Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

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PerryManson
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von PerryManson »

Nach meiner Erfahrung spielen juristische Fähigkeiten bis R2 auf jeden Fall eine Rolle. Ein herausragendes Examen kann hilfreich sein, wobei das sicher nichts nützt, wenn die Erprobung in die Hose geht. Ist eben die Frage, ob man R2 als "Karriere" bezeichnen möchte.

Ab R2+, R3 spielen ganz andere Dinge die Hauptrolle. In Berlin z.B. solltest du eine Frau sein oder wenigstens schwul. Dazu politisch stramm links, dokumentiert durch eine Mitgliedschaft in der SPD oder bei den Grünen. Als heterosexueller Mann und CDU- oder gar AfD :D -Mitglied, sind die Chancen eher gering.
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Einwendungsduschgriff
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

PerryManson hat geschrieben:Dazu politisch stramm links, dokumentiert durch eine Mitgliedschaft in der SPD oder bei den Grünen.
Aus einer SPD oder gar Grünen-Mitgliedschaft auf "stramm links" zu schließen, halte ich für jedenfalls gewagt.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
EinHeinz
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von EinHeinz »

Einwendungsduschgriff hat geschrieben:
PerryManson hat geschrieben:Dazu politisch stramm links, dokumentiert durch eine Mitgliedschaft in der SPD oder bei den Grünen.
Aus einer SPD oder gar Grünen-Mitgliedschaft auf "stramm links" zu schließen, halte ich für jedenfalls gewagt.
Scheint wohl ein altkonservativer Schwabe oder Bayer zu sein, der sich nach Berlin verirrt hat. :D
sai
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von sai »

PerryManson hat geschrieben:Nach meiner Erfahrung spielen juristische Fähigkeiten bis R2 auf jeden Fall eine Rolle. Ein herausragendes Examen kann hilfreich sein, wobei das sicher nichts nützt, wenn die Erprobung in die Hose geht. Ist eben die Frage, ob man R2 als "Karriere" bezeichnen möchte.

Ab R2+, R3 spielen ganz andere Dinge die Hauptrolle. In Berlin z.B. solltest du eine Frau sein oder wenigstens schwul. Dazu politisch stramm links, dokumentiert durch eine Mitgliedschaft in der SPD oder bei den Grünen. Als heterosexueller Mann und CDU- oder gar AfD :D -Mitglied, sind die Chancen eher gering.
Fazit: Am besten, man(n) ist eine schwule Frau.
PerryManson
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von PerryManson »

Einwendungsduschgriff hat geschrieben:
PerryManson hat geschrieben:Dazu politisch stramm links, dokumentiert durch eine Mitgliedschaft in der SPD oder bei den Grünen.
Aus einer SPD oder gar Grünen-Mitgliedschaft auf "stramm links" zu schließen, halte ich für jedenfalls gewagt.
Ja, aber die Landesverbände unterscheiden sich.
Die Grünen z.B. sind in BW eine andere Partei als in Berlin.
Fanjus
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von Fanjus »

In Berlin z.B. solltest du eine Frau sein

Meiner Nahbereichsemperie zufolge scheint dies auch bei der Einstellung eine gewisse Rolle zu spielen. So sollte ein Bewerber zweistellige Examen mitbringen, um rein zu kommen, während Bewerberinnen häufig mit unter 9 Punkten zum Zug kommen. Das alles wohlgemerkt vor der offiziellen Absenkung der Notengrenze.
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thh
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von thh »

Fanjus hat geschrieben:
In Berlin z.B. solltest du eine Frau sein

Meiner Nahbereichsemperie zufolge scheint dies auch bei der Einstellung eine gewisse Rolle zu spielen. So sollte ein Bewerber zweistellige Examen mitbringen, um rein zu kommen, während Bewerberinnen häufig mit unter 9 Punkten zum Zug kommen. Das alles wohlgemerkt vor der offiziellen Absenkung der Notengrenze.
Ich kann Dich beruhigen: zumindest vor einigen Jahren konnte man als Mann mit nur einem vollbefriedigenden Examen eingestellt werden, obschon man als Frau mit einem "gut" im zweiten Examen abgelehnt wurde.
PerryManson
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von PerryManson »

Fanjus hat geschrieben:
In Berlin z.B. solltest du eine Frau sein

Meiner Nahbereichsemperie zufolge scheint dies auch bei der Einstellung eine gewisse Rolle zu spielen. So sollte ein Bewerber zweistellige Examen mitbringen, um rein zu kommen, während Bewerberinnen häufig mit unter 9 Punkten zum Zug kommen. Das alles wohlgemerkt vor der offiziellen Absenkung der Notengrenze.
Kann ich mir vorstellen, kann es aber nicht bestätigen. War vor 2-3 Jahren noch anders. Aber da gabs ne andere Personalverantwortliche und einen anderen Justizsenator. Der jetzige kümmert sich ja mehr um Unisex-Klos als um die Justiz.
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von Fanjus »

Ich kann Dich beruhigen: zumindest vor einigen Jahren konnte man als Mann mit nur einem vollbefriedigenden Examen eingestellt werden, obschon man als Frau mit einem "gut" im zweiten Examen abgelehnt wurde.

