Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Moderator: Verwaltung
- batman
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
In § 313 III ZPO heißt es ja nicht ohne Grund: Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Das einzige Urteil, dass in meiner Zivilrichterzeit am LG das OLG gekippt hat, war wohl das, wo ich mir in der Gesamtschau am sichersten gewesen war, dass es so richtig ist.
Und auch in den letzten fünf Jahren hat mir die GenStA genau in den hochgereichten Sachen die Anweisung gegeben, weiter zu ermitteln, wo ich absolut sicher war, dass ich richtig lag. Andersrum wurden genau die Sachen gehalten (teilweise sogar mit Einrücker bzw. "Der ausführliche, gut begründete Bescheid entspricht in jeder Hinsicht.."), bei denen ich etwas Bauchschmerzen hatte.
Und auch in den letzten fünf Jahren hat mir die GenStA genau in den hochgereichten Sachen die Anweisung gegeben, weiter zu ermitteln, wo ich absolut sicher war, dass ich richtig lag. Andersrum wurden genau die Sachen gehalten (teilweise sogar mit Einrücker bzw. "Der ausführliche, gut begründete Bescheid entspricht in jeder Hinsicht.."), bei denen ich etwas Bauchschmerzen hatte.
- non-liquet
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Das liegt aber auch daran, welcher Dezernent beim GenStA gerade zuständig ist...
- Bart Wux
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Genau wie in den Klausuren früher, oder? Die mit den Bauchschmerzen sind zweitstellig und die die man mit Stolz abgegeben hat, kommen mit 3 Punkten zurück. Schön, dass sich manches nie ändert.Stalker hat geschrieben:Das einzige Urteil, dass in meiner Zivilrichterzeit am LG das OLG gekippt hat, war wohl das, wo ich mir in der Gesamtschau am sichersten gewesen war, dass es so richtig ist.
Und auch in den letzten fünf Jahren hat mir die GenStA genau in den hochgereichten Sachen die Anweisung gegeben, weiter zu ermitteln, wo ich absolut sicher war, dass ich richtig lag. Andersrum wurden genau die Sachen gehalten (teilweise sogar mit Einrücker bzw. "Der ausführliche, gut begründete Bescheid entspricht in jeder Hinsicht.."), bei denen ich etwas Bauchschmerzen hatte.
"Attempted murder. Now honestly, what is that? Do they give a Nobel Prize for attempted chemistry?"
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Ja, kann ich so ziemlich unterschreiben. Aber eh, dafür gibt es halt den Instanzenzug - wenn die nie was kippen würden, wären sie irgendwie überflüssig.
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Re: AW: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Ist doch auch klar:Bart Wux hat geschrieben:Genau wie in den Klausuren früher, oder? Die mit den Bauchschmerzen sind zweitstellig und die die man mit Stolz abgegeben hat, kommen mit 3 Punkten zurück. Schön, dass sich manches nie ändert.Stalker hat geschrieben:Das einzige Urteil, dass in meiner Zivilrichterzeit am LG das OLG gekippt hat, war wohl das, wo ich mir in der Gesamtschau am sichersten gewesen war, dass es so richtig ist.
Und auch in den letzten fünf Jahren hat mir die GenStA genau in den hochgereichten Sachen die Anweisung gegeben, weiter zu ermitteln, wo ich absolut sicher war, dass ich richtig lag. Andersrum wurden genau die Sachen gehalten (teilweise sogar mit Einrücker bzw. "Der ausführliche, gut begründete Bescheid entspricht in jeder Hinsicht.."), bei denen ich etwas Bauchschmerzen hatte.
Da, wo man sich total sicher ist, hat man schlicht Probleme völlig übersehen. Das führt idR zu einer nicht brauchbaren Lösung, die mit 3 Punkten minus x bewertet wird.
Da, wo man hingegen zweifelt und deshalb ausführlich begründet hat man die Probleme jedoch sehr wohl erkannt und durch die Begründung Problembewußtsein bewiesen. Im besten Fall ist die Begründung sogar tragfähig. Das sind dann bei fairer Korrektur 9 Punkte plus x.
So hab ich mir das jedenfalls immer erklärt. Man kann nur leider nicht umgekehrt aus der Tatsache, dass man nach der Klausur zweifelt auf 9 plus x Punkte schliessen.
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Na ja, zumindest in den Sachen, wo ich auf Anweisung Anklage erhoben habe (da ist der Schriftverkehr mit der GenStA ja Handaktensache), bin ich bislang ausnahmslos in Nichteröffner gelaufen, die das Landgericht gehalten hat. Ganz furchtbar Probleme übersehe ich also wohl nicht...
Wobei ich dabei aber auch nicht verhehlen will, dass zumindest in einem Fall eine vorweggenommene Beweisaufnahme im LG-Beschlusse thematisiert wurde, die ich für zumindest suspekt halte und auch nach Jahren noch für jede zweite Neuanzeige als Begründung für einen § 152 II StPO benutzen will (es aber nicht mache, sondern die Ermittlungen aufnehme). In der Kurzfassung war der nämlich das Gegenteil von "Die Beweiswürdigung muss der Hauptverhandlung vorbehalten bleiben", sondern ganz krass ausgedrückt "Die Anzeigenerstatterin ist die einzige Zeugin und verlangt vom Beschuldigten die Zahlung von Geld, also ist sie im Zweifel unglaubwürdig.".
