Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

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thh
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von thh »

Levi hat geschrieben:Wenn er mit seiner Arbeitszeit regelmäßig nicht hinkommt, kann er jederzeit seinen Vorgesetzten darüber informieren, eine Überlastungsanzeige schreiben und eine Änderung der Geschäftsverteilung verlangen.
Davon wird die Arbeit allerdings auch nicht schneller erledigt - es ist ja in der Regel nicht so, dass nur einzelne Abteilungen oder Dezernate überlastet sind (und wenn letzteres der Fall ist, liegt der Grund dann doch zumeist in Person und Arbeitsweise des Dezernenten).
Levi hat geschrieben:Für den öffentlichen Dienst gilt immer noch die Bindung an Recht und Gesetz. Und dazu gehören bei Staatsanwälten auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn und die Arbeitszeitvorschriften der Beamten. 
Freilich. Der Dienstherr würde seine Beamten niemals über Gebühr beanspruchen und unangemessen - oder gar verfassungswidrig niedrig - besolden.

(Ich bin mir bei manchen Vorstellungen - insbesondere auch denen über die Art der staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit oder hinsichtlich des Vorschlags, doch mal irgendeinen Staatsanwalt anzurufen und nett darüber zu plaudern, wie die Arbeit denn so ist - nicht ganz sicher, ob dieser Thread nicht vielleicht im Treffpunkt besser aufgehoben wäre ...)
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
julée
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von julée »

Tibor hat geschrieben:
Levi hat geschrieben:Die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften ist also "relativ weltfremd"?!
Interessanter Standpunkt für ein (angehendes) Organ der Rechtspflege. 
Insbesondere bei Personen in irgendeinem "Probeverhältnis" wird es eher die Regel als die Ausnahme sein, dass man ggf. nicht "auf die Vorschriften" pocht. Nicht umsonst werden Proberichter oftmals in abgesoffene Dezernate gesteckt. Diese werden nämlich eher "die Klappe halten" und ackern, statt eine Überlastung anzuzeigen, allein weil die nächste Beurteilung noch bevor steht. Auch im weiteren Karriereverlauf dürfte es - wenn auch nicht ausdrücklich - zur Kenntnis genommen werden, ob jemand nach 10 Jahren schon in 5 Dezernaten schon 3x die Überlastung angezeigt hat oder ob er in stoischer Ruhe die Dezernate betreut und am laufen gehalten hat. Insoweit teile ich die Auffassung: Weltfremd!

EDIT sagt: Auch in der Kanzlei ist es ja eher unüblich, dass man sich als Junganwalt und Angestellter auf das Arbeitszeitgesetz beruft.
Jedenfalls bei noch durchschnittlichen Dezernaten liegt ja am Anfang auch der Verdacht nahe, dass es an der fehlenden Einarbeitung, dem subjektiven Arbeitsstil oder einer verminderten Belastbarkeit und nicht am tatsächlichen Zustand des Dezernats liegt, dass es 50+ Stunden sind. Insofern dürfte die Überlastungsanzeige des Anfängers ohne greifbares Zahlenmaterial wenig effektiv sein.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
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Levi
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von Levi »

julée hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:
Levi hat geschrieben:Die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften ist also "relativ weltfremd"?!
Interessanter Standpunkt für ein (angehendes) Organ der Rechtspflege. 
Insbesondere bei Personen in irgendeinem "Probeverhältnis" wird es eher die Regel als die Ausnahme sein, dass man ggf. nicht "auf die Vorschriften" pocht. Nicht umsonst werden Proberichter oftmals in abgesoffene Dezernate gesteckt. Diese werden nämlich eher "die Klappe halten" und ackern, statt eine Überlastung anzuzeigen, allein weil die nächste Beurteilung noch bevor steht. Auch im weiteren Karriereverlauf dürfte es - wenn auch nicht ausdrücklich - zur Kenntnis genommen werden, ob jemand nach 10 Jahren schon in 5 Dezernaten schon 3x die Überlastung angezeigt hat oder ob er in stoischer Ruhe die Dezernate betreut und am laufen gehalten hat. Insoweit teile ich die Auffassung: Weltfremd!

