Assessment Center für Richter in NRW

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

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Joshua
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Re: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von Joshua »

Tibor hat geschrieben:Dann wäre es doch irgendwann sinnvoll lieber Kandidaten mit Berufserfahrung entsprechend finanziell zu locken, als Newbies mit schlechten Noten anzuheuern.
Ja, ich verstehe ohnehin nicht, dass manche Bundesländer eine vorherige Berufstätigkeit immer noch als Makel betrachten. So eine schwachsinnige Ausgrenzung wird man sich in der Tat nicht mehr leisten können (dürfen).

„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
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julée
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Re: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von julée »

Joshua hat geschrieben:Umso wichtiger ist, bei Besoldung und Arbeitsbedingungen mehr zu tun!
Wobei die Frage wäre, ob man in der Justiz auf Lebenszeit wirklich die Leute einstellen möchte, die sich nur durch genügend Geld und die Aussicht auf viel Freizeit für die Justiz gewinnen lassen. Das ist natürlich kein Grund, die Bedingungen in der Justiz so schlecht auszugestalten, dass sich nur echte Überzeugungstäter nicht davon abschrecken lassen. m. E. wäre es jedoch vorzugswürdiger, Leute anzuwerben, die tatsächlich eine gewisse Grundbegeisterung für die Justiz mitbringen. Und da wird man wohl weniger bei denen fündig werden, die sich überlegen, wo sie für ihre Noten den besten "Deal" bekommen, sondern bei Leuten, die mit einem (gehobenen) befriedigend aus den Examina gegangen sind und / oder ggf. schon anderswo Berufserfahrung gesammelt haben.
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Re: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von Ryze »

Joshua hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:Dann wäre es doch irgendwann sinnvoll lieber Kandidaten mit Berufserfahrung entsprechend finanziell zu locken, als Newbies mit schlechten Noten anzuheuern.
Ja, ich verstehe ohnehin nicht, dass manche Bundesländer eine vorherige Berufstätigkeit immer noch als Makel betrachten. So eine schwachsinnige Ausgrenzung wird man sich in der Tat nicht mehr leisten können (dürfen).
Welche Bundesländer sind das denn? Derartiges habe ich sehr lang nicht mehr vernommen. In den letzten Jahren werden zumindest in Hessen (ebenso aus Bayern und Rheinland-Pfalz bekannt) äußerst aktiv Proberichter aus der Anwaltschaft rekrutiert. Dass die Justizministerien allgemein den Gewinn der Rekrutierung verkannt hätten, dürfte man wohl nicht behaupten können.

Angesichts der Einstellungs- und Bewerberzahlen und dem aktuellen Sicherheitsbedürfnis der Absolventen, erklärt sich nach wie vor, dass keine Notwendigkeit gesehen wird, verbesserte Konditionen zu bieten, wobei ich die Einstellungen unterhalb des VBs auch keineswegs beunruhigend finde (im Übrigen hat sich nicht allzu viel geändert zu den Vorjahren), es wurden schon seit jeher Proberichter unterhalb der VBs eingestellt, vor ein paar Jahrzehnten gar deutlich darunter. Der Großteil der Richter wendet über die Jahre ohnehin, sagen wir, sehr pragmatische Ansätze an, um zur genehmen schnellen Verfahrensbeendigung zu gelangen, die einen - ja, auch Proberichter mit einem befriedigend im zweiten Examen! - in materieller Hinsicht doch hin und wieder erschreckend aufhorchen lassen, da ist die Qualität der Rechtsprechnung in weitaus größerem Umfang gefährdet als durch die unbegründete Vermutung, der Absolvent mit einem befriedigend wäre dem Beruf nicht gewachsen.

