Lange Arbeitszeiten

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Zippocat
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Zippocat »

Kasimir hat geschrieben:Klar ist: Wenn wir Kinder bekommen wird die Arbeit im Beruf nicht weniger, d.h. die Zeit als Paar für Freunde, Sport und sonstige "Me time" wird gekürzt werden müssen. That's life.
An der Stelle ist das aber nur klar, weil ihr euch darauf geeinigt habt und nicht weil das Leben so ist. Natürlich kann man zugunsten der Familie/Partnerschaft/Hobbies usw. mit dem unvermeidlichen trade off im Beruf kürzer treten, wenn man das möchte.
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Tibor
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Tibor »

Kasimir hat geschrieben:Klar ist: Wenn wir Kinder bekommen wird die Arbeit im Beruf nicht weniger, d.h. die Zeit als Paar für Freunde, Sport und sonstige "Me time" wird gekürzt werden müssen. That's life.
Und es betrifft nicht das gesamte restliche Leben. Die Kinder beanspruchen die Eltern in absteigender Intensität bzw. Umfang. Wenn man die Beanspruch eines bis 2 Jahre alten Kindes auf 100% setzt und die eines 16 jährigen Teenagers, der nur noch Essen kommt, dreckige Wäsche abgibt und regelmäßig Taschengeld fordert auf 10% setzt, dann sinkt doch dieser "Betreuungsparameter" recht schnell. Nach meiner Einschätzung (meine Kinder werden 7 und 10 dieses Jahr), dürfte die Belastung bis zur Einschulung auf 50-66% sinken und in den folgenden Jahren noch regelmäßig abfallen. Zugleich verringert sich der Betreuungsaufwand, wenn man zwei Kinder hat und diese miteinander und füreinander da sind. D.h., die "me time" kommt wieder. Man hat - bei zwei Kindern im üblichen Abstand von 18-36 Monaten - vielleicht wirklich stressige 8-10 Jahre vor sich, aber das war es dann auch. Danach bleiben noch lockere 25 Berufsjahre für Karriere und "me time".
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von OJ1988 »

Tibor hat geschrieben:
Kasimir hat geschrieben:Klar ist: Wenn wir Kinder bekommen wird die Arbeit im Beruf nicht weniger, d.h. die Zeit als Paar für Freunde, Sport und sonstige "Me time" wird gekürzt werden müssen. That's life.
Man hat - bei zwei Kindern im üblichen Abstand von 18-36 Monaten - vielleicht wirklich stressige 8-10 Jahre vor sich, aber das war es dann auch.
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TobiasG
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von TobiasG »

Kasimir hat geschrieben:
TobiasG hat geschrieben:
Muirne hat geschrieben:
TobiasG hat geschrieben:

- Ich halte es nicht für völlig ausgeschlossen, neben der GK ein erfülltes Familienleben zu führen. Wenn man sich z.B. mal den Twitter-Account von Prof. Klindt (offenbar Vollzeit-Partner bei Noerr) anschaut, so hat dieser fünf(!) Kinder, Hühner, Pferd und Katze und fotografiert diese so gut wie täglich bei (Tages-!)-Licht und augenscheinlich nicht nur am Wochenende. Er hat, glaub ich, mal getwittert, dass er fast täglich zum Abendessen nach Hause kommt und dann noch E-Mails beantwortet etc., sobald die Kleinen im Bett sind. Freilich muss man dazu sagen, dass man es als Partner nochmal einfacher haben dürfte, was die Freiheit der Arbeitsverteilung anbelangt, und die Frau ist sicher bei fünf Kindern auch nicht beruflich tätig, vermute mal, da gibt es auch noch eine Nanny/Au-Pair oder sonstiges. Aber es zeigt doch, dass offensichtlich selbst Partner in GK nicht alle ausgebrannt
Ich wurde von einer Partnerin von noerr nach 21.00 uhr angerufen wegen eines Bewerbungsgespräches. Das dazu.



