Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

Roger Fisher
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Roger Fisher »

Amtsgerichtsrat hat geschrieben:
Roger Fisher hat geschrieben:Super. Wie wäre zusätzlich Folgendes: Auf Antrag beider Parteien kann ein Richterwechsel stattfinden? Wenn das allzu oft bei den gleichen Leuten passiert, wird der interne Druck schon zunehmen.
Um Gottes Willen! Irgendwer muss ja dann der "neue" Richter sein. Soll wirklich (zum Beispiel an einem kleinen Amtsgericht) der einzige leistungswillige Kollege dafür bestraft werden, dass er der einzige ist, der sich Mühe gibt und Ahnung hat? Das arme Schwein :) Der muss ja dann alles machen, wenn sich bei den Anwälten rumgesprochen hat, dass er der vermeintlich fähigste im Hause ist!
Ja, das ist doch Sinn der Sache. Der faule Kollege wird dann geschnitten und durch die Gemeinschaft wieder aufs rechte Gleis gesetzt. Und natürlich kein Wunschrichter, sondern nur Abwahl des faulen Richters, wenn beide Seiten merken, dass der nix taugt.
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julée
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von julée »

Roger Fisher hat geschrieben:
Amtsgerichtsrat hat geschrieben:
Roger Fisher hat geschrieben:Super. Wie wäre zusätzlich Folgendes: Auf Antrag beider Parteien kann ein Richterwechsel stattfinden? Wenn das allzu oft bei den gleichen Leuten passiert, wird der interne Druck schon zunehmen.
Um Gottes Willen! Irgendwer muss ja dann der "neue" Richter sein. Soll wirklich (zum Beispiel an einem kleinen Amtsgericht) der einzige leistungswillige Kollege dafür bestraft werden, dass er der einzige ist, der sich Mühe gibt und Ahnung hat? Das arme Schwein :) Der muss ja dann alles machen, wenn sich bei den Anwälten rumgesprochen hat, dass er der vermeintlich fähigste im Hause ist!
Ja, das ist doch Sinn der Sache. Der faule Kollege wird dann geschnitten und durch die Gemeinschaft wieder aufs rechte Gleis gesetzt. Und natürlich kein Wunschrichter, sondern nur Abwahl des faulen Richters, wenn beide Seiten merken, dass der nix taugt.
Und das geht dann solange, bis man beim "Wunschrichter" gelandet ist.
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Amtsgerichtsrat
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Amtsgerichtsrat »

Roger Fisher hat geschrieben:
Amtsgerichtsrat hat geschrieben:
Roger Fisher hat geschrieben:Super. Wie wäre zusätzlich Folgendes: Auf Antrag beider Parteien kann ein Richterwechsel stattfinden? Wenn das allzu oft bei den gleichen Leuten passiert, wird der interne Druck schon zunehmen.
Um Gottes Willen! Irgendwer muss ja dann der "neue" Richter sein. Soll wirklich (zum Beispiel an einem kleinen Amtsgericht) der einzige leistungswillige Kollege dafür bestraft werden, dass er der einzige ist, der sich Mühe gibt und Ahnung hat? Das arme Schwein :) Der muss ja dann alles machen, wenn sich bei den Anwälten rumgesprochen hat, dass er der vermeintlich fähigste im Hause ist!
Ja, das ist doch Sinn der Sache. Der faule Kollege wird dann geschnitten und durch die Gemeinschaft wieder aufs rechte Gleis gesetzt. Und natürlich kein Wunschrichter, sondern nur Abwahl des faulen Richters, wenn beide Seiten merken, dass der nix taugt.
Na ja ... beim Wunschrichter kommt man bei einem AG mit 5 Kollegen nach maximal 4 Ablehnungen an ...

