Bewerbungsverfahren Richteramt Schleswig-Holstein

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

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Gelöschter Nutzer

Bewerbungsverfahren Richteramt Schleswig-Holstein

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo Freunde,

ich bin neu hier und halte das Forum für super, allerdings habe ich nicht vor mich zukünftig aktiv am "Forumsalltag" zu beteiligen.
Nach meinem zweiten Examen war ich auf der Suche nach Informationen zu den Bewerbungsverfahren der einzelnen Bundesländer für den Richterdienst (inbesondere Schleswig-Holstein) und habe hierzu nur wenig gefunden. Deshalb dachte ich mir, dass ich - nachdem ich dieses Verfahren in Schleswig-Holstein durchlaufen habe - spätere Generationen an meinen Erfahrungen teilhaben lassen sollte.

1. Bewerbung
In Schleswig-Holstein bewirbt man sich für eine bestimmte Gerichtsbarkeit. Bereits in dem Bewerbungsanschreiben sollte man ausführen, was einen besonders für die gewünschte Gerichtsbarkeit qualifiziert, es ist sicher von Vorteil seine Ausbildung bereits frühzeitig so auszurichten, dass der spätere Wunsch in der Justiz und einem bestimmten Rechtsgebiet tätig zu sein nachvollziehbar ist.
Ich habe mich mit zwei schlechten VBs beworben.

2. Erstes Gespräch
Ich habe mich in den Sommermonaten (Juni) beworben und musste bis Oktober auf eine Einladung warten.

Das erste Gespräch findet im Justizministerium in Kiel statt (fußläufig bequem vom Hbf zu erreichen). Das Gespräch erfolgt mit einem/einer Vertreter/in des Justizministeriums, einem/einer Vertreter/in des Richterrates und einem/einer Gleichstellungsbeauftragten. Die Atmosphäre habe ich als sehr angenehm empfunden.

Zunächst werden einem die Mitglieder der Kommission vorgestellt und es wird in den Ablauf des Bewerbungsverfahrens eingeführt (zwei Gespräche), dann soll man etwas ausholend erzählen weshalb man Richter werden möchte. Die Motivationen sollten hierbei jedem selbst klar sein. Insgesamt fand ich zur Vorbereitung eine Auseinandersetzung mit den ethischen Grundsätzen auf der Internetseite des DRB http://www.drb.de/cms/index.php?id=459 (Verwaister Link automatisch entfernt) hilfreich.
Daraufhin werden Nachfragen gestellt, die sich ebenfalls überwiegend auf ethische Grundsätze beziehen, aber auch die persönliche Motivation betreffen. Jeder sollte sich zum Beispiel im Vorfeld mit der Frage auseinandergesetzt haben, "Warum nicht Anwalt?".
Über Erfahrungen aus meinen Ausbildungsstationen sollte ich nicht berichten, jedoch hatte ich hierzu bereits in meiner Vorstellung etwas ausgeführt.
Es wurden auch Fragen gestellt, die meines Erachtens darauf abzielten, ob der Bewerber sich eine Meinung bilden und diese unter Berücksichtigung der Gegenpositionen durchsetzen kann, aber das könnte auch Zufall gewesen sein. Insoweit macht es aber durchaus Sinn - dies ist aber für Juristen ohnehin unerlässlich - sich zur Vorbereitung mit aktuellem Tagesgeschehen sowohl auf lokaler als auch globaler Ebene zu befassen.
Nach dem Gespräch (ca. 45 Min.) berät sich die Kommission und man wird wieder hereingebeten. Eine unmittelbare Ergebnisverkündung erfolgte bei mir nicht, da es mehrere Bewerber gab, die zu dem Gespräch eingeladen und noch nicht gehört worden waren. Allerdings wurde mir durchaus zu verstehen gegeben, dass sie mit meinem "Auftritt" ganz zufrieden waren.

Eine Woche nach diesem Gespräch erhielt ich einen Anruf mit der positiven Ergebnisverkündung.

3. Zweites Gespräch
Das zweite Gespräch erfolgt dann mit dem/der Präsidenten/Präsidentin des OLG, OVG oder LSG und weiteren Vertretern der Richterschaft bei mir waren insgesamt 4 Personen anwesend. Die Gerichte befinden sich allesamt in Schleswig und sind fußläufig vom Hbf gelegen.

Auch dieses Gespräch habe ich als angenehm empfunden und es lief im Grunde so ab wie das erste Gespräch. Die Rückfragen waren jedoch etwas strenger und zum Teil fachlicher (Verständnis ärztlicher Begrifflichkeiten zum Lesen von Befundberichten und Gutachten), so dass durchaus auch etwas Druck ausgeübt wurde: "Wir haben da so unsere Zweifel, ob Sie tatsächlich der emotionalen Belastung im Richteramt gewachsen sind, Meinen Sie, dass sie sich abgrenzen können?" etc.. Inwieweit die Gespräche immer auf diese Weise verlaufen kann ich natürlich nicht beurteilen.
Das Gespräch dauerte etwas länger (60 Min.) und führte zu einer positiven Entscheidung, die mir auch gleich verkündet wurde.

Fazit: Das Bewerbungsverfahren in Schleswig-Holstein ist durchaus zu meistern und beinhaltet kein Assessment-Center, allerdings werden einem schon Fragen gestellt, die einen gewissen Rollenspielcharakter haben ("Wie würden Sie sich in folgender Situation verhalten?...") Fachlich muss man sich sicher nicht vertieft vorbereiten.

Prosit!

Lukas
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famulus
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Re: Bewerbungsverfahren Richteramt Schleswig-Holstein

Beitrag von famulus »

Danke und Glückwunsch!
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
Gelöschter Nutzer

Re: Bewerbungsverfahren Richteramt Schleswig-Holstein

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Danke :)
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11 Freunde
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Re: Bewerbungsverfahren Richteramt Schleswig-Holstein

Beitrag von 11 Freunde »

Richter is der geilste Job der Welt.
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