Ist nur der Eindruck aus meinem persönlichen Umfeld und natürlich keine in Stein gemeißelte Einstellungspraxis.
Kann ich mir vorstellen, kann es aber nicht bestätigen. War vor 2-3 Jahren noch anders. Aber da gabs ne andere Personalverantwortliche und einen anderen Justizsenator. Der jetzige kümmert sich ja mehr um Unisex-Klos als um die Justiz.

Tatsächlich begann mein "Beobachtungszeitraum" kurz nachdem der jetzige Justizsenator ins Amt kam.
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von Iuridicus »

Die Ersatzerprobung dauert nicht in allen Bundesländern vier Jahre. In den meisten sind es drei, in Hessen mWn sogar nur zwei Jahre. In Berlin sind es auch nur zwei Jahre. https://www.berlin.de/sen/justiz/vorsch ... 450845.php
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von Kroate »

Die Beamtenlaufbahn ist eine Sackgasse. In Norderstedt.[IMG]//uploads.tapatalk-cdn.com/201805 ... d6e976.jpg[/IMG]

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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von Tibor »

Großartig!
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
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Justitian
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von Justitian »

PerryManson hat geschrieben: Als heterosexueller Mann und CDU- oder gar AfD :D -Mitglied, sind die Chancen eher gering.
Was ist mit LOStA aD. Roman Reusch?
"[...] führt das ja nicht dazu, dass eine Feststellungsklage mit dem Inhalt "Wie wird das Wetter morgen?" zulässig wird" - Swann, 01.03.17
Janusköpfigkeit
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von Janusköpfigkeit »

Ich lese hier schon lange still mit, habe mich jedoch nun einmal angemeldet.

"Karriereaussichten" in der Justiz in Form von Beförderungen auf Stellen mit einer Besoldung von R2 und größer sind meiner Erfahrung nach relativ planbar. Es gehört ein gewisser Einsatz dazu, der, sofern er geradlinig befolgt wird, relativ vorhersehbar zum "Erfolg" im Sinne einer Beförderung führt. Gerade in einem Flächenstaat gehört hier jedoch auch ein gewisser Einsatz und ein bestimmter Umfang an Flexibilität dazu.