Das gravierendste Problem sehe ich nach wie vor viel eher bei der chronischen Unterbesetzung der Gerichte bzw. den erwarteten Fallzahlen, die in einigen Rechtsgebieten unmöglich adäquat bearbeitet erreicht werden können. Allerdings ist auch dies das Resultat der Trägheit, der Genügsamkeit und auch der Arroganz der Richterschaft und seiner Interessensverbände. Richter, die, sofern sie noch den Anspruch an durchdachten Entscheidungen haben und ein entsprechend höheres Stundenpensum aufweisen, keine Überlastungsanzeigen versenden (man könnte ja negativ auffallen!) oder bereits in den erwähnten Pragmatismus verfallen sind, in den Amtszimmern aber - unter teils mehr, teils weniger vorgehaltener Hand - über Kollegen wie Schulte-Kellinghaus herziehen, der nach wiederholten Überlastungsanzeigen an das Ministerium den Entschluss fasste, den zu bearbeitenden Fällen die Arbeitszeit zukommen zu lassen, die für eine adäquate Bearbeitung notwendig ist, trotz weit überdurchschnittlichem Stundeneinsatz aber angeblich "nur" 70% der Leistung erbrachte und in der Folge eine Abmahnung der OLG Präsidentin erhalten hat, helfen da sicher nicht weiter. Ohne nun die rechtliche Dimension - Adé richterliche Unabhängigkeit - diskutieren zu wollen: Solang der absolut überwiegende Großteil der Richterschaft die maßlose Fremdbestimmung durch das Justizministerium und dessen Bedingungen akzeptiert, wird sich hieran nichts ändern. Wer, wenn nicht die Richter soll sonst versuchen, die notwendige hinreichende Besetzung der Gerichte bzw. eine Überarbeitung des lächerlich und fragwürdig ermittelten Durchschnittpensums, das jedem Richter auferlegt wird, durchzusetzen? Die durchschnittliche Wartezeit für eine gerichtliche Entscheidung oder gerichtliche Termine allein wird weder Anwaltschaft noch die Privatwirtschaft als potentielle Klägerschaft zu einer solchen Forderung verleiten.
Das letzte, das von den Justizministerien zu erwarten ist, ist eine substantielle Erhöhung der Bezüge, nachdem sie in den letzten Jahren an jeder denkbaren Ecke des Justizwesens Budgets gekürzt und Nullrunden gefahren sind. Staatsanwaltschaften geht das Papier vor Ablauf des Jahres aus, Richter müssen ihren Müll nun selbst wegbringen und sogar die Zulagen zu den relevanten Aspekten der privaten Krankenversicherung (Chefarzt Behandlung + Einzelzimmer) werden gestrichen. Ich frage mich aber auch teilweise, welche Zahl da einigen im Kopf schwirrt, wenn man Diskussionen über die anstehende BVerfG und der möglichen Besoldungsänderung verfolgt...

Zum Aspekt der Karriere: Was genau verstehst du darunter? Deinen ersten Einwand kann ich noch sehr gut nachvollziehen. Ich finde es auch eine absolute Frechheit, dass nicht zumindest der Präferenz zwischen Straf- und Zivilrecht in der Vielzahl der Fälle nachgekommen wird. Zuletzt schien es fast so, als würde im Einstellungsgespräch, das offenbar ohnehin jedem Bewerber nochmal eine Portion Demut lehren soll, allein deshalb nach der Präferenz gefragt wurde, um sie dann in den genau anderen Bereich einzusetzen. Beim Wort 'track' läuft mir allerdings eiskalt der Schauer über den Rücken, eine privatwirtschaftliche Karriereplanung ist das letzte, das die Justiz jetzt noch braucht. Viel eher wäre da an die Etablierung der richterlichen Selbstverwaltung nach etwa dem - so sehr das Justizsystem dort auch sonst krankt- italienischen Modell zu denken, in der - neben einigen anderen Aspekten - auch Evaluationen aus der Anwaltschaft bei der Beurteilung und Beförderung von Richtern Berücksichtigung finden und nicht ausschließlich durch nebulöse Entscheidungsstellen in den Justizministerien nach einer Abordnung oder gar Parteivorschlägen.
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thh
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Re: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von thh »