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Aber das stellt das o.g. Beispiel (das ich nur gewählt habe, da für Jedermann einsehbar) doch nicht infrage, oder? Ich kann mir gut vorstellen, dass auch er eben, wie gesagt, nach dem Abendessen noch Mails beantwortet oder auch Telefonate führt - vielleicht gerade so was wie ein Bewerbungsgespräch vereinbaren, weil man dafür sicher keine geistige Höchstleistung mehr erbringen kann und es auch nach einem Glas Wein noch geht. Ich finde persönlich - wenn es von Dir so gemeint war - ein berufliches Telefonat um 21.00 Uhr jetzt auch nicht besonders schlimm oder fragwürdig. Umgekehrt gibt es sicher auch kinderlose Partner-/innen, die ihren Tag eben so gestalten, dass sie nicht um 7 anfangen, um am Abend bei den Kindern zu sein, sondern vielleicht erst um 9 oder 9.30 Uhr und dann auch abends entsprechend länger sitzen. Wichtig wäre es ja aus Bewerber-/Associatesicht, dass die Kanzlei hier flexibel ist und nicht vorgibt, dass z.B. von 9 bis 21 Uhr Präsenzzeit herrscht. Das lässt sich sicherlich in dem einen Rechtsgebiet besser umsetzen als in dem anderen.
Das klingt mir zu romantisch. Um sieben zum Abendessen zu Hause und danach mit einem Glas Rotwein in der Hand noch Mails beantworten? Das Modell dürfte eher so aussehen: Um 20 Uhr zum Abendessen zu Hause sein und dann von 21.30 bis 24 Uhr oder später noch arbeiten. Da darf man sich nichts vormachen.
Freilich: Ich habe da kein "Insider-Wissen", sondern kann wirklich nur auf die Twitter-Posts zurückgreifen. Womöglich arbeitet er auch doch mit reduzierter Arbeitszeit. Aber er macht ja tatsächlich regelmäßig "Wine-Tastings", bei denen er jeden Abend einen anderen probiert (und postet), ob er danach dann noch wirklich intensiv arbeitet, erscheint mir fraglich. Zudem postet er auch häufig Romane, die er dann empfiehlt oder nicht, die muss er ja auch irgendwann - neben der Zeit, die er mit den Kinder verbringt - in Ruhe lesen. Sicherlich so oder so nicht der "Normalfall" eines GK-Partners.
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Zippocat
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Zippocat »

Das man mit Kindern im Alter zwischen 10 und 20 keine "wirklich stressigen" Zeiten vor sich hat, wird bestritten.
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Tibor
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Tibor »

Naja, Stress iSv Anwesenheits- und Betreuungszeit. Teenager gehen allein aus dem Haus, kommen allein von der Schule, können sich im Notfall allein ein Abendessen auf den Tisch stellen und gehen allein ins Bad und ins Bett. Man muss nicht wie Pflegepersonal den gesamten Tagesprozess begleiten. Die Betreuung beschränkt sich eben auf Teilhabe am Leben, zuhören, Hilfe bei Schulfragen (soweit es nicht Mathematik betrifft :D ), Taxidienste am Wochenende etc.
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von TobiasG »

Tibor hat geschrieben:Naja, Stress iSv Anwesenheits- und Betreuungszeit. Teenager gehen allein aus dem Haus, kommen allein von der Schule, können sich im Notfall allein ein Abendessen auf den Tisch stellen und gehen allein ins Bad und ins Bett. Man muss nicht wie Pflegepersonal den gesamten Tagesprozess begleiten. Die Betreuung beschränkt sich eben auf Teilhabe am Leben, zuhören, Hilfe bei Schulfragen (soweit es nicht Mathematik betrifft :D ), Taxidienste am Wochenende etc.
Das ist zweifellos so. Die Kinder haben dann einen reduzierten Zeit- und einen erhöhten Geldbedarf (Klassenfahrt, Fahrrad/Mofa, zahlen zunehmend wie Erwachsenen bei Essen und Urlauben). Und dann wird ggf. plötzlich doch wieder der besser bezahlte Job in der GK für die Eltern attraktiver.
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Muirne
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Muirne »

