Edeka oder: whats next?

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

Elbflorenz
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Elbflorenz »

Ich möchte meine Antwort keinesfalls auf den Themenersteller münzen - dies vorne weg.

Nach meinen Beobachtungen sind in jüngster Zeit gerade diejenigen Kolleginnen und Kollegen mit ihrem Beruf auf Dauer unglücklich, die die Tätigkeit in der Justiz als "Krönung" ihrer Ausbildung sehen und einem bestimmten Klientel zuzuordnen sind. Folgendes meine ich damit:

Es gibt gewisse Bewerberinnen und Bewerber in der Justiz, die aus einem gut betuchten Elternhaus kommen. Ihre Ausbildung - einschließlich des Referendariats -bekamen sie überwiegend von den Eltern finanziert. Solche Personen hatten in der Regel zeit ihrer Ausbildung weniger Sorgen, was die Sicherung der Lebensgrundlage angeht und konnten mehr Zeit in Lernen etc. investieren. Zudem liegt bei manchen ein gewisses "Elite-Denken" vor. Wenn dann ein oder zwei Examen vollbefriedigend oder besser absolviert wurde, sehen es viele dieser Personen aus o.g. Gruppe als zwingend an, die Justiz als Arbeitgeber anzuvisieren. Da wird der Richterberuf gerne einmal als die Abrundung einer prestigeträchtigen Ausbildung gesehen, der Anwaltsberuf wird als das Auffangbecken schlechter Juristen verkannt. Das Problem solcher Personen ist dann folgendes: Mitte Ende Zwanzig werden sie nicht mehr vom Elternhaus finanziert, sondern müssen sich alleine tragen. Sie erkennen dann, dass es schwer ist mit der R1-Besoldung ihren absolut gehobenen Lebenstandard zu halten. So kennen sie vielleicht aus ihrem Elternhaus die Haushaltshilfe, Vaters Sportwagen oder Mutter Louis Vuitton-Tasche. Hier setzt bei vielen die erste Ernüchterung ein. Die zweite Ernüchterung kommt dann nach ein paar Jahren, wenn in die in den Augen solcher Personen schlechte Juristen (Anwälte ohne Prädikat) plötzlich auch noch besser verdienen und sich zudem materielle Dinge leisten können, die als Richter eben nicht drin sind (bspw. Geschäftswagen der gehobenen Mittelklasse). Diese Personen erkennen dann, dass ihre Berufswahl zur Folge hat, dass ihr Lebenstandard, den sie von ihren Eltern gewohnt waren, nicht halten können und eine Verschlechterung eintritt.

Nach meiner Beobachtung sind jene Kolleginnen und Kollegen die zufriedeneren Zeitgenossen, wenn sie ein solches Leben im gemachten Nest nicht hatten und schon früher auf eigenen Beinen standen.

Dies sind aber nur meine persönlichen Einschätzungen.
Voland
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Voland »

Zur Forensic:

Diese Art der Dienstleistung wird überwiegend von WP-Gesellschaften angeboten, welche im Rahmen von sog. Sonderuntersuchungen Verstöße von Mitarbeitern eines Unternehmens gegen gestzliche oder unternehmensinterne Vorschriften aufklären, welche zum Nachteil des Unternehmens sind, also zumeist Wirtschaftskriminalität.

Die Tätigkeit hat -soweit ich das bislang einschätzen kann- den Vorteil, dass sie sehr abwechslungsreich ist, da man ständig auf verschiedenen Projekten unterwegs ist und sich in neue unternehmensinterne Strukturen eindenken muss. Das bedeutet aber auch, dass man unter der Woche das eigene Bett nur sehr selten sieht. Reisen muss man also mögen.

Außerdem sollte man sich klar machen, dass Prüfungsgesellschaften keine Rechtsberatung erteilen dürfen. Als Jurist im Bereich Forensic Services erstellt man also höchstens interne Gutachten, dies allerdings zu vielfältigen und interessanten Rechtsfragen, wie z.B. zum Datenschutzrecht, Strafrecht, Gesellschaftsrecht, Bilanzrecht, etc.. Auf der anderen Seite ist man bei den Ermittlungen auch mit eher unjuristischen Tätigkeiten wie etwa dem Führen von Gesprächen mit Verdächtigen und anderen Mitarbeitern, der Auswertung von Dokumenten, Bilanzen und Ähnlichem beschäftigt. Meines Erachtens bietet das eine Abwechslung zu den stark juristisch geprägten Berufsbildern in der Justiz, ist aber natürlich nicht jedermanns Sache. Gewöhnungsbedürftig ist für mich auch immer noch, dass die Tätigkeit von Teamarbeit geprägt ist und der Abstimmungsbedarf daher relativ hoch ist. Das ist schon ein Unterschied zur Rechtsberatung, wo man doch relativ autark entscheiden kann, wie man seinen Arbeitstag plant.

