Übereignung "rechtlich neutral"?!

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

Moderator: Verwaltung

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Gelöschter Nutzer

Übereignung "rechtlich neutral"?!

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Der minderjährige A verkauft das geliehene Fahrrad an B und übereignet es an B.

Nach dem Abstraktionsprinzip muss zwischen Verpflichtungs und Verfügungsgeschäft unterschieden werden.

Verpflichtingsgeschäft,d .h. KV ist schwebend unwirksam nach §§ 107 I, 108, da nicht lediglich rechtlich vorteilhaft.

Aber wie sieht es mit dem Verfügungsgeschäft aus`? Sind Verfügungen über fremde Rechte zumindest rechtlich neutral?

Die h.M. bejaht das, was mir aber nicht einleuchtet, da sich doch der
Minderjährige schadensersatzpflichtig macht nach §§ ,989, 990.
:-k :-k
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Die Schadensersatzpflicht ist keine direkte Folge der Übereignung, spielt also für die Bewertung iRv § 107 keine Rolle (hM).
Zuletzt geändert von Gelöschter Nutzer am Samstag 6. Mai 2006, 19:30, insgesamt 1-mal geändert.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Sehe gerade, dass im Kähler AT ein ähnliches Bsp. ist. Soehe § 10 Rn. 20


Medicus wendet aber ein, dass § 932 das fehlende Eigentum des Veräußerers überbrücke, und der Erwerber daher verlangen könne, so gestrellt zu werden, wie wenn der Veräußerer Eigentümer gewesen wäre.-Und wegen § 1076 wäre eine Wirmsakeit hier zu verneinen.

Halte ich für eine gewagte Kosntruktion.
Christoph
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Beitrag von Christoph »

Manolaw hat geschrieben:Die Übereignung ist nicht nur neutral sondern sogar rechtlich vorteilhaft!
Inwieweit das denn? Nur weil der Minderjährige dadurch von einer schuldrechtlichen Verpflichtung frei wird? Das macht aber die Verfügung selbst doch nicht vorteilhaft.

@Pokerface: So weit hergeholt ist die Meinung von Medicus m.E. nicht - warum soll der gutgläubige Erwerber vom nichtberechtigten Minderjährigen besser stehen als der Erwerber vom berechtigten Minderjährigen? Wenn im restlichen BGB der gute Glauben an die Geschäftsfähigkeit nicht geschützt ist, warum sollte dies gerade durch §§ 932ff. "nebenbei" erfolgen?
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

marlin4 hat geschrieben:
Manolaw hat geschrieben:Die Übereignung ist nicht nur neutral sondern sogar rechtlich vorteilhaft!
Inwieweit das denn? Nur weil der Minderjährige dadurch von einer schuldrechtlichen Verpflichtung frei wird? Das macht aber die Verfügung selbst doch nicht vorteilhaft.
Jaja, hab doch längst editiert. O:)

marlin4 hat geschrieben:@Pokerface: So weit hergeholt ist die Meinung von Medicus m.E. nicht - warum soll der gutgläubige Erwerber vom nichtberechtigten Minderjährigen besser stehen als der Erwerber vom berechtigten Minderjährigen? Wenn im restlichen BGB der gute Glauben an die Geschäftsfähigkeit nicht geschützt ist, warum sollte dies gerade durch §§ 932ff. "nebenbei" erfolgen?
Stimme zu.

Für die Ansicht von Medicus spricht sicher, dass der Erwerber eine bessere Position erhält, als wenn der Mj. zur Veräußerung berechtigt gewesen wäre. Das spricht für die teleologische Reduktion der Gutglaubensvorschriften.

(Übrigens Rn. 542.)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Gegen Medicus spricht, dass die §§ 932ff. in der Tat nur den guten Glauben an das Eigentum schützen. Und genau daran glaubt der Erwerber: an das Eigentum des MJ. Ob der dann beschränkt geschäftsfähig ist, spielt im Rahmen der § 932ff. keine Rolle, weil die darauf nicht abstellen.
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Beitrag von Christoph »

alex011 hat geschrieben:Gegen Medicus spricht, dass die §§ 932ff. in der Tat nur den guten Glauben an das Eigentum schützen. Und genau daran glaubt der Erwerber: an das Eigentum des MJ. Ob der dann beschränkt geschäftsfähig ist, spielt im Rahmen der § 932ff. keine Rolle, weil die darauf nicht abstellen.
Wieso soll das gegen Medicus sprechen, das ist doch genau sein Argument: §§ 932ff. schützen den guten Glauben an die Verfügungsberechtigung des Veräußerers, haben aber keine Auswirkung auf die Vss der dinglichen Einigung ("eine nach § 929 erfolgte Veräußerung", § 932 I 1). Und diese wird dann nach allg. Regeln über §§ 104ff. beim Minderjährigen scheitern. Demgegenüber ist es gerade die h.M., die den etwas befremdlichen Schluss zieht, wegen § 932 iVm dem Rechtsgedanken des § 165 bedürfe es hier keiner Zustimmung.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

marlin4 hat geschrieben: Und diese wird dann nach allg. Regeln über §§ 104ff. beim Minderjährigen scheitern.

