Rücktritt - obj. Zurechnung

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Kadet
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Rücktritt - obj. Zurechnung

Beitrag von Kadet »

Fall: A sticht dem B mit Tötungsvorsatz in den Leib. Danach reut es ihn er holt einen Notarzt. Dieser erkennt, dass er ihn wahrscheinlich nur retten kann, wenn er mit extrem überhöhter Geschwindigkeit ins Krankenhaus fährt. Aufgrund dieser Geschwindigkeit kommt es zum Unfall. B stirbt.

Normalerweise geht der Fall ja immer so, dass der Verkehrsunfall allgemeines Lebensrisiko und daher nicht zurechenbar ist. :D
Ist das hier aber genauso ? Es ist zwar allgemeines Lebensrisiko mit extrem überhöhter Geschwindigkeit zu verunglücken, dieses Risiko entspringt ja aber der vom Täter geschaffenen Notlage....
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Hat sich A dann wegen vollendeten Totschlags (wenn Tod durch Verkehrsunfall - noch dem von ihm geschaffenen Risiko zurechenbar ist)
oder nur eines versuchten Totschlags strafbar gemacht ?

Wenn Versuch, dann wäre da noch der strafbefreiende Rücktritt nach § 24 I S.1 Var. 2 StGB. Wobei ich jetzt schon wieder nicht weiß, ob man darauf § 24 I S.1 Var. 2 oder § 24 I S.2 anwenden muss - denn wenn man Vollendeten Totschlag ablehnt, dann würde die Tat ja ohne Zutun des Täters (durch Verkehrsunfall) beendet .... womit man dann bei § 24 I S.2 landen würde.... ](*,)
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Calmy
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Beitrag von Calmy »

Der Arzt hat sich ja freiwillig entschieden, mit überhöhter Geschwindigkeit zu fahren. ME ist der Tod dem B also nicht zuzurechnen.

Außerdem handelt es sich hier wohl um einen beendeten Versuch, so dass 24 I 1 2. Alt anwendbar ist.
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Lacan
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Beitrag von Lacan »

Wenn der Täter Dritte einschaltet und dieses mit Rettungswillen, soll das für ein "Verhindern" iSd § 24 I 1 (2) genügen. Allerdings konnte die Vollendung hier nicht verhindert werden, B ist tot. Dieses ist ihm auch zurechenbar, weil sich das Risiko seiner Tötungshandlung gerade verwirklicht hat: wäre der Notarzt (N) langsamer gefahren, wäre B auf keinen Fall zu retten gewesen. Man kann den Tod des B also nicht allein auf das von N gesetzte Risiko zurückführen bzw. allein diesem anlasten.
Vernunft – ein anderer Ausdruck für Ahnungslosigkeit in Bezug auf Widersprüche zwischen Zwecken und Mitteln (Luhmann)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hier liegt also gar kein Versuch vor. Die Rücktrittsproblematik stellt sich dann gar nicht.
Lacan
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Beitrag von Lacan »

Ja, so einfach kann man´s auch sagen.
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Calmy
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Beitrag von Calmy »

Ich will ja nicht kleinlich sein, aber man muss hier unterscheiden zwischen "Dieser erkennt, dass er ihn wahrscheinlich nur retten kann, wenn er mit extrem überhöhter Geschwindigkeit ins Krankenhaus fährt." und "Dieser erkennt, dass er ihn nur dann retten kann, wenn er mit extrem überhöhter Geschwindigkeit ins Krankenhaus fährt.".

Will heißen: wenn der Arzt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (was hier nun mal fragwürdig ist) erkennt, dass B sterben würde, wenn er nicht schnellst möglich ins Krankenhaus fährt, dann ist A die Tat zuzurechnen. Geht man von dieser Prämisse nicht aus, so ist der Tod dem Arzt zurechenbar.
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Lacan
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Beitrag von Lacan »

Ja, das Problem ist hier nicht die Zurechenbarkeit des Verhinderns der Tötung (iRd Rücktritts vom Versuch), sondern die Zurechenbarkeit der Tötung; sie ist vollendet.
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Calmy
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Beitrag von Calmy »

Wenn man doch annimmt, dass B "nur" wahrscheinlich gestorben wäre, wenn der Arzt nicht gehandelt hätte, dann halte ich es zumindest für fraglich eine obj. Zurechnung zu bejahen, wenn B durch die Sorgfaltspflichtverletzung des Arztes gestorben ist.
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