Ein weiterer interessanter Punkt ist zudem, dass die Teams eine bunte Mischung verschiedenster Biographien sind und man es nicht nur mit Juristen zu tun hat, was ich durchaus als Bereicherung empfinde. Außerdem bekommt man einen detaillierten Eindruck von der Arbeitsweise in verschiedensten international tätigen Konzernen, was für den weiteren beruflichen Lebensweg mit Sicherheit auch kein Nachteil sein wird.

Wer noch mehr wissen will, kann mich gerne fragen.

@Elbflorenz: Pardon, aber was ist das denn für ein Quatsch? Zumal in dieser Pauschalität. Deckt sich in keinster Weise mit meinen Erfahrungen.
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Boris Die Klinge
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Boris Die Klinge »

Voland hat geschrieben:@Elbflorenz: Pardon, aber was ist das denn für ein Quatsch? Zumal in dieser Pauschalität. Deckt sich in keinster Weise mit meinen Erfahrungen.
Kann Elbflorenz' persönliche Einschätzung auch nicht teilen, zumal der Threadersteller, ob nun Troll oder nicht, nachvollziehbar schildert, dass seine Frustration aus der nicht ausreichend abwechslungsreichen Tätigkeit und und dem beruflichen Rahmen selbst resultiert. Es werden gerade nicht materielle Unzulänglichkeiten angeführt. Der TE dürfte damit schon nicht dem von Elbflorenz skizzierten Personenkreis angehören.

Im Übrigen deckt sich dies auch nicht mit meinen Erfahrungen. Ausnahmslos alle meiner Freunde und Bekannten, die in den Justizdienst oder den höheren Dienst in der Verwaltung gegangen sind, haben dies primär aus Gründen der beruflichen und existenziellen Absicherung (krisensicherer und im Fall der Verbeamtung bzw. der Ernennung auf Lebenszeit grdsl. kündigungssicherer Job mit sicherem Einkommen), der vermuteten Vereinbarkeit von Beruf und Familie und oftmals auch wegen der vermuteten Freude z.B. am Richterjob und der damit verbundenen "richterlichen" Freiheit getan. Dass man weder als Richter oder Staatsanwalt noch Beamter im höheren Verwaltungsdienst unverschämt reich wird, ist doch nun wirklich jedem Assessor von vornherein bewusst. Schließlich wirft doch jeder mal im Rahmen seiner beruflichen Orientierung einen Blick in die einschlägigen Besoldungstabellen.

Die Ernüchterung im Hinblick auf die Tätigkeit und den beruflichen Alltag stellt sich jedoch häufig schon nach kurzer Zeit "on the job" ein. Der im Rahmen des Referendariats gewonnene Einblick in den Richterjob ist z.B. regelmäßig nur flüchtig und bildet nur einen geringfügigen und oftmals bereits vorselektierten Ausschnitt des Gesamtbilds der Tätigkeit ab. Da man als Referendar grdsl. "nur" minimal in die Ausbildungsstation eingebunden ist, bekommt man auch nicht so schnell ein Gefühl für den "Routinealltag". Es ist m.E. völlig normal, diese Erfahrung zu machen und sollte gerade die Personen vor keine besondere Herausforderung darstellen, die ihr Seelenheil nicht in der beruflichen Selbstverwirklichung zu finden glauben.
Gelöschter Nutzer

Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Es ist m.E. völlig normal, diese Erfahrung zu machen und sollte gerade die Personen vor keine besondere Herausforderung darstellen, die ihr Seelenheil nicht in der beruflichen Selbstverwirklichung zu finden glauben.