Thandor79 hat geschrieben:
Urs Blank hat geschrieben: Außerdem weist die Antwort aus, dass der Frauenanteil unter den Neueinstellungen derzeit bei knapp 2/3 liegt (195 von 309).
Ist das nicht eine Ungleichbehandlung?
Nicht bei einem Anteil von 2/3. Eine Ungleichbehandlung käme nur bei einem Anteil < 50% in Betracht.
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Re: AW: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von Thandor79 »

julée hat geschrieben:
Thandor79 hat geschrieben:
Urs Blank hat geschrieben: Außerdem weist die Antwort aus, dass der Frauenanteil unter den Neueinstellungen derzeit bei knapp 2/3 liegt (195 von 309).
Ist das nicht eine Ungleichbehandlung? Oder hatten die einfach die besten Noten?
Es haben sich auch mehr Frauen beworben: von 1277 Bewerbern waren 728 weiblich, also 57 %. Wobei bei den Bewerbern mit gut / vb der Frauenanteil bei 60 % liegt, also auch leicht bessere Noten.
Es scheinen sich also mehr notenmäßig geeignete Frauen als Männer zu bewerben. Interessant.
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Re: AW: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von Thandor79 »

Joshua hat geschrieben: Kommt in etwa hin. Wir haben ca. 25.000 Richter und StA in D. Geht man von durchschnittlich 35 Berufsjahren aus, müssen jährlich 714 Neueinstellungen erfolgen. Das aus ca. 1600 Absolventen abzudecken setzt - wie du sagst - einiges voraus angesicht der Konkurrenz (Anwaltschaft; Wissenschaft; freie Wirtschaft; Verwaltung; Diplomatie usw.). Umso wichtiger ist, bei Besoldung und Arbeitsbedingungen mehr zu tun!
Es gibt genügend Anwälte, die sich nach einem Richteramt die Finger lecken. Da kann man ohne Erhöhung am einfachsten was machen und es noch als “Öffnung zur Praxis“ verkaufen.

Aber es stimmt, der Markt wird enger.
Joshua
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Re: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von Joshua »

