Angekommen sein - Thats it

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

Thandor79
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Angekommen sein - Thats it

Beitrag von Thandor79 »

Was mich mal interessieren würde: Wie geht ihr eigentlich damit um, den Punkt erreicht zu haben, den man realistisch in der Karriere erreichen wird? Was ich damit meine:

In der Schule, im Studium und auch im Ref war immer klar, dass man sich anstrengen muss, um die nächste Stufe zu erklimmen und irgendwann dann (hoffentlich) das jeweils gesteckte Ziel zu erreichen, von dem man dann wieder weiterlaufen muss zum nächsten Ziel. Was für mich letztlich auch geklappt hat, nach weit über 20 Jahren "Bildungsdauerlauf". Nun kommt man im öD (vermutlich gerade als Richter) aber eben auch als Beamter irgendwann an den Punkt, an dem man realistischer Weise dann auch bleibt. Was kommt weiß man nie, aber man trifft eben zB Kollegen, die dasselbe seit 20 Jahren machen.

Das ist an sich völlig ok, es war vorher klar, es geht mir auch nicht darum, B6 werden zu wollen. Aber der Schnitt ist halt krass: Die ersten Jahre im Job, klar, muss man erstmal fast wie bisher weiter schuften und Praxis lernen, die Probezeit überstehen, sich an verschiedenen Stellen einarbeiten ect. Hat man es allerdings irgendwann geschafft, eine feste Stelle zu ergattern, an der einige Zeit zu bleiben ect., dann stellt sich mit der Routine eine ganz andere Art der Arbeit ein.

Es ist immer noch sehr viel, aber es ist eben nicht mehr Lernen (der Arbeit), es ist einfach Arbeit, die erledigt werden muss. Es ist vermutlich innerich ein Umschalten von Studi-Modus auf Fließband Modus erforderlich. Wie habt Ihr diesen Punkt erlebt? Oder haben Richter doch immer wieder Neues?
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Tibor
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von Tibor »

Wenn man nicht will, muss man in Juristenjobs (bewusst allgemein formuliert) eher nicht in den "Fließbandmodus" wechseln, sondern kann mit jeder Arbeit neues lernen und den Horizont erweitern bzw. man sucht sich bewusst Dinge, die einen herausfordern (klassische Nebentätigkeiten = Schreiben und Lehre).
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von Spencer »

Nach meinen Beobachtungen im Kollegenkreis unterteilt sich dieser in 3 Gruppen, wenn man mal an dem von dir beschriebenen Punkt angekommen ist:

1. Man schielt entgegen aller Wahrscheinlichkeiten auf die nächste Karrierestufe. Oder einfach nur auf die nächste Beurteilung. Man will gefallen. Man übernimmt freiwillig Zusatzaufgaben, z.B in der (Gerichts-) Verwaltung, leitet AGs, lässt sich abordnen, irgendwann erproben usw.

2. Man ist mit dem Erreichten (erstmal) zufrieden und genießt es einfach, angekommen zu sein. That's it. Die Befriedigung zieht man aus seiner Tätigkeit, die mit der Zeit natürlich auch einen Gutteil an Routinetätigkeiten aufweist - wie die meisten anderen Berufe auch. Wenn man beginnt, sich fachlich zu langweilen, wechselt man das Rechtsgebiet/ die Kammer. Ansonsten nutzt man die sich mit zunehmender Routine einhergehenden Effizienzgewinne und macht früher Feierabend. Man entdeckt, dass das Lebensglück auch außerhalb des Berufslebens auf einen warten kann und beginnt zu reisen, zu bauen oder eine Familie zu gründen.

3. Man richtet sich ein. Man macht das Nötigste, kommt später, um früher zu gehen. Die Tatsache, dass die Kollegen dann für einen mitarbeiten und das eigene Image leidet, stört einen nicht oder man verdrängt es zumindest.