EDIT sagt: Auch in der Kanzlei ist es ja eher unüblich, dass man sich als Junganwalt und Angestellter auf das Arbeitszeitgesetz beruft.
Jedenfalls bei noch durchschnittlichen Dezernaten liegt ja am Anfang auch der Verdacht nahe, dass es an der fehlenden Einarbeitung, dem subjektiven Arbeitsstil oder einer verminderten Belastbarkeit und nicht am tatsächlichen Zustand des Dezernats liegt, dass es 50+ Stunden sind. Insofern dürfte die Überlastungsanzeige des Anfängers ohne greifbares Zahlenmaterial wenig effektiv sein.
(1) Ausgangspunkt der Diskussion war aber nicht ein Berufsanfänger sondern ein "Staatsanwalt ( >25 Jahre dabei) aus HH", mit dem OJ gesprochen hat.

Natürlich wäre eine Überlastungsanzeige nach zwei Wochen Berufstätigkeit grotesk. Die Gründe, warum man mit seiner Arbeitszeit (noch) nicht hinkommt, dürften da durchaus andere sein als ein unsachgemäßer Zuschnitt des Dezernats. Wenn man aber nach zwei Jahren immer noch 60-70 Stunden pro Woche arbeiten muss, um sein Arbeitspensum zu schaffen, ist das weder rechtmäßig noch "normal". 

(2) Niemand wird im öffentlichen Dienst - anders als bei manchen privaten Arbeitgebern - deshalb entlassen, nur weil er nicht 60-70 Stunden arbeiten will. Das sind m. E. vollkommen irrationale Ängste. 

(3) Der für die Geschäftsverteilung zuständige Vorgesetzte weiß im Zweifel gar nicht genau, wieviele Stunden jemand arbeiten muss, um die ihm zugewiesene Arbeit zu schaffen. Er kennt zwar die typischerweise arbeitsintensiven und weniger arbeitsintensiven Dezernate aber nicht die genaue aktuelle Arbeitsmenge. Solange sich niemand beschwert, besteht für ihn aber auch kein Handlungsbedarf. Es gehört hier zu den Dienstpflichten des Beamten, seine Vorgesetzten zu beraten und auf etwaige Überlastungen hinzuweisen. Kein halbwegs vernünftiger Vorgesetzter wird das dem Beamten zum Vorwurf machen - ganz im Gegenteil. 

(4) Der große Vorteil des öffentlichen Dienstes ist es doch gerade, dass man ohne Angst vor Repressalien (insbesondere Jobverlust) allein nach Recht und Gesetz handeln kann. Warum sollte man in den öffentlichen Dienst gehen, wenn man auch dort klaglos 60 Stunden arbeitet? Das kann man - für wesentlich mehr Geld - auch in Kanzleien und Unternehmen haben. 
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von OJ1988 »

Es mag dir nicht in den Sinn kommen, aber manche Leute möchten die ihnen nach welchem Verteilungsschlüssel auch immer zugewiesene Arbeit einfach "schaffen". Es würde mich schlicht stressen, den Aktenbergen beim Wachsen zuzusehen. Fröhlich um 5 nach Hause gehen und den Feierabend genießen könnte ich dann nicht.
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famulus
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von famulus »

Levi hat geschrieben: (1) Ausgangspunkt der Diskussion war aber nicht ein Berufsanfänger sondern ein "Staatsanwalt ( >25 Jahre dabei) aus HH", mit dem OJ gesprochen hat.

Natürlich wäre eine Überlastungsanzeige nach zwei Wochen Berufstätigkeit grotesk. Die Gründe, warum man mit seiner Arbeitszeit (noch) nicht hinkommt, dürften da durchaus andere sein als ein unsachgemäßer Zuschnitt des Dezernats. Wenn man aber nach zwei Jahren immer noch 60-70 Stunden pro Woche arbeiten muss, um sein Arbeitspensum zu schaffen, ist das weder rechtmäßig noch "normal". 

(2) Niemand wird im öffentlichen Dienst - anders als bei manchen privaten Arbeitgebern - deshalb entlassen, nur weil er nicht 60-70 Stunden arbeiten will. Das sind m. E. vollkommen irrationale Ängste. 