TobiasG hat geschrieben:
Aber das stellt das o.g. Beispiel (das ich nur gewählt habe, da für Jedermann einsehbar) doch nicht infrage, oder? Ich kann mir gut vorstellen, dass auch er eben, wie gesagt, nach dem Abendessen noch Mails beantwortet oder auch Telefonate führt - vielleicht gerade so was wie ein Bewerbungsgespräch vereinbaren, weil man dafür sicher keine geistige Höchstleistung mehr erbringen kann und es auch nach einem Glas Wein noch geht. Ich finde persönlich - wenn es von Dir so gemeint war - ein berufliches Telefonat um 21.00 Uhr jetzt auch nicht besonders schlimm oder fragwürdig. Umgekehrt gibt es sicher auch kinderlose Partner-/innen, die ihren Tag eben so gestalten, dass sie nicht um 7 anfangen, um am Abend bei den Kindern zu sein, sondern vielleicht erst um 9 oder 9.30 Uhr und dann auch abends entsprechend länger sitzen. Wichtig wäre es ja aus Bewerber-/Associatesicht, dass die Kanzlei hier flexibel ist und nicht vorgibt, dass z.B. von 9 bis 21 Uhr Präsenzzeit herrscht. Das lässt sich sicherlich in dem einen Rechtsgebiet besser umsetzen als in dem anderen.
Jein, es ist halt verklärt und Twitter-Werbung. Instagram-Stories und dergleichen zeigen doch selten das wahre Leben. Und wenn du Bewerber wegen ner Wimi-Stelle nach 21.00 Uhr anrufst, dann machst du damit zumindest eines deutlich: Work-Life-Balance steht bei uns ganz sicher nicht ganz oben.
Ich habe auch schon deutlich später berufliche Telefonate geführt und habe auch grundsätzlich kein Problem mit später Arbeit, aber was ich damit deutlich machen will ist, dass das Beispiel ziemlich verklärt wirkt und ich mir meinen Alltag als GK Partner mit 5 Kindern und 10 Haustieren jedenfalls nicht entspannt vorstellen würde.
In der vorliegenden Situation wird man Kompromisse eingehen müssen und die Frage ist, ob der Mann das will. Hier hört es sich ein wenig so an, als wolle er das nicht und nimmt in Kauf, dass sie alles managen muss, es sei denn, sie könne damit gar nicht - was sie aber vermutlich kann, damit er nicht unglücklich wird. Darauf scheint es zumindest gerade unausgesprochen hinaus zu laufen. Wenn man das ändern will, muss man sich echt zusammen setzen und die Prioritäten überdenken. Ich persönlich würde nicht zu Hause sitzen und die Kinder betreuen, no way. Freunde von mir, die ein Paar sind, wollten beide gern in die Wissenschaft und haben das nun beide gelassen, weil zwei Professuren und ihr vorgestelltes Familienleben eben nicht zusammen passen. Muss man wissen.
Zuletzt geändert von Muirne am Mittwoch 14. März 2018, 12:26, insgesamt 1-mal geändert.
»Natürlich ist das herablassend. Torquemada ist mir gegenüber herablassend, ich bin esprit gegenüber herablassend. So ist die Nahrungskette in diesem Forum nunmal.« - Swann
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Tibor
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Tibor »

TobiasG hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:Naja, Stress iSv Anwesenheits- und Betreuungszeit. Teenager gehen allein aus dem Haus, kommen allein von der Schule, können sich im Notfall allein ein Abendessen auf den Tisch stellen und gehen allein ins Bad und ins Bett. Man muss nicht wie Pflegepersonal den gesamten Tagesprozess begleiten. Die Betreuung beschränkt sich eben auf Teilhabe am Leben, zuhören, Hilfe bei Schulfragen (soweit es nicht Mathematik betrifft :D ), Taxidienste am Wochenende etc.
Das ist zweifellos so. Die Kinder haben dann einen reduzierten Zeit- und einen erhöhten Geldbedarf (Klassenfahrt, Fahrrad/Mofa, zahlen zunehmend wie Erwachsenen bei Essen und Urlauben). Und dann wird ggf. plötzlich doch wieder der besser bezahlte Job in der GK für die Eltern attraktiver.
Zumindest im Fall der Vollzeitmutter, die die letzten 10 Jahre "nur für die Kinder da war".
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sai
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von sai »

