Wonach richtet sich die Spruchreife?

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

Moderator: Verwaltung

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Calmy
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Wonach richtet sich die Spruchreife?

Beitrag von Calmy »

Wonach richtet sich die Spruchreife?

In unserem Skript steht: "Spruchreife bedeutet, dass alle tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für ein abschließendes gerichtliches Urteil gegeben sind..."

Welche sind das?
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Baron
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Beitrag von Baron »

Welche sind das?
ich glaube das ist einfach die freie einschätzung eines richters, wenn er der meinung ist, dass die allgemeinen sachentscheiungsvss. erfüllt sind und er nach freier beweiswürdigung der meinung ist, jetzt schon entscheiden zu können.
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Calmy
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Beitrag von Calmy »

Soweit ich den Aufbau der Verpflichtungsklage bisher kennengelernt habe, prüft man die Spruchreife zu allerletzt (letzter Punkt in der Begründetheit).

Ist es dann nicht doppelt, wenn man gerade Zulässigkeit und Begründetheit durchgeprüft hat?

Würde es tatsächlich ein "Ermessen" des Richters sein, könnte man dieses mangels Angaben im SV stets nur vermuten. Dabei habe ich aber noch nie solche Hinweise in SVen gelesen...
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Manosfighter
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Beitrag von Manosfighter »

Baron von Igidor hat geschrieben:
Welche sind das?
ich glaube das ist einfach die freie einschätzung eines richters, wenn er der meinung ist, dass die allgemeinen sachentscheiungsvss. erfüllt sind und er nach freier beweiswürdigung der meinung ist, jetzt schon entscheiden zu können.
Wie kann es denn ausreichen, dass die allg. Sachentscheidungsvoraussetzuneg vorliegen?! Ich dachte es müssten auch immer noch die besonderen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen. Damit ein Urteil ergehen kann?!
"Die „Seehunde in der Nordsee“ sind im Verwaltungsstreitverfahren nicht beteiligungsfähig."
VG Hamburg, Beschluß vom 22.09.1988 - 7 VG 2499/88
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Baron
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Beitrag von Baron »


BeitragVerfasst am: Sonntag, 29. Januar 2006 19:34 Titel:
Soweit ich den Aufbau der Verpflichtungsklage bisher kennengelernt habe, prüft man die Spruchreife zu allerletzt (letzter Punkt in der Begründetheit).
ja das stimmt, weil man sonst nur ein bescheidungsurteil und kein vornahmeurteil bekommt.
Ist es dann nicht doppelt, wenn man gerade Zulässigkeit und Begründetheit durchgeprüft hat?
.
nein. es ist nicht doppelt. stell Dir vor, jemand will eine entscheidung einer behörde herbeiführen (und klagt auf die vornahme dieser entscheidung)... es stellt sich aber in der begründetheitsprüfung heraus, dass es eber nur eine ermessensentscheidung vor der behörde und nicht gleich eine "volle" entscheidung verlangen kann.
dann ist die sache eben noch nicht spruchreif, weil die vss. für eine gebundene entscheidung (dass was der kläger eben wollte) nicht vorhanden sind.
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Baron
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Beitrag von Baron »

Manosfighter hat geschrieben:
Baron von Igidor hat geschrieben:
Welche sind das?
ich glaube das ist einfach die freie einschätzung eines richters, wenn er der meinung ist, dass die allgemeinen sachentscheiungsvss. erfüllt sind und er nach freier beweiswürdigung der meinung ist, jetzt schon entscheiden zu können.
Wie kann es denn ausreichen, dass die allg. Sachentscheidungsvoraussetzuneg vorliegen?! Ich dachte es müssten auch immer noch die besonderen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen. Damit ein Urteil ergehen kann?!
jaja.. ich meinte halt ALLE sachentscheidungsvss. (hab schon 1,5 flaschen weisswein drin... da schreibt man nicht immer das, was man sagen will :) ).
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Calmy
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Beitrag von Calmy »

stell Dir vor, jemand will eine entscheidung einer behörde herbeiführen (und klagt auf die vornahme dieser entscheidung)... es stellt sich aber in der begründetheitsprüfung heraus, dass es eber nur eine ermessensentscheidung vor der behörde und nicht gleich eine "volle" entscheidung verlangen kann.
dann ist die sache eben noch nicht spruchreif, weil die vss. für eine gebundene entscheidung (dass was der kläger eben wollte) nicht vorhanden sind.
...es kommt also zum sog. Bescheidungsurteil? Sprich, das Gericht schickt den Fall zurück zur Behörde, die "unter Beachtung der Rechtsuaffassung des Gerichts" ihr Ermessen einfließen lassen soll?
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pHr3d
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Beitrag von pHr3d »

So koennte man das wohl sagen.
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Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Oder einfach gesagt:

Spruchreife ist gegeben, wenn der Kläger einen Anspruch auf den begehrten VA hat (sei es ein gebundener oder aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null).

Es ergeht dann ein sogenanntes Vornameurteil, indem die Behörde zur Vornahme des begehrten VA verpflichtet wird.

Fehlt es an einem gebundenen Anspruch und lag lediglich ein Ermessensfehler vor, liegt keine Spruchreife vor. Es ergeht ein Bescheidungsurteil des Gerichtes, in dem die Behörde zu erneuten Bescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichtes verpflichtet wird.

Prozessual bedeutet dies, dass eine Klage, die auf Vornahme gerichtet war, dann als teilweise unbegründet abgewiesen wird und der Kläger anteilig seine Kosten trägt. Ein Anwalt kann in einem solchen Fall schon einmal seine Haftpflichtnr. mitteilen :D
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Erstens: Ich habe einige Tausend Examensklausuren in beiden Bayerischen Juristischen Staatsexamina korrigiert. Meiner Erinnerung nach war die Spruchreife nie ein Problem und auch nie erörterungsbedürftig. Auch während meiner langjährigen Tätigkeit als Lehrbeauftragter an der Regensburger Uni (Klausurenkurs im Öffentlichen Recht für Examenssemester) habe ich nie eine Klausur gestellt, bei der die Spruchreife auch nur anzusprechen war.

Zweitens: Als Vize des Verwaltungsgerichts Regensburg kann ich nur sagen, dass die Spruchreife weder mit der Zulässigkeit bzw. Begründetheit noch mit dem Bescheidungs- bzw. Vornahmeausspruch etwas zu tun hat. Auch Verwaltungsstreitsachen, bei denen die Klagen als unzulässig abzuweisen oder anstatt des begehrten Vornahme- lediglich ein Bescheidungsurteil ergeht, müssen ja irgendwann einmal entscheidungsreif sein und entschieden werden. Da ein Gericht das Recht zu kennen hat, hängt die Spruchreife von der Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts ab. Ist er geklärt oder lässt er sich nicht mehr weiter klären, ist die Verwaltungsstreitsache entscheidungsreif.

Insgesamt gesehen, freilich ein für Studenten zu vernachlässigendes Thema.

http://www.korber.ws
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