Das ist schon grds. richtig, aber was mich umtreibt, ist das sich von Zeit zu Zeit einschleichende Gefühl, in einem ganz anderen Berufsfeld besser aufgehoben zu sein. Es geht also darum, in einer Sache aufzugehen und das fällt mir derzeit schwer. Ich weiß allerdings nicht, ob dieses Gefühl auch den sonstigen zur Verfügung stehenden juristischen Tätigkeit eigen ist. Vielleicht sorgt auch einfach ein stressigerer Berufsalltag dafür, dass man, vorausgesetzt man kann mit Stress umgehen, gar nicht auf derartige Gedanken kommt. Und auf der Suche nach einem solchen Tätigkeitsbereich, bei dem man sich letztlich nicht jeden Morgen griesgrämig, wie derzeit, ins Büro schleppt, bin ich. Denn wenn man den Sinn seiner Tätigkeit nicht mehr richtig sieht und andere regelrecht um ihre Jobs beneidet (jaja, the grass is always greener...), dann ist man schon irritiert.

Übrigens könnte das Geld natürlich immer mehr sein, aber ich finde es für den Arbeitsaufwand ok und komme gut damit klar. Im Übrigen finde ich die Aussage bezügl. gut betuchtem Elternhaus und so nicht zutreffend und ehrlich gesagt ziemlichen Quatsch.
Learned Hand
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Learned Hand »

whats_next hat geschrieben:
Details? Ich denke doch: es geht eben um das lähmende Gefühl der Routine und um neue Perspektiven/Möglichkeiten/Horizonterweiterungen, m.a.W.: um Wege zu einem ausgefüllten Berufsleben trotz Beamtentätigkeit.

Muss man erst 10 Beiträge wie den zitierten schreiben, um als glaubwürdig zu gelten?

Nunja, ich bin wie gesagt StA in einem Buchstabendezernat (aufgeräumt) in einer mittelgroßen Behörde in Westdeutschland und habe ca. 60 Eingänge im Monat. Meinen Namen möchte ich ungern hier veröffentlichen, ebenso die Stadt oder das Land. Die Justizfamilie ist klein und Rückschlüsse gefährlich. Es geht mir eben darum, dass die Tätigkeit einen schon ausfüllen kann vom Sinn und dem Stehen auf der richtigen Seite her gesehen. Aber inhaltlich ist es, gerade aufgrund der vielen EDV-mäßigen Formulartext (nicht MESTA), doch recht eintönig. Und die Massendelikte gehen einem manchmal auch auf die Nerven. Ein Wechsel in eine andere Abteilung ist derzeit nicht möglich und ich habe ehrlich gesagt auch keinen Nerv, darauf jahrelang zu warten, sondern bin jetzt aktiv und bereit zu Veränderungen!
Ein bischen schwer nachzuvollziehen ist das - jedenfalls für mich - auch. Mag sein, dass die anwesenden Verwaltungsfans das sofort verstehen können (die werden ihre Gründe dafür gehabt haben, nicht in die Justiz zu gehen), aber als Strafrichter am Amtsgericht habe ich bisher in knapp 3 1/2 Jahren nur wenig "lähmende" Routine kennengelernt. Im Gegenteil: ich freue mich über eine gewisse Routine, weil die Sicherheit schafft. Es gibt nämlich immer noch viel zu verbessern, und das wird sich in den nächsten Jahren für mich nicht ändern.

Man kann immer noch besser werden, sogar wenn man sich als "kleiner Amtsrichter" nur mit den Hühnerdieben beschäftigt. Die Zeitplanung läßt sich verbessern, die Vernehmungstechnik läßt sich verbessern, die Erfahrungen und das Wissen über Stadtteile/Strassen/Szene wächst ständig mit, das Verständnis für die Lebenssituation der Beteiligten wächst. Richtig gut wird man auch in diesem Bereich erst nach jahrelanger Übung - deshalb haben wir alle unsere Examina auch nicht in zwei Jahren sondern meist in mehr als 6 Jahren bestanden.

Dass Du in zwei Jahren zum SuperSTA geworden bist, der notfalls auch ohne Akte verhandeln kann, glaube ich nicht so recht. Daraus schließe ich, dass Dir entweder die Disziplin fehlt, Dich durch ständiges Üben weiter zu verbessern oder dass Du unter der Einstellung leidest, für "einfache" Fälle sei es nicht notwendig, wirklich gut zu sein. Wenn es das erstere ist, würde ich Dir auch den Wechsel in die Verwaltung empfehlen. Beim letzteren wirst Du vermutlich nur in der Großkanzlei richtig glücklich werden, wenn Du bei HM in der Mittagspause übers UmwG parlieren darfst (wobei der Weg dahin vermutlich auch von jahrelanger Übung und Routine gekennzeichnet sein dürfte...).
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batman
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von batman »

