Gutschein auch einlösbar, wenn Kaufpreis höher?

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Dunja
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Gutschein auch einlösbar, wenn Kaufpreis höher?

Beitrag von Dunja »

Hallo Forum,

muss ein Gutschein auch eingelöst werden können, wenn der Kaufpreis den Gutscheinwert übersteigt?

Beispiel: Verkäufer V stellt Käufer K einen Gutschein im Wert von 100 EUR für eine Anlage aus.

K möchte nun eine Anlage im Wert von 500 EUR kaufen und hierbei den Gutschein anrechnen lassen, so dass er also nur noch 400 EUR zahlt.

Kann sich V auf den formalen Standpunkt stellen, dass der Gutschein bei diesem Kauf nicht einlösbar ist, da der Kaufpreis den Gutschein übersteigt, so dass K 500 EUR zahlen muss und den Gutschein nicht einlösen kann?

Viele Grüße
Dunja
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veltina
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Beitrag von veltina »

Was ist ein Gutschein: mE eine Bescheinigung (konst. Schuldanerkenntnis?), dass 100 Euro "bezahlt sind" (sei es jetzt von einem Dritten, als Geschenkgutschein, oder von V selbst, als Promo-Aktion), so dass der Käufer, wenn ein Kaufvertrag zustande kommt, bei Vorlage des Dings mit dem Anspruch auf "Rückzahlung in Form von Waren" aufrechnen kann. Dieses Gestaltungsrecht des Käufers kann mE gar nicht durch Bedingungen des Verkäufers einseitig eingeschränkt werden, etwa in der Art, die dir vorschwebt. Allenfalls die andere Möglichkeit ist problematisch (ich kaufe 50 Euro und will 50 Euro als "Wechselgeld" wieder zurück haben).

Wirtschaftlich betrachtet: Wieso sollte der Verkäufer so blöd sein und einen Umsatz von immerhin noch 400+ sausen lassen? ;)
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Dunja
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Beitrag von Dunja »

Danke!
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich würde sagen, der Gutschein ist ein echter Vertrag zugunsten eines Dritten (§ 328). Im Innenverhältnis (Valutaverhältnis) liegt eine Schenkung vor. Zugewendet wird die Forderung aus einem Kaufvertrag. Es handelt sich um eine Wahlschuld (§ 262), das Wahlrecht kann der Beschenkte ausüben.

Einwände?
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veltina
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Beitrag von veltina »

Mehrere.

1. Drei-Personen-Verhältnis geht sowieso nur bei Geschenkgutscheinen, nicht aber zB bei Promotion-Gutscheinen, die der Verkäufer selbst austeilt (zB Amazon).

2. "Zugewendet wird eine Forderung aus einem Kaufvertrag"? Welcher Kaufvertrag? Wenn ich einen Gutschein "kaufe", "kaufe" ich eigentlich höchstens eine Forderung, und zwar auf Auszahlung genau des von mir bezahlten Betrages, und ich bin doch sehr im Zweifel, ob das ein Kaufvertrag iSd 433 ist, schließlich entsteht die Auszahlungsforderung erst mit meiner Zahlung. Im Grunde gebe ich mE bei dem Kaufhaus Geld in Verwahrung (= fremdnützige, unentgeltliche Aufbewahrung), mehr nicht. Und den Herausgabeanspruch aus diesem Verwahrvertrag übertrage ich dann schenkweise an einen anderen.
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Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

veltina hat geschrieben:Mehrere.
D'Oh! #-o

Hast recht. Der Fall ist ja viel einfacher als ich ihn gemacht habe! Ich meinte den Fall, dass ein Dreiecksverhältnis vorliegt... das passte aber gar nicht.

Aber sag doch bitte mal, ob du wenigstens für den Fall eines Geschenkgutscheins meiner bescheidenen Lösung zustimmen würdest! :)
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Manosfighter
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Beitrag von Manosfighter »

klar ist richtig Manolaw...
als du das geschrieben hast hat es bei mir auhc wieder einige Glocken klingen lassen... Erinnere mich das in der Vorlesung gehört zu haben :D
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veltina
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Beitrag von veltina »

Widerspruch. Ich hab jetzt nochmal nachgeforscht (und empfehle zum Ganzen Arens, BB 96, 2477) und korrigiere mich (siehe schon oben) wie folgt: Ein Vertrag zugunsten Dritter ist hier überhaupt nicht beteiligt, jedenfalls hab ich niemanden gefunden, der das vertritt, und sehe auch nicht, wozu man das braucht. Der Geschenkgutschein ist ein Inhaberpapier nach 807 BGB, das vom Käufer gekauft und dann ganz normal verschenkt wird, mitsamt der dranhängenden Forderung.
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Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

OK, war wohl etwas kompliziert gedacht.

Eine Forderungsabtretung aus dem Kaufvertrag (inkl. Wahlschuld) reicht natürlich auch. Im Verhältnis zwischen Forderungserwerber und Gutschein-Inhaber liegt eine Schenkung vor. Das Papier enthält das Versprechen der Leistung an einen (jeden) Dritten, der es vorlegt. Ein echtes Dreiecksverhältnis braucht es dann nicht.

Eleganter ist das schon.
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