fahrlässige Tötung - fahrlässige Körperverletzung

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Gelöschter Nutzer

fahrlässige Tötung - fahrlässige Körperverletzung

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo!

es geht um folgenden Fall:

1. Handlung: A hat B aufgrund eines gefährdenden Vorverhaltens fahrlässig schwer verletzt. B ist nicht sofort tot.
2. Handlung: A erkennt, dass B schwer verletzt ist, lässt ihn aber liegen und flieht, um seine Beteiligung am Geschehen zu verbergen. B stirbt schließlich, hätte aber selbst bei sofortigen ärztlichen Maßnahmen
nur eine geringe Überlebenschance gehabt (= fehlende Kausalität zwischen Unterlassen und Tod)

jetzt geht es um folgendes Problem:

A hätte ja eigentlich durch die 1. Handlung eine fahrlässige Tötung nach
§ 222 begangen.
Durch die 2. Handlung hätte er wegen fehlender Kausalität statt Verdeckungsmord durch Unterlassen nur einen versuchten Verdeckungsmord durch Unterlassen nach §§ 212, 211, 22, 23 begangen.
Im Gesamtergebnis wäre das dann fahrlässige Tötung in Tatmehrheit mit versuchtem Mord.
Dann gäbe es aber für einen einzigen Erfolg (Tod des B) eine Strafbarkeit wegen zweier Handlungen, noch dazu einmal wegen Vollendung und einmal wegen Versuchs bezüglich desselben Tatobjekts.

Oder sollte man stattdessen für A bei der 1. Handlung nur eine fahrlässige Körperverletzung nach § 229 annehmen, sodass es dann im Gesamtergebnis zur fahrlässigen Körperverletzung in Tatmehrheit mit versuchtem Mord kommt?
Problem hierbei: Es wird nur wegen Verletzung bestraft, obwohl Tod eingetreten ist.

Was meint Ihr dazu? Ich hoffe auf Antworten...
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madcats5
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Re: fahrlässige Tötung - fahrlässige Körperverletzung

Beitrag von madcats5 »

mikey007 hat geschrieben:Dann gäbe es aber für einen einzigen Erfolg (Tod des B) eine Strafbarkeit wegen zweier Handlungen, noch dazu einmal wegen Vollendung und einmal wegen Versuchs bezüglich desselben Tatobjekts.
Die fahrlässige KV ist doch auch ein Erfolg. Also hat er in Tateinheit (Idealkonkurrenz) durch eine Handlung 2 Erfolge (§229 und §212, (211?) begangen). Ist die Verdeckungsabsicht iSv Mordmerkmal eigentlich gegeben? Er flieht ja damit er nicht entdeckt wird, aber will ihn ja nicht töten. Liegt nicht eher §212, 13 mit dolus eventualis vor?

Wie kommst du auf Vollendung und Versuche? Ist doch beides Vollendet,oder? Hatte bisher zwar nur Strafrecht AT, aber das Unterlassen ist doch wegen Ingerenz (str.) strafbar. Fehlt wirklich die Kausalität zwischen Unterlassen und Tod? Geringe Chancen sind ja auch Chancen. Außerdem war doch für den Tod der Verletzung kausal.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo madcats5!

Ich dachte da an Tatmehrheit, weil A zunächst den B schwer verletzt (anfährt), also 1. Handlung, und ihm anschließend die erforderliche Hilfe nicht zukommen lässt, also 2. Handlung.
Die 1. Handlung ist ein Tun, die 2. Handlung ein Unterlassen.
Für die Verdeckungsabsicht reicht bezüglich des tödlichen Erfolges dolus eventualis aus, nur für die Verdeckung muss Absicht vorliegen. Und gerade diese Absicht hat er ja, weil er seine Beteiligung verbergen will.
Beim Unterlassungsdelikt liegt nach hM Kausalität nur vor, wenn der Erfolg durch die erfoderliche Handlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte verhindert werden können. Weil es hier aber nur geringe Rettungschancen gab, ist die Kausalität nicht gegeben und darum nur Versuch.
Mir ging es nur darum, dass es merkwürdig ist, im Gesamtergebnis eine Tatmehrheit (§ 222, §§ 212, 211, 22) bezüglich eines einzigen Erfolges anzunehmen oder eben alternativ eine Tatmehrheit mit § 229, §§ 212, 211, 22, wobei dann keine vollendete Tötung erscheint, obwohl B gestorben ist...
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

hat nicht noch jemand eine idee?
Lacan
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Beitrag von Lacan »

So einen Fall hatten wir neulich im Examensklausurenkurs in Hannover. Im Tatkomplex "Unfall" hatte sich der Täter nach § 222 strafbar gemacht, im Tatkomplex "Rückfahrt" nach §§ 212, 211, 13, 22, 23.

Es handelt sich selbstverständlich dabei um Tatmehrheit, weil zwei tatbestandliche Handlungen vorliegen: das Anfahren und das Liegenlassen. Deshalb kann schon keine Handlungseinheit bestehen (vgl. Stratenwerth AT § 18 Rn 43).

Deswegen verstehe ich nicht, warum du vom einen Taterfolg sprichst. Erstens ist das keine Frage der echten Konkurrenz. Zweitens liegt gar kein einheitlicher Erfolg vor: die Fahrlässigkeitsvollendung und die Versuchsvollendung verwirklichen zwei unterschiedliche Unrechte, obgleich sie sich auf ein und dasselbe Opfer, das auch tot ist, beziehen.
Vernunft – ein anderer Ausdruck für Ahnungslosigkeit in Bezug auf Widersprüche zwischen Zwecken und Mitteln (Luhmann)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

vielen Dank nach Hannover!
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