Tibor hat geschrieben:Naja, Stress iSv Anwesenheits- und Betreuungszeit. Teenager gehen allein aus dem Haus, kommen allein von der Schule, können sich im Notfall allein ein Abendessen auf den Tisch stellen und gehen allein ins Bad und ins Bett. Man muss nicht wie Pflegepersonal den gesamten Tagesprozess begleiten. Die Betreuung beschränkt sich eben auf Teilhabe am Leben, zuhören, Hilfe bei Schulfragen (soweit es nicht Mathematik betrifft :D ), Taxidienste am Wochenende etc.
Nicht zu vergessen kurz nach dem Führerschein die Schäden am PKW bei der Versicherung melden und sie sonntags morgens aus der Ausnüchterungszelle abholen.
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Muirne
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Muirne »

sai hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:Naja, Stress iSv Anwesenheits- und Betreuungszeit. Teenager gehen allein aus dem Haus, kommen allein von der Schule, können sich im Notfall allein ein Abendessen auf den Tisch stellen und gehen allein ins Bad und ins Bett. Man muss nicht wie Pflegepersonal den gesamten Tagesprozess begleiten. Die Betreuung beschränkt sich eben auf Teilhabe am Leben, zuhören, Hilfe bei Schulfragen (soweit es nicht Mathematik betrifft :D ), Taxidienste am Wochenende etc.
Nicht zu vergessen kurz nach dem Führerschein die Schäden am PKW bei der Versicherung melden und sie sonntags morgens aus der Ausnüchterungszelle abholen.

That will happen.
Ich habe aber genug US Serien für die richtigen parenting skills zu diesen Themen in vielen Varianten geschaut, also sehe ich dem einigermaßen entspannt entgegen.
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Kasimir »

TobiasG hat geschrieben:
Kasimir hat geschrieben:
TobiasG hat geschrieben:
Muirne hat geschrieben:
TobiasG hat geschrieben:

- Ich halte es nicht für völlig ausgeschlossen, neben der GK ein erfülltes Familienleben zu führen. Wenn man sich z.B. mal den Twitter-Account von Prof. Klindt (offenbar Vollzeit-Partner bei Noerr) anschaut, so hat dieser fünf(!) Kinder, Hühner, Pferd und Katze und fotografiert diese so gut wie täglich bei (Tages-!)-Licht und augenscheinlich nicht nur am Wochenende. Er hat, glaub ich, mal getwittert, dass er fast täglich zum Abendessen nach Hause kommt und dann noch E-Mails beantwortet etc., sobald die Kleinen im Bett sind. Freilich muss man dazu sagen, dass man es als Partner nochmal einfacher haben dürfte, was die Freiheit der Arbeitsverteilung anbelangt, und die Frau ist sicher bei fünf Kindern auch nicht beruflich tätig, vermute mal, da gibt es auch noch eine Nanny/Au-Pair oder sonstiges. Aber es zeigt doch, dass offensichtlich selbst Partner in GK nicht alle ausgebrannt
Ich wurde von einer Partnerin von noerr nach 21.00 uhr angerufen wegen eines Bewerbungsgespräches. Das dazu.



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Du glaubst wahrscheinlich auch an die Versprechen aus Werbespots, oder?
Eichhörnchen, Eichhörnchen wo sind deine Nüsse?
TobiasG
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von TobiasG »

@Murine: Ja, das verstehe ich.

@Kasimir: Ich bin weder insofern noch im Allgemeinen naiv. Doch ich sehe schon einen gewissen Unterschied zwischen einem Linklaters-Imagefilm, in dem der Partner fröhlich mit Kindern und Ehefrau frühstückt (was er vielleicht am Wochenende mal macht), und einem halb-privaten Twitter-Account, der zumindest in erster Linie wohl nicht zur Mitarbeiter-Rekrutierung gedacht ist und auf dem teilweise täglich (in "Kooperation" mit anderen berufstätigen Twitterern) abends Weine bewertet werden. Zumal ich ja ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass das wohl auch nur irgendwie zu bewerkstelligen ist, weil die Frau (+ mutmaßlich Unterstützung) sich um die Kinder weitgehend alleine kümmern wird. Außerdem will ich hier auch nicht bestimmte Partner bestimmter Kanzleien glorifizieren oder behaupten, diese arbeiteten wenig, das war halt nur so ziemlich das einzige "greifbare" Beispiel für mich, das ich hier als Außenstehender anführen konnte. Und da kann man sich ja durchaus wundern wie das zu bewerkstellligen ist. Mal rein objektiv, selbst wenn man davon ausgeht, er sähe seine Kinder tatsächlich so gut wie gar nicht: Partner in einer GK (wohl per se einer der zeitaufwändigsten Berufe), Vater von fünf Kindern (da wird er ja zumindest die eine oder andere zusätzliche familiäre Verpflichtung haben deswegen), Honorarprofessor, Herausgeber oder Autor (Kommentare, Aufsätze usw.), häufiger Interviewpartner/Sprecher bei Tagungen, Haustiere (es gab auch mal einen Artikel über ihn in der SZ, dass sich die Familie wohl irgendwelche Bienenvölker geholt hat, die hat auch er selbst mit dem Auto untertags abgeholt), dann macht er mit seinen Kindern (laut Twitter) natürlich auch Urlaube und wohl irgendeine Art asiatischer Kampfsport, fürs Twittern selbst geht auch nochmal Zeit drauf, und dann entnehme ich der Seite - gelogen oder nicht -, dass offene Weine samt Gläsern vor 22.00 Uhr fotografiert und deren Geschmack bewertet wird plus Zigarren, zudem werden öfters Bücher fotografiert und diese werden dem Leser dann empfohlen oder nicht. Selbst wenn man alles "Selbstmarketing" ausblendet, ist das schon irgendwie beachtlich.
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Trente Steele82 »