In der vorletzten DRiZ (Heft 9, S. 279) werden in einem kurzen Bericht knapp aber prägnant einige Entwicklungsmöglichkeiten außerhalb der klassischen Justiz-Schiene beschrieben. Für junge Kollegen zur Lektüre empfohlen.
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Volki
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Volki »

Na das hat sich ja entwickelt hier... Wie immer sehr kenntnisreiche und ausgewogenen Beiträge der geschätzten Kollegen... wenn der Thread dafür gut ist, von mir aus und auch von hier aus ein paar Gedanken zur Justiz, Abteilung Attacke, Richter und Verwaltung können andere besser.

Ich denke entscheidend für eine längere zufriedenstellende Karriere in der Justiz sind verschiedene Faktoren, die alle bereits benannt worden sind.

Elbflorenz ist dahingehend zuzustimmen, und ich denke, das sollte auch eigentlich ausgedrückt werden und die höheren Söhnchen waren nur das Vehikel, dass bei einigen jüngeren Kollegen etwas fehlt, was ich seit jeher, auch jenen jungen Kollegen gegenüber, als Demut bezeichne. Es geht darum, dass ich der Auffassung bin, dass alle diejenigen, die diesen Beruf ergreifen dürfen, sich klar sein sollten, welche Chance sie damit haben und welche Hoffnung ihnen von Seiten des Dienstherren entgegengebracht wird. Es geht hier nicht um irgend einen austauschbaren Brotjob auf Zeit in einer dieser austauschbaren Großbuden, Boutiquen oder Rechtskaufmannsgesellschaften sondern nicht zuletzt um die lebenslange Tätigkeit für die Dritte Gewalt. Ich denke, dass muss man sich gelegentlich einmal wieder vor Augen halten. Und ich denke nicht, dass man nach zwei Jahren auch nur im Ansatz dem gerecht werden kann, was diesbezüglich von einem erwartet wird. Ich mache den Beruf jetzt seit über zehn Jahren und lerne - um Learned Hand zu bestätigen - noch täglich dazu und stelle immer wieder fest, verdammte Axt, das ist neu, das ist anders, wie bekomme ich das jetzt hingebogen? Und das gilt auch für die 125ste Gewässerverunreinigung, die 612te Straßenverkehrsgefährdung, die 25. Ermittlungsgruppe und natürlich auch und gerade für den 10ten Mord. Ändern wird sich das sicher nicht. Wie da Langeweile aufkommen kann ist mir, ehrlich gesagt, ganz und gar unverständlich. Zumal man ja immer noch zur Erprobung zur GenStA gehen kann, wenn man denn Lust auf Revisionsrecht hat, mal etwas völlig anderes, auch sehr spannendes, kennen lernen möchte und irgendwann der Auffassung ist, dass das, was der AL macht, man so ähnlich auch hinbekommen könnte. Danach kann man dann wieder zehn Jahre besser werden und dann, mal sehen.

Unbedingt zuzustimmen ist Levi mit der Freizeitthese. Ich kenne wenige Leute, die nur mit der Justiz glücklich sind, bei aller Ausfüllung. Das ist sicherlich der Tatsache geschuldet, dass 90 Prozent der Tätigkeit mit den Jahren leichter von der Hand geht, man weiß halt, wie in der Regel die Mechanismen funktionieren und hat gelernt, Reibungsverluste zu minimieren und logistische Fehler zu vermeiden, kennt sein Netzwerk und hat seinen Ruf, der dann auch vieles erleichtert. Was bleibt ist Freizeit, die man bestenfalls sinnvoll ausfüllt. Prüfungsamt, Arbeitsgruppen, berufsständisches Engagement, Lehraufträge sind keine Eingeständnisse des beruflichen Scheiterns sondern Früchte gerade des entsprechenden Erfolges. Gleiches gilt für die ausgefüllte, gleichberechtigte, nach Möglichkeit intellektuell symmetrische Partnerschaft oder das überobligate Familienengagement, wenn man das denn anstrebt oder der leidenschaftlich betriebene Sport, gerne auch mit großem, zeitaufwändigem schwimmenden, fliegenden, fahrenden oder Hafer fressendem Equipment. Wer diesbezüglich keinen Ausgleich hat, sondern abends um 1800 mopsig auf dem Sofa sitzt und über seine Fälle nachbrütet, wenn alle anderen Single-Kollegen oder - schlimmer - der eigene Partner entweder im DD-Raum schwitzen, Praxisübernahmeverträge kopieren oder im Business-Hotel in Frankfurt am aktuellen Projekt schrauben, frustriert eher. Zumal - auch das schon gesagt - die Aufstiegsmöglichkeiten in der Justiz halt eingeschränkt sind. Der 37jährige OStA ist eben so selten wie der Aufstieg vom Staatsanwalt zum Gefängnisdirektor im gleichen Alter. Aber wer weiß das nicht?

