Lange Arbeitszeiten

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Tulipe
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Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Tulipe »

Hallo zusammen,

ich bin neu hier und auch keine Juristin, aber mit einem verheiratet. ;)

Mein Mann arbeitet seit ca. 3 Jahren in einer Großkanzlei und kann in der Regel zwischen 20:30/21:30 Uhr seine Arbeit niederlegen . Er kommt dann meist 30-40 min später nach Hause. Am nächsten Tag steht er gegen 7 auf. Es gibt aber auch mal Wochen, wo er deutlich länger arbeiten muss. Daher bleibt uns in der Woche nicht viel Paarzeit und wir müssen alles aufs Wochenende verschieben (Einkaufen, Ausgehen, Eltern besuchen etc.).

Bisher konnte ich mich mit seinen Arbeitszeiten arrangieren. Langsam kommen mir aber Bedenken, da wir nächstes Jahr gerne Eltern werden wollen. Wenn er in diesem Beruf bleibt, wäre ich die meiste Zeit wohl „alleinerziehend“ und unser/e Kind/er hätten nur am Wochenende etwas von ihrem Papa. Irgendwie hatten wir es uns früher anders vorgestellt. Ich könnte zwar dank unseren Eltern, die in der Nähe wohnen, nach 1-2 Jahren wieder arbeiten gehen. Allerdings wäre es schon schöner, wenn wir beide gleich viel für unser/e Kind/er da sein könnten. Mein Mann meinte, er könne sich vielleicht 1-2 Monate Elternzeit nehmen, um mich zu unterstützen. Es ist mir zwar klar, dass er sich in seinem Beruf nicht einfach 1-2 Jahre Elternzeit nehmen kann. Trotzdem stimmt mich diese Tatsache irgendwie traurig. Daher wollte ich gerne wissen, wie der Familienalltag bei einigen hier im Forum aussieht, die solche Arbeitszeiten haben wie mein Mann und schon Kinder haben. Könnt ihr aktiv am Familienleben teilnehmen oder übernimmt ein Partner hauptsächlich die Erziehung? Findet ihr meine Bedenken nachvollziehbar?

Mit meinem Mann habe ich hierüber bereits geredet. Wenn er mal meinte, dass ihm momentan auf Arbeit alles zu viel sei, habe ich ihm gesagt, dass er zu einer Behörde oder an ein Gericht wechseln könnte. Da hätte man geregelte Arbeitszeiten. Er meint dann aber, dass er gerne als Anwalt dort arbeite, der Bereich super sei und er von selbst nicht woanders hin wechseln möchte. Solche Tage gäbe es halt auch. Wenn ich jedoch langfristig mit seinen Arbeitszeiten nicht klar kommen sollte, dann würde er sich natürlich etwas Anderes suchen. Schließlich hätte ich stets Priorität. Das möchte ich wiederum nicht. Er soll meinetwegen nicht einen Job aufgeben, den er gerne tut.
Bevor wir geheiratet haben, waren wir uns einig, dass er nur 1-2 Jahre in einer Großkanzlei arbeiten würde, damit wir ein größeres finanzielles Polster für die Familiengründung hätten. Ihm hat es dann dort aber so gefallen, dass er da letztlich blieb. Ich dachte dann, dass die Arbeitszeiten mit der Zeit besser werden würden, wenn er mehr Routine hätte. Doch das ist leider nicht der Fall. ::?
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Muirne
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Muirne »

Schwierige Situation. Zur Vereinbarkeit kann ich dir nichts weiter sagen, da werden dir andere hier aber sicher berichten können.
Generell finde ich eure Situation auch deshalb schwierig, weil nur du ein Problem mit seinen Arbeitszeiten zu haben scheinst und er sich mit dem klassischen Rollenbild wohl sehr gut anfreunden kann. Ich sehe die Gefahr, dass hier immer einer unglücklich ist und sich nach dem anderen richtet. Eine Lösung habe ich nicht. Generell sollten Abmachungen zwar nicht in Stein gemeißelt sein, dich der Kindererziehung zu überlassen, scheint mir in der Situation allerdings auch nicht fair. Die Arbeitszeiten reduzieren geht wohl auch in der GK, aber dann wird es schwer mit Partnertrack.
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scndbesthand
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Lange Arbeitszeiten

