Kein Interesse an Fußball?

[thh]

Klingt banal, aber so unwesentlich ist es gar nicht: ich habe manchmal das Gefühl, ich sei der Einzige (m) in der Branche, der keinerlei Interesse an Fußball hat.

Lass Dir versichert sein: Du bist es nicht - und Dein Gefühl gilt nicht nur für "die Branche", sondern für die Gesamtbevölkerung.

Das ist tatsächlich ein gewisses Problem, da man selbst so schnell zum Außenseiter wird.

Ist das so? Den Eindruck habe ich eigentlich nicht so sehr - oder ich habe mich daran gewöhnt, weil mich der ganze Sport-Quatsch noch nie interessiert hat. Ich wäre jedenfalls nie auf die Idee gekommen, mich deshalb über Fußballfragen zu belesen.

(Problematischer wäre es m.E., wenn man nicht gerne mal einen Trinken geht ... Oder zwei oder drei ...)

[Pillendreher]

Basketball, nicht Fußball!

[Micha79]

Bedauerlicherweise gibt es schon Fälle, wo es sich auswirken kann, zB wenn man in der Großkanzlei einen Kotzbrockenpartner erwischt hat, der dann Beinahe-Mobbing in Form dümmlich-sarkastischer Kommentare loslässt (und dessen Speichelleckerassociates sich anschließen). Natürlich sollte man solche Arbeitsplätze möglichst meiden, aber das lässt sich nicht immer vermeiden. Am besten nicht mit Nicht-Interesse prahlen; ggf. hilft es, interessiert Fragen zu stellen und die "Experten" dann mit ihrem Wissen glänzen zu lassen.

[[enigma]]

In der mündlichen Prüfung im Assessorexamen hatte ich eine rein männliche Kommission, auch die drei Kandidaten waren männlich. Der Vorsitzende begann die Prüfung im Zivilrecht mit den Worten "da wir hier unter uns sind, ein kleiner Fall aus dem Fußball".

Es ging um § 823 bei Sportverletzungen im Zweikampf. Aufgrund der geschilderten Umstände des Einzelfalls (Kreisligaspiel, Torraumszene, Angreifer geht mit gesenktem Kopf zum Kopfball, Verteidiger trifft ihn mit hohem Bein am Kopf) konnte man hier wunderbar argumentieren, auch ohne vertiefte Fachkenntnisse im Fußball.

Ein Mitkandidat, bei dem die Prüfung nicht gut lief, beschwerte sich am Ende trotzdem dass das sehr unfair gewesen sei, weil er nun mal kein Fußballfan sei und von dem Sport keine Ahnung habe.

Die Moral der Geschichte: Es lohnt sich im Leben irgendwann immer, sich für Fußball zu interessieren. Desinteresse wird - völlig zu recht - hart bestraft. Das ist ein wichtiges Korrektiv der Gesellschaft, um verschrobene Eigenbrötler auszugrenzen, die eh nur Ärger machen. Wer sich selbst für so besonders und individuell hält, dass ihn dieser ganze profane Mainstreamquatsch nichts anzugehen habe, hat es auch nicht anders verdient. Für Fußball hat man sich zu interessieren!

[julée]

Es ging um § 823 bei Sportverletzungen im Zweikampf. Aufgrund der geschilderten Umstände des Einzelfalls (Kreisligaspiel, Torraumszene, Angreifer geht mit gesenktem Kopf zum Kopfball, Verteidiger trifft ihn mit hohem Bein am Kopf) konnte man hier wunderbar argumentieren, auch ohne vertiefte Fachkenntnisse im Fußball.

Es dürfte gleichwohl höchst hilfreich sein, zu wissen, was in der Kreisliga noch "normal" ist und was nicht. Ich erinnere mich an eine Verhandlung, in der es um einen Skiunfall ging und ich die Einzige im Raum war, die noch nie Ski gefahren ist.

Die Moral der Geschichte: Es lohnt sich im Leben irgendwann immer, sich für Fußball zu interessieren. Desinteresse wird - völlig zu recht - hart bestraft. Wer sich selbst für so besonders und individuell hält, dass ihn dieser ganze profane Mainstreamquatsch nichts anzugehen habe, hat es auch nicht anders verdient. Für Fußball hat man sich zu interessieren!

Nein, man muss sich nicht für alles interessieren und muss auch nicht von allem Ahnung haben.

[Honigkuchenpferd]

Nein, man muss sich nicht für alles interessieren und muss auch nicht von allem Ahnung haben.

Wie? Du bist immer noch keine Expertin für Schimmbagger?

