Richterdienst in Sachsen

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

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Strich
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Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Strich »

Hallo,

ich habe demnächst ein Vorstellungsgespräch für den Richterdienst in Sachsen und wollte mich hier nochmal erkundigen, ob in der Zwischenzeit doch der ein oder andere Neue noch Erfahrungen gesammelt hat, die er bereit wäre, mitzuteilen. Weiß sonst jemand, was mich erwarten wird? Ich wollte diesen Thread (http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php?f=60&t=45545) nun nicht ausgraben, da er doch schon über 2 Jahre alt ist. Außerdem werde ich von meinen Erfahrungen hinterher gerne berichten.

Wie realistisch ist die Forderung einer Zusage zur Ernennung auf Lebenszeit in eine Richterstelle. Ich habe wenig Lust mehrere Jahre mit ungewissem Ablaufdatum bei der Staatsanwaltschaft zu sitzen. Gerne gehe ich da 1 oder 2 Jahre hin, wenn danach feststeht, das ich eine Richterstelle bekomme? Macht Sachsen solche Zusagen? Im Gegenzug würde ich anbieten, dass der Einsatzort auch tiefstes Erzgebirge sein darf.
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Tibor
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Re: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Tibor »

Wer soll dir eine wie bindende Zusage machen?
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Strich
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Re: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Strich »

Oh ich hatte nicht gedacht, dass das eine so große Verwunderung auslöst.
Eine Zusage, dass ich nach Ablauf einer gewissen Zeit bspw. 3 Jahre, eine Richterstelle bekomme. Im Grunde möchte ich nur verhindern mehr als 3 oder 4 Jahre bei der Staatsanwaltschaft zu landen.

Ist das so ungewöhnlich?
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Re: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Tibor »

An den Gerichten gibt es Planstellen, diese ändern sich je nach Justizstatistik oder gar Pebb§y-Übernahmen. Auf den Planstellen sind zumeist Lebenszeitrichter ernannt, die aus den unterschiedlichsten Gründen bleiben oder gehen. Wie soll man als Justizminister vorhersagen, ob nach Ablauf der Probezeit (wie lange genau wird es dauern, bis der Proberichter erprobt ist?) Bedarf besteht und ggf wo. Und letztlich: Wen soll denn die "Zusage" binden und wie (rechtlich gemeint)?
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Re: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Strich »

Naja, es ist ja nicht so, als würden keine Planstellen nach Ablauf von 3 Jahren irgendwo im ganzen Bundesland frei werden.
Binden würde es natürlich den Dienstherren? Die Zusicherung ist doch ein normales verwaltungsrechtliches Instrument.
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Re: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Eagnai »

So abwegig finde ich die Frage jetzt allerdings auch nicht.

Einer AG-Kollegin von mir ist vor ein paar Jahren im Vorstellungsgespräch bei einem OLG in NRW praktisch zugesagt worden, dass sie - obwohl die Kinderlandverschickung von Proberichtern quer durch den ganzen OLG-Bezirk damals noch völlig üblich war - nur in einem einzigen LG-Bezirk eingesetzt werden würde. Sicherlich eher die Ausnahme und keine rechtlich bindende Zusage, aber gehalten hat man sich daran.

Sagt jetzt natürlich rein gar nichts über Sachsen aus, aber wenn es Fälle wie diesen gibt, finde ich schon, dass man die Frage zumindest mal aufwerfen kann, ohne dass sie völlig abwegig wäre.
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Re: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Tibor »

Ok. Das ist dann aber keine harte Zusage gewesen. Sowas kann man sicherlich "verhandeln". Dann ist nur die Frage, ob und wie sowas festgehalten wird? Am besten sorgt man dann selbst für Schriftwechsel in der Akte (Schreibt Verhandlungsergebnis und Zusage auf und bitte um Bestätigung des Eingangs des Schreibens).
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Re: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Eagnai »

In dem genannten Fall wurde das sicherlich nicht schriftlich festgehalten, es war mehr eine Art inoffizieller Deal, den sicher keiner der Entscheider irgendwo niederlegen wollte. Ihr ist das eher unter der Hand zugesagt worden, und letztlich hat man sich auch daran gehalten.

Dass man tatsächlich eine durchsetzungsfähige Zusage heraushandeln könnte (zumal wenn man "nur" über normal gute Noten und nicht über herausragende Qualifikationen verfügt), kann ich mir auch nicht so richtig vorstellen.
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Re: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von julée »

Aber der Wunsch, nur in einen bestimmten LG-Bezirk zu wollen, ist ja auch durchaus anders gelagert als der Wunsch auf keinen Fall länger als nötig bei der StA bleiben zu müssen. Den Wunsch dürfte ja im Zweifel jeder haben, der sich eigentlich als Richter beworben hat und nur notgedrungen zur StA geht. Und anders als irgendwelche (halbverbindliche) "Deals" zum Wunschort kann man das ja schlecht allen Bewerbern anbieten, die daran interessiert sind, möglichst schnell dauerhaft Richter zu werden, wenn es nicht entsprechende Stellen gibt.

Mit der Flexibilität "überall" hinzugehen, dürften die Chancen auf eine Richterstelle doch ohnehin besser sein, als wenn es nur Leipzig oder Dresden sein soll, oder?
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Re: AW: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Levi »

Im Übrigen wäre eine solche Zusicherung, nach Ablauf einer bestimmten Zeit zum Richter und nicht zum Staatsanwalt auf Lebenszeit ernannt zu werden, offenkundig rechtswidrig. Das hat gar nichts mit der haushaltsrechtlichen Planstelle zu tun, sondern mit Art. 33 Abs. 2 GG (Ernennung allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung).

