Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei Möglichkeit des Einschreitens der ordentlichen Gerichte
Moderator: Verwaltung
Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei Möglichkeit des Einschreitens der ordentlichen Gerichte
Folgende Problem (ich meine da mal was gelesen zu haben finde es aber nicht wieder):
X beantragt von der zuständigen Behörde Y gg. Nachbar C einzuschreiten da dieser morsche Bäume in seinem Garten hat welche auf die Straße und auf das Haus des X stürzen zu drohen. Außerdem verschießt C ständig Feuerwerkskörper auf das Grundstück des X.
Die Behörde sieht keinen Handlungsbedarf und verweist auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes zu den ordentlichen Gerichten (§§ 903, 1004 BGB).
X erhebt Verpflichtungsklage! Den ggf. gegebenen Ermessensnichtgebrauch lassen wir mal außer betracht.
Hat die Klage des X Aussicht auf Erfolg?? Oder fehlt tatsächl. das Rechtsschutzbedürfnis, da X tatsächl. den ordentl. Gerichtsweg bestreiten könnte!
Danke
X beantragt von der zuständigen Behörde Y gg. Nachbar C einzuschreiten da dieser morsche Bäume in seinem Garten hat welche auf die Straße und auf das Haus des X stürzen zu drohen. Außerdem verschießt C ständig Feuerwerkskörper auf das Grundstück des X.
Die Behörde sieht keinen Handlungsbedarf und verweist auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes zu den ordentlichen Gerichten (§§ 903, 1004 BGB).
X erhebt Verpflichtungsklage! Den ggf. gegebenen Ermessensnichtgebrauch lassen wir mal außer betracht.
Hat die Klage des X Aussicht auf Erfolg?? Oder fehlt tatsächl. das Rechtsschutzbedürfnis, da X tatsächl. den ordentl. Gerichtsweg bestreiten könnte!
Danke
Vor den ordentlichen Gerichten kann X zwar Rechtsschutz bekommen. Der wird aber zumindest dann nicht effektiv sein und damit das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lassen, wenn die Gefahr weiterer/wiederholter Rechtsgutsverletzungen - z.B. durch das Umstürzen des Baumes, Schäden durch die Feuerwerkskörper - zu besorgen ist.
- Elandee
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Der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz soll dann einschlägig sein, wenn der Nachbar weiter stört? Verstehe ich nicht. Schließlich gibt's auf beiden Wegen Eilrechtsschutz und Zwangsvollstreckung.brain3112 hat geschrieben:Vor den ordentlichen Gerichten kann X zwar Rechtsschutz bekommen. Der wird aber zumindest dann nicht effektiv sein und damit das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lassen, wenn die Gefahr weiterer/wiederholter Rechtsgutsverletzungen - z.B. durch das Umstürzen des Baumes, Schäden durch die Feuerwerkskörper - zu besorgen ist.
Ich würde eher danach abgrenzen, ob nur der private Rechtskreis des X betroffen ist oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegt. Das ist zwar immer noch unscharf, aber vielleicht kann man im Fall geringfügiger Beeinträchtigungen argumentieren, dass die Sicherheitsbehörden grds nicht zum Schutz privater Rechte tätig werden müssen, und im Fall erheblicher Beeinträchtigungen, dass in den Rechtsbeeinträchtigungen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sehen ist, so dass ein Einschreiten im öffentlichen Interesse liegt.
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Na schön, natürlich gibt's ein paar Unterschiede. Aber so gravierend sind die dann auch nicht, dass ich sie als alleiniges Kriterium für die Abgrenzung hernehmen würde, auf die der Hanseate raus will.Baron von Igidor hat geschrieben:der brain hat schon recht. es macht schon einen unterschied zwischen dem zivilrechtlichen "Du-darfst-es-nimmer-machen" und dem verwaltungsrechtlichen "wenn-Du-das-nochmal-machst-dann-wird-erstens-verwaltungsrechtlich-vollstreckt-und-es-gibt-zweitens-auch-noch-ein-ordentliches-bußgeld".
Moment, ob der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist und ob der Kläger ggf. einen subjektiv-öffentlichrechtlichen Anspruch auf Tätigwerden der Behörde hat, prüft man doch vor dem Rechtsschutzbedürfnis.
Ich habe die Möglichkeit eines Anspruchs gegen die Behörde auf Tätigwerden jetzt mal vorausgesetzt (ggf. aus Sicherheitsrecht)
Im Bereich des Rechtsschutzbedürfnisses wird doch - wie der Name schon sagt - nur gefragt, ob der Kläger dieser Form des Rechtsschutzes (durch die Behörde) überhaupt bedürftig ist. Und das ist immer dann der Fall, wenn z.B. die Klage von den ordentlichen Gerichten nur die zweitbeste, weil weniger effektive (Behörden können nun mal schneller agieren als Gerichte) Rechtsschutzmöglichkeit ist.
Ich habe die Möglichkeit eines Anspruchs gegen die Behörde auf Tätigwerden jetzt mal vorausgesetzt (ggf. aus Sicherheitsrecht)
Im Bereich des Rechtsschutzbedürfnisses wird doch - wie der Name schon sagt - nur gefragt, ob der Kläger dieser Form des Rechtsschutzes (durch die Behörde) überhaupt bedürftig ist. Und das ist immer dann der Fall, wenn z.B. die Klage von den ordentlichen Gerichten nur die zweitbeste, weil weniger effektive (Behörden können nun mal schneller agieren als Gerichte) Rechtsschutzmöglichkeit ist.
Sehe ich auch so wie brain3112, dass Verwaltungsrechtsweg und Klagebefugnis unproblematisch gegeben sind.
