[§ 812 I 1] BGH NJW 2005, 1356: doppelter Leistungszweck

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Lacan
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[§ 812 I 1] BGH NJW 2005, 1356: doppelter Leistungszweck

Beitrag von Lacan »

IdR wird bei Zessionsfällen wie bei Anweisungsfälle übers Dreieck kondiziert. In diesem Fall hat der BGH eine Ausnahme darin gesehen, dass die Bank mit dem Kl. eine Sondervereinbarung getroffen hatte, weswegen "auch" eine Leistung des Kl. in Betracht kam.

Lorenz (http://www.lrz-muenchen.de/~Lorenz/urte ... 184_04.htm (Verwaister Link http://www.lrz-muenchen.de/~Lorenz/urteile/viizr184_04.htm automatisch entfernt)) bemängelt, dass der BGH die Freistellungsvereinbarung zur Begründung der Leistung benutzt, die Rechtsgrundlosigkeit aber aus dem nichtigen Bauträgervertrag herleitet. Er führt dagegen eine ganz andere Risikobewertung an, wonach das Insolvenzrisiko aus dem bauträgervertrag gerade nicht mit der Freistellungserklärung übernommen werden sollte.

Lorenz geht mE von der Prämisse aus, dass sich Zweckrichtung und Leistungszweck (Bestimmung über den Rechtsgrund) aus demselben Kausalverhältnis ergeben müssen. Ist das denn zwingend?

Wie seht ihr das?
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Manosfighter
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Beitrag von Manosfighter »

Ich sehe dies nicht als zwingend an, da es keinerlei dogamtische Begründung für diese Prämisse gibt. Es entstehen auch keinerlei nachteile die nicht auf anderem Wege gelöst werden können, zumindestens sind mir diese zur Zeit nicht ersichtlich.
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Calmy
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Beitrag von Calmy »

Manosfighter hat geschrieben:Ich sehe dies nicht als zwingend an, da es keinerlei dogamtische Begründung für diese Prämisse gibt. Es entstehen auch keinerlei nachteile die nicht auf anderem Wege gelöst werden können, zumindestens sind mir diese zur Zeit nicht ersichtlich.
@ Manos: du solltest Diplomat werden :)!

@ Lacan: Was ist denn mit "Zweckrichtung" gemeint?
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Manosfighter
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Beitrag von Manosfighter »

mit Zweckrichtung ist wohl der durch die Tilgungsbestimmung gesetzte Leistungszweck gemeint...
@Calmy im Übrigen gratuliere ich zum power User.... :D
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Lacan
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Beitrag von Lacan »

Manosfighter hat geschrieben:mit Zweckrichtung ist wohl der durch die Tilgungsbestimmung gesetzte Leistungszweck gemeint...
Auf den Trichter könnte man kommen, wenn man Lorenz folgt, wonach erst diese Tilgungsbestimmung einer Güterbewegung die Zweckrichtung gebe und sie somit zur Leistung mache (vgl. JuS 2003, 729, 730 am Ende).

Das ist für die Zuordnung der Zuwendung eines Dritten richtig (an der Stelle geht es um Anweisungsfälle), gilt aber nicht in jedem Fall. Die Leistung in einem Zwei-Personen-Verhältnis kann sich schon aus der Zweckrichtung ergeben bzw. eine zusätzliche Zweckbestimmung ist dann nicht erforderlich, wenn für den Empfänger klar ist, dass der Zuwendende an ihn leisten will. Die Zweckbestimmung bezeichnet lediglich den Rechsgrund bzw. auf welche Schuld geleistet werden soll. Dem Empfänger kann es in dem Fall egal sein, ob der Lieferant ihm den gelieferten Gegenstand schenken oder auf eine vertragliche Schuld hin leisten will. Die mitgeteilte Zweckbestimmung, etwa der Lieferschein kann auch einen völlig falschen Inhalt haben, und es ist dennoch eine Leistung bzw. der Rechtsgrund bracht nicht nochmals mitgeteilt zu werden, wenn der Bezug zur Kausalbeziehung eindeutig hergestellt werden kann.