Beitrag von scndbesthand »

M.E. einer der kompliziertesten Fragen der Beziehungs- und Lebenskonfiguration in Partnerschaften mit stark unterschiedlichen Arbeitszeiten. Dauerhaft zufriedenstellende Lösungen bieten Kanzleien da meines Erachtens in der Regel einfach nicht. Man muss sich irgendwann ernsthaft die Frage stellen, ob es nicht lieber ein (doofes Wort, aber ich hab kein besseres) normaler Job sein darf (ggf. ohne Leasingkarre, Van Laak Hemden, handgenähten Schuhen und Immobilie auf Münchner Preisniveau) oder doch lieber die Kohle, wenig Familienzeit und ständige kraftraubende Reibereien deswegen. Ich wünsche dem Thread jedenfalls einen anregenden Verlauf.
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sai
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von sai »

scndbesthand hat geschrieben:M.E. einer der kompliziertesten Fragen der Beziehungs- und Lebenskonfiguration in Partnerschaften mit stark unterschiedlichen Arbeitszeiten. Dauerhaft zufriedenstellende Lösungen bieten Kanzleien da meines Erachtens in der Regel einfach nicht. Man muss sich irgendwann ernsthaft die Frage stellen, ob es nicht lieber ein (doofes Wort, aber ich hab kein besseres) normaler Job sein darf (ggf. ohne Leasingkarre, Van Laak Hemden, handgenähten Schuhen und Immobilie auf Münchner Preisniveau) oder doch lieber die Kohle, wenig Familienzeit und ständige kraftraubende Reibereien deswegen. Ich wünsche dem Thread jedenfalls einen anregenden Verlauf.
So ist es und es wird sich auch in absehbarer Zeit trotz aller Beteuerungen der Kanzleien nichts ändern.
Man kann in dem Bereich schlicht nicht beides haben, ein glückliches Familienleben und eine Karriere.
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von OJ1988 »

Tulipe hat geschrieben:Hallo zusammen,

ich bin neu hier und auch keine Juristin, aber mit einem verheiratet. ;)

Mein Mann arbeitet seit ca. 3 Jahren in einer Großkanzlei und kann in der Regel zwischen 20:30/21:30 Uhr seine Arbeit niederlegen . Er kommt dann meist 30-40 min später nach Hause. Am nächsten Tag steht er gegen 7 auf. Es gibt aber auch mal Wochen, wo er deutlich länger arbeiten muss. Daher bleibt uns in der Woche nicht viel Paarzeit und wir müssen alles aufs Wochenende verschieben (Einkaufen, Ausgehen, Eltern besuchen etc.).

Bisher konnte ich mich mit seinen Arbeitszeiten arrangieren. Langsam kommen mir aber Bedenken, da wir nächstes Jahr gerne Eltern werden wollen. Wenn er in diesem Beruf bleibt, wäre ich die meiste Zeit wohl „alleinerziehend“ und unser/e Kind/er hätten nur am Wochenende etwas von ihrem Papa. Irgendwie hatten wir es uns früher anders vorgestellt. Ich könnte zwar dank unseren Eltern, die in der Nähe wohnen, nach 1-2 Jahren wieder arbeiten gehen. Allerdings wäre es schon schöner, wenn wir beide gleich viel für unser/e Kind/er da sein könnten. Mein Mann meinte, er könne sich vielleicht 1-2 Monate Elternzeit nehmen, um mich zu unterstützen. Es ist mir zwar klar, dass er sich in seinem Beruf nicht einfach 1-2 Jahre Elternzeit nehmen kann. Trotzdem stimmt mich diese Tatsache irgendwie traurig. Daher wollte ich gerne wissen, wie der Familienalltag bei einigen hier im Forum aussieht, die solche Arbeitszeiten haben wie mein Mann und schon Kinder haben. Könnt ihr aktiv am Familienleben teilnehmen oder übernimmt ein Partner hauptsächlich die Erziehung? Findet ihr meine Bedenken nachvollziehbar?

