder Hass auf die Polizei beteiligt haben und dann teilweise auch gewalttätig wurden, falsch gehandelt haben und bestraft werden müssen, bestreitet hier wohl niemand.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von julée »

[enigma] hat geschrieben:
julée hat geschrieben:
[enigma] hat geschrieben:Wenn Familie oder Freunde des Drogendealers versuchen, die Verhaftung zu verhindern, indem sie sich friedlich vor das Polizeiauto stellen, hätte ich tatsächlich kein Problem damit. Würde ich für meinen Sohn oder Freund auch machen. Wenn das unbeteiligte Passanten machen, nur weil gerade ne Festnahme stattfindet und alle Polizisten Faschisten sind, wäre das in der Tat zu missbilligen. Das ist hier gerade der Unterschied. Natürlich entstehen zwischen ausländischen und deutschen Kindern in der Schule Freundschaft und Loyalitäten und natürlich ist das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb einer funktionierenden Schule oder Klasse größer, als beispielsweise in einer Nachbarschaft. Das wird durch die Lehrer völlig zu Recht auch aktiv gefördert. Das wirkt sich dann eben aus, wenn diesen Kindern etwas widerfährt, was auf deren Freunde wie eine extreme Ungerechtigkeit wirken muss.
Allein mit Loyalität und Freundschaft wird man solche Phänomene nicht erklären können. Für ca. 90 % der Beteiligten wird es nicht um "den Freund" oder "den Klassenkameraden" gegangen sein, sondern darum, "dagegen" zu sein und in der ersten Reihe zu stehen.
Woher weißt du das? In beiden Fällen ging die Situation direkt von den Klassenkameraden aus. Dann haben sich erst weitere Schüler und schließlich linksradikale Straftäter eingemischt. Ich bin der Meinung, man muss hier jeweils differenzieren. Sich auf die Seite eines Mitschülers zu stellen, um dessen Abschiebung zu verhindern, ist für mich nicht mißbilligenswert, für andere hier offensichtlich schon. Man muss auch beachten, dass diese Schüler keine Ahnung von der Existenz eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens haben. Dass die Schüler, die sich aus reiner Lust auf Action oder Hass auf die Polizei beteiligt haben und dann teilweise auch gewalttätig wurden, falsch gehandelt haben und bestraft werden müssen, bestreitet hier wohl niemand.
Und woher weißt Du, dass es anders war?
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

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Aus der Berichterstattung über die beiden Fälle und Interviews mit den Mitschülern. Und wie gesagt bestreite ich nicht, dass es da auch Chaoten gab, die die Situation ausgenutzt haben. Um die geht es hier aber nicht. Als erstes haben die Mitschüler friedlichen Widerstand durch Sitzblockaden geleistet.
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