Etwas anderes ist es, wenn ein fremder Dritter dazwischengeschaltet ist. dann muss man Zweckrichtung (zuordnung der Person) und Zweckbestimmung (Zuordnung der Schuld) trennen. Die Person des Leistenden ist primär der Zuwendende. Ob dieser eine eigene oder eine fremde Leistung erbringt, entscheidet sich nach der Zweckrichtung, die sich aus dem Kausalverhältnis ergibt. nach dem Empfängerhorizont kommt danach nur die Person als Leistender in Betracht, der zur Entscheidung über den Rechtsgrund befugt ist. Die zuwendende Bank kommt zB dann als die Person des Leistenden in Betracht, wenn sie selber Darlehrensschuldner ist.

Oder im hier zur Rede stehenden Fall: der Kl. kam aus Sicht der Bank deswegen "auch" als Leistender in Betracht, weil ihr bekannt war, dass der Kl. den Zweck, lastenfreies Eigentum zu erreichen (der Bauträger konnte lastenfreies Eigentum nicht verschaffen) nach der von ihr erteilten Freistellungserklärung nur erreichen konnte, indem er den Erwerbspreis an sie zahlte (aaO, 1357).

Mit der Zahlung verfolgte der Kl. mithin zwei Leistungszwecke: einmal im Hinblick auf den Bauträgervertrag (Leistung des Kl. an den Bauträger) und zum anderen in Hinblick auf die Freistellungsvereinbarung (Leistung des Kl. an die Bank). Der Kläger war überdies aus dem Bauträgervertrag ggüb dem Bauträger verpflichtet, direkt an die Bank zu zahlen, während der Bauträger zu dieser Regelung aus dem Finanzierungsvertrag verpflichtet war. Daher war die Zahlung des Kl. zugleich eine Leistung des Bauträgers an die Bank.

Eine über die Zuordnung zu dem Bauvorhaben hinausgehende Zweck- bzw. Tilgungsbestimmung des Kl. gegenüber der Bank war offensichtlich nicht erforderlich. Ob der Kl. nun vorrangig den Zweck verfolgte, die Grundschuld loszuwerden oder seine Verpflichtung gegenüber dem Bauträger zu erfüllen, konnte den beteiligten Personen egal sein. Ein Rechtsgrund für die Leistung bestand in jedem Fall bzw. beide Verpflichtungen wurden zugleich erfüllt. Einer exakte Bezeichnung des Leistungszwecks machte aus meiner Sicht keinen Sinn.

Wurden mit der Zahlung aber beide Verpflichtungen zugleich erfüllt, und ist es nicht möglich die Leistungszwecke (auf welche Schuld hin gezahlt wurde) genau zu differenzieren, ist der Einwand hinfällig, dass primär der Rechtsgrund in der Beziehung zum Bauträger entfallen war (aus der Freistellungserklärung ergab sich keine Verpflichtung der Bekl. zur Rückzahlung an den Kl.). Zwar war in dieser Beziehung (auch nach Abtretung) nur eine Leistung übers Dreieck möglich. Verfolgte der Kl. aber erkennbar auch den Zweck, auf die Freistellungserklärung hin zu zahlen, und ist deswegen der eine Bereicherungsgegenstand mit dem anderen identisch, so ist es gleich, aus welcher Kausalbeziehung der Mangel herrührt. Die Rechtgrundlosgkeit im einen Verhältnis hatte unweigerlich die Rechtsgrundlosigkeit im anderen Verhältnis zur Folge.

Deswegen ist es kein "innerer Widerspruch in der Argumentation, einen Anspruch aus der Freistellungsvereinbarung zu verneinen, weil diese den Fall nicht erfasse, das bereicherungsrechtliche Ergebnis aber mit der in der Freistellungsvereinbarung vorgenommenen Risikoverteilung zu begründen und dabei noch dazu die Rechtsgrundlosigkeit der Leistung aus der Nichtigkeit des Bauträgervertrages zwischen dem Kl. und dem Bauträger (einem Dritten!) herzuleiten" (so aber Lorenz).
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Beitrag von Calmy »

Oh je, oh je... Du steigst da ja richtig durch!