Nach meiner Beobachtung halten sich Gruppe 1 und 2 einigermaßen die Waage. Gruppe 3 würde ich auf maximal 10 % der RichterInnen schätzen, was ich für einen guten Wert halte.
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non-liquet
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von non-liquet »

Thandor79 hat geschrieben:Was mich mal interessieren würde: Wie geht ihr eigentlich damit um, den Punkt erreicht zu haben, den man realistisch in der Karriere erreichen wird
Darf ich dazu auf diesen Beitrag von Volki verweisen? Der trifft es m. E. sehr gut.
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Einwendungsduschgriff
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

non-liquet hat geschrieben:
Thandor79 hat geschrieben:Was mich mal interessieren würde: Wie geht ihr eigentlich damit um, den Punkt erreicht zu haben, den man realistisch in der Karriere erreichen wird
Darf ich dazu auf diesen Beitrag von Volki verweisen? Der trifft es m. E. sehr gut.
Dem kann man heute noch uneingeschränkt zustimmen. (Speichert man diesen Beitrag irgendwo oder hast Du den noch so präsent nach all den Jahren?)
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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non-liquet
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von non-liquet »

Den hatte ich noch präsent.
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Solar
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von Solar »

Eine zutiefst philosophische Frage, die sich nicht nur im juristischen Staatsdienst, sondern ubiquitär stellt.

Auch mit der Partnerschaft in einer Kanzlei ist man mit meist Ende 30 "angekommen". Lediglich Unternehmen bieten noch etwas weitläufigere Karrierepfade, d.h. man bleibt noch etwas länger im Hamsterrad, um die nächste Stufe zu erreichen. Es ist jedoch fraglich, ob das erstrebenswert ist. Auch dort kommt irgendwann der Tag, an dem es nicht weiter geht. Und spätestens dann muss ich mir die Frage stellen, woraus ich mein Glück ziehe und worüber ich mich definiere. Im Staatsdienst tritt das "Ankommen" nur etwas deutlicher und früher zu Tage - das Streben nach der nächsten Karrierestufe entfällt zwar auch hier nicht ganz, tritt aber zumindest in der Justiz aufgrund der doch recht eingeschränkten Beförderungs-Möglichkeiten etwas früher in den Hintergrund.

Tatsächlich ist das aber m.E. ein Geschenk, denn es zwingt mich frühzeitig dazu, mein Glück im Jetzt zu suchen, statt immer auf die nächste "dann wird alles besser"-Stufe hinzuarbeiten. Zwar ist das zweifelsohne eine wichtige menschliche Eigenschaft, die ganz maßgeblich zu unserem Fortschritt und Wohlstand beiträgt. Lebt man sie jedoch zum Exzess und definiert sich hierüber, endet sie zwangsläufig irgendwann in einer Sackgasse vor einer Wand der Enttäuschung - spätestens im Rentenalter. Die Konzentration auf's Jetzt ist aber zugegeben eine sehr große Herausforderung und man muss sich immer wieder daran erinnern. Ich kann dazu nur die weisen Worte Alan Watts zitieren:
Alan Watts hat geschrieben:My goodness, don't you remember when you went first to school?
You went to kindergarten.
And kindergarten, the idea was to push along so that you could get into first grade.
And then push along so that you could get into second grade, third grade, and so on,
Going up and up and then you went to high school and this was a great transition in life.
And now the pressure is being put on, you must get ahead.
You must go up the grades and finally be good enough to get to college.
And then when you get to college, you're still going step by step, step by step, up to the great moment in which you're ready to go out into the world.

And then when you get out into this famous world,
Comes the struggle for success in profession or business.
And again, there seems to be a ladder before you,
Something for which you're reaching for all the time.
And then, suddenly, when you're about 40 or 45 years old, in the middle of life,
You wake up one day and say "huh? I've arrived and, by Joe, I feel pretty much the same as I've always felt. In fact I'm not so sure that I don't feel a little bit cheated."