Solange es mehr Interessenten für Richter-Ämter als für Staatsanwalts-Ämter gibt (wovon ich hier einmal ausgehe), ist im Zeitpunkt der Ernennung (!) eine Auswahlentscheidung vorzunehmen. Diese Entscheidung kann nicht mehrere Jahre im voraus durch irgendwelche Zusagen an einzelne Bewerber umgangen werden.

Da könnte ja jeder kommen und der Willkür oder Kumpanei wäre Tür und Tor geöffnet.
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Tibor
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Re: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Tibor »

Das meinte ich mit der Frage, wen und wie solch eine "Zusage" binden soll.
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Re: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Strich »

Die Zusicherung wäre natürlich nicht offenkundig rechtswidrig. Die Auswahlentscheidung (und damit die Prüfung der Voraussetzungen von Art 33 Abs. 2 GG) ist natürlich immer im Zeitpunkt der Ernennung vorzunehmen. Die Bewerberlage kann diesen Zeitpunkt (wie Sie, Levi, wohl annehmen) nicht verschieben. Warum sollte man auch eine Auswahlentscheidung zu einem anderen Zeitpunkt als der Ernennung vornehmen, nur weil es mehr Bewerber für Staatsanwaltschaftsämter als für Richterämter gibt?

Die Zusicherung kann man ferner ohne weiteres von diesen Voraussetzungen abhängig machen. Ich habe mir den Wortlaut dieser Zusicherung doch nur der Übersichtlichkeit wegen gespart. Die Zusicherung bewirkt doch letztlich nur, dass nach 3 Jahren geprüft wird, ob eine Stelle frei ist und wenn das so ist, ob ich sie bekommen kann, weil keine besseren Bewerber dafür vorhanden sind.
Was soll daran bitte offensichtlich rechtswidrig sein?
Vielleicht macht das keinen Sinn. Das weiß ich aber nicht, weil ich die internen Abläufe der Justiz nicht kenne.
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Re: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von batman »

Während Deines Vorstellungsgesprächs solltest Du u.a. folgende Fragen ansprechen, wenn sie nicht ohnehin von Deinem Gesprächspartner geklärt werden:
- Ist für Dich im Falle der Einstellung eine Verwendung als Staatsanwalt oder Richter vorgesehen?
- Wie lange dauert üblicherweise die Probezeit in Sachsen?
- Sind während der Probezeit Versetzungen an andere Justizbehörden üblich und daher auch für Dich zu erwarten?

Anhand der gegebenen Antworten kannst Du in etwa abschätzen, ob Du im Zeitpunkt Deiner voraussichtlichen Ernennung auf Lebenszeit bei einem Gericht oder einer Staatsanwaltschaft tätig sein wirst. Wenn Du dann StA bist, ist die spätere Versetzung an ein Gericht neben Deiner Eignung davon abhängig, dass eine freie Planstelle existiert. Zu der möglichen Verweildauer gibt es i.d.R. Erfahrungswerte, die durchaus regional unterschiedlich sind. Danach kannst Du ebenfalls fragen. Mehr hast Du als "Zusicherung" aber nicht zu erwarten.
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Re: AW: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Levi »

Strich hat geschrieben:Die Zusicherung kann man ferner ohne weiteres von diesen Voraussetzungen abhängig machen. Ich habe mir den Wortlaut dieser Zusicherung doch nur der Übersichtlichkeit wegen gespart. Die Zusicherung bewirkt doch letztlich nur, dass nach 3 Jahren geprüft wird, ob eine Stelle frei ist und wenn das so ist, ob ich sie bekommen kann, weil keine besseren Bewerber dafür vorhanden sind.
Das ist dann aber keine Zusicherung im rechtlichen Sinne, das heißt die Zusage einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen, sondern nur eine völlig wertlose Absichtserklärung. Denn natürlich wird nach Ablauf der Probezeit geprüft, ob und wenn ja welche Stellen dann gerade frei sind und wer der Bestgeeignete für diese Stellen ist. Das ist jedoch völlig normales Verwaltungshandeln und hat mit einer Zusicherung nichts zu tun.

Die Zusicherung einer Ernennung gibt es in der Praxis durchaus häufiger, aber eben erst nach Durchführung der Auswahlentscheidung für das jeweilige Amt und nicht mehrere Jahre im voraus.
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Re: AW: Richterdienst in Sachsen

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Levi hat geschrieben: Die Zusicherung einer Ernennung gibt es in der Praxis durchaus häufiger, aber eben erst nach Durchführung der Auswahlentscheidung für das jeweilige Amt und nicht mehrere Jahre im voraus.
+1
Eagnai hat geschrieben: Einer AG-Kollegin von mir ist vor ein paar Jahren im Vorstellungsgespräch bei einem OLG in NRW praktisch zugesagt worden, dass sie - obwohl die Kinderlandverschickung von Proberichtern quer durch den ganzen OLG-Bezirk damals noch völlig üblich war - nur in einem einzigen LG-Bezirk eingesetzt werden würde. Sicherlich eher die Ausnahme und keine rechtlich bindende Zusage, aber gehalten hat man sich daran.
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit NRW wirbt sogar damit, dass man auch schon in der Probezeit nicht mehr das VG wechselt, es sei denn, auf eigenen Wunsch:

http://www.ovg.nrw.de/behoerde/stellen/zwi_einstellung/01_richterlicher_dienst/index.php (Verwaister Link automatisch entfernt)
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