Insbesondere dein zweitletzter Absatz klingt plausibel.
Ich glaube aber, dass Lorenz Kritik eher auf's Grundsätzliche abzielt. Zwar macht es - wie du richtig ausführst - im vorliegenden Fall keinen Unterschied auf welche Schuld hin gezahlt wurde, weil bei Nichtigkeit eines Verhältnisses zwingend das andere auch nichtig ist, aber ich halte es aus nahe liegenden Gründen durchaus für problematisch, dieses Dahinstehenlassen zu verallgemeinern.
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Beitrag von Manosfighter »

Lacan hat geschrieben: Das ist für die Zuordnung der Zuwendung eines Dritten richtig (an der Stelle geht es um Anweisungsfälle), gilt aber nicht in jedem Fall. Die Leistung in einem Zwei-Personen-Verhältnis kann sich schon aus der Zweckrichtung ergeben bzw. eine zusätzliche Zweckbestimmung ist dann nicht erforderlich, wenn für den Empfänger klar ist, dass der Zuwendende an ihn leisten will.
Zum einen ist es aber in diesem Fall niemals schädlich eine Tilgungsbestimmung gesetzt zu haben.... Sprich es würde zu keinem anderen Ergebnis führen, wenn der Schuldner die Zweckrichtung, mittels einer Tilgungsbestimmung konkretisiert.
Lacan hat geschrieben:Die Zweckbestimmung bezeichnet lediglich den Rechsgrund bzw. auf welche Schuld geleistet werden soll. Dem Empfänger kann es in dem Fall egal sein, ob der Lieferant ihm den gelieferten Gegenstand schenken oder auf eine vertragliche Schuld hin leisten will. Die mitgeteilte Zweckbestimmung, etwa der Lieferschein kann auch einen völlig falschen Inhalt haben, und es ist dennoch eine Leistung bzw. der Rechtsgrund bracht nicht nochmals mitgeteilt zu werden, wenn der Bezug zur Kausalbeziehung eindeutig hergestellt werden kann.
Soll das nun lediglich in 2 Personenverhältnissen gelten oder auch in Dreipersonenverhältnissen?! Dies müsste wohl generell gelten um anwendbar zu sein... Eine Leistung wird nicht zur Leistung i.S.d. §812 I 1 (1) durch die Bewirkung einer Leistung durch den Schuldner auf ein möglicherweise bestehendes Kausalverhältnis mit dem dieser ein Rechtsgrund bezeichnen möchte. (Da du ja die Zweckbestimmung dem Rechtsgrund gleichsetzt). Das hätte dann zur Folge, dass der Gläubiger keinerlei Einflussmöglichkeit auf die Zweckbestimmung hätte und es allein vom Schuldner abhängt ob eine Leistung vorliegt oder nicht. Die Zweckbestimmung und damit der Rechtsgrund müssten auch stets für den Schuldner erkennbar sein!

Etwas anderes ist es, wenn ein fremder Dritter dazwischengeschaltet ist. dann muss man Zweckrichtung (zuordnung der Person) und Zweckbestimmung (Zuordnung der Schuld) trennen. Die Person des Leistenden ist primär der Zuwendende. Ob dieser eine eigene oder eine fremde Leistung erbringt, entscheidet sich nach der Zweckrichtung, die sich aus dem Kausalverhältnis ergibt. nach dem Empfängerhorizont kommt danach nur die Person als Leistender in Betracht, der zur Entscheidung über den Rechtsgrund befugt ist. Die zuwendende Bank kommt zB dann als die Person des Leistenden in Betracht, wenn sie selber Darlehrensschuldner ist.

Oder im hier zur Rede stehenden Fall: der Kl. kam aus Sicht der Bank deswegen "auch" als Leistender in Betracht, weil ihr bekannt war, dass der Kl. den Zweck, lastenfreies Eigentum zu erreichen (der Bauträger konnte lastenfreies Eigentum nicht verschaffen) nach der von ihr erteilten Freistellungserklärung nur erreichen konnte, indem er den Erwerbspreis an sie zahlte (aaO, 1357).