Because, you see, you were fooled.
You were always living for somewhere where you aren't.
And while, as I said, it is of tremendous use for us
To be able to look ahead in this way and to plan.
There is no use in planning for a future,
Which when you get to it and it becomes the present you won't be there.
You'll be living in some other future which hasn't yet arrived.

And so in this way, one is never able actually to inherit and enjoy the fruits of ones actions.
You can't live it all unless you can live fully now.

Deshalb ist es derart wichtig, dass man sich entweder mit seinem Beruf - wie er jetzt und heute ist und nicht erst wie er in drei Karrierestufen sein wird - identifizieren kann. Ich habe für diese Erkenntnis enige Berufsjahre benötigt, bin aber genau deshalb nun in die Justiz gewechselt, die im Übrigen m.E. durchaus sehr viel Abwechslung beitet. Sollte die Identifikation sich partout nicht einstellen, kann man sein Glück und seine Zufriedenheit auch rein aus dem Privatleben ziehen, sei es durch Hobbies, Freunde, Familie oder andere Themen. Man sollte Glück und Zufriedenheit aber nicht vom Erreichen des nächsten Schrittes abhängig machen, sondern versuchen, die Positiven Seiten des aktuellen Status wahrzunehmen - immerhin hat man hierauf lange hingearbeitet. Das bedeutet nicht, dass man sich nicht weiterentwickeln soll. Aber man sollte sich eben nicht darüber identifizieren. Natürlich klingen diese "Weisheiten" immer etwas abgedroschen und vermessen, wenn man bedenkt, dass ein Großteil der Weltbevölkerung diese Luxus-Möglichkeit ("Ooh! Ich möchte gefälligst einen Beruf, mit dem ich mich identifizieren kann! :-({|= ") gar nicht hat. Das bedeutet aber nicht, dass man, wenn man wie wir die Wahlmöglichkeit hat, diese nicht nutzen sollte.

Für's Privateleben gilt m.E. im Übrigen dasselbe. Ein gutes Beispiel ist ein guter Freund: Er hat jahrelang auf das Ende des Studiums hingearbeitet und es herbeigesehnt, diese Zeit aber nicht genossen. Nach dem Diplom, wollte er schnellstmöglich heiraten. Dann sollte alles gut werden. Als sich das ankündigte (Haken dran), galt es möglichst schnell Kinder zu bekommen. Das hat erst nicht so schnell wie erhofft geklappt und wieder war das Leben ein [Wort wollen wir hier nicht hören] und er hat auf die Erlösung durch das Kind gewartet. Zwei Jahre später war es endlich da. Müsste doch jetzt alles perfekt sein, denkt man. Weit gefehlt: Ist ja auch alles sehr anstrengend mit so einem Säugling. Außerdem müssen schnellstmöglich ein Haus und das zweite Kind her... to be continued. Genießen kann er sein Leben immer noch nicht und wird es auch nicht können, wenn die Haken alle gesetzt sind - es sei denn er besinnt sich auf das Erreichte, nicht auf irgendwelche Ziele, die es unbedingt bald möglichst zu erreichen gilt. Ein weiteres Beispiel: Das weit verbreitete "In-Ein-Loch-Fallen" nach erfolgreich bestandenen Examina.
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von sai »

Auch wenn ich noch am Anfang der Richterlaufbahn stehe, hab ich mir die Frage auch schon mehrfach gestellt.
R2 möchte ich schon erreichen, das ist auch realistisch. Alles darüber muss man mal abwarten (und wenn die Möglichkeit bestehen sollte natürlich überhaupt auch wollen). Lehr- und Prüfungstätigkeiten werde ich sicherlich übernehmen, weil mir das schon zu wiss. Mit. Zeiten an der Uni Spaß gemacht hat.

