Levi hat geschrieben:OK, will ich mal etwas Wissen beisteuern.zollverwaltung hat geschrieben: @alle: Über Infos zu den alltäglichen Aufgaben in der Bundeszollverwaltung wäre ich auch sehr dankbar!!!
In der Bundeszollverwaltung befindet sich der höhere Dienst praktisch vom ersten Tag an in Führungsverantwortung (von daher spielt das auch im Vorstellungsgespräch zurecht eine - wenn nicht sogar "die" - entscheidende Rolle). Die Größe der zu leitenden Organisationseinheit hängt dabei vom Aufgabenzuschnitt und der Leitungsspanne ab. Es kann ein Referat in einer Bundesfinanzdirektion (normalerweise ca. 10-20 Mitarbeiter des gehobenen und mittleren Dienstes), ein kleineres Sachgebiet in einem Hauptzollamt oder Zollfahndungsamt (normalerweise ca. 15-30 Mitarbeiter), ein Arbeitsgebiet in einem größeren Sachgebiet (normalerweise ca. 25-50 Mitarbeiter), oder auch Organisationseinheiten mit speziellen Aufgaben z.B. in Service-Centern, Bundeskassen, den Bildungseinrichtungen oder dem Zollkriminalamt sein - um nur einmal die häufigsten Einsatzbereiche zu nennen. - Mit steigender Berufserfahrung werden die Einheiten natürlich immer größer und/oder verantwortungsvoller.
Als Führungskraft ist man für die Aufgabenerfüllung in seinem Bereich verantwortlich, d.h. man hat dafür Sorge zu tragen, dass rechtmäßige und zweckmäßige Entscheidungen getroffen werden, die Wirtschaftlichkeit beachtet wird und die Mitarbeiterzufriedenheit und deren Motivation gefördert wird.
Welche konkreten Aufgaben man hat, hängt ganz entscheidend vom jeweiligen Dienstposten ab. - Das lässt sich nicht verallgemeinern; dazu sind die Aufgaben in der Bundeszollverwaltung viel zu unterschiedlich. Leitet man z.B. ein Sachgebiet "Zollabfertigung" oder "Prüfungsdienste" in einem Hauptzollamt, ist die Tätigkeit in etwa vergleichbar derjenigen eines Sachgebietsleiters in einem Finanzamt; leitet man dagegen ein Arbeitsgebiet/Sachgebiet "Kontrollen", "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" oder ein Zollfahndungsdienst-Sachgebiet ist die Tätigkeit eher einem Beamten im höheren Polizeivollzugsdienst vergleichbar (aus diesem Grund absolvieren die betreffenden Sachgebiets-/Arbeitsgebietsleiter auch grundsätzlich einen Lehrgang in Eigensicherung und Bewaffnung und erhalten - wie Polizeibeamte - die Polizeizulage); leitet man ein Referat in einer Bundesfinanzdirektion ist die Tätigkeit am ehesten vergleichbar mit derjenigen in einer Fach- und Rechtsaufsichtsbehörde (z.B. einem Regierungspräsidium oder einer Oberfinanzdirektion).
In allen Tätigkeiten gilt jedoch: der höhere Dienst ist Führungskraft, nicht Sachbearbeiter! D.h. man löst (normalerweise) keine Rechtsfälle von Anfang bis Ende, sondern bekommt von den Sachbearbeitern des gehobenen Dienstes bereits Entscheidungsvorschläge oder auch komplexere Fragen oder auch Einzelprobleme zu Lösung vorgelegt, die man gemeinsam mit den Sachbearbeitern zu bewältigen sucht. - Und dann letztlich für die getroffenen Entscheidungen auch die Verantwortung übernimmt.
Die entscheidensten Fähigkeiten, die man im höheren Dienst in der Zollverwaltung mitbringen sollte sind daher: Kooperationsbereitschaft, Teamfähigkeit, Entscheidungsfreude und Durchsetzungsvermögen - und anders als in vielen anderen Bereichen sind das nicht nur leere Worthülsen (wie sie sich häufig in Stellenausschreibungen finden), sondern wirklich essentiell. Man kann sich insofern gut selbst einschätzen, wenn man sich überlegt, ob man auch ansonsten in seinem Leben bisher gerne (Führungs-)Verantwortung übernommen hat und mit anderen gemeinsam Ziele verwirklichte (sei es als Klassensprecher, Jugendgruppenleiter, in der Studierenvertretung, in Vorständen politischer, sozialer, gesellschaftlicher oder kulturellener Vereine/Verbände etc.). Wenn einem das alles bisher eher ein Gräuel war, sollte man sich eine Karriere in der Zollverwaltung wirklich gut überlegen. - Es gibt genügt andere schöne juristische Berufe, die man mit den entsprechenden ordentlichen Noten (die man ja auch für die Zollverwaltung braucht) erreichen kann.
An dieser Stelle eine Bemerkung zu den "Führungskompetenz"-Büchern.
Ja, man kann sich entsprechende Standard-Antworten anlesen und diese reproduzieren (wenn man geschickt ist, merkt es das Gegenüber im Vorstellungsgespräch sogar noch nicht einmal). Man sollte sich jedoch die Frage stellen: Will man das, was in diesen Büchern beschrieben steht, auch wirklich täglich anwenden? Und warum beschäftigt man sich erst jetzt erstmals mit der Frage kooperativer Führung? Warum gab es im bisherigen Leben keine Gelegenheit entsprechende Praktiken - in der Praxis - zu erlernen (was nicht heißt, dass man nicht noch ständig etwas dazulernen kann und soll)?
Abschließend noch ein Wort zum Thema fachliches Vorwissen: das bringt normalerweise niemand mit. Es ist absolut ungewöhnlich, wenn sich jemand vor seinem Eintritt in die Zollverwaltung schon einmal intensiver mit Zoll- und Verbrauchsteuerrecht, Marktordnungsrecht, Außenwirtschaftsrecht oder auch nur mit den einschlägigen Bestimmungen des Sozialrechts beschäftig hat - insofern erwartet das auch niemand. Natürlich sollte man wissen, dass der überwiegende Teil der Rechtsgrundlagen im "klassischen" zöllnerischen Bereich Europarecht ist und die Begriffe Zollkodex, harmonisierte Verbrauchsteuern und Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz schon einmal gehört haben (Ach ja: und in Nürnberg sollte man natürlich die Namen der Olympiasiegerinnen aus dem Zoll-Ski-Team kennen ). Aber insofern reicht es völlig, wenn man sich die Internetseiten des Zolls sorgfältig durchliest - mehr braucht es nicht.
Alles andere notwendige Fachwissen bekommt man im ersten Dienstjahr in mehrmonatigen Lehrgängen vermittelt - und natürlich durch die tägliche Arbeit.
Grüße
Levi
Kurze Zwischenfrage:
Wie wird eine solche Stelle mit derartig hoher Verantwortung vergütet, man steigt doch sicher nicht mit "nur" A13 oder ähnlichem ein?