Die Einstellung finde ich aber viel interessanter... Wenn man als Anwalt die Befürchtung haben muss, dass das eigene unhöfliche Auftreten dazu führt, dass das Gericht zu Lasten des Mandanten entscheidet, dann gibt es doch noch viel weniger Grund höflich zu sein? All in all mag man den psychologischen Faktor nicht völlig unterschätzen, aber man sollte trotzdem vertrauen in die Richter haben, dass sie über solche Spielereien von Anwälten doch hinwegsehen.Tanja110 hat geschrieben:Es ist völlig unnötig und schadet dem Mandanten eher als dass es ihm nutzt. Das sehen die aggressiven Anwälte anscheinend nicht. Ich finde es ein Unding, wenn man einem Mandanten mit Rumgeböbel imponieren will. Am meisten imponiert man doch dem Mandant, wenn man etwas für ihn rausholt. Und dass mit Aggressivität zu versuchen, ist ein sehr hohes Risiko.
Und zum Mandanten: In der Regel bespricht man sowas ja vorher mit dem Mandanten. Man macht dem Mandanten klar, dass man bei dem Richter eh nichts mehr gewinnen kann. Du musst da doch auch die Situation vom Verteidiger und Mandanten sehen? Man erwartet ein faires Verfahren und hat nun den Eindruck einem völlig voreingenommenem Gericht gegenüber zu stehen (ob es objektiv auch so ist, ist ja erstmal völlig egal). Dass das frustet und dazu führt, dass es zur Konfrontation kommt, ist doch mehr als menschlich? Vor allem hat man als Verteidiger da ja wenig Mittel... Das einzige was man tun kann ist doch nervig zu werden und die StPO notfalls rauf und runter zu spielen. Ansonsten ist man doch ein Spielball des Gerichts.
Und was man nicht unterschätzen mag: Es kann auch zu einem reinigenden Gewitter führen. Wenn die Kammer wirklich voreingenommen ist, kann ein aggressives und offenes Auftreten, inklusive Befangenheitsantrag, ja doch dazu führen, dass die Richter sich noch einmal Gedanken darüber machen. Entweder sehen sie ein, dass sie sich grenzwertig Verhalten haben und besinnen sich oder aber sie haben zumindest Angst vor Fehlern und versuchen ein revisionsfestes Urteil hinzubekommen und führen das Verfahren dann so wie es die StPO vorsieht. Im schlimmsten Fall ist die Kammer danach halt immer noch genauso voreingenommen wie zuvor.
Aber am Ende muss man ja eh betonen, dass solche Verfahren tatsächlich die Ausnahme sind. In den meisten Fällen respektieren sich Gericht und Verteidigung ja auch in der Praxis.