Ansonsten ist es natürlich schon ein merkwürdiges Gefühl zu wissen, dass es zwar immer ein bisschen Geld oben drauf gibt, eine Beförderung aber möglicherweise nur ein einziges Mal, möglicherweise auch gar nicht drin ist. Aber gut, das war mir bei der Berufswahl bekannt und ich habe mich darauf eingelassen.
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thh
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von thh »

Thandor79 hat geschrieben:Was mich mal interessieren würde: Wie geht ihr eigentlich damit um, den Punkt erreicht zu haben, den man realistisch in der Karriere erreichen wird?
Das ist eine Frage, die ich mir - ehrlich gesagt - bisher so nicht gestellt habe.

Ich habe eine Tätigkeit gefunden, die mir - neben dem alltäglichen Stress und immer mal auftretenden Frust, den es in jeder beruflichen Tätigkeit so geben dürfte - viel Spaß macht und auch nach mehr als einem Jahrzehnt noch neue, interessante Fallgestaltungen und Rechtsfragen bietet (wenn man sich denn damit beschäftigen möchte und nicht nur danach schaut, wie man Verfahren möglichst schnell möglichst ohne jeden Aufwand "totmacht").

Freilich muss das nicht heißen, dass ich das die nächsten 20-25 Jahre weitermachen möchte; vielleicht kommt mal der Punkt, an dem es etwas Neues sein soll. Aber jedenfalls derzeit ist dieser Zeitpunkt für mich noch nicht gekommen, obschon man mir Beförderungsstellen bereits angeboten hat.

Ich glaube, dass man sich irgendwann einmal - und, realistisch betrachtet, vergleichsweise früh - entscheiden muss, was man sich als Ziel setzt: Soll es primär die Karriere und damit das möglichst schnelle Erreichen eines möglichst hohen Beförderungsamtes sein? Oder sucht man primär eine erfüllende Tätigkeit? (Beides kann miteinander einhergehen - wer vielseitig interessiert ist und immer wieder neue Herausforderungen sucht, wird - wenn er diese denn auch meistert - zeitnahe Beförderungen meist gar nicht vermeiden können. Oft aber stehen sich der Wunsch, eine Sache richtig, mit jahrelanger Erfahrung und dann auch langfristig mit Freude zu betreiben, und der Wunsch nach baldmöglichster Beförderung gegenüber.)
Thandor79 hat geschrieben:In der Schule, im Studium und auch im Ref war immer klar, dass man sich anstrengen muss, um die nächste Stufe zu erklimmen und irgendwann dann (hoffentlich) das jeweils gesteckte Ziel zu erreichen, von dem man dann wieder weiterlaufen muss zum nächsten Ziel.
Freilich - wobei ich mich auch da neben der fachlichen Tätigkeit intensiv (vielleicht intensiver als der Zielerreichung guttat) mit Hobbys und anderen Interessen beschäftigt habe.