Mit der Zahlung verfolgte der Kl. mithin zwei Leistungszwecke: einmal im Hinblick auf den Bauträgervertrag (Leistung des Kl. an den Bauträger) und zum anderen in Hinblick auf die Freistellungsvereinbarung (Leistung des Kl. an die Bank). Der Kläger war überdies aus dem Bauträgervertrag ggüb dem Bauträger verpflichtet, direkt an die Bank zu zahlen, während der Bauträger zu dieser Regelung aus dem Finanzierungsvertrag verpflichtet war. Daher war die Zahlung des Kl. zugleich eine Leistung des Bauträgers an die Bank.

Eine über die Zuordnung zu dem Bauvorhaben hinausgehende Zweck- bzw. Tilgungsbestimmung des Kl. gegenüber der Bank war offensichtlich nicht erforderlich. Ob der Kl. nun vorrangig den Zweck verfolgte, die Grundschuld loszuwerden oder seine Verpflichtung gegenüber dem Bauträger zu erfüllen, konnte den beteiligten Personen egal sein. Ein Rechtsgrund für die Leistung bestand in jedem Fall bzw. beide Verpflichtungen wurden zugleich erfüllt. Einer exakte Bezeichnung des Leistungszwecks machte aus meiner Sicht keinen Sinn.
Lacan hat geschrieben: Wurden mit der Zahlung aber beide Verpflichtungen zugleich erfüllt, und ist es nicht möglich die Leistungszwecke (auf welche Schuld hin gezahlt wurde) genau zu differenzieren, ist der Einwand hinfällig, dass primär der Rechtsgrund in der Beziehung zum Bauträger entfallen war (aus der Freistellungserklärung ergab sich keine Verpflichtung der Bekl. zur Rückzahlung an den Kl.). Zwar war in dieser Beziehung (auch nach Abtretung) nur eine Leistung übers Dreieck möglich. Verfolgte der Kl. aber erkennbar auch den Zweck, auf die Freistellungserklärung hin zu zahlen, und ist deswegen der eine Bereicherungsgegenstand mit dem anderen identisch, so ist es gleich, aus welcher Kausalbeziehung der Mangel herrührt. Die Rechtgrundlosgkeit im einen Verhältnis hatte unweigerlich die Rechtsgrundlosigkeit im anderen Verhältnis zur Folge.

Deswegen ist es kein "innerer Widerspruch in der Argumentation, einen Anspruch aus der Freistellungsvereinbarung zu verneinen, weil diese den Fall nicht erfasse, das bereicherungsrechtliche Ergebnis aber mit der in der Freistellungsvereinbarung vorgenommenen Risikoverteilung zu begründen und dabei noch dazu die Rechtsgrundlosigkeit der Leistung aus der Nichtigkeit des Bauträgervertrages zwischen dem Kl. und dem Bauträger (einem Dritten!) herzuleiten" (so aber Lorenz).
hm :-k das ist doch etwas komplex jetzt hier... Das muss ich mir wohl nocheinmal zu Gemüte führen :-$
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Beitrag von Lacan »

Manosfighter hat geschrieben:Eine Leistung wird nicht zur Leistung i.S.d. §812 I 1 (1) durch die Bewirkung einer Leistung durch den Schuldner auf ein möglicherweise bestehendes Kausalverhältnis mit dem dieser ein Rechtsgrund bezeichnen möchte.
Das ist klar, dass Leisten und Leistung bewirken zwei verschiedene Dinge sind. Eine Leistung bewirken kann jeder. Nur ob dieser dann wirklich der Leistende ist und im Falle eines Mangels des Kausalverhältnisses (!), also wegen Rechtsgrundlosigkeit die Zuwendung zurückverlangen darf, entscheidet sich schon nach der Zweckrichtung und nicht erst nach der Tilgungs- bzw. Zweckbestimmung. Besteht zwischen dem Zuwendenden und dem Empfänger kein Kausalverhältnis, das durch das davon abstrahierte Schuldverhältnis (Erfüllung) vollzogen/ erfüllt werden soll, kann nach dem Empfängerhorizont schon keine Leistung vorliegen.