Auf der anderen Seite - auch diese Hinweise wurden schon gegeben - kommt, wer sich aus der Deckung traut und was taugt (letzteres ist wichtig und oft der eigentliche Grund für Frustration, die Guten gehen selten, die Heißdüsen und die Leute für die erste Halbzeit werden in der Regel schnell enttarnt) oft in den Genuss besonderer Herausforderungen. Die Landes- und Bundesministerien suchen immer Leute zur Abordnung, die EU-Institutionen auch, wer Mut hat kann auch international, Pristina, Ulan Bator, egal, Hauptsache Italien, all das funktioniert - ich kenne ausreichend Beispiele - auch schon in der Probezeit.

Hmm. Nur ein paar Gedanken, recht konfus auch, aber im Ergebnis tragen sie, gerichtet an den Threadersteller, der nach nicht mal zwei Jahren das Dezernat wechseln will, weil es ihn nicht auslastet und wenn er es denn Ernst meint, meinen deutlichen Hinweis: Geduld haben und Demut zeigen oder Leben ändern. Und zwar beides bald. Das dürfte beiden Seiten Verdruss ersparen.
Die Robe ist über der Kleidung zu tragen.
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

=D>
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Niederegger »

als Nicht-Justizangehöriger: =D>
Die nachdenklichen Überlegungen zur Demut sind aber auch dem außerhalb der Justiz Tätigen zum Bedenken zu geben. Die ernsthafte Einsicht, daß die eigene Arbeit verbesserungswürdig bleibt, an welcher Stelle man auch gestellt ist, und die entsprechenden Konsequenzen daraus verdienen auch andernorts andauernde Beachtung.
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Boris Die Klinge »

Ich stelle mich mal dazu und applaudiere Volki ebenfalls kräftig... ;)
M.E. ein gelungener Beitrag.
=D>
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Survivor »

Auch von meiner Seite für den nicht umsonst im Forum hochgeschätzten Volki: =D> =D> =D> Besser kann man die Wichtigkeit von Demut und die Einsicht in die eigene Fehleranfälligkeit kaum beschreiben. Leider kommt dies vielen nach einigen Jahren abhanden. Man ist ja schließlich nicht irgendwer, sondern Volljurist und Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt, Verwaltungsjurist, Unternehmensjurist etc. pp. So jedenfalls mein Eindruck.
"Wenn die Welle kommt, dann nimm dir Zeit."

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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Man nennt es neuerdings kritische Selbstreflektion. Aber in Wahrheit steckt dahinter nur der Appell zu einer gesunden Portion Demut.

Es ist wie mit der Angst: läßt man sie nicht zu, trifft man womöglich Entscheidungen, die zu risikoreich sind. Man verliert die Fähigkeit gesunder Risikoeinschätzung sowie die Gabe der völligen Konzentration in gefährlichen Situationen. Ähnliches gilt für die Überprüfung der eigenen fachlichen Leistung: zuviel Selbstvertrauen macht blind für eigene Fehler.

Was ist das Schwierige daran? Die Balance zwischen Hochmut und Demut.
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von qwer »

Nachdem man normalerweise mit Mitte/Ende 30 RD und mit Mitte/Ende 40 LtRD wird
Ist das wirklich so? Also ich meine, schafft das jeder oder muss man dafür schon besonderes Engagement zeigen? LtRD heißt doch A15, oder? Das wäre dann ja in etwa mit dem Richtergehalt gleich.

Viele Grüße,

qwer
Spencer
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Spencer »

qwer hat geschrieben:
Nachdem man normalerweise mit Mitte/Ende 30 RD und mit Mitte/Ende 40 LtRD wird
Ist das wirklich so? Also ich meine, schafft das jeder oder muss man dafür schon besonderes Engagement zeigen? LtRD heißt doch A15, oder?
Regierungsdirektor= A15, Leitender Regierungsdirektor = A16.