Würde auch das Rechtsschutzbedürfnis bejahen. Ziel des Klägers ist vorliegend, die Behörde zum Einschreiten gegen seinen Nachbarn zu bewegen. Dieses Ziel kann er aber vor den Zivilgerichten definitiv nicht erreichen.
Das Problem, ob zivilrechtlicher Rechtsschutz hier möglich oder effektiver ist, ist meiner Meinung nach ein materiell-rechtliches, das im Rahmen der Begründetheit relevant wird.
Zunächst könnte man erwägen, dass es am (materiellen) Bescheidungsinteresse für ein Einschreiten fehlt. Würde ich aber eher ablehnen.
Aber letztlich bedarf ein Anspruch auf Einschreiten ja einer Ermessensreduzierung auf Null. Im Rahmen des Ermessens darf die Behörde mE aber auch berücksichtigen, dass der Kläger hier zivilrechtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen könnte. Damit dürfte die zwar zulässige Klage in der Regel unbgründet sein, weil ein Anspruch auf Einschreiten mangels Ermessensreduzierung auf Null nicht besteht.
Würde auch das Rechtsschutzbedürfnis bejahen. Ziel des Klägers ist vorliegend, die Behörde zum Einschreiten gegen seinen Nachbarn zu bewegen. Dieses Ziel kann er aber vor den Zivilgerichten definitiv nicht erreichen.
Das Problem, ob zivilrechtlicher Rechtsschutz hier möglich oder effektiver ist, ist meiner Meinung nach ein materiell-rechtliches, das im Rahmen der Begründetheit relevant wird.
Zunächst könnte man erwägen, dass es am (materiellen) Bescheidungsinteresse für ein Einschreiten fehlt. Würde ich aber eher ablehnen.
Aber letztlich bedarf ein Anspruch auf Einschreiten ja einer Ermessensreduzierung auf Null. Im Rahmen des Ermessens darf die Behörde mE aber auch berücksichtigen, dass der Kläger hier zivilrechtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen könnte. Damit dürfte die zwar zulässige Klage in der Regel unbgründet sein, weil ein Anspruch auf Einschreiten mangels Ermessensreduzierung auf Null nicht besteht.
- Elandee
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Jein würde ich sagen. Schließlich stellt man sich im RSB v.a. die Frage, ob der Kläger auf einfachere/effektivere/effizientere Weise zum gewünschten Ziel kommen kann. Das kann natürlich im Kern immer eine materiellrechtliche sein, insb wenn - wie hier - die Wahl des richtigen Rechtswegs vom materiellen Recht abhängt. Vielleicht könnte man es ähnlich machen wie bei den doppelt relevanten Tatsachen, also iRd RSB die Möglichkeit eines öff-rechtl Anspruchs gegen die Behörden ausreichen lassen.ghostwriter hat geschrieben: Das Problem, ob zivilrechtlicher Rechtsschutz hier möglich oder effektiver ist, ist meiner Meinung nach ein materiell-rechtliches, das im Rahmen der Begründetheit relevant wird.
In jedem Fall wäre das Problem des Ausgangsposts mit der Verlagerung vom RSB auf die Begründetheit nicht gelöst, sondern nur verschoben. Die Schlüsselfrage lautet dann: Unter welchen Umständen lässt der Anspruch aus 1004 BGB einen Anspruch auf Tätigwerden der Sicherheitsbehörden entfallen?
Wie bereits gesagt: Die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges halte ich für völlig unproblematisch. Der Kläger begehrt hier ein Einschreiten der Behörde durch VA. Ob darauf ein Anspruch besteht, beurteilt sich definitiv ausschließlich nach öffentlichem Recht. Die streitentscheidenden Normen sind hier also solche des öffentlichen Rechts, so dass eine ör. Streitigkeit (mE unproblematisch) zu bejahen ist.Elandee hat geschrieben:Jein würde ich sagen. Schließlich stellt man sich im RSB v.a. die Frage, ob der Kläger auf einfachere/effektivere/effizientere Weise zum gewünschten Ziel kommen kann. Das kann natürlich im Kern immer eine materiellrechtliche sein, insb wenn - wie hier - die Wahl des richtigen Rechtswegs vom materiellen Recht abhängt. Vielleicht könnte man es ähnlich machen wie bei den doppelt relevanten Tatsachen, also iRd RSB die Möglichkeit eines öff-rechtl Anspruchs gegen die Behörden ausreichen lassen.
Die Frage, ob möglicherweise ein ör. Anspruch auf Einschreiten besteht, ist im Rahmen der Klagebefugnis zu prüfen und darf nicht mit dem Rechtsschutzbedürfnis verwechselt werden.
Nochmal zum Rechtsschutzbedürfnis: Für Klagen auf behördliches Einschreiten ist dieses nicht ausgeschlossen, wenn ein zivilrechtlicher Anspruch gegen den Störer besteht, beide Rechtsschutzmöglichkeiten stehen eigenständig nebeneinander (so ausdrücklich Kopp/Schenke, vor § 40 Rn. 51). Meiner Meinung nach ist diese Ansicht auch absolut richtig. Es kann doch nicht allein darauf ankommen, was der Kläger rein tatsächlich im Endeffekt erreichen will, sondern es ist doch richtigerweise danach zu fragen, welche Rechte er durchsetzen will. Und hier geht es um die Durchsetzung eines (eventuellen) materiell-rechtlichen Anspruchs auf behördliches Einschreiten. Sprich, der Kläger begehrt den Erlass eines VA gegen den Nachbarn. Dies ist sein unmittelbares Rechtsschutzziel. Die Verpflichtung der Behörde auf Erlass eines VA kann er aber vor den Zivilgerichten nicht durchsetzen. Er kann also sein Ziel durch eine zivilrechtliche Klage überhaupt nicht (also auch nicht einfacher und effektiver) erreichen.