Versuchter Prozeßbetrug

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

Moderator: Verwaltung

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Survivor
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Versuchter Prozeßbetrug

Beitrag von Survivor »

Hallo Kollegen,

möchte gerne eure Meinungen zu folgendem (Schein?)Problem erfahren:

Der erstrebte Vermögensvorteil kann beim Prozeßbetrug ja darin bestehen, daß der Täuschende einen Anspruch seines Prozeßgegners abwehren, also die Befreiung von einer Verbindlichkeit erreichen will.
Wenn es nicht dazu kommt, weil das Gericht der Klage bereits mangels Erheblichkeit stattgibt, bleibt m.E. ein versuchter Prozeßbetrug möglich.

Ist dann i.R.d. Tatentschlusses bei der rechtswidrigen Bereicherungsabsicht nochmal zu prüfen, ob der Prozeßgegner tatsächlich einen Anspruch gegen den Täuschenden hat oder besteht hier eine Bindung an die Feststellungen des Zivilprozesses?

Davon wäre m.E. ja abhängig, ob der erstrebte Vermögensvorteil des Täuschenden rechtmäßig (=kein Anspruch d. Gegners) oder rechtswidrig (=Anspruch d. Gegners) ist, oder?

Vielen Dank im Voraus,

Grüße

S.
"Wenn die Welle kommt, dann nimm dir Zeit."

-Duke Kahanamoku-
Lacan
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Re: Versuchter Prozeßbetrug

Beitrag von Lacan »

Survivor hat geschrieben:... oder besteht hier eine Bindung an die Feststellungen des Zivilprozesses?
Was meinst du damit?
Vernunft – ein anderer Ausdruck für Ahnungslosigkeit in Bezug auf Widersprüche zwischen Zwecken und Mitteln (Luhmann)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Aus meiner Sicht ist ganz grundsätzlich erst mal in Frage zu stellen, ob die Konstruktion des Prozessbetrugs dogmatisch überhaupt haltbar ist. M.E. ist sie das nicht.
Survivor
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Re: Versuchter Prozeßbetrug

Beitrag von Survivor »

Lacan hat geschrieben:
Survivor hat geschrieben:... oder besteht hier eine Bindung an die Feststellungen des Zivilprozesses?
Was meinst du damit?
Beispiel:

A verklagt B wegen ausstehender Miete auf Räumung. B behauptet bei seiner Vernehmung, A habe sich in der Vergangenheit auch mit verspäteten Zahlungen einverstanden erklärt, was A jedoch bestreitet. Richter R glaubt B nicht und gibt der Klage statt.

Bei der Frage eines versuchten Prozeßbetruges des B ist m.E. relevant, ob A tatsächlich ein Räumungsanspruch gegen B zusteht.

Kann man auf die Stattgabe abstellen und damit einen Anspruch des A ohne weiteres bejahen?
Oder müßte man auf den Zeitpunkt der versuchten Täuschung abstellen und nochmal prüfen, ob A zu diesem Zeitpunkt einen materiell begründeten Anspruch hat?

Grüße, S.
"Wenn die Welle kommt, dann nimm dir Zeit."

-Duke Kahanamoku-
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Wenn man auf das Urteil abstellt, müsste man das konsequenterweise nicht nur bei Versuch sondern auch bei der Vollendung tun. Dann hingegen hätte man das Problem, dass ein Prozessbetrug schon immer dann ausgeschlossen wäre, wenn er erfolgreich wäre, da dann der Richter ja eine bestimmte Rechtslage für rechtmäßig erkannt hat. Entsprechend meine ich, dass man unabhängig von der Entscheidung des Richters zu prüfen hat.
strafrechtler
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Beitrag von strafrechtler »

Zustimmung. Vgl a T/F 263/111 mit Hinweis auf BayObLG StV 1990, 165.
Survivor
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Beitrag von Survivor »

Erscheint plausibel. Vielen Dank!!!
"Wenn die Welle kommt, dann nimm dir Zeit."

-Duke Kahanamoku-
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