Ist aber diese erste Hürde genommen, schadet eine Tilgungsbestimmung nicht. Sie begründet aber auch nicht erst das Leistungsverhältnis. Bestellt man zB bei amazon den Palandt und bekommt auch einen Palandt geliefert, ist es egal, was für eine Zweckbestimmung der Lieferschein ausweist; zB es steht Schönke/Schröder drauf. Im Zweifel wird man als Empfänger diese als Irrtum auslegen müssen.

Ähnlich ist es in den Einbaufällen: Der Lieferant teilt im Begleitschreiben mit, dass Zweck der Lieferung der gemeinsame Vertrag ist. Der beauftragte Bauunternehmer hatte nicht, wie er es sollte, im eigenen Namen das Geschäft abgeschlossen, sondern dem Händler vorgelogen, er sei Vertreter des Bauherrn (Empfänger). Der Empfänger geht aber zu Recht davon aus, dass es sich bei der Lieferung (trotz anders lautender Zweckbestimmung) um eine Leistung des Bauunternehmers an ihn handelt, weil er mit diesem einen Vertrag hatte, der auch solche Leistungen vorsah.
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Beitrag von Manosfighter »

Lacan hat geschrieben:
Manosfighter hat geschrieben:mit Zweckrichtung ist wohl der durch die Tilgungsbestimmung gesetzte Leistungszweck gemeint...
Auf den Trichter könnte man kommen, wenn man Lorenz folgt, wonach erst diese Tilgungsbestimmung einer Güterbewegung die Zweckrichtung gebe und sie somit zur Leistung mache (vgl. JuS 2003, 729, 730 am Ende).

Das ist für die Zuordnung der Zuwendung eines Dritten richtig (an der Stelle geht es um Anweisungsfälle), gilt aber nicht in jedem Fall. Die Leistung in einem Zwei-Personen-Verhältnis kann sich schon aus der Zweckrichtung ergeben bzw. eine zusätzliche Zweckbestimmung ist dann nicht erforderlich, wenn für den Empfänger klar ist, dass der Zuwendende an ihn leisten will. Die Zweckbestimmung bezeichnet lediglich den Rechsgrund bzw. auf welche Schuld geleistet werden soll. Dem Empfänger kann es in dem Fall egal sein, ob der Lieferant ihm den gelieferten Gegenstand schenken oder auf eine vertragliche Schuld hin leisten will. Die mitgeteilte Zweckbestimmung, etwa der Lieferschein kann auch einen völlig falschen Inhalt haben, und es ist dennoch eine Leistung bzw. der Rechtsgrund bracht nicht nochmals mitgeteilt zu werden, wenn der Bezug zur Kausalbeziehung eindeutig hergestellt werden kann.
Aber genau an dieser Stelle bekommt doch der Bereicherungsschuldner ein Problem. Dieser weiß das ein Kausalverhältnis nicht existiert. Aus Sicht des Leistenden (der der die Leistung bewirkt) jedoch liegt dieses Kausalverhältnis vor (obwohl dieses objektiv gesehen nicht vorliegt). Würde man meinen dass die Zweckrichtung bereits ausreichend für die Bestimmung des Kondiktionsgläubigers ist, so müsst man hier auf den Kondiktionsschuldner abstellen, ob für diesen erkennbar war, dass der KGläubiger hier auf ein Kausalverhältnis leisten wollte.

Sorry das ich schon wieder damit anfange...

Einfach mal ein Beispiel damit das klar wird:
V gibt K einen auf die B gezogenen Scheck. Vor Einlösung des Schecks wird dieser gegenüber der B und dem K widerrufen und etwaige Tilgungsbetimmungen angefochten. Der K besitzt lediglich den Scheck ohne fortbestehendes Kausalverhältnis zu B und V. K löst den Scheck trotzdem bei B ein und dieser unterläuft ein Fehler dass diese den Scheck auszahlt.
§32 ScheckG und ähnliche Vorschriften mal beiseite gelassen....