Das ist aber einer Ausbildung (und ggf. einer Probezeit) eigentümlich - dieses Bemühen um einen möglichst guten Abschluss muss sich im Beruf nicht zwingend fortsetzen. Ich würde sogar sagen: wozu? Ein gutes Abschneiden ist ja - zumeist - kein Selbstzweck.
Thandor79 hat geschrieben:Was kommt weiß man nie, aber man trifft eben zB Kollegen, die dasselbe seit 20 Jahren machen.
Auch das ist aber kein Muss - es geht freilich nicht immer konstant nach oben weiter, aber durchaus zur Seite. Die wenigsten müssen 20, 30, 40 Jahre dasselbe machen.
Thandor79 hat geschrieben:Die ersten Jahre im Job, klar, muss man erstmal fast wie bisher weiter schuften und Praxis lernen, die Probezeit überstehen, sich an verschiedenen Stellen einarbeiten ect.
Das ist einerseits richtig; andererseits erscheint mir der Unterschied gar nicht gar so groß. Klar, man wird besser in dem, was man tut, man braucht weniger Zeit, man lernt nicht mehr so viel sondern "lehrt" vielmehr, ist nicht mehr der, der immer um Rat fragen muss (fragt aber oft genug dennoch), sondern mehr der, der um Rat gefragt wird, aber meistens ist immer noch viel Luft nach oben, was die Bearbeitungsqualität und -tiefe betrifft, und Gelegenheit zur Übernahme zusätzlicher Aufgaben.
Thandor79 hat geschrieben:Es ist immer noch sehr viel, aber es ist eben nicht mehr Lernen (der Arbeit), es ist einfach Arbeit, die erledigt werden muss. Es ist vermutlich innerlich ein Umschalten von Studi-Modus auf Fließband Modus erforderlich.
Das würde ich gar nicht so sehr sagen; es hängt aber sicher auch an der konkreten Tätigkeit. Ich würde sogar sagen, dass ich am Anfang meiner Tätigkeit mehr Fließbandarbeit hatte als später ...
Thandor79 hat geschrieben:Oder haben Richter doch immer wieder Neues?
Das erscheint mir sehr an der konkreten Tätigkeit zu hängen (die man sich begrenzt, aber mit der Zeit dann meist doch aussuchen kann).

Für Richter mag ich das nicht beurteilen; für die staatsanwaltschaftliche Tätigkeit gibt es - je nach Arbeitsbereich - jedenfalls immer wieder neues und durchaus Gelegenheit zum Wechsel. Auch richterliche Arbeitsbereiche unterscheiden sich ja: das Zivil- vom Familien- oder Strafrecht, die Tätigkeit am Amts- von der am Landgericht (insbesondere im Strafrecht, weil landrichterliche Tätigkeit sich dort auf die Mit- und Zuarbeit in der Kammer beschränkt, am Amtsgericht aber der Vorsitz geführt wird).

Außerdem gibt es vielfältige Sonderverwendungen (Referendarausbildung, Prüfertätigkeit, Verwaltungstätigkeit, spezielle Rechtsgebiete (Rechtshilfe bspw.), Pressesprecher, Abordnungen an oberste Landesbehörden oder oberste Bundesgerichte oder in Spezialverwendungen, bspw. im IT-Bereich) und die Möglichkeit fachlich orientierter Nebentätigkeiten (als Autor, als Referent in- und außerhalb der Justiz, als Schiedsrichter, ...).
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von Schlumpfi »

Spencer hat geschrieben:2. Man ist mit dem Erreichten (erstmal) zufrieden und genießt es einfach, angekommen zu sein. That's it. Die Befriedigung zieht man aus seiner Tätigkeit, die mit der Zeit natürlich auch einen Gutteil an Routinetätigkeiten aufweist - wie die meisten anderen Berufe auch. Wenn man beginnt, sich fachlich zu langweilen, wechselt man das Rechtsgebiet/ die Kammer. Ansonsten nutzt man die sich mit zunehmender Routine einhergehenden Effizienzgewinne und macht früher Feierabend. Man entdeckt, dass das Lebensglück auch außerhalb des Berufslebens auf einen warten kann und beginnt zu reisen, zu bauen oder eine Familie zu gründen.
Ich unterschreibe mal hier.
Für R2 müsste ich entweder ewig pendeln bzw. umziehen oder mich im Gericht um die wenigen Beförderungsstellen prügeln. Beides will ich nicht, mir fehlt da auch der Ehrgeiz.