Mit meinem Mann habe ich hierüber bereits geredet. Wenn er mal meinte, dass ihm momentan auf Arbeit alles zu viel sei, habe ich ihm gesagt, dass er zu einer Behörde oder an ein Gericht wechseln könnte. Da hätte man geregelte Arbeitszeiten. Er meint dann aber, dass er gerne als Anwalt dort arbeite, der Bereich super sei und er von selbst nicht woanders hin wechseln möchte. Solche Tage gäbe es halt auch. Wenn ich jedoch langfristig mit seinen Arbeitszeiten nicht klar kommen sollte, dann würde er sich natürlich etwas Anderes suchen. Schließlich hätte ich stets Priorität. Das möchte ich wiederum nicht. Er soll meinetwegen nicht einen Job aufgeben, den er gerne tut.
Bevor wir geheiratet haben, waren wir uns einig, dass er nur 1-2 Jahre in einer Großkanzlei arbeiten würde, damit wir ein größeres finanzielles Polster für die Familiengründung hätten. Ihm hat es dann dort aber so gefallen, dass er da letztlich blieb. Ich dachte dann, dass die Arbeitszeiten mit der Zeit besser werden würden, wenn er mehr Routine hätte. Doch das ist leider nicht der Fall. ::?
Mit "Routine" hat das nur wenig zu tun. Die Kanzlei deines Mannes verdient an jeder Arbeitsstunde, die er dem Kunden in Rechnung stellen kann. Deswegen ist es für die Kanzlei vorteilhaft, wenn dein Mann möglichst viel arbeitet. Das schlägt sich idR in der intern kommunizierten Erwartungshaltung nieder, so und so viele abrechenbare Stunden im Jahr (sog. "billables") vorweisen zu können.

Es ist mittlerweile in vielen Großkanzleien möglich, die Stundenzahl zu reduzieren, auf Teilzeit (oder 60%, 70%) zu gehen usw. Vielleicht ist das ja eine Lösung für euch. Hellhörig würde ich da aber werden, wenn dein Mann auf diesen Vorschlag mit "Das geht bei uns nicht" reagiert, bevor er seinen Partner (= seinen Chef) überhaupt gefragt hat. Dann würde ich vermuten, dass er darauf schlicht keine Lust hat, weil er lieber Karriere machen will, dir das aber nicht sagen möchte.

Was man sonst noch bedenken sollte: Es ist nicht so, dass man bei einem Wechsel von der GK in die Justiz sofort gänzlich andere Arbeitszeiten hätte. Die meisten jungen Richter klagen zumindest in den ersten 1-2 Jahren über ähnliche Arbeitsbelastungen wie in der GK. Das ändert sich erst mittelfristig, da hier dann Routine tatsächlich eine Rolle spielt.
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Syd26 »

Wenn Du Dich darauf einlassen kannst, immer allein fürs Kind zuständig zu sein, eigene Termine ständig verschieben zu müssen, sobald Du wieder arbeitest und Du auch sämtliche Kindkranktage abdecken musst, dann soll er in der Großkanzlei bleiben. Wenn nicht, dann muss er reduzieren.

Wer soll denn nachts aufstehen?
Wer deckt Arzttermine, Kindkranktage und Sonstiges ab?
Habt Ihr KiTa-Zeiten, die für Euch passen? (kommt natürlich auch darauf an, was Du beruflich machst)


Auch jetzt solltest Du einmal analysieren, wie es denn mit den nachfolgenden Dingen so läuft:

- wer organisiert Verabredungen?
- wer besorgt das Geburtstagsgeschenk für Schwiegermutter?
- wer geht einkaufen?
- wer lässt Handwerker ins Haus?
- wer kümmert sich um Finanzielles?
- wer bringt das Auto zum Service?
etc. etc.

Wenn all diese Dinge bereits jetzt schon von Dir erledigt werden, wird das mit Baby/Kleinkind nicht einfacher.

Da kommen dann nämlich noch ganz andere Sachen auf Dich zu, die Du irgendwie abdecken musst. Schon allein immer auf dem Schirm zu haben, dass man rechtzeitig Windeln und Milchpulver nachkaufen muss, kann manchmal anstrengend sein.

Hinzu kommt der Schlafmangel (die meisten Babys/Kleinkinder schlafen nicht durch!) und das ständige Kranksein in den ersten Kindergartenjahren (die Kinder nehmen alles an Viren mit, was da so herumfleucht und stecken Dich an - ist so!).