Was passiert hier mit der Zeckrichtung... Diese bestimmt sich wie Lacan meint durch en objektivierten Empfängerhorizont.... Auf eine Bezeichnung soll es soweit nicht ankommen. Ohne Kausalverhältnis, was dem K bei Einlösung ja bewusst ist, kann dieser auch nicht von einer Zweckgerichtetheit ausgehen. Aus seiner Sicht lässt sich demnach nicht eindeutig bestimmen wer Kondiktionsgläubiger und wer Kondiktionsschuldner wird (nur anhand der Zweckrichtung). Aus Sicht der B ist dies im Moment des Einlösens jedoch anders. Für diese ergibt sich sehr wohl die Person des Kondiktionsgläubigers, sowei des kondiktionsschuldners... Diese bewirkt die Leistung an K auf das aus ihrer Sicht bestehende Kausalverhältnis zwischen V und K. V ist somit leistender i.S.d. §812 und B bewirkt lediglich die Leistung. So zumindestens auf den ersten Blick.
Soweit: Nach dem Empfängerhorizont kann hier keine Leistung vorliegen.
Wohl aber darf man sich fragen ob es bei dieser betrachtung bleiben soll. Wäre es an dieser Stelle nciht sinnvoll zu fragen, ob der K hier sich über die Vorstellungen der B Gedanken machen müsste. K hat an dieser Stelle mehrere Optionen.
Zum Ersten sollte er sich fragen wieso die B den Scheck einlöst, obwohl dieser doch gesperrt ist. In diesem Moment muss davon ausgegangen werden, dass K sich bewusst ist, dass die B den Scheck bewusst einlöst. Und somit auf ein Kausalverhältnis zwischen V und K leistet ( die Leistung aus diesem vermeintlich bestehenden Kausalverhältnis bewirkt).
Dies kann ihm auch zugerechnet werdem, sodass aus seiner Sicht die Auszahlung des Schecks immernoch als Leistung des V darstellen muss. Da V jedoch K gegenüber diese Zweckrichtung angefochten hat, indem er die Tilgungsbestimmung angefochten hat (Tilgungsbestimmung als hinreichendes Merkmal für die Zweckbestimmung s.o) hat er auch die Zeckrichtung entfernt. K muss demnach in diesem Moment von einer Leistung der Bank auf ein ihm nicht bekanntes Kausalverhältnis (Zwischen V und K, oder zwischen B und K) ausgehen. Dass die Bank für K in diesem Moment zum Kondiktionsgläubiger wird ist unabdingbare Folge, da er diese Leistung keinem anderen ihm bekannten Kausalverhältnis zuordnen kann. Es sind somit nach objektiven Empfängerhorizont zwei Zweckrichtungen ersichtlich. Tilgungsbestimmungen wurden nicht gesetzt.
Zum Zweiten kann K denken, dass der Scheck gegenüber der B von V nicht gesperrt wurde und somit diese tatsächlich ihrer Anweisung nachkommt und im Namen des V an K leistet. Die Zweckrichtung wird hier wieder durch das Kausalverhältnis zwischen V und K gesetzt welches aber offensichtlich aus Sicht des K nicht mehr existiert. Als Folge ergibt sich Gleiches wie im obigen ersten Fall.
:-k Ein doch wohl eher sehr merkwürdiges Ergebnis...
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Beitrag von Lacan »

