VA oder nicht?

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

Moderator: Verwaltung

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Culpa
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VA oder nicht?

Beitrag von Culpa »

Hallo,

folgendes Fällchen gibt mir zu denken auf.
A ist Eigentümer eines Bootes. Er leiht es dem B, dieser fährt zum Angeln und verunreinigt Wasser (Öl tritt aus). Behörde C führt aufwendige Wasserschutzmaßnahmen durch Firma D vor und schreibt dann einen "Brief" ohne Rechtsmittelbelehrung an A, wo dieser aufgefordert wird, an B 4000 € zu zahlen. Überschrieben ist der Brief mit LeistungsBESCHEID der Verwaltungsersatzvornahme. A legt Widerspruch ein, dieser wird zurückgewiesen.

Mein erstes Problem: Die Einfache Aufforderung zu einer Zahlung ist doch an sich kein VA sondern schliches Verwaltungshandeln. Eine Anfechtungsklage wäre unstatthaft, wenn nicht der "Bescheid" so sehr nach VA aussehen würden, dass er auch als solcher angegriffen werden kann. Bei der Überschrift Bescheid kann ich doch davon ausgehen, das es der Form nach ein VA ist, auch wenn keine Rechtsmittelbelehrung erfolgte. Soweit so Richtig?

Zweites Problem: Verwaltungsersatzvornahme? A war nicht anwesend als das "Unglück" passierte. A und B wurden auch nicht über die einlgeleiteten Maßnahmen informiert. Das reine Tätigwerden von C bzw. D ist doch keine Ersatzvornahme sondern wiederum schliches Verwaltungshandeln. Eine Duldungsverfügung konnte doch nicht ergehen.

3. Frage: Welche Ermächtigungsgrundlage habe ich dann eigentlich. Ordnungsbehördliche Generalklausel, oder sogar ör GoA?

Wäre schön wenn mir jemand helfen könnte.
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Baron
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Re: VA oder nicht?

Beitrag von Baron »

Culpa hat geschrieben: Bei der Überschrift Bescheid kann ich doch davon ausgehen, das es der Form nach ein VA ist, auch wenn keine Rechtsmittelbelehrung erfolgte. Soweit so Richtig?
ja. wo bescheid drauf steht, ist in 99,9999% der fälle ein VA drin.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Nicht nur zu 99,99999 % sondern immer nach mittlerweile st. Rspr. des BVerwG. Bedient sich die Behörde der Form eines Bescheides, so liegt stets ein Verwaltungsakt vor, gegen den ör Rechtsweg eröffnet ist (BVerwG 13, 207f; NVwZ 1985, 264; OVG Münster OVGE 30, 138 (139); Kopp/Schenke, § 40 Rn. 7f.). Dass die Rechtsbehelfsbelehrung nicht stattfand, ändert nichts an der VA-Qualität, sondern wirkt sich lediglich bzgl. der Klage-/Widerspruchsfrist aus.

Eine andere Frage ist, ob die Behörde die Kosten mittels Bescheid einfordern durfte. Das ist widerum ein Problem der Begründetheit.

Zu Deiner zweiten Frage: A und B sind gefahrenrechtlich Zustandsstörer. Die Behörde lässt durch Firma D als Verwaltungshelfer Wasserschutzmaßnahmen durchführen, was grds. eine Vollstreckungsmaßnahme darstellt, aber ohne vorangegangenen Grund-VA (HDU-Verfügung). Deshalb handelt es sich m.E. hier um das sog. gekürzte Vollstreckungsverfahren, bei uns in § 64 II Nds.SOG geregelt.

Bei diesem gekürzten Vollstreckungsverfahren wird der an sich notwendige Grund-VA sich fiktiv gedacht und müsste dann aber auch rechtmäßig gewesen sein (ergibt sich aus dem Wortlaut "innerhalb ihrer Befugnisse handeln"). Die 4000 € sind dann die Kosten für die Ersatzvornahme nach § 66 I Nds.SOG i.V.m. NVerwKostG (=EGL zum Erlass des Bescheides).
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Christian aus Mainz
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Beitrag von Christian aus Mainz »

andy.jura hat geschrieben:Nicht nur zu 99,99999 % sondern immer nach mittlerweile st. Rspr. des BVerwG. Bedient sich die Behörde der Form eines Bescheides, so liegt stets ein Verwaltungsakt vor, gegen den ör Rechtsweg eröffnet ist (BVerwG 13, 207f; NVwZ 1985, 264; OVG Münster OVGE 30, 138 (139); Kopp/Schenke, § 40 Rn. 7f.).
oder noch präziser: bedient sich die behörde der form eines bescheides, dann kann dieser mit den selben rechtsmitteln angegriffen werden, mit denen auch ein verwaltungsakt angegriffen werden könnte.

hintergrund ist ein effektiver rechtschutz. dabei soll der bürger keine inhaltliche prüfung einer maßnahme auf ihre verwaltungsaktsqualität vornehmen müssen, um die richtige rechtschutzform herauszufinden. er soll sich einfach nach dem äußeren schein richten können.

aber natürlich wird ein nicht-verwaltungsakt nicht dadurch zum verwaltungsakt, dass ihn die behörde mit verwaltungsakt, bescheid oder verfügung überschreibt, auch wenn sich dass bundesverwaltungsgericht da etwas missverständlich ausdrückt.

cam
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