Fazit: Ihr werdet ein Backup in Form von Großeltern/Au-Pair/Tagesmutter brauchen, wenn alles so bleiben soll wie bisher.

Zudem sollte Dein Mann sich die Frage stellen, ob er sein Kind quasi nur am Wochenende sehen möchte. Das stelle ich mir für beide nicht so toll vor.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
TobiasG
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von TobiasG »

Das ist natürlich eine sehr schwierige Entscheidung, zumal wenn Du vor hast, zeitnah wieder zu arbeiten. Insbesondere scheint bei ihm der "Leidensdruck" ja nicht so hoch zu sein (wobei sich das auch ändern kann, sobald die Kinder da sind und er selbst evtl. das Bedürfnis hat, mehr Zeit mit ihnen zu verbringen).

Es ist also eine Zwickmühle: Macht er/ihr weiter so, muss er sich später womöglich vorhalten lassen - oder spürt das jedenfalls -, dass er zu wenig für seine Kinder/Frau da ist und nur an seine Karriere denkt. Hört er dagegen jetzt um Deiner/der Kinder willen auf, könnte in ein paar Jahren, wenn die Kinder älter sind, der (implizite) Vorwurf von ihm kommen, er habe seine Karriere aufgeben müssen und sei jetzt "nur" Richter oder Verwaltungsbeamter o.ä.

Daher nur ein paar kleine Einwürfe meinerseits:

- Ich weiß nicht, in welcher GK und in welchem Rechtsgebiet Dein Mann arbeitet, aber wäre es nicht möglich, die Arbeitszeiten nach "vorn" zu verschieben, also dass er z.B. schon um 7 oder halb 8 in der Früh beginnt und dafür "früher" geht, also 19.00 Uhr z.B.? Kinder stehen oft ohnehin früh auf, dann könntet ihr u.U. sogar zusammen frühstücken und manchmal zusammen abendessen.

- Man darf sich natürlich nicht der Illusion hingeben, dass das in anderen Berufen so viel anders wäre. Justiz wurde schon angesprochen, da mag das mit der Zeit besser werden, aber das erfordert schon eine langfristige Planung. Also wenn er jetzt wechselt, kann er nicht automatisch davon ausgehen, schon nächstes Jahr eine 40h-Woche zu haben. Auch in Einzel-/mittelständischen Kanzleien sieht es meist schlecht damit aus, regelmäßig vor 19.-20.00 Uhr nach Hause zu kommen, wo (sehr) kleine Kinder möglicherweise auch schon fast im Bett liegen. Auch da spielt sich das Familienleben hauptsächlich am Wochenende ab.

- Wäre es denkbar, näher an die Kanzlei zu ziehen und sich damit die 30-40 Min. Fahrtweg zu sparen? Das sind im Extremfall ja zusätzliche 80 Min. pro Tag, die nur fürs Fahren draufgehen und bei den Arbeitszeiten deutlich zu Buche schlagen.

- Bietet die Kanzlei so etwas wie Homeoffice an an 1-2 Tagen die Woche? Dann könntet ihr an diesen Tagen zumindest ohne größere Schwierigkeiten zusammen mittagessen.

- Ansonsten wäre es evtl. auch möglich, die 1-2 Monaten Elternzeit zu nehmen und danach zumindest für ein Jahr die Arbeitszeit zu reduzieren, um Dich in dieser Zeit zu entlasten.

- Ich halte es nicht für völlig ausgeschlossen, neben der GK ein erfülltes Familienleben zu führen. Wenn man sich z.B. mal den Twitter-Account von Prof. Klindt (offenbar Vollzeit-Partner bei Noerr) anschaut, so hat dieser fünf(!) Kinder, Hühner, Pferd und Katze und fotografiert diese so gut wie täglich bei (Tages-!)-Licht und augenscheinlich nicht nur am Wochenende. Er hat, glaub ich, mal getwittert, dass er fast täglich zum Abendessen nach Hause kommt und dann noch E-Mails beantwortet etc., sobald die Kleinen im Bett sind. Freilich muss man dazu sagen, dass man es als Partner nochmal einfacher haben dürfte, was die Freiheit der Arbeitsverteilung anbelangt, und die Frau ist sicher bei fünf Kindern auch nicht beruflich tätig, vermute mal, da gibt es auch noch eine Nanny/Au-Pair oder sonstiges. Aber es zeigt doch, dass offensichtlich selbst Partner in GK nicht alle ausgebrannt und geschieden sind und ihre Kinder nur am Wochenende sehen.