Nein, tut sie nicht!
Die dingliche Einigung beim neutralen Geschäft ist für den MJ gerade nach den allg. Regeln doch eben nicht nachteilig!
Die Erklärung über § 165 ist da auch nicht befremdlich (§ 932 hat in DIESEM Zusammenhang übrigens gar keine Bedeutung):
Das Vermögen des MJ ist bei einem neutralen Geschäft eben nicht in Gefahr und dass der MJ neutrale Geschäfte vornehmen kann zeigt halt § 165. Das ist keine Konstruktion sondern ein Vergleich.
Christoph
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Beitrag von Christoph »

alex011 hat geschrieben:
marlin4 hat geschrieben: Und diese wird dann nach allg. Regeln über §§ 104ff. beim Minderjährigen scheitern.
Nein, tut sie nicht!
Reden wir vielleicht an einander vorbei? Ich skizziere oben die Meinung von Medicus (vgl. BR Rn. 540ff), und dort soll §§ 932ff. gerade nur das TBM der Berechtigung des Verfügenden in § 929 überwinden, nicht jedoch die Mängel der rechtsgeschäftlichen Einigung ("Die Redlichkeitsvorschriften wollen den Erwerber nur so stellen, wie er bei Richtigkeit seiner Vorstellung stünde").
Die dingliche Einigung beim neutralen Geschäft ist für den MJ gerade nach den allg. Regeln doch eben nicht nachteilig!
Sagt die h.M., aber das hatten wir ja oben schon herausgearbeitet.
Die Erklärung über § 165 ist da auch nicht befremdlich (§ 932 hat in DIESEM Zusammenhang übrigens gar keine Bedeutung):
In welchem Zusammenhang? Ohne § 932 hast du in dieser Fallkonstellation kein neutrales Geschäft.
Das Vermögen des MJ ist bei einem neutralen Geschäft eben nicht in Gefahr und dass der MJ neutrale Geschäfte vornehmen kann zeigt halt § 165. Das ist keine Konstruktion sondern ein Vergleich.
Befremdlich ist nicht die Erklärung, die durchaus in sich geschlossen ist, sondern das widersprüchliche Ergebnis.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

So wie ich Medicus verstehe, stellt er nicht die Wirksamkeit der dinglichen Einigung in Frage (die schuldrechtl. ist natürlich unwirksam). Er will nur die §§ 932ff. teleologisch reduzieren, weil der Erwerber auch bei Richtigkeit seiner Vorstellung nicht erweben könnte, weil dann der MJ keine wirksame dingliche Einigung schließen kann, denn er verlöre dann sein Eigentum.

Das ist natürlich richtig, aber trotzdem finde ich, dass die Wertungen des Gesetzes gegen diese Medicus-Ansicht sprechen:

Die §§ 932ff. sollen den Erwerber nicht so stellen, als wäre seine komplette Vorstellung richtig, sondern nur so, wie wenn der Veräußerer Eigentümer wäre. Ob dieser Veräußerer dann aber tatsächlich wirksam verfügen könnte, interessiert die §§ 932ff. nicht. Das ist eine Frage der MJ-Vorschriften. Und die sind hier nicht nötig, weil der MJ keinen Nachteil erleidet.
Christoph
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Beitrag von Christoph »

alex011 hat geschrieben:So wie ich Medicus verstehe, stellt er nicht die Wirksamkeit der dinglichen Einigung in Frage (die schuldrechtl. ist natürlich unwirksam). Er will nur die §§ 932ff. teleologisch reduzieren, weil der Erwerber auch bei Richtigkeit seiner Vorstellung nicht erweben könnte, weil dann der MJ keine wirksame dingliche Einigung schließen kann, denn er verlöre dann sein Eigentum.
Grundsätzlich ist die dingliche Einigung aber doch wohl unstr. nach §§ 104ff. unwirksam. Die h.M. beschränkt dann hier deren Anwendung wg. § 165 und kommt so zu einer wirksamen Einigung. M.E. ist es Konsequenz der Ansicht von Medicus, im Gutachten den Streit an dieser Stelle zu führen, und nach der Ansicht von Medicus die Einigung zu verneinen bzw. nach der h.M. zu bejahen. Tatsächlich erschließt sich mir nicht, wieso Medicus da überhaupt etwas teleologisch reduzieren muss.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Nein, die dingliche Einigung unstreitig wirksam. Das rechtlich neutrale Geschäft ist absolut anerkannt. Eine gesetzliche Ausprägung ist § 165.

Medicus muss die §§ 932ff. teleologisch reduzieren, weil es bei wortgenauer Anwendung eben nicht darauf ankommt, ob der Veräußerer MJ ist.
Deshalb gehört der Streit im Gutachten ganz an den Schluss, nachdem man grds den gutgl. Erwerb wegen Vorliegen der TB-Merkmale der §§ 932 bejaht hat. Da macht man einen neuen Unterpunkt wie etwa "wertungsmäßige Korrektur"
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

alex011 hat geschrieben:Nein, die dingliche Einigung unstreitig wirksam. Das rechtlich neutrale Geschäft ist absolut anerkannt. Eine gesetzliche Ausprägung ist § 165.

Medicus muss die §§ 932ff. teleologisch reduzieren, weil es bei wortgenauer Anwendung eben nicht darauf ankommt, ob der Veräußerer MJ ist.
Genau. Gerade die nach dem Gesetz wirksame Verfügung erfordert den juristischen Kunstgriff von Medicus. Die Verfügung über fremdes Eigentum ist nach allgM rechtlich neutral iSv § 107. Daher ist das Geschäft sofort wirksam.

Daher eben auch die Notwendigkeit einer Restriktion, wenn man mit Medicus das Ergebnis korrigieren will (aA die hM).
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Andiskutieren und Medicus ablehnen, so läufts ;)

Wer immer noch auf der Suche ist, nach der "richtigen" Lösung, dem ist eh nicht mehr zu helfen :)
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