Ryze hat geschrieben:
Joshua hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:Dann wäre es doch irgendwann sinnvoll lieber Kandidaten mit Berufserfahrung entsprechend finanziell zu locken, als Newbies mit schlechten Noten anzuheuern.
Ja, ich verstehe ohnehin nicht, dass manche Bundesländer eine vorherige Berufstätigkeit immer noch als Makel betrachten. So eine schwachsinnige Ausgrenzung wird man sich in der Tat nicht mehr leisten können (dürfen).
Welche Bundesländer sind das denn?
Ich möchte jetzt nicht ein einzelnes Land an den Pranger stellen. Sagen wir mal: Es gibt zumindest Auswahlkommissionen, die Kandidaten unter einen besonderen Rechtfertigungsdruck setzen, wenn sie vorher in der Anwaltschaft war. Die Nachweise bleiben anekdotisch. Eine Statistik dazu, wie oft Bewerber scheitern, weil ihre Nähe zur freien Anwaltschaft zu groß ist, gibt es schlicht nicht.
Derartiges habe ich sehr lang nicht mehr vernommen. In den letzten Jahren werden zumindest in Hessen (ebenso aus Bayern und Rheinland-Pfalz bekannt) äußerst aktiv Proberichter aus der Anwaltschaft rekrutiert.
Das finde ich auch absolut fair und richtig. Beides muss gehen: Direkt und auf Umwegen in die Justiz! Wir brauchen eine heterogene Richterschaft.
Angesichts der Einstellungs- und Bewerberzahlen und dem aktuellen Sicherheitsbedürfnis der Absolventen, erklärt sich nach wie vor, dass keine Notwendigkeit gesehen wird, verbesserte Konditionen zu bieten, wobei ich die Einstellungen unterhalb des VBs auch keineswegs beunruhigend finde (im Übrigen hat sich nicht allzu viel geändert zu den Vorjahren), es wurden schon seit jeher Proberichter unterhalb der VBs eingestellt, vor ein paar Jahrzehnten gar deutlich darunter.
Nicht in jedem Fall ist das beunruhigend. Ich kenne aber 1, 2 Kandidaten (und heutige Richter) aus meiner Referendarszeit, die - aus meiner Sicht zu Recht - unter dem VB geblieben sind, und bei denen ich die Fertigkeiten im Umgang mit der Rechtsmethodik einfach nicht sehe. Punkt. Das wird immer eine subjektive Sache bleiben.
Der Großteil der Richter wendet über die Jahre ohnehin, sagen wir, sehr pragmatische Ansätze an, um zur genehmen schnellen Verfahrensbeendigung zu gelangen, die einen - ja, auch Proberichter mit einem befriedigend im zweiten Examen! - in materieller Hinsicht doch hin und wieder erschreckend aufhorchen lassen, da ist die Qualität der Rechtsprechnung in weitaus größerem Umfang gefährdet als durch die unbegründete Vermutung, der Absolvent mit einem befriedigend wäre dem Beruf nicht gewachsen.
Naja, mir sind methodisch korrekt begründete Entscheidungen sehr wichtig. Und langfristig braucht ein Rechtssystem methodische Grundfesten, die unerschütterlich sind.
Das gravierendste Problem sehe ich nach wie vor viel eher bei der chronischen Unterbesetzung der Gerichte bzw. den erwarteten Fallzahlen, die in einigen Rechtsgebieten unmöglich adäquat bearbeitet erreicht werden können. Allerdings ist auch dies das Resultat der Trägheit, der Genügsamkeit und auch der Arroganz der Richterschaft und seiner Interessensverbände. Richter, die, sofern sie noch den Anspruch an durchdachten Entscheidungen haben und ein entsprechend höheres Stundenpensum aufweisen, keine Überlastungsanzeigen versenden (man könnte ja negativ auffallen!) oder bereits in den erwähnten Pragmatismus verfallen sind, in den Amtszimmern aber - unter teils mehr, teils weniger vorgehaltener Hand - über Kollegen wie Schulte-Kellinghaus herziehen, der nach wiederholten Überlastungsanzeigen an das Ministerium den Entschluss fasste, den zu bearbeitenden Fällen die Arbeitszeit zukommen zu lassen, die für eine adäquate Bearbeitung notwendig ist, trotz weit überdurchschnittlichem Stundeneinsatz aber angeblich "nur" 70% der Leistung erbrachte und in der Folge eine Abmahnung der OLG Präsidentin erhalten hat, helfen da sicher nicht weiter. Ohne nun die rechtliche Dimension - Adé richterliche Unabhängigkeit - diskutieren zu wollen: Solang der absolut überwiegende Großteil der Richterschaft die maßlose Fremdbestimmung durch das Justizministerium und dessen Bedingungen akzeptiert, wird sich hieran nichts ändern. Wer, wenn nicht die Richter soll sonst versuchen, die notwendige hinreichende Besetzung der Gerichte bzw. eine Überarbeitung des lächerlich und fragwürdig ermittelten Durchschnittpensums, das jedem Richter auferlegt wird, durchzusetzen? Die durchschnittliche Wartezeit für eine gerichtliche Entscheidung oder gerichtliche Termine allein wird weder Anwaltschaft noch die Privatwirtschaft als potentielle Klägerschaft zu einer solchen Forderung verleiten.
Das letzte, das von den Justizministerien zu erwarten ist, ist eine substantielle Erhöhung der Bezüge, nachdem sie in den letzten Jahren an jeder denkbaren Ecke des Justizwesens Budgets gekürzt und Nullrunden gefahren sind. Staatsanwaltschaften geht das Papier vor Ablauf des Jahres aus, Richter müssen ihren Müll nun selbst wegbringen und sogar die Zulagen zu den relevanten Aspekten der privaten Krankenversicherung (Chefarzt Behandlung + Einzelzimmer) werden gestrichen. Ich frage mich aber auch teilweise, welche Zahl da einigen im Kopf schwirrt, wenn man Diskussionen über die anstehende BVerfG und der möglichen Besoldungsänderung verfolgt...
Das unterschreibe ich.
Zum Aspekt der Karriere: Was genau verstehst du darunter? Deinen ersten Einwand kann ich noch sehr gut nachvollziehen. Ich finde es auch eine absolute Frechheit, dass nicht zumindest der Präferenz zwischen Straf- und Zivilrecht in der Vielzahl der Fälle nachgekommen wird. Zuletzt schien es fast so, als würde im Einstellungsgespräch, das offenbar ohnehin jedem Bewerber nochmal eine Portion Demut lehren soll, allein deshalb nach der Präferenz gefragt wurde, um sie dann in den genau anderen Bereich einzusetzen.
Diesen Aspekt des Demütigens und Gefügigmachens vermute ich auch. Meine Nahbereichsempirie entspricht hier absolut der deinen! Es ist aberwitzig, wie immer wieder gegen den ausdrücklich geäußerten Willen besetzt wird. Meist völlig ohne Not.
Beim Wort 'track' läuft mir allerdings eiskalt der Schauer über den Rücken, eine privatwirtschaftliche Karriereplanung ist das letzte, das die Justiz jetzt noch braucht. Viel eher wäre da an die Etablierung der richterlichen Selbstverwaltung nach etwa dem - so sehr das Justizsystem dort auch sonst krankt- italienischen Modell zu denken, in der - neben einigen anderen Aspekten - auch Evaluationen aus der Anwaltschaft bei der Beurteilung und Beförderung von Richtern Berücksichtigung finden und nicht ausschließlich durch nebulöse Entscheidungsstellen in den Justizministerien nach einer Abordnung oder gar Parteivorschlägen.
"Track" hatte ich jetzt anders konnotiert und aus dem englischen Studiensystem übernommen. Privatwirtschaftlicher Karriereplanung wollte ich nicht das Wort reden. Ich meinte nur, dass man mit den Proberichtern eine Grundrichtung vorab besprechen könnte, an denen sich dann weitere Entscheidungen bei Zuweisungen zu Gerichten oder Fortbildungen orientieren.