Die o.g. Vorschläge ändern im Übrigen nichts an der Situation, sondern würden sie nur leichter erträglich machen, indem man sich möglicherweise zeitliche "Inseln" für die Kinder schafft. So optimal wie die Tätigkeit als Verwaltungsbeamter lässt sich ein aktives Familienleben damit aber sicherlich nicht vereinen.

Edit: Ich vermute, die meisten "erfüllten" Familienleben, in denen ein Partnern besonders viel arbeitet, sehen so aus, dass der andere daheim bleibt und dann allenfalls Teilzeit arbeitet, wenn die Kinder größer sind. Allerdings wird das wohl selbst in der Justiz nur selten so sein, dass die Kinder genau gleich viel Elternzeit mit jedem Elternteil haben.
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lucyyy
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von lucyyy »

Hallo,

ich kann gut verstehen, dass Du mit der Situation haderst, andererseits verstehe ich auch Deinen Mann - ich arbeite ebenfalls in einer GK mit vergleichbaren Arbeitszeiten. Zuvor war ich im Öffentlichen Dienst und es hat mich trotz geregelter Arbeitszeiten nicht glücklich gemacht. Im Übrigen auch finanziell nicht, wobei ich nicht weiß, inwiefern das bei euch eine wichtige Rolle spielt. Das Problem ist doch immer das selbe: "You can´t have the cake and eat ist", also die klassische Vereinbarkeitslüge. Der Tag hat nur 24 Stunden und wenn Du von denen 12 im Büro bist und 6 schläfst, dann bleiben halt nicht weitere 12. Viele entscheiden sich dann eben, ob sie das eine oder das andere wollen und dann muss eben ein gewisser Preis bezahlt werden (Job, der einen weniger erfüllt, oder eben keine Kinder).

Das klingt jetzt total banal, aber Dein Mann muss sich eben entscheiden, was er will, wenn Du nicht bereit bist, die Kinder quasi alleine groß zu ziehen. Und es heißt ja noch nicht mal zwingend die Kanzlei zu verlassen, aber möglicherweise eben den Partner-Track. Sollte er dazu nicht bereit sein, habt ihr m.E. aber weniger ein Problem mit der Arbeitszeit, sondern solltet euch eher darüber unterhalten, wo eure gemeinsamen Prioritäten liegen, denn ich finde es etwas befremdlich, wenn jemand einerseits sagt, er möchte Kinder, andererseits aber nicht bereit ist, dafür auch etwas aufzugeben.

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Muirne
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Muirne »

TobiasG hat geschrieben:

- Ich halte es nicht für völlig ausgeschlossen, neben der GK ein erfülltes Familienleben zu führen. Wenn man sich z.B. mal den Twitter-Account von Prof. Klindt (offenbar Vollzeit-Partner bei Noerr) anschaut, so hat dieser fünf(!) Kinder, Hühner, Pferd und Katze und fotografiert diese so gut wie täglich bei (Tages-!)-Licht und augenscheinlich nicht nur am Wochenende. Er hat, glaub ich, mal getwittert, dass er fast täglich zum Abendessen nach Hause kommt und dann noch E-Mails beantwortet etc., sobald die Kleinen im Bett sind. Freilich muss man dazu sagen, dass man es als Partner nochmal einfacher haben dürfte, was die Freiheit der Arbeitsverteilung anbelangt, und die Frau ist sicher bei fünf Kindern auch nicht beruflich tätig, vermute mal, da gibt es auch noch eine Nanny/Au-Pair oder sonstiges. Aber es zeigt doch, dass offensichtlich selbst Partner in GK nicht alle ausgebrannt
Ich wurde von einer Partnerin von noerr nach 21.00 uhr angerufen wegen eines Bewerbungsgespräches. Das dazu.



