Verständnis: Alic und ETBI

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

Moderator: Verwaltung

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Gelöschter Nutzer

Verständnis: Alic und ETBI

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo,

die Voraussetzungen für das Vorliegen der Alic und eines ETBI sind mir klar. Nur die verschiedenen Theorien zum ETBI erscheinen mir nicht eingängig. Bei der Alic unterscheidet man ja grundsätzlich das Tatbestandsmodell (mittelbare Täterschaft), Ausnahmemodell (§ 20 nicht anzuwenden, da Täter rechtsmissbräuchlich handelte; Kritik: Verstoß gegen Art. 103 II GG), Ausdehnungsmodell (extensive Auslegung von "Begehung der Tat" in § 20, da weiter auszulegen als "Tat" in § 22; Kritik: Ausdehnung über die Wortlautgrenze hinaus), Unvereinbarkeitsmodell (es ist nur nach § 323a zu bestrafen; Kritik: unbillige Ergebnisse gerade bei Morddelikten).
Beim ETBI sind mir die Vorsatztheorie (Unrechtsbewußtsein als Teil des Vorsatzes; Kritik: ?), strenge Schuldtheorie (?), eingeschränkte Schuldtheorie (?), Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen (?), rechtsfolgenverweisende Schuldtheorie (?) bekannt. Habt ihr vielleicht nen guten Aufsatz parat oder könntet mir kurz die Theorien verständlich nahe bringen, weil ich das irgendwie nicht auf den Schirm kriege :-x .


Gruß

law & order


P.S. Und bitte sagt mir, dass ich nicht der Einzige bin, dem das so geht, hoffentlich bald ging :D !
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Die sog. Actio libera in causa hat mit dem sog. Erlaubnistatbestandsirrtum zunächst einmal nichts zu tun. Es handelt sich um zwei voneinander unabhängige Phänomene: Der sog. Erlaubnistatbestandsirrtum ist einer von mehreren möglichen Irrtümern, während die sog. Actio libera causa ein Schlagwort für eine in der Literatur vertretene "Theorie" im Zusammenhang mit der Schuldfähigkeit des Täters ist. Es ist daher nicht besonders glücklich, beide hier in einem Thread zusammen abzuhandeln.

Der Erlaubnistatbestandsirrtum

a) sog. Vorsatztheorie:
aa) sog. "strenge" Vorsatztheorie:
Unrechtsbewusstsein sei Merkmal des Vorsatzes.
Kritik: Die Regelung über den Verbotsirrtum (§ 17 S. 1 StGB) liefe leer, "Rechtsfeindliche Täter" könnten nicht wegen Vorsatzstraftaten bestraft werden.
bb) Modifizierte Vorsatztheorie (Otto):
Der Vorsatz umfasse Kenntnis der sog. Sozialschädlichkeit: Kritik: Begriff der "Sozialschädlichkeit" ist dem Strafrecht unbekannt und im übrigen unbestimmt.
cc) Modifizierte Vorsatztheorie (Fox Mulder):
Vorsatz liegt nur vor, wenn der Täter die tatsächlichen Voraussetzungen, welche die Rechtswidrigkeit begründen, kennt.
Kritik: Gibt es nicht, da auf diese Idee außer mir noch niemand gekommen ist.

b) sog. Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen:
Nach dieser Lehre sind Rechtfertigungsgründe Teile des Tatbestands (Lehre vom Gesamtunrechtstatbestand). Da das Fehlen von Rechtfertigungsgründen Vorraussetzung für die Rechtswidrigkeit ist, kann man dieses Erfordernis als "negatives Tatbestandsmerkmal" bezeichnen (Da diese Bezeichnung nicht besonders geschickt gewählt ist, konnte sich diese einmal sehr verbreitete Lehre nur noch vereinzelt halten). Hier wird § 16 I S. 1 StGB direkt angewendet.
c) sog. Eingeschränkte Schuldtheorie:
Wendet § 16 S. 1 StGB analog mit der Begründung an, dass Tatbestandsirrtum und Erlaubnistatbestandsirrtum einander ähnlich seien und der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung des Erlaubnistatbestandsirrtums planwidrig nicht getroffen habe.
d) sog. Rechtsfolgenverweisende Schuldtheorie:
Im Ergebnis ähnlich wie die eingeschränkte Schuldtheorie, allerdings mit dem Unterschied, dass § 16 S. 1 StGB "nur in seinen Rechtsfolgen analog angewendet werden soll", mit der Folge" dass der Vorsatz auf Tatbestandsebene erhalten bleiben solle, jedoch auf Schuldebene der "Schuldvorsatz" entfallen solle". Dies führt dann dazu, dass eine vorsätzliche, rechtswidrige Tat vorliege, was eine Bestrafung wegen Teilnahme (Anstiftung, Beihilfe) möglich macht.
Kritik: Methodisch widersprüchlich, der Vorsatz kann nur entweder vorliegen oder nicht vorliegen, ein Drittes ist logisch ausgeschlossen. Der Begriff des "Schuldvorsatzes" ist gesetzeswidrig, frei erfunden und im übrigen unverständlich.
e) Strenge Schuldtheorie:
Kennt im Grunde genommen keinen "Erlaubnistatbestandsirrtum" und behandelt den sog. Erlaubnistatbestandsirrtum wie einen Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB.

Die Actio Libera in Causa kann ja dann einmal ein anderer vorstellen, ich muss jetzt weg. Ciao
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