Es gibt GK Partner die vereinbaren Beruf und Familie in der beschriebenen Weise. Oft geht das aber nur, weil das Fußvolk dann in der Kanzlei auf die Mail um 23.45 Uhr wartet um den Draft mit den Anmerkungen zu versehen und zu versenden... Diese Freiheiten wird man selten als Angestellter Rechtsanwalt in der GK haben. Gleichzeitig besteht oftmals die Möglichkeit, seine Arbeitszeit nach vorne oder nach hinten zu verlagern, solange der Job halt nur irgendwie erledigt wird. Das ist aber alles Spekulation hier, denn wir kennen ja die konkreten Verhältnisse des Kollegen nicht und ob diese nicht veränderbar sind.
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Re: Lange Arbeitszeiten

Beitrag von Parabellum »

Auch im Rahmen einer GK ist allerdings - und das trotz der bestehenden billable-Erwartungen - einige Flexibilität und Übernahme von Kinderzeiten möglich.

Hier ist es z.B. so, dass ich das ganze Morgenprogramm mit dem Kind übernehme und das Kind zur Kita bringe. Außerdem hole ich einmal pro Woche das Kind von der Kita ab und mache dafür um ca. 15.00 Uhr Feierabend. Im Kalender ist der Tag jeweils schon geblockt, ich bin dann eben nicht erreichbar. Wenn ich den Nachmittag über in einer Vertragsverhandlung sitzen würde, könnte ich mich auch nicht zurück melden. Die Zeit wird dann eben an anderer Stelle unter der Woche erbracht.

Entsprechend übernehme ich viele Vormittagstermine (Kinderarzt usw.). Kinderkrankheitstage decken wir oft so ab, dass ich erst ca. 13 / 14 Uhr in die Kanzlei komme und Frau Parabellum entsprechend früh Feierabend macht und wir die Zeit ebenfalls anders verteilen. Zumindest bei kurzen Krankheitszeiträumen passt das ganz gut.

Insofern: Auch im Rahmen einer GK ist Flexibilität möglich, auch ohne die Stundenleistung zu reduzieren. Letztlich muss man aber dann natürlich an anderer Stelle zurückstecken (z.B. Hobbies, Sozialkontakte außerhalb Arbeit und Familie...) - alles auf einmal geht eben nicht.

Trotzdem darf man sich nichts vormachen. Auch wenn wir alles mögliche an haushaltsnahen Dienstleistungen outgesourcet haben, trägt auch bei uns meine Frau die Hauptlast. Letztlich sind auch wir wegen der bereits von vielen beschriebenen Bedingungen in der GK in eine traditionellere Aufgabenverteilung reingerutscht als wir uns das ursprünglich mal vorgestellt hätten. Aber dennoch: Völlig schutzlos ausgeliefert ist man dem nicht und auch in der GK ist es noch möglich, sich entsprechende Freiräume zu schaffen und individuelle Lösungen zu vereinbaren.
"Ich sage nicht, dass man sich hier zu siezen hätte oder ähnlichen Quatsch. Bei einem Forum von Juristen für Juristen ist meine Erwartungshaltung aber trotzdem nochmal eine andere als bei der Kneipe um die Ecke." OJ1988
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