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Tibor
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Tibor »

lucyyy hat geschrieben:, denn ich finde es etwas befremdlich, wenn jemand einerseits sagt, er möchte Kinder, andererseits aber nicht bereit ist, dafür auch etwas aufzugeben.
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von TobiasG »

Muirne hat geschrieben:
TobiasG hat geschrieben:

- Ich halte es nicht für völlig ausgeschlossen, neben der GK ein erfülltes Familienleben zu führen. Wenn man sich z.B. mal den Twitter-Account von Prof. Klindt (offenbar Vollzeit-Partner bei Noerr) anschaut, so hat dieser fünf(!) Kinder, Hühner, Pferd und Katze und fotografiert diese so gut wie täglich bei (Tages-!)-Licht und augenscheinlich nicht nur am Wochenende. Er hat, glaub ich, mal getwittert, dass er fast täglich zum Abendessen nach Hause kommt und dann noch E-Mails beantwortet etc., sobald die Kleinen im Bett sind. Freilich muss man dazu sagen, dass man es als Partner nochmal einfacher haben dürfte, was die Freiheit der Arbeitsverteilung anbelangt, und die Frau ist sicher bei fünf Kindern auch nicht beruflich tätig, vermute mal, da gibt es auch noch eine Nanny/Au-Pair oder sonstiges. Aber es zeigt doch, dass offensichtlich selbst Partner in GK nicht alle ausgebrannt
Ich wurde von einer Partnerin von noerr nach 21.00 uhr angerufen wegen eines Bewerbungsgespräches. Das dazu.



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Aber das stellt das o.g. Beispiel (das ich nur gewählt habe, da für Jedermann einsehbar) doch nicht infrage, oder? Ich kann mir gut vorstellen, dass auch er eben, wie gesagt, nach dem Abendessen noch Mails beantwortet oder auch Telefonate führt - vielleicht gerade so was wie ein Bewerbungsgespräch vereinbaren, weil man dafür sicher keine geistige Höchstleistung mehr erbringen kann und es auch nach einem Glas Wein noch geht. Ich finde persönlich - wenn es von Dir so gemeint war - ein berufliches Telefonat um 21.00 Uhr jetzt auch nicht besonders schlimm oder fragwürdig. Umgekehrt gibt es sicher auch kinderlose Partner-/innen, die ihren Tag eben so gestalten, dass sie nicht um 7 anfangen, um am Abend bei den Kindern zu sein, sondern vielleicht erst um 9 oder 9.30 Uhr und dann auch abends entsprechend länger sitzen. Wichtig wäre es ja aus Bewerber-/Associatesicht, dass die Kanzlei hier flexibel ist und nicht vorgibt, dass z.B. von 9 bis 21 Uhr Präsenzzeit herrscht. Das lässt sich sicherlich in dem einen Rechtsgebiet besser umsetzen als in dem anderen.
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Ara »

Bin ich eigentlich der Einzige hier, der es schon sehr genial finden würde, wenn der eigene Ehemann hier unbewusst selbst Ratschläge geben würde?
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Tibor »

Der Anwaltsberuf ist eben nicht als klassischer nine2five machbar. Da führt in keiner Einheit ein Weg vorbei, ob als Einzelkämpfer, in kleiner Sozietät, mittelgroßer Kanzlei oder GK; den Takt gibt der Mandant oder das Gericht vor. Mal muss man mehr schaffen, mal weniger. Selbst in den Einheiten, in den das Büro frühzeitig geschlossen/verlassen wird (17-18 Uhr) wird der Anwalt noch später irgendwelche Termine wahrnehmen, was schreiben, telefonieren oder lesen müssen. Wenn man dann noch vorwärts kommen will (Karriere), dann muss man zugleich unternehmerisch denken und dies erfordert noch einen höheren Grad an Flexibilität (Arbeit obwohl man krank ist, Arbeit zur Unzeit).

Selbst in der Justiz gibt es - auch bei richterlicher Unabhängigkeit - keine Möglichkeit starrer Arbeitszeiten. Auch da muss mal mehr und mal weniger am Tag getan werden (Eilverfahren).
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von immer locker bleiben »

Am wichtigsten ist: redet Klartext miteinander, bevor ihr die Familie gründet.