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Re: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von Joshua »

julée hat geschrieben:
Joshua hat geschrieben:Umso wichtiger ist, bei Besoldung und Arbeitsbedingungen mehr zu tun!
Wobei die Frage wäre, ob man in der Justiz auf Lebenszeit wirklich die Leute einstellen möchte, die sich nur durch genügend Geld und die Aussicht auf viel Freizeit für die Justiz gewinnen lassen. Das ist natürlich kein Grund, die Bedingungen in der Justiz so schlecht auszugestalten, dass sich nur echte Überzeugungstäter nicht davon abschrecken lassen. m. E. wäre es jedoch vorzugswürdiger, Leute anzuwerben, die tatsächlich eine gewisse Grundbegeisterung für die Justiz mitbringen. Und da wird man wohl weniger bei denen fündig werden, die sich überlegen, wo sie für ihre Noten den besten "Deal" bekommen, sondern bei Leuten, die mit einem (gehobenen) befriedigend aus den Examina gegangen sind und / oder ggf. schon anderswo Berufserfahrung gesammelt haben.
Warum wird eigentlich immer so schwarz-weiß gemalt? Als ob sich Idealismus und der Wunsch nach guter Bezahlung und angemessenen Arbeitszeiten nicht vertrügen. Gerade bei Idealisten ist der Wunsch nach guten Arbeitszeiten ausgeprägt, weil diese Menschen auch noch einen Sinn für Familie haben und gute Gespräche mit Freunden. Einen Typus Idealjungrichter, der für 2,5 netto bis 22 Uhr im schlecht eingerichteten Zimmer sitzt, um sich dann um 22.30 Uhr bei der Bratwurst am Bahnhof über sein ausgezeichnetes Tagwerk zu freuen, sollten wir nicht mal fiktiv entwerfen. Was bitte ist das für ein schräges Weltbild?!