Ich habe damals als Staatsanwalt in einem Mittelzentrum rund 10 Kilometer von meiner Heimatgemeinde angefangen. Nach einem Jahr erfolgte der Wechsel in eine Kammer zum örtlichen Landgericht, später ein Wechsel zum ebenfalls ortsansässigen Amtsgericht. Dort wurde ich dann auch auf Lebenszeit ernannt. Zu dieser Zeit war ich mit meiner privaten Lebensplanung schon relativ weit fortgeschritten und der Plan (und Wunsch!) war, in der Heimatgemeinde sesshaft zu werden. Dies manifestierte sich nicht nur im Erwerb einer entsprechenden Immobilie; sowohl meine Frau als auch ich sind familiär und sozial in unserer Heimatgemeinde verankert. Meinen Einstieg in den Justizdienst habe ich relativ blauäugig begonnen. Weiter als die Lebenszeiternennung habe ich nicht gedacht. Letztendlich hat sich mein berufliches Dasein perfekt in mein Privatleben eingefügt. Dann kam mit Mitte Dreißig die Möglichkeit der Abordnung zum Bundesverfassungsgericht. Diese habe ich wahr genommen und habe von Montag Mittag bis Donnerstag Nachmittag in Karlsruhe verbracht. Obgleich dies beruflich gesehen eine tolle Zeit war, war es für mich aus privater Sicht mit massiven Einschnitten verknüpft. Das Leben unter der Woche in einer Ein-Zimmer-Mietwohnung weckte Erinnerungen an die lange zurück liegende Studienzeit. Das Gefühl wurde nicht besser, wenn ich an unser Haus in meinem Heimatort dachte. Privat gesehen war diese Phase für mich emotional gesehen eine äußerst harte Zeit. Ein Glück war die Entfernung zu meinem Heimatort erträglich, so dass ich jedes Wochenende, genauer gesagt von Donnerstag Nachmittag bis Montag Morgen nach Hause fahren konnte. Ich kann aber ohne Weiteres einräumen, dass ich montags oft einen dicken Kloß im Hals hatte, wenn ich ich nach Karlsruhe aufgebrochen bin und meine Frau "alleine" zurückgelassen habe. Besonders schwer fiel mir in dieser Phase der Umstand, dass an einem Familienplanung nicht zu denken war. Alle in unserem Umfeld hatten/bekamen Kinder, doch wir führten plötzlich wieder eine Wochenendbeziehung. Meine Frau konnte nicht mit nach Karlsruhe gehen; sie war beruflich in unserem Heimatort beruflich fest eingebunden. Nach guten zwei Jahren in Karlsruhe wurde es jedoch aus privater Sicht nicht besser, sondern es schnürte sich noch alles weiter zu. Über Kontakte erhielt ich nach einer Landtagswahl als persönlicher Referent des neuen Ministers in das Justizministerium "meines" Landes abgeordnet zu werden. Der berufliche Reiz war auch hier zu groß, als dass ich dies hätte ablehnen können. Es folgten fast vier Jahre ständige Erreichbarkeit und Arbeitszeiten (zu einem R1-Sold) näher an 60 Stunden pro Woche als an 50 Stunden. An einer Arbeit von Montag Mittag bis Donnerstag Nachmittag wie in Karlsruhe war nicht zu denken. Da das hiesige JM 120 Kilometer von meinem Heimatort entfernt liegt, hatte dies eine zeitlich noch erheblichere Trennung von meiner Ehefrau zur Folge, zumal auch Wochenendtermine nicht selten waren. Unseren Kinderwunsch schoben wir weiterhin vor uns her. Letztlich hatte ich das "Glück" von Umstrukturierungen im Ministerbüro zu "profitieren" und konnte meine Abordnung vor Ablauf der Legislaturperiode beenden. Gelohnt hat sich dies im Hinblick auf die "Karriere", dass ich als Richter am Amtsgericht meine Abordnungen startete und dann mit Ende 30 als Richter am Oberlandesgericht zurück in den Praxisbereich ging. Das hiesige OLG liegt am selben Ort wie das JM, was trotz meiner nun auf dem Papier wieder aufgelebten richterlichen Unabhängigkeit erneut zur Folge hatte, dass ich eine Zweitwohnung fernab meiner Frau benötigte. Zwar hat sich mit der Zeit das Ganze eingendelt. In der Anfangszeit wollte man sich als junger Beisitzer jedoch nicht lumpen lassen und wollte durch zeitliche Anwesenheit Leistungsbereitschaft und -willen vorgeben. Gerade in den ersten zwei, drei Jahren haben meine Frau und ich doch viele Monate lange eine Wochenendbeziehung geführt. Gleichwohl haben wir uns dann unseren Kinderwunsch erfüllt. Mit der Zeit kam zudem auch das Gefühl auf, dass der Vorsitzende einen fachlich mittlerweile gut einschätzen kann und es nicht mehr notwendig ist, Engagement in Form von Anwesenheit an den Tag legen zu müssen, sondern, dass die Arbeitsergebnisse in Papierform genügen. Insoweit nahmen mit der die Heimarbeitstage zu. Nun, knapp 10 Jahre später, hat sich das alles für mich ausgezahlt, dass nunmehr ich Vorsitzender des Senates bin. Mittlerweile bin ich zwei, maximal drei Tage die Woche am Gerichtsort. Der Rest wird im Homeoffice geregelt, was aber eine gute Abstimmung mit der Geschäftsstelle voraussetzt. Auch der Aktentransport erweist sich nicht immer als völlig komplikationslos (ich sehne de E-Akte herbei!).

Rückblickend muss ich sagen: Ich habe in meinem Leben viele spannende Erfahrungen gemacht. Meinen Job liebe ich und gehe darin vollends auf. ABER: Ich war nie mehr so frei und ungebunden wie als Richter am Amtsgericht. Unter Berücksichtigung meiner Erfahrungen kann ich die vielen Kollegen verstehen, die keine "Karriere" machen wollen und mit dem Erreichen einer Planstelle zufrieden sind.
Liz
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Re: Karriereaussichten als Staatsanwalt und Richter

Beitrag von Liz »

Danke für diesen aufschlussreichen, persönlichen Erfahrungsbericht! =D>
Janusköpfigkeit hat geschrieben:Unter Berücksichtigung meiner Erfahrungen kann ich die vielen Kollegen verstehen, die keine "Karriere" machen wollen und mit dem Erreichen einer Planstelle zufrieden sind.
Sie zeigen jedenfalls, dass das "ja" zur Karriere nicht unbedingt leicht ist.
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