müssen Richter Handschriften lesen können?

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

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Tibor
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von Tibor »

Naja, die Sozialkompetenz zeigt sich darin, dass man die Schreikräfte nicht als Arbeitsmaterial ansieht, sondern diese als Kollegen betrachtet. Ich hatte das bisher erst in einem Fall, dann fragt man zunächst rum, wer dafür in Frage käme, schnappt sich die Akte, läuft rüber und fragt, ob sie das machen könne. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht und etwas Achselzucken klappt das auch. Dann schreibe ich im Beisein der ausgewählten Schreibkraft kurz die Vfg drauf "Bitte die Handschrift soweit wie möglich abtippen, unleserliches mit * kenntlich machen". Zudem gibt es die Info, dass man das binnen x Wochen braucht und nicht eilt.
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in dubio
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von in dubio »

Tibor hat geschrieben:Naja, die Sozialkompetenz zeigt sich darin, dass man die Schreikräfte nicht als Arbeitsmaterial ansieht, sondern diese als Kollegen betrachtet. Ich hatte das bisher erst in einem Fall, dann fragt man zunächst rum, wer dafür in Frage käme, schnappt sich die Akte, läuft rüber und fragt, ob sie das machen könne. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht und etwas Achselzucken klappt das auch. Dann schreibe ich im Beisein der ausgewählten Schreibkraft kurz die Vfg drauf "Bitte die Handschrift soweit wie möglich abtippen, unleserliches mit * kenntlich machen". Zudem gibt es die Info, dass man das binnen x Wochen braucht und nicht eilt.
So - und nicht anders - macht man das. Wem das nicht von alleine einfällt, hilft auch kein Sozialkompetenzkurs weiter.
@TE: Sofern keine Sehbehinderung vorliegt, sollte das Lesen "normaler" Handschriften doch kein Problem sein. Und beim Rest hilft freundlich fragen.
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non-liquet
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von non-liquet »

Tibor hat geschrieben:dass man die Schreikräfte nicht als Arbeitsmaterial ansieht
Ein netter Fipptehler - zeugt von Lebenserfahrung und Frustrationstoleranz. :D
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non-liquet
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von non-liquet »

Parabellum hat geschrieben:Auch gerne genommen: Entzifferung von 120 Jahre alten (damals) handgeschriebenen Eintragungsbewilligungen zu irgendwelchen Grunddienstbarkeiten.
Eine Erforschung dieser Art erbrachte vor einigen Jahren mal, dass das betreffende Grundstück am "Adolf-Hitler-Weg" belegen war... :eeeek:
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thh
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von thh »

julée hat geschrieben:Erinnert mich an die schwierigen Diskussionen mit meiner Ausbilderin (Mitte 50) bei der StA, ob der Richter jetzt "jünger", "mittelalt", "etwas älter", "älter" oder "steinalt" war.
Und das erinnert mich an das Gespräch mit einem Kollegen über eine dritte Person und meine Äußerung, die betreffende müsse wohl in unserem Alter sein. Seine Rückfrage "in Deinem oder in meinem?" fand ich nicht nett ...
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von julée »

Auch gut. Man kann bei dem Thema eigentlich nur verlieren.
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Tibor
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von Tibor »

non-liquet hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:dass man die Schreikräfte nicht als Arbeitsmaterial ansieht
Ein netter Fipptehler - zeugt von Lebenserfahrung und Frustrationstoleranz. :D
:D
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von Thandor79 »

Schlumpfi hat geschrieben: Eine Ex-Proberichterkollegin hat das mal gebracht und die handschriftliche Klageschrift mit der Verfügung "Abtippen" zur Geschäftsstelle gegeben.
Mindestens drei Wochen krank und dann Kur, oder?
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von Samson »

Thandor79 hat geschrieben:
Schlumpfi hat geschrieben: Eine Ex-Proberichterkollegin hat das mal gebracht und die handschriftliche Klageschrift mit der Verfügung "Abtippen" zur Geschäftsstelle gegeben.
Mindestens drei Wochen krank und dann Kur, oder?
Meine Geschäftsstelle würde mir das mit einem Zettel "schön selber machen" zurückgeben. Und das finde ich richtig so. Immerhin würden sie einen Keks oder ein Stück Schokolade beilegen.
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von markus87 »

Also wenn du der Geschäftsstelle zumutest, dein Genuschel abzutippen, verstehe ich nicht was so schlimm daran sein soll eine Leseabschrift zu erstellen.
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von thh »

markus87 hat geschrieben:Also wenn du der Geschäftsstelle zumutest, dein Genuschel abzutippen, verstehe ich nicht was so schlimm daran sein soll eine Leseabschrift zu erstellen.
Schreiben nach Diktat ist - wesentlich - einfacher als Abschreiben, gar noch von Handschrift. Insofern müsste man das fairerweise mindestens abdiktieren. :)
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von julée »

Wenn man es so flüssig lesen kann, dass man es diktieren kann - warum sollte man es dann noch abtippen lassen?
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von thh »

julée hat geschrieben:Wenn man es so flüssig lesen kann, dass man es diktieren kann - warum sollte man es dann noch abtippen lassen?
Für den nächsten, der sich das antun muss. :)
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Re: müssen Richter Handschriften lesen können?

Beitrag von Schlumpfi »

Thandor79 hat geschrieben:
Schlumpfi hat geschrieben: Eine Ex-Proberichterkollegin hat das mal gebracht und die handschriftliche Klageschrift mit der Verfügung "Abtippen" zur Geschäftsstelle gegeben.
Mindestens drei Wochen krank und dann Kur, oder?
Nönö. Das Konzept "Wegloben" führte im Gericht wohl zu einer Entspannung der Lage...... O:) Da muss man doch nicht auf eine bewährte Schreibkraft verzichten. Die Überlegungen, die der Präsident da angestellt hat, konnte ich nach drei Einheiten Soziale Kompetenz mit der Dame durchaus nachvollziehen. :-w
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