Wobei ich dabei aber auch nicht verhehlen will, dass zumindest in einem Fall eine vorweggenommene Beweisaufnahme im LG-Beschlusse thematisiert wurde, die ich für zumindest suspekt halte und auch nach Jahren noch für jede zweite Neuanzeige als Begründung für einen § 152 II StPO benutzen will (es aber nicht mache, sondern die Ermittlungen aufnehme). In der Kurzfassung war der nämlich das Gegenteil von "Die Beweiswürdigung muss der Hauptverhandlung vorbehalten bleiben", sondern ganz krass ausgedrückt "Die Anzeigenerstatterin ist die einzige Zeugin und verlangt vom Beschuldigten die Zahlung von Geld, also ist sie im Zweifel unglaubwürdig.".
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Spannend. Eine Anweisung, Anklage zu erheben, habe ich bislang weder erlebt noch irgendwo gesehen - das höchste der Gefühle war die Aufhebung einer (tatsächlich fehlerhaften) Einstellung nach § 170.II StPO. Die nachfolgende Einstellung nach § 153 StPO wurde dann gehalten ...Stalker hat geschrieben:Na ja, zumindest in den Sachen, wo ich auf Anweisung Anklage erhoben habe (da ist der Schriftverkehr mit der GenStA ja Handaktensache), bin ich bislang ausnahmslos in Nichteröffner gelaufen, die das Landgericht gehalten hat.
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Das läuft bei uns dann wieder genau andersrum - wenn die GenStA zwar eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO für falsch, aber eine nach § 153 StPO für vertretbar hält, dann holen die sogar selbst die Zustimmung des Amtsgerichts ein.
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Die Anweisung, Anklage zu erheben, ist bei unserer GStA auch durchaus nicht unüblich. Habe ich selbst in unserer Abteilung schon einige Male erlebt.thh hat geschrieben:Spannend. Eine Anweisung, Anklage zu erheben, habe ich bislang weder erlebt noch irgendwo gesehen - das höchste der Gefühle war die Aufhebung einer (tatsächlich fehlerhaften) Einstellung nach § 170.II StPO. Die nachfolgende Einstellung nach § 153 StPO wurde dann gehalten ...Stalker hat geschrieben:Na ja, zumindest in den Sachen, wo ich auf Anweisung Anklage erhoben habe (da ist der Schriftverkehr mit der GenStA ja Handaktensache), bin ich bislang ausnahmslos in Nichteröffner gelaufen, die das Landgericht gehalten hat.
- batman
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
In Hamburg offenbar auch nicht: http://www.sueddeutsche.de/politik/ange ... -1.2488240Eagnai hat geschrieben:Die Anweisung, Anklage zu erheben, ist bei unserer GStA auch durchaus nicht unüblich.
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
So brutal wie in Hamburg läuft das bei uns nicht - es ist halt eine "Anweisung" in dem Sinne, dass einen der Dezernent von der GenStA anruft, freundlich mitteilt, dass er irgendwie aus Gründen X eine Anklageerhebung für richtig hält, und die Akten dann "unter Hinweis auf das Telefonat mit dem Dezernenten vom (Datum)" zurückschickt. Und kommt nicht wirklich oft vor - in einem halben Jahrzehnt jetzt dreimal (insofern war das "stets" in meinem Ausgangspost vielleicht irreführend, falls das so rüberkam, als sei das bei uns der Regelfall).
Beim ersten Mal hat mich mein AL übrigens darauf hingewiesen, dass er - sollte ich eine Anklage absolut nicht mit meinem Rechtsempfinden vereinbaren können - das Verfahren per Einzelzuweisung einem anderen Dezernenten geben kann. Ob das bei uns in jeder Abteilung der Fall ist, weiss ich allerdings nicht.
Beim ersten Mal hat mich mein AL übrigens darauf hingewiesen, dass er - sollte ich eine Anklage absolut nicht mit meinem Rechtsempfinden vereinbaren können - das Verfahren per Einzelzuweisung einem anderen Dezernenten geben kann. Ob das bei uns in jeder Abteilung der Fall ist, weiss ich allerdings nicht.
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- Fossil
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Das scheint aber auch eher ein besonderes, nicht verallgemeinerungsfähiges Verfahren in Hamburg zu sein.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
- Mr_Black
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Auf welche Weise erfährt eigentlich der Zivilrichter, dass sein Urteil in der nächsten Instanz aufgehoben wurde, wenn keine Rückverweisung erfolgt?
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- Tibor
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Re: Angst des Richters aufgehoben zu werden - warum?
Im nächsten Beurteilungsgespräch wird ihm die Berufungs- bzw Revisionsquote zur Last gelegt.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."