Übrigens: niemand muss solche Arbeitszeiten haben, wenn er nicht will. Auch nicht in einer Großkanzlei.
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Kasimir
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Kasimir »

TobiasG hat geschrieben:
Muirne hat geschrieben:
TobiasG hat geschrieben:

- Ich halte es nicht für völlig ausgeschlossen, neben der GK ein erfülltes Familienleben zu führen. Wenn man sich z.B. mal den Twitter-Account von Prof. Klindt (offenbar Vollzeit-Partner bei Noerr) anschaut, so hat dieser fünf(!) Kinder, Hühner, Pferd und Katze und fotografiert diese so gut wie täglich bei (Tages-!)-Licht und augenscheinlich nicht nur am Wochenende. Er hat, glaub ich, mal getwittert, dass er fast täglich zum Abendessen nach Hause kommt und dann noch E-Mails beantwortet etc., sobald die Kleinen im Bett sind. Freilich muss man dazu sagen, dass man es als Partner nochmal einfacher haben dürfte, was die Freiheit der Arbeitsverteilung anbelangt, und die Frau ist sicher bei fünf Kindern auch nicht beruflich tätig, vermute mal, da gibt es auch noch eine Nanny/Au-Pair oder sonstiges. Aber es zeigt doch, dass offensichtlich selbst Partner in GK nicht alle ausgebrannt
Ich wurde von einer Partnerin von noerr nach 21.00 uhr angerufen wegen eines Bewerbungsgespräches. Das dazu.



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Aber das stellt das o.g. Beispiel (das ich nur gewählt habe, da für Jedermann einsehbar) doch nicht infrage, oder? Ich kann mir gut vorstellen, dass auch er eben, wie gesagt, nach dem Abendessen noch Mails beantwortet oder auch Telefonate führt - vielleicht gerade so was wie ein Bewerbungsgespräch vereinbaren, weil man dafür sicher keine geistige Höchstleistung mehr erbringen kann und es auch nach einem Glas Wein noch geht. Ich finde persönlich - wenn es von Dir so gemeint war - ein berufliches Telefonat um 21.00 Uhr jetzt auch nicht besonders schlimm oder fragwürdig. Umgekehrt gibt es sicher auch kinderlose Partner-/innen, die ihren Tag eben so gestalten, dass sie nicht um 7 anfangen, um am Abend bei den Kindern zu sein, sondern vielleicht erst um 9 oder 9.30 Uhr und dann auch abends entsprechend länger sitzen. Wichtig wäre es ja aus Bewerber-/Associatesicht, dass die Kanzlei hier flexibel ist und nicht vorgibt, dass z.B. von 9 bis 21 Uhr Präsenzzeit herrscht. Das lässt sich sicherlich in dem einen Rechtsgebiet besser umsetzen als in dem anderen.
Das klingt mir zu romantisch. Um sieben zum Abendessen zu Hause und danach mit einem Glas Rotwein in der Hand noch Mails beantworten? Das Modell dürfte eher so aussehen: Um 20 Uhr zum Abendessen zu Hause sein und dann von 21.30 bis 24 Uhr oder später noch arbeiten. Da darf man sich nichts vormachen.

Ganz generell scheint es mir sinnvoll zu sein, an den Parametern zu schrauben, die man verändern kann. Die Arbeitsbelastung an sich wird sich nicht ändern. Es ist aber durchaus möglich, es zu versuchen,

Man muss freilich dann diszipliniert sein. Ich kenne durchaus Anwälte, die um 5 Uhr aufstehen, um dann bis 7 Uhr zu arbeiten, dann die Kinder wecken in die Kita bringen etc; um 9:30 im Büro sind; um 19 Uhr nach Hause gehen, um die Kinder ins Bett zu bringen und danach dann noch bis spät Abends arbeiten. Man darf nicht vergessen, dass man damit jegliche "Me time" aufgibt. D.h. es bleibt keine Zeit für Sport, die Lieblingsserie, Treffen mit Freunden oder vor dem Einschlafen noch eine halbe Stunde ein Buch zu lesen. Das ist nicht schlimm; man muss sich dessen nur bewusst sein.

Wir haben (noch) keine Kinder und meine Frau hat einen denkbar flexiblen Beruf. Gleichwohl ist es eine Herausforderung, genug Zeit als Paar, für Freunde und Sport zu haben. Klar ist: Wenn wir Kinder bekommen wird die Arbeit im Beruf nicht weniger, d.h. die Zeit als Paar für Freunde, Sport und sonstige "Me time" wird gekürzt werden müssen. That's life.
Eichhörnchen, Eichhörnchen wo sind deine Nüsse?
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