Dass man den faulen Kollegen durch die Gemeinschaft wieder in die Spur kriegt, ist ein (nachvollziehbarer) Irrglaube. Der kommt um 10, geht nicht in die Kaffeerunde, verschwindet drei Stunden grußlos in seinem Büro, kommt nicht zur Weihnachtsfeier und macht um 13 Uhr Feierabend. Das ist dem sowas von Schnurz, ob die Kollegen ihn schneiden oder nicht...
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Roger Fisher
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Roger Fisher »

julée hat geschrieben:
Roger Fisher hat geschrieben:
Amtsgerichtsrat hat geschrieben:
Roger Fisher hat geschrieben:Super. Wie wäre zusätzlich Folgendes: Auf Antrag beider Parteien kann ein Richterwechsel stattfinden? Wenn das allzu oft bei den gleichen Leuten passiert, wird der interne Druck schon zunehmen.
Um Gottes Willen! Irgendwer muss ja dann der "neue" Richter sein. Soll wirklich (zum Beispiel an einem kleinen Amtsgericht) der einzige leistungswillige Kollege dafür bestraft werden, dass er der einzige ist, der sich Mühe gibt und Ahnung hat? Das arme Schwein :) Der muss ja dann alles machen, wenn sich bei den Anwälten rumgesprochen hat, dass er der vermeintlich fähigste im Hause ist!
Ja, das ist doch Sinn der Sache. Der faule Kollege wird dann geschnitten und durch die Gemeinschaft wieder aufs rechte Gleis gesetzt. Und natürlich kein Wunschrichter, sondern nur Abwahl des faulen Richters, wenn beide Seiten merken, dass der nix taugt.
Und das geht dann solange, bis man beim "Wunschrichter" gelandet ist.
Man kann das je beschränken auf 1 x pro Verfahren. Wenn der 2. auch Schrott ist, dann ist das Lebensrisiko.
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Roger Fisher
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Roger Fisher »

Amtsgerichtsrat hat geschrieben: Der kommt um 10, geht nicht in die Kaffeerunde, verschwindet drei Stunden grußlos in seinem Büro, kommt nicht zur Weihnachtsfeier und macht um 13 Uhr Feierabend. Das ist dem sowas von Schnurz, ob die Kollegen ihn schneiden oder nicht...
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Amtsgerichtsrat »

Roger Fisher hat geschrieben:
Amtsgerichtsrat hat geschrieben: Der kommt um 10, geht nicht in die Kaffeerunde, verschwindet drei Stunden grußlos in seinem Büro, kommt nicht zur Weihnachtsfeier und macht um 13 Uhr Feierabend. Das ist dem sowas von Schnurz, ob die Kollegen ihn schneiden oder nicht...
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Tibor
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Tibor »

Roger Fisher hat geschrieben:
Amtsgerichtsrat hat geschrieben: Der kommt um 10, geht nicht in die Kaffeerunde, verschwindet drei Stunden grußlos in seinem Büro, kommt nicht zur Weihnachtsfeier und macht um 13 Uhr Feierabend. Das ist dem sowas von Schnurz, ob die Kollegen ihn schneiden oder nicht...
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Herr Schraeg »

Roger Fisher hat geschrieben:Marktwirtschaft ist kein Konzept, das auf Beamte oder Richter auch nur ansatzweise passt
Und das ist auch gut so. Als ansonsten durchaus überzeugter Marktwirtschaftler will ich nämlich bei einem Rechtsstreit eine verbindliche hoheitliche Entscheidung, die sich nach Rechtsregeln richtet. Und wie Du ja zu Recht festgestellt hattest, gilt das auch im Schiedsverfahren, dessen Entscheidung man nicht kaufen kann.
Roger Fisher hat geschrieben:Auf Antrag beider Parteien kann ein Richterwechsel stattfinden?
Das ist ein interessanter Ansatz. Würde so etwas denn nach Deiner Einschätzung tatsächlich einen massgeblichen Anwendungsbereich haben? Wenn ein Richter faul ist, wird sich doch im kontradiktorischen Verfahren regelmässig eine Partei über Untätigkeit freuen.
Roger Fisher
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Roger Fisher »

