Es kann sich ja auch jedermann in die Gerichtssäle setzen und Kontrollinstanz spielen, wenn er das unbedingt möchte. Aber die Information "RiLG bearbeitet die Endziffern 1, 4, 7, wenn vorher oder gleichzeitig aber ein Eilverfahren eingegangen ist, auch das Hauptsacheverfahren" hat doch für den Einzelnen keinerlei Erkenntniswert ohne Kenntnis der konkreten Handhabung im Einzelfall. Es geht also im besten Fall um Neugier, realistischerweise aber um Querulantentum à la wöchentliche bis tägliche Schreiben "bitte um Mitteilung sämtlicher am 16.03.2018 gültigen kammerinternen Geschäftsverteilungspläne" (und ja, es gibt Leute, die hätten ihre helle Freude daran). Bei einer solchen Sachlage spricht doch Einiges dafür, dass die Funktionsfähigkeit der Justiz dem allgemeinen "Kontrollinteresse" des Bürgers entgegengesetzt werden kann.Schnitte hat geschrieben:Es ist auch in Hinblick auf das Recht auf den gesetzlichen Richter und die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung ein schwaches Argument. Diese Grundsätze implizieren, dass es ein legitimer Belang der Öffentlichkeit ist, zu wissen, welche Richter über welche Fälle urteilen. Der Verfassungsgeber des Grundgesetzes wollte halt keine Geheimjustiz hinter verschlossenen Türen.Tobias__21 hat geschrieben:Evtl. spielen sogar Persönlichkeitsrechte der Richter eine Rolle (schwaches Argument, in der Regel sind die Pläne ja sogar im Internet, zumindest die nicht-internen)
Einsicht in kammerinterne Geschäftsverteilung
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Re: Einsicht in kammerinterne Geschäftsverteilung
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Re: Einsicht in kammerinterne Geschäftsverteilung
Einsichtnahme, aber nicht Übersendung einer Kopie, oder? Ist das kein geeigneter Filter für Reichsbürger oder geben die sich im Vorzimmer des Präsidenten die Klinke in die Hand?
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Re: Einsicht in kammerinterne Geschäftsverteilung
Ich denke auch. Die GVPl Veröffentlichungen im Internet erfolgen ja auch nur zur Arbeitsvermeidung auf der Geschäftsstelle. Manche Gericht veröffentlichen GVPl auch nur ohne Spruchkörperbesetzung im Netz und verweisen für diese auf den im Gericht ausliegenden GVPl.
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Re: Einsicht in kammerinterne Geschäftsverteilung
Dann müsstest du konsequent zum Schluss kommen, dass Art. 101 GG erst dann relevant wird, wenn man Verfahrenspartei ist, und vorher keine Rolle spielt. Das engt m.E. die Intention des Verfassungsgebers ein. Ich halte es durchaus für ein legitimes Anliegen der Öffentlichkeit und jedes einzelnen Mitglieds von ihr, zu wissen, wer über einen bestimmten Fall richten würde, wenn er jetzt aufträte, auch wenn er noch nicht aufgetreten ist.Tobias__21 hat geschrieben:Überzeugt mich nicht so recht. Die Verhandlungen sind ja grds. öffentlich. Warum aus Art. 101 GG ein Recht der Öffentlichkeit die Justiz zu kontrollieren folgen soll, erschließt sich mir nicht. Art. 101 GG ist ein grundrechtsgleiches Recht und soll in erster Linie die Verfahrensbeteiligten schützen. Ein Dritter, der überhaupt nichts mit dem Gericht zu tun hat, dürfte m.E. gar nicht in den Schutzbereich fallen. Vor allem dann, wenn es nur um die kammerinterne Geschäftsverteilung geht.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."
--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375
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Re: Einsicht in kammerinterne Geschäftsverteilung
Aber "wer genau über welchen Fall richten würde", kannst Du doch in aller Regel nicht anhand des kammerinternen GVP abstrakt erkennen, weil es üblicherweise rein abstrakt nach den zufällig durch die Einfangsregistratur vergebenen Endziffern geht. Der Erkenntniswert von "wenn der Fall die Endziffer 1 erhalten sollte, dann ist Richter A Berichterstatter / Einzelrichter und wenn der Fall die Endziffer 2 erhalten sollte, dann ist Richter B Berichterstatter / Einzelrichter" geht gegen Null.
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Re: Einsicht in kammerinterne Geschäftsverteilung
Es gibt nicht nur Endziffern als taugliches Verteilungskriterium
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Re: Einsicht in kammerinterne Geschäftsverteilung
@tobias_21: Es geht in erster Linie um Herausgabe, wobei bereits hilfsweise Einsichtnahme auf der Geschäftsstelle beantragt wird.