(3) Der für die Geschäftsverteilung zuständige Vorgesetzte weiß im Zweifel gar nicht genau, wieviele Stunden jemand arbeiten muss, um die ihm zugewiesene Arbeit zu schaffen. Er kennt zwar die typischerweise arbeitsintensiven und weniger arbeitsintensiven Dezernate aber nicht die genaue aktuelle Arbeitsmenge. Solange sich niemand beschwert, besteht für ihn aber auch kein Handlungsbedarf. Es gehört hier zu den Dienstpflichten des Beamten, seine Vorgesetzten zu beraten und auf etwaige Überlastungen hinzuweisen. Kein halbwegs vernünftiger Vorgesetzter wird das dem Beamten zum Vorwurf machen - ganz im Gegenteil. 

(4) Der große Vorteil des öffentlichen Dienstes ist es doch gerade, dass man ohne Angst vor Repressalien (insbesondere Jobverlust) allein nach Recht und Gesetz handeln kann. Warum sollte man in den öffentlichen Dienst gehen, wenn man auch dort klaglos 60 Stunden arbeitet? Das kann man - für wesentlich mehr Geld - auch in Kanzleien und Unternehmen haben. 
:goodposting:

Deckt sich übrigens auch mit meinen Erfahrungen im ö.D. (keine Justiz). Ich würde das Problem auch eher beim Individuum (unangebrachte Obrigkeitshörigkeit/Ängste) verorten. Wer in diesen Einkommenssphären nach mehreren Jahren noch 60-70 Stunden über sich ergehen lässt, ist m.E. selbst Schuld. Wie soll sich an diesen Missständen denn etwas ändern, wenn sie quasi kollektiv totgeschwiegen werden?

OJ1988 hat geschrieben:Es mag dir nicht in den Sinn kommen, aber manche Leute möchten die ihnen nach welchem Verteilungsschlüssel auch immer zugewiesene Arbeit einfach "schaffen". Es würde mich schlicht stressen, den Aktenbergen beim Wachsen zuzusehen. Fröhlich um 5 nach Hause gehen und den Feierabend genießen könnte ich dann nicht.
"Manche Leute" - geschenkt. Hier wird aber so getan, als wäre ein abweichendes Verhalten quasi Hochverrat ("weltfremd").
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
christian!
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von christian! »

http://www.ruhrnachrichten.de/staedte/muenster/48143-M%FCnster~/Streit-um-Mehrarbeit-Staatsanwalt-gegen-Staatsanwalt;art993,2210642 (Verwaister Link automatisch entfernt)

http://www.wn.de/Muenster/Personalrat-pocht-auf-Mitbestimmungsrecht-Justizminister-schweigt-zu-klagenden-Staatsanwaelten/Aerger-in-der-Behoerde-Staatsanwaelte-zitieren-ihre-Chefin-vor-Gericht (Verwaister Link automatisch entfernt)

Besagte Frau Hermes ist übrigens danach Generalstaatsanwältin in Hamm geworden. Hat noch jemand Lust im dortigen Bezirk Staatsanwalt zu werden?
Mündliche Prüfungen sind die Prüfungen, bei denen die Prüfungsfragen mündlich zu beantworten sind (§ 4 Nr. 31 Universitäts-Studiengesetz, Österrreich)
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Tibor
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von Tibor »

Das Verhandlungsgericht ist gut.
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von OJ1988 »

Tibor hat geschrieben:Das Verhandlungsgericht ist gut.
Schon. Aber ob das Entscheidungsgericht der Auffassung folgen wird?
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von Ryze »