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Re: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von Parabellum »

Insbesondere die Streichung der Chefarztbehandlung ist nun wirklich skandalös!
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Re: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von Ryze »

Parabellum hat geschrieben:Insbesondere die Streichung der Chefarztbehandlung ist nun wirklich skandalös!
Zur Präzisierung: der Zuschuss zu dieser Behandlung. Das führt indirekt zu einer Senkung der Bezüge für all diejenigen, die nur jedes zweite Schaltjahr zum Arzt gehen und den Vorteil der PKV entsprechend nicht in den kurzfristigen Terminen sehen, sondern nur eine gute Versorgung für den Fall der Fälle sicherstellen wollen, da die PKV nach dem Wegfall für die gleiche Behandlung - nach entsprechend kompensierender Vertragsänderung - die anderen 50% der Behandlungskosten übernehmen muss und sich das durch entsprechend höhere Prämien, die je nach Tarif durchaus in mehr als 100 € im Monat niederschlagen, vergüten lässt.

Geradezu zynisch ist dann noch der Hinweis, dass die Beihilfe ja auch in anderen Bundesländern unüblich sei - Klar! Race to the bottom geht immer, wenn das Geld knapp wird. Die Gegenstimmen in Hessen sind auch für diese anstehende Änderung (noch?) lächerlich kleinlaut, bisher hat vielleicht auch der Großteil die Konsequenzen der - zugegebenermaßen harmlos klingenden - geplanten Änderung der Beihilfeverordnung noch nicht erkannt?
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Re: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von Timo1904 »

Interessant finde ich, als potentieller Bewerber, natürlich das Argument "unter Wert geschlagen" bei den Neueinstellungen, die unter dem vb geblieben sind. Woran wird sowas festgemacht? Doch wohl nicht tatsächlich an den Stationsnoten aus dem Ref? Am ersten StEx scheints jedenfalls nicht zu liegen, denn das wurde ja ebenfalls explizit in der Tabelle ausgewiesen. Oder guckt man auf die einzelnen Klausurergebnisse aus dem Examen? Wenn mir Ö-Recht das VB versaut, die anderen Klausuren aber in Ordnung sind, kann ich mich ja immernoch bewerben?! =D>
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Re: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von julée »

Vermutlich wohl ein Gesamteindruck aus 1. Examen, Noten aus dem Ref und Klausurnoten...
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Re: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von Alecta »

Ich hätte da mal eine dem Assessment Center vorgelagerte Frage: Ich bin gerade dabei meine Bewerbung fertig zu machen und wollte sie eigentlich morgen abschicken. Allerdings bin ich demnächst vorrübergehend urlaubsbedingt abwesend und frage mich, wie ich damit umgehen soll, wenn genau in der Zeit der Anruf mit der Einladung zum Assessment Center kommt. Da die Termine ja idR nicht fest stehen, habe ich Sorge, dass es auch relativ spontan zur EInladung kommt. Das hört man ja immer wieder.
Any thoughts? :-k
Die Bewerbung nach dem Urlaub abzuschicken finde ich eher unschön, dann verzögert sich das Verfahren uU.
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Re: AW: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von Levi »

In Zeiten moderner Kommunikationstechnik sollte das doch nun wirklich kein Problem mehr sein.

In der Bewerbung einfach (nur) die Handy-Nummer angeben und im Falle eines Anrufs mitteilen, dass man sich gerade am anderen Ende der Welt befindet. Dafür wird jeder Verständnis haben.
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Re: Assessment Center für Richter in NRW

Beitrag von Tibor »

Und zusätzlich einen Bekannten mit Smartphone mit einem Briefkastenschlüssel ausstatten, der kann dann Schreiben öffnen, abfotografieren und adhoc per Email um die Welt schicken.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
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