[Honigkuchenpferd]

Ich hatte übrigens auch mal eine Strafrechtsklausur, der vier (?) Seiten Auszüge aus den FIS-Regeln und zugehörigen Erläuterungen beilagen. Beruhte anscheinend auf dem Fall Althaus.

[[enigma]]

Nein, man muss sich nicht für alles interessieren und muss auch nicht von allem Ahnung haben.

Fußball ist aber nicht irgendwas und schon gar nicht mit Randsportarten wie Skifahren zu vergleichen. Fußball ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammen hält. Außerdem können gerade Juristen etwa an strittigen Abseitsfragen hervorragend ihre Subsumtionstechniken schärfen.

[[enigma]]

Ich hatte übrigens auch mal eine Strafrechtsklausur, der vier (?) Seiten Auszüge aus den FIS-Regeln und zugehörigen Erläuterungen beilagen. Beruhte anscheinend auf dem Fall Althaus.

Im Probeexamen fürs erste Examen lief der Hoyzer-Fall. Auch da haben (vor allem Kolleginnen) Panik bekommen, weil sie doch keine Ahnung von Fußball haben.

[Honigkuchenpferd]

In diesem FIS-Fall wären nähere Vorstellungen übers Ski-Fahren aber schon hilfreich gewesen. Bei dem Hoyzer-Fall braucht man ja erkennbar keine Ahnung von Fußball zu haben.

Allgemein gilt halt: Wissen über alle möglichen Dinge kann in Jura hilfreich sein.

[julée]

Nein, man muss sich nicht für alles interessieren und muss auch nicht von allem Ahnung haben.

Wie? Du bist immer noch keine Expertin für Schimmbagger?

Du meinst Schwimmbagger? Nee, war aber auch nicht nötig. Die Parteien haben sich auch so verglichen (oder gerade deswegen?).

Nein, man muss sich nicht für alles interessieren und muss auch nicht von allem Ahnung haben.

Fußball ist aber nicht irgendwas und schon gar nicht mit Randsportarten wie Skifahren zu vergleichen. Fußball ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammen hält. Außerdem können gerade Juristen etwa an strittigen Abseitsfragen hervorragend ihre Subsumtionstechniken schärfen.

Etwas weniger Pathos geht nicht, oder?

[Honigkuchenpferd]

Du meinst Schwimmbagger? Nee, war aber auch nicht nötig. Die Parteien haben sich auch so verglichen (oder gerade deswegen?).

Ja, sorry, das "w" ist irgendwie verloren gegangen... Ich dachte, das wäre ein Klausurfall gewesen?

http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php ... 45#p748961

[julée]

Du meinst Schwimmbagger? Nee, war aber auch nicht nötig. Die Parteien haben sich auch so verglichen (oder gerade deswegen?).

Ja, sorry, das "w" ist irgendwie verloren gegangen... Ich dachte, das wäre ein Klausurfall gewesen?

http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php ... 45#p748961

Beides. In einer Verwaltungsklausur machte so ein "Ding" Probleme im Hafenbecken; im real life wurde ein Schwimmbagger verkauft, wobei ich immerhin herausgefunden habe, dass das Ding offensichtlich schwimmen kann.

[Honigkuchenpferd]

Ich habe mir ja tatsächlich nach unserer Unterhaltung dazu die Wikipedia-Artikel zu diesem Thema auf Deutsch und Englisch durchgelesen. Man weiß ja nie, wann einem ein solcher Schwimmbagger mal begegnen wird.

[thh]

Die Moral der Geschichte: Es lohnt sich im Leben irgendwann immer, sich für Fußball zu interessieren.

Das kann man nicht ausschließen - es gibt aber eine ganze Reihe von Bereichen, in denen es sich sehr viel öfter, unmittelbarer und umfangreicher lohnt, wenn man insoweit über ein gewisses Interesse und vor allem die damit verbundenen Kenntnisse verfügt. Jura, Medizin und IT gehören dazu.

Wer sich selbst für so besonders und individuell hält, dass ihn dieser ganze profane Mainstreamquatsch nichts anzugehen habe, hat es auch nicht anders verdient. Für Fußball hat man sich zu interessieren!

Man kann sich die Vorliebe für Ballermann und Fußball natürlich auch schönreden.

Fußball ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammen hält.

Fußball ist eine Ausrede für Saufen und Randale - und eine weitgehend anerkannte Möglichkeit, Nationalismus auszuleben.

Freilich ist das besser, als - wie 100 Jahre früher - in den Krieg zu ziehen, aber gut oder gar des allgemeinen Interesses wert wird es damit auch noch nicht.