Candor hat geschrieben:Ohne konkretes Anliegen hab ich nicht gesagt. Es gibt doch sicher genug Gründe, sich zu informieren, ohne gleich mit der Tür ins Haus zu fallen oder als komischer Kauz aufzutreten. Es gibt auch die alltäglich vernünftige normale Mitte der Kommunikation. Dieses Schwarz-Weiß-Denken ist mir doch eher fremd.
Sehe allerdings auch nicht, woraus sich der Grund einer Kontaktaufnahme ergeben soll. "Hallo mein Name ist *grrschhrausch*, ein beeindruckendes Plädoyer heute morgen im Saal 205! Ärgerlich, dass die Richterin den Kerl hat laufen lassen, ich war jedenfalls von seiner Schuld überzeugt. Ich hab derzeit unsäglich viel zu tun, ist das bei Ihnen eigentlich auch so schlimm?" Abgesehen davon, dass es eine Weile dauern könnte, bis die gewünschte Antwort herauskommt, wäre auch die Frage, was man mit dieser Information anfängt. Überspitzt ausgedrückt dürfte die Ankündigung gegenüber dem Ministerium, einen doch bitteschön dem LG X oder der StA Y zuzuweisen, anderfalls gehe man ob der "Wurstigkeit" der Justiz doch zur GK Z, obwohl man Illusionen diesbezüglich wider Erwarten doch auch schon verloren hat, nicht so gut ankommen. Die Erfahrungen vieler zeigen, dass schon dem Wunsch der Tätigkeit (StA oder Richter, Zivil- oder Strafrecht) trotz ggf. einschlägigen Lebenslaufs zumindest für die Erstzuweisung in einigen Bundesländern oftmals nicht entsprochen wird - sofern ein Wechsel nicht ohnehin schon systemisch vorgesehen ist.

Gesetzt, die Zuweisung an die Wunschstelle erfolgt, können nicht zuletzt aber auch Dutzende permanent vorkommender Ereignisse eintreten, die die Arbeitszeit der einstmals komfortablen Stelle auch für längere Zeit in ganze andere Regionen bringen, angefangen bei Schwangerschaften über sich hinziehende und entwickelnde Burn-outs oder ein Karpaltunnelsyndrom, das auf einen komplizierten Bruch beim Urlaub von Kollegen folgt, bis hin zu Versetzungen/Ruhestandseintritt/Jobwechsel von Kollegen oder die damit einhergehende eigene Versetzung, weil es gerade irgendwo brennt und man sich eben mit dem Ministerium und der anderen Stelle so geeinigt hat. Gerade auch an kleineren Gerichten/StAs werfen solche Ereignisse die Planung sehr schnell über den Haufen, aber auch an größeren Gerichten/StAs hängt die Kompensation einiger dieser mehr oder minder spontanen Ausfälle von der Kompetenz des Präsidiums/der Behördenleitung, der Leistungskapazität und Kollegialität der übrigen Richter/StAs und des jeweiligen Ministeriums einschließlich spontaner Sparerwägungen, schlechter Bewerberlage oder divergierender Einschätzungen hinsichtlich der Dringlichkeit von Nachbesetzungen an so manchen Standorten ab.
Die Zuweisung abwarten und sich ggf. nach etwas Zeit, in der man entsprechende Hintergrundinformationen sehr viel leichter und vorallem beiläufig beschaffen kann, um die Versetzung an den Wunschstandort zu bemühen, scheint mir da üblicher und den größeren Erfolg zu versprechen, so sehr der Wunsch nach frühzeitiger Planung ja auch verständlich sein mag.

Hinsichtlich der weiter vorn erwähnten 30h/Woche würden mich dazu konkrete Angaben interessieren: Um welche Art von Dezernat handelt es sich, wie groß war der Ausgangsbestand, wieviele Neueingänge gibt es im Monat und entsprechen diese einem 100% Dezernat, wieviele Terminierungen auf wieviele Verhandlungstage, Quote an § 495a Verfahren/Vergleichen, Regionsstruktur und Zahl der Erledigungen / Monat.
Selbstverständlich kann und wird die reele Arbeitszeitbelastung regelmäßig mit zunehmender Erfahrung gedrückt werden, bei gleichbleibender Sorgfalt erscheint mir aber eine Halbierung der Arbeitszeit unrealistisch. Nichtsdestotrotz wird einem nahezu jeder 55 Jährige altgedienter Richter/StA, der um 9 Uhr kommt und spätestens um 15 Uhr wieder geht, voller Inbrunst der Überzeugung versichern, dass er so sorgfältig wie am ersten Tag verhandelt/untersucht/anklagt/verfügt/beschließt und urteilt - nicht selten spricht das jeweilige Ergebnis aber eine durchaus andere Sprache. Insgesamt würde ich mir aber wiederrum auch keine allzu großen Sorgen darüber machen, besonders schlecht wegzukommen, solange der Anspruch nicht darin besteht, täglich um 15 Uhr bereits im Schwimmbad zu liegen.
OJ1988
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von OJ1988 »