@liz/Tibor: Jedenfalls in der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist mir bisher nur ganz wenige andere kammerinterne Geschäftsverteilung als diejenige nach Endziffern untergekommen (siehe unten). Es gibt bei uns im Strafvollstreckungsbereich eine Buchstabenverteilung, aber alles andere läuft im Prinzip per Endziffern.
Im Zivilbereich haben wir mittlerweile eine Verteilung nach dem sog. Saarbrücker Modell (weil das LG Saarbrücken damit als erstes begonnen hat) - und zwar unter den Kammern als auch teilweise in den Kammern. Dabei werden vorab abstrakt für alle möglichen eingehenden Zivilsachen Rohpunktwerte festgelegt - bei uns zB Standard-O-Sache: 10 Punkte, Bausache 18 Punkte, Beschwerde 5 Punkte usw. Für jede zugeteilte Sache bekommt eine Kammer Punkte auf ein Punktekonto gutgeschrieben. Die nächste Sache bekommt die Kammer mit dem geringsten Punktestand. Die gutgeschrieben Punkte errechnen sich aus Rohpunktwert der Sache / Arbeitskraft der Kammer. Ist die Kammer also mit 2,0 AKA besetzt, bekommt sie für eine normale Sache 5 Punkte, mit 1,5 AKA entsprechend mehr (ist also später wieder dran), mit 3,0 AKA entsprechend weniger.
Damit bekommt man - nach unserem Eindruck - die Binnengerechtigkeit schneller hergestellt als mit den üblichen Kreuzchen/Kästchen-Listen oä, die ja im Grunde alle mit Prognosezahlen und einer mehr oder minder genauen Hochrechnung arbeiten. Zudem kann man - durch Veränderung der für die Berechnung verwendeten AKA oder durch Gutschriften/Abzüge von Punkten per Präsidiumbeschluss einigermaßen flexibel auf kurzfristige Personalveränderungen reagieren.
Das kann man natürlich dann auch kammerintern fortsetzen - und dann ist der Erkenntnisgewinn der kammerinternen Geschäftsverteilung außerhalb des konkreten Falls gleich null, weil da nur steht: Die Sache erhält der Einzelrichter/BE mit dem niedrigsten Punktestand. Die Punkte berechnen sich wie folgt (s.o.)
@liz/Tibor: Jedenfalls in der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist mir bisher nur ganz wenige andere kammerinterne Geschäftsverteilung als diejenige nach Endziffern untergekommen (siehe unten). Es gibt bei uns im Strafvollstreckungsbereich eine Buchstabenverteilung, aber alles andere läuft im Prinzip per Endziffern.
Im Zivilbereich haben wir mittlerweile eine Verteilung nach dem sog. Saarbrücker Modell (weil das LG Saarbrücken damit als erstes begonnen hat) - und zwar unter den Kammern als auch teilweise in den Kammern. Dabei werden vorab abstrakt für alle möglichen eingehenden Zivilsachen Rohpunktwerte festgelegt - bei uns zB Standard-O-Sache: 10 Punkte, Bausache 18 Punkte, Beschwerde 5 Punkte usw. Für jede zugeteilte Sache bekommt eine Kammer Punkte auf ein Punktekonto gutgeschrieben. Die nächste Sache bekommt die Kammer mit dem geringsten Punktestand. Die gutgeschrieben Punkte errechnen sich aus Rohpunktwert der Sache / Arbeitskraft der Kammer. Ist die Kammer also mit 2,0 AKA besetzt, bekommt sie für eine normale Sache 5 Punkte, mit 1,5 AKA entsprechend mehr (ist also später wieder dran), mit 3,0 AKA entsprechend weniger.
Damit bekommt man - nach unserem Eindruck - die Binnengerechtigkeit schneller hergestellt als mit den üblichen Kreuzchen/Kästchen-Listen oä, die ja im Grunde alle mit Prognosezahlen und einer mehr oder minder genauen Hochrechnung arbeiten. Zudem kann man - durch Veränderung der für die Berechnung verwendeten AKA oder durch Gutschriften/Abzüge von Punkten per Präsidiumbeschluss einigermaßen flexibel auf kurzfristige Personalveränderungen reagieren.
Das kann man natürlich dann auch kammerintern fortsetzen - und dann ist der Erkenntnisgewinn der kammerinternen Geschäftsverteilung außerhalb des konkreten Falls gleich null, weil da nur steht: Die Sache erhält der Einzelrichter/BE mit dem niedrigsten Punktestand. Die Punkte berechnen sich wie folgt (s.o.)
"If we should deal out justice only, in this world, who would escape?"