Tibor hat geschrieben:
Roger Fisher hat geschrieben:
Amtsgerichtsrat hat geschrieben: Der kommt um 10, geht nicht in die Kaffeerunde, verschwindet drei Stunden grußlos in seinem Büro, kommt nicht zur Weihnachtsfeier und macht um 13 Uhr Feierabend. Das ist dem sowas von Schnurz, ob die Kollegen ihn schneiden oder nicht...
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Roger Fisher »

Herr Schraeg hat geschrieben:
Roger Fisher hat geschrieben:Marktwirtschaft ist kein Konzept, das auf Beamte oder Richter auch nur ansatzweise passt
Und das ist auch gut so. Als ansonsten durchaus überzeugter Marktwirtschaftler will ich nämlich bei einem Rechtsstreit eine verbindliche hoheitliche Entscheidung, die sich nach Rechtsregeln richtet. Und wie Du ja zu Recht festgestellt hattest, gilt das auch im Schiedsverfahren, dessen Entscheidung man nicht kaufen kann.
Roger Fisher hat geschrieben:Auf Antrag beider Parteien kann ein Richterwechsel stattfinden?
Das ist ein interessanter Ansatz. Würde so etwas denn nach Deiner Einschätzung tatsächlich einen massgeblichen Anwendungsbereich haben? Wenn ein Richter faul ist, wird sich doch im kontradiktorischen Verfahren regelmässig eine Partei über Untätigkeit freuen.
Hm, wenn ich in mich gehe.... Etwa ein halbes Dutzend Mal waren meine gegnerischen Kollegen von schlechter Prozessführung so genervt, dass ein solcher Antrag von beiden Seiten gekommen wäre. Für krasse Fälle sicher hilfreich.
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Syd26 »

Roger Fisher hat geschrieben:Auf Antrag beider Parteien kann ein Richterwechsel stattfinden?


Halte ich auch für einen interessanten Ansatz. Übrigens hatte ich auch schon einige Verfahren, in denen solche Anträge durchaus von den Kollegen mitgetragen worden wären.

Interessant wird's dann, wenn man ein kleines AG hat, an dem nur ein einziger Richter sitzt, z.B. Eisenhüttenstadt (ich bin nicht sicher, ob dort immer noch nur 1 Richter ist)
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von batman »

Funktionelle Prorogation ist ja auch eines der Themen in Callies' DJT-Gutachten; vgl. hierzu ferner Roth, JZ 2014, 801, 805.
Roger Fisher
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Roger Fisher »

Syd26 hat geschrieben:
Roger Fisher hat geschrieben:Auf Antrag beider Parteien kann ein Richterwechsel stattfinden?


Übrigens hatte ich auch schon einige Verfahren, in denen solche Anträge durchaus von den Kollegen mitgetragen worden wären.
Das zeigt ja nur, wie schlecht das Verfahren geführt wird (unabhängig von der materiellen Präferenz für einen der Sachvorträge). Ein gut geführtes Verfahren ist ein Wert an sich und daran fehlt es eben gelegentlich.

Das 1-Richter-Gericht ist denke ich ein Scheinproblem. Wenn der Richter extrem schlecht führt, kann zB ja eine Klagerücknahme (ohne Klageverzicht) und eine Neuerhebung vor einem anderen Gericht erwogen werden, die Schriftsätze sind wiederverwendbar. Und, ja: Es gibt ausschließliche Gerichtsstände, aber die Kombi ausschließlicher Gerichtsstand + Mini-Gericht ist dann eben das Lebensrisiko.
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Tibor
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Tibor »

@Roger Fisher: Wie löst du dein Problem außerhalb der bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten?
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Re: Qualitätskontrolle contra richterliche Unabhängigkeit

Beitrag von Roger Fisher »

Gemeinsamer Antrag StA + Verteidigung? Gemeinsamer Antrag ÖR-RA 1 und ÖR-RA 2?
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