Es kann immer viel passieren und im Einzelfall schrecklich kompliziert sein. Es geht aber auch mehr um generelle Tendenzen à la "bei uns brennt grade richtig die Hütte, alle Kollegen klagen usw." oder eben "hier macht jeder rechtzeitig Feierabend". Solche Aussagen kann - behaupte ich mal - jeder Staatsanwalt treffen.
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von julée »

OJ1988 hat geschrieben:Es kann immer viel passieren und im Einzelfall schrecklich kompliziert sein. Es geht aber auch mehr um generelle Tendenzen à la "bei uns brennt grade richtig die Hütte, alle Kollegen klagen usw." oder eben "hier macht jeder rechtzeitig Feierabend". Solche Aussagen kann - behaupte ich mal - jeder Staatsanwalt treffen.
Klar, aber da ist man letztlich wieder bei den persönlichen Kontakten, die man nutzen kann, um ein generelles Bild von der Lage vor Ort zu bekommen. Und das kann ja innerhalb eines Gerichts / einer Behörde doch recht unterschiedlich sein: Manche Abteilungen / Kammern laufen rund, andere sind aus verschiedenen Gründen in den letzten 2-5 Jahren aus dem Ruder gelaufen, so dass man im Zweifel ein Jahr lang damit beschäftigt ist, das Chaos irgendwie zu bändigen, anstatt nach exakt 8 Stunden den Stift fallen lassen zu können.
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von sai »

julée hat geschrieben:
OJ1988 hat geschrieben:Es kann immer viel passieren und im Einzelfall schrecklich kompliziert sein. Es geht aber auch mehr um generelle Tendenzen à la "bei uns brennt grade richtig die Hütte, alle Kollegen klagen usw." oder eben "hier macht jeder rechtzeitig Feierabend". Solche Aussagen kann - behaupte ich mal - jeder Staatsanwalt treffen.
Klar, aber da ist man letztlich wieder bei den persönlichen Kontakten, die man nutzen kann, um ein generelles Bild von der Lage vor Ort zu bekommen. Und das kann ja innerhalb eines Gerichts / einer Behörde doch recht unterschiedlich sein: Manche Abteilungen / Kammern laufen rund, andere sind aus verschiedenen Gründen in den letzten 2-5 Jahren aus dem Ruder gelaufen, so dass man im Zweifel ein Jahr lang damit beschäftigt ist, das Chaos irgendwie zu bändigen, anstatt nach exakt 8 Stunden den Stift fallen lassen zu können.
Eben. Es reicht ja schon eine längerfristige Erkrankung und ein Vorsitzender/Vorgesetzter, der meint, man könne es auch so weiterhin alleine schaffen und brauche keine Hilfe. Da werden aus acht Stunden schnell zehn oder zwölf.
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von Ara »

Die Beurteilung ist doch eh immer sehr subjektiv und gejammert wird immer gerne?

Der beste Weg das rauszufinden ist doch, einfach mal um 18 oder 19 Uhr bei der StA vorbeizugehen und zu schauen in wievielen Büros die Lichter brennen
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von julée »

Ara hat geschrieben:Die Beurteilung ist doch eh immer sehr subjektiv und gejammert wird immer gerne?
Jein, es gibt ja auch objektive Kriterien. Und wenn ein Dezernat vielleicht mal längere Zeit nur vertreten worden ist (ergo: inhaltlich nichts außer Eilsachen gemacht worden ist) und / oder der Vorgänger eine schöne Sammlung an Gürteltieren gehegt und gepflegt hat (gut, im Strafrecht hilft irgendwann die Verjährung; überall anders werden die Akten einfach nur noch dicker und unbeherrschbarer), dann ist die Ausgangsbasis sicherlich eine andere, als wenn man ein gut gepflegtes Dezernat mit einem niedrigen Bestand übernimmt.
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Re: Staatsanwalt/ Staatsanwältin hier?

Beitrag von [enigma] »

julée hat geschrieben:gut, im Strafrecht hilft irgendwann die Verjährung
Inwiefern "hilft" die Verjährung denn? Ich wäre jetzt eher davon ausgegangen, dass eine große Anzahl offener Verfahren mit drohender Verjährung den Druck erhöht.
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