Ob und wann man das schafft, ist einerseits eine Frage der Leistung und der Flexibilität, aber andererseits auch eine Frage des jeweils für Beförderungen zur Verfügung stehenden Stellenkegels.
In der Landesverwaltung können z.B. A15 das Endamt mit Anfang/Mitte 50 bedeuten, bei (obersten) Bundesehörden laufen einem hingegen schon mal RD´s im Alter von 35 über den Weg. Da rückt dann auch die B-Besoldung mit Anfang 50 in realistische Nähe.
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Levi
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Re: Edeka oder: whats next?

Beitrag von Levi »

qwer hat geschrieben:
Nachdem man normalerweise mit Mitte/Ende 30 RD und mit Mitte/Ende 40 LtRD wird
Ist das wirklich so? Also ich meine, schafft das jeder oder muss man dafür schon besonderes Engagement zeigen? LtRD heißt doch A15, oder? Das wäre dann ja in etwa mit dem Richtergehalt gleich.
Spencer hat mir zwar schon einiges vorweg genommen. Dennoch will ich deine Frage noch antworten

RD ist A 15
LtRD ist A 16

Die Richter-Besoldung (R) ist ganz bewusst so aufgebaut, dass sie den "normalen" Karriere-Verläufe in der öffentlichen Verwaltung entspricht. R 1 läuft dabei von A 13 bis A 15; R 2 von A 14 bis A 16.
Ein Unterschied ist nur, dass man in der Beamten-Laufbahn "befördert" werden muss, um von A 13 nach A 15 zu kommen; während man in R 1 nur älter werden muss.

"Jeder" Verwaltungsjurist schafft es natürlich nicht nach A 16 (ebenso wenig wie jeder Richter R 2 wird), das setzt schon ein gewisses Engagement voraus.
A 15 ist dagegen unter normalen Umständen eigentlich immer erreichbar; für A 16 oder darüber braucht es schon etwas mehr.

Als Beispiel hier einmal die aktuellen Stellenkegel der bayerischen Landratsämter:
A 13: 87; A 14: 141; A 15: 55
Geht man hier von einer einigermaßen gleichmäßigen Altersverteilung aus (was allerdings nicht immer der Fall ist), scheiden etwa alle 7 Jahre, die jeweils 55 ältesten Beamten aus, die typischer Weise auch zugleich die amtshöchsten sind. Daraus folgt dann, dass man (bei einem Einstiegsalter von 28 Jahren) mit durchschnittlich 35-40 Jahren A 14 und mit durchschnittlich 55 Jahren A 15 wird. - Nicht so besonders prickelnd.

Deutlich besser sieht es schon bei den bayerischen Regierungen aus:
A 14: 222; A 15: 461; A 16: 192; B 2/B 3: 50
Auch hier wieder eine einigermaßen gleichmäßigen Altersverteilung vorausgesetzt, scheiden etwa alle 2 Jahre die jeweils 50 ältesten - und damit typischer Weise auch zugleich amtshöchsten - Beamten aus. Daraus folgt dann, dass man (wieder bei einem Einstiegsalter von 28 Jahren) mit durchschnittlich 31/32 Jahren A 14, mit durchschnittlich 38/40 Jahren A 15 und mit ca. 55 Jahren A 16 oder sogar noch höher werden kann.

Am besten sieht es naturgemäß in den Ministerien und Oberbehörden aus. Als Beispiel einmal das bayerische Finanzministerium:
A 14: 13; A 15: 22; A 16: 19; B 3-B 6: 33
Wenn man hier nicht mit Mitte 30 A 15 und mit Mitte 40 A 16 ist, hat man etwas falsch gemacht.

Die vorgenannte Darstellung ist natürlich sehr holzschnittartig.
Im Normalfall bleibt kaum jemand ausschließlich in einem einzigen Bereich, sondern wechselt mehrfach die Ebenen. Auch gibt es immer Personen, bei denen von vornherein klar ist, dass sie nie aufsteigen werden; sei es, weil sie es aus persönlichen Gründen selbst nicht wollen, sei es, dass andere sie für nicht befähigt halten.
Für "durchschnittlich" begabte und leistungswillige Bedienstete sind die von mir im vorangegangenen Beitrag genannten Standzeiten daher zwar ambitioniert aber keineswegs unerreichbar.
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