Manosfighter hat geschrieben:Aber genau an dieser Stelle bekommt doch der Bereicherungsschuldner ein Problem. Dieser weiß das ein Kausalverhältnis nicht existiert. Aus Sicht des Leistenden (der der die Leistung bewirkt) jedoch liegt dieses Kausalverhältnis vor (obwohl dieses objektiv gesehen nicht vorliegt). Würde man meinen dass die Zweckrichtung bereits ausreichend für die Bestimmung des Kondiktionsgläubigers ist, so müsst man hier auf den Kondiktionsschuldner abstellen, ob für diesen erkennbar war, dass der KGläubiger hier auf ein Kausalverhältnis leisten wollte.
Ich verstehe nicht dein Problem. Natürlich hat der Bereicherungsschuldner ein Problem, wenn er erkennt, dass jemand leisten will, aber kein Kausalverhältnis und damit kein Rechtsgrund ersichtlich ist: er muss sich darauf einstellen, das Erlangte wieder herauszugeben. Anders liegt es aber in dem von mir gewählten Bsp des Einbaufalls: Der Empfänger (möglicher Kondiktionsschuldner) muss zwar erkennen, dass der Lieferant nicht Leistender sein kann (uns insoweit mglw die Zuwendung zurückverlangen könnte). Er durfte aber aufgrund des Vertrags mit dem Bauunternehmer und der damit verbundenen Beauftragung, ihm die Sachen zu besorgen, davon ausgehen, dass die Lieferung des Dritten eine Drittleistung in Form der Fremdleistung (§ 267 I) und damit eine Leistung des Bauunternehmers ist. Deswegen darf er ganz beruhigt sein. Eine Rückforderung durch den Lieferanten kommt wegen der vorrangigen Leistung des Bauunternehmers nicht in Betracht.
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Manosfighter hat geschrieben:Einfach mal ein Beispiel damit das klar wird:
V gibt K einen auf die B gezogenen Scheck. Vor Einlösung des Schecks wird dieser gegenüber der B und dem K widerrufen und etwaige Tilgungsbetimmungen angefochten. Der K besitzt lediglich den Scheck ohne fortbestehendes Kausalverhältnis zu B und V. K löst den Scheck trotzdem bei B ein und dieser unterläuft ein Fehler dass diese den Scheck auszahlt.
§32 ScheckG und ähnliche Vorschriften mal beiseite gelassen....


Was passiert hier mit der Zeckrichtung... Diese bestimmt sich wie Lacan meint durch en objektivierten Empfängerhorizont.... Auf eine Bezeichnung soll es soweit nicht ankommen. Ohne Kausalverhältnis, was dem K bei Einlösung ja bewusst ist, kann dieser auch nicht von einer Zweckgerichtetheit ausgehen. Aus seiner Sicht lässt sich demnach nicht eindeutig bestimmen wer Kondiktionsgläubiger und wer Kondiktionsschuldner wird (nur anhand der Zweckrichtung). Aus Sicht der B ist dies im Moment des Einlösens jedoch anders. Für diese ergibt sich sehr wohl die Person des Kondiktionsgläubigers, sowei des kondiktionsschuldners... Diese bewirkt die Leistung an K auf das aus ihrer Sicht bestehende Kausalverhältnis zwischen V und K. V ist somit leistender i.S.d. §812 und B bewirkt lediglich die Leistung. So zumindestens auf den ersten Blick.
Soweit: Nach dem Empfängerhorizont kann hier keine Leistung vorliegen.
Wohl aber darf man sich fragen ob es bei dieser betrachtung bleiben soll. Wäre es an dieser Stelle nciht sinnvoll zu fragen, ob der K hier sich über die Vorstellungen der B Gedanken machen müsste.
Zunächst kommt als Leistender immer erst der Zuwendende selbst in Frage. Die Bank will aber idR an den Scheckgläubiger selbst nicht leisten; sie erbringt lediglich eine Leistung ihres Bankkunden (beim Dreipersonenverhältnis) und leistet damit an diesen. Sie hat auch keine eigene Tilgungsbestimmung abgegeben. Welche denn? Somit liegt auch nach der auf den Leistungszweck abstellenden Lehre keine Leistung der Bank vor.

Als nächstes kommt der V in Betracht, der aber den Scheck bereits widerrufen hat. Damit war zwar der Zweckrichtung eine Leistungsbeziehung möglich, weil ein kausales Verhältnis (KaufV oä) bestand. Die Leistung ist ihm aber nicht zurechenbar, weil die erfüllungshalber erbrachte Leistung gegenüber K widerrufen wurde. Wenn er aber diesen Mangel im abstrakten SchuldV kannte, konnte V, auch wenn der Scheck eingelöst wurde, nicht von keinerlei Leistung ausgehen.

Es lag eine Nichtleistung vor, und der Kondiktionsgläubiger bestimmt sich je nachdem, auf wessen Kosten diese geschah: das war hier die Bank.

Noch mal: Eine Leistung der Bank kam schon der Zweckrichtung nach nicht in Frage; dem V war die (der Zweckrichtung nach gegebene) Leistung dagegen nur nicht zurechenbar.
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