Im Moment freu ich mich einfach, dass der Job so läuft wie er läuft und ich genug Zeit für meine Familie habe. Für sich mittlerweile ergebende Synergieeffekte bin ich dankbar. Falls ich irgendwann keine Lust mehr auf mein Rechtsgebiet haben werde, dann mach ich halt ein anderes, Auswahl gibt es hier ja genug.
Aber irgendwie bin ich wahrscheinlich der Bin-R1-Bleib-R1-Geh-um-1-Typ. O:)
"Stirbt ein Bediensteter während einer Dienstreise, so ist damit die Dienstreise beendet."
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

sai hat geschrieben:R2 möchte ich schon erreichen, das ist auch realistisch.
Ehrliche Frage: warum und in welcher Stelle? Vorsitz am VG oder Beisitzer am OVG?
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von PerryManson »

Unglaublich entspannt. Nach dem Motto: Ich bin R1, ich bleib R1, ich geh um 1.
sai
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von sai »

Einwendungsduschgriff hat geschrieben:
sai hat geschrieben:R2 möchte ich schon erreichen, das ist auch realistisch.
Ehrliche Frage: warum und in welcher Stelle? Vorsitz am VG oder Beisitzer am OVG?
Einen wirklich rationalen Grund gibt es nicht. Wahrscheinlich geht es mir in erster Linie darum, mir selbst zu beweisen, dass ich es kann. Frei nach dem Motto: "Ich will das einfach" :D


Ob VG oder OVG ist mir Stand jetzt aus fachlichen Gründen tatsächlich relativ egal. Aus privaten allerdings wohl eher Beisitzender am OVG, weil es mich geographisch näher zurück zu Freunden und Familie bringen würde.
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von julée »

sai hat geschrieben:Ob VG oder OVG ist mir Stand jetzt aus fachlichen Gründen tatsächlich relativ egal. Aus privaten allerdings wohl eher Beisitzender am OVG, weil es mich geographisch näher zurück zu Freunden und Familie bringen würde.
Beisitzer am OVG / OLG fände ich - ungeachtet der fachlichen Vertiefungsmöglichkeit - auf Dauer eher langweilig, weil man praktisch immer nur "daneben" sitzt und seltener selbst Verhandlungen leiten kann; dann lieber die Vorsitzendenstelle in der 1. Instanz (alternativ: R 3).
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
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Re: Angekommen sein - Thats it

Beitrag von Thandor79 »

Hm, also erstmal vielen Dank für die ganzen Rückmeldungen. Die Problematik - wenn man es denn so nennen will - scheint also bekannt zu sein.

And then, suddenly, when you're about 40 or 45 years old, in the middle of life, You wake up one day and say "huh? I've arrived and, by Joe, I feel pretty much the same as I've always felt. In fact I'm not so sure that I don't feel a little bit cheated."


Spannender Text, am Ende erkennen "Betrogen worden zu sein" hielte ich allerdings für unzutreffend. Ich glaube, die meisten wissen, worauf sie sich einlassen. Und jedenfalls bei mir ist eigentlich ziemlich genau das eingetreten, was am Anfang der Schule versprochen wurde. Lerne fleißig, dann gibts später einen vernünftigen Job. Etwas unerwartet schon am Ziel angekommen trifft es vielleicht.

1. Man schielt entgegen aller Wahrscheinlichkeiten auf die nächste Karrierestufe. Oder einfach nur auf die nächste Beurteilung. Man will gefallen. Man übernimmt freiwillig Zusatzaufgaben, z.B in der (Gerichts-) Verwaltung, leitet AGs, lässt sich abordnen, irgendwann erproben usw.

Ich musste grinsen und müsste doch lügen, wenn ich da nicht Sachen erkennen würde :lmao: Aber eher, weil es mir schwerer fällt als gedacht einzusehen, dass es jetzt nicht mehr darum geht, wie ein Ertrinkender die jeweils nächste Planke zu greifen um weiterzukommen. Bei uns - es ist nunmal recht klein - ist jedoch die nächste Stufe faktisch Leiter der Behörde. Und das als nächstes Karriereziel ernsthaft zu planen wäre - neben der Tatsache, dass es schlicht nicht passieren wird - einfach nur dummdreist vermessen.

Letztlich ist der Tipp vermutlich richtig, seitlich zu denken.
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