Nachbarklage - Klagebefugnis - Rückgriff auf Grundrechte

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

Moderator: Verwaltung

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veltina
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Nachbarklage - Klagebefugnis - Rückgriff auf Grundrechte

Beitrag von veltina »

Fall:

A klagt gegen BImSchG-Genehmigung des B, das Problem ist die Klagebefugnis.
Er ist nicht Nachbar iSd § 5 BImSchG, was eine schöne nachbarschützende Norm wäre. Greife ich jetzt tatsächlich auf Grundrechte zurück, um dort vielleicht noch eine Klagebefugnis herzuzaubern, oder sage ich nicht vielmehr "Anwendungsvorrang des einfachen Rechts, und wenn dieses ihn nicht für schutzwürdig hält, war's das"?

Vielen Dank für eure Hilfe...
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schlafkatze
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Beitrag von schlafkatze »

aus einfachem Recht ergibt sich gar nicht? wieso ist er denn nicht "nachbar"? beschreib mal näher, vielleicht fällt mir dann was ein!
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veltina
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Beitrag von veltina »

Okay.

B baut mit Genehmigung eine emittierende Anlage, die die TA-Luft-Grenzwerte überschreiten und dadurch den umliegenden Wald schädigen wird. A geht sehr gern in diesem Wald spazieren und findet es daher nicht so toll, klagt also gegen die Genehmigung an B.

Klagebefugnis: "Nachbar" iSd § 5 I 1 Nr. 1 BImSchG ist er nicht, mangels engen räumlichen/persönlichen Bezugs. Einfachrechtlich bleibt dann nichts mehr übrig. Gehe ich jetzt auf Grundrechte, speziell natürlich den allseits beliebten 2 I GG? Wenn ja, dann frag ich mich gerade doch, warum überhaupt den ganzen Bauchaufschwung mit der Schutznormtheorie, dann stell ich doch halt wieder bei jedem einfach auf die Grundrechte ab... Hab nur heute eine (Rep-)Probeklausur dagehabt, wo das so gelöst wurde. Fünf Klagen, davon zwei echte Nachbarn, wo dementsprechend mit der Prüfung bei 5 BImSchG Schluss war, und drei Pseudo-Nachbarn (darunter einen Konkurrenten des B), wo dann ausführlich noch Grundrechte geprüft wurden.
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schlafkatze
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Beitrag von schlafkatze »

ganz ehrlich : würd ich nicht so machen. aus dem von dir beschriebenen grund. wozu sonst, du hast ganz recht, den aufschwung mit "einem qualifizierten und individualisierten ..." ... außerdem hieße das ja letztlich, aus den grundrechten einen anspruch gegen den staat auf schutz vor der emittierenden anlage herlieten zu können. das scheint mir etwas .... weit hergeholt. aber näher kann ich dir das jetzt auch nicht begründne. für so was gibt's doch kritschgau. wo steckt der eigentlich ?!?!
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veltina
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Beitrag von veltina »

Stimmt, länger nicht mehr gesehen. Urlaub? Wie lief's heute bei dir? Zwei Freunde von mir waren ganz zufrieden, dem Vernehmen nach. Drücke weiterhin die Daumen ;)
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Beitrag von schlafkatze »

ja. es war eigentlich ein schöner klassiker, wenn auch nicht ganz. und ein paar gemeine fallen noch eingebaut, so kein 344 trotz vu und so. aber tausend mal besser als gestern und ich bin ja um jedes urteil so glücklich. bin nämlich kein fan von anwaltsschriftsätzen ....
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Beitrag von Kritschgau »

veltina hat geschrieben:Stimmt, länger nicht mehr gesehen. Urlaub?
War in Breslau auf ner Tagung...

Zu deinem Problem. Aus Grundrechten die Klagebefugnis her zu holen ist ein bisschen arg hochgegeriffen aus den genannten Gründen. Zumal das Problem des Immissionsschutzes umfassend einfachrechtlich geregelt ist. Eine Schutzpflichtenproblematik ist zwar denkbar, aber in dem gestellten Fall liegt wohl kein solcher Fall vor (wäre dann so zu konstruieren wie die Mobilfunkfälle vor dem BVerfG).
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Beitrag von veltina »

Ah, die Kavallerie ist da! :D Danke. Hatte schon Angst, kurz vorm Examen wendet sich mein geliebtes ÖR ganz gegen mich.

Ich würd mich gern an die Faustregel halten, wenn es im einfachen Recht drittschützende Normen gibt, die aber nicht greifen, kein Rückgriff auf Grundrechte (ähnlich wie im Polizeirecht kein Rückgriff auf die Generalklausel, wenn mir dieser dogmatisch zweifelhafte Vergleich gestattet sei). Ausnahme: Schwerwiegende offensichtliche Grundrechtsbeeinträchtigungen, an die bei Gesetzesverfassung nicht gedacht war (wobei ja dann wohl schon das Gesetz so weit auszulegen wäre, dass die Betroffenen halt doch Nachbarn sind). Meint ihr, das kann man so bringen?
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Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ist es nicht sogar so, dass die Rspr. den Rückgriff auf GR direkt auch bei Fällen einer "schlechthin unerträglichen" Folge ausdrücklich aufgegeben hat, weil der einfachgesetzliche Schutz durch BauGB, -NVO, BImSchG, StrWG nun abschließend und umfassend sein soll??
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Beitrag von Gelöschter Nutzer »

grundrechte klagebefugjnis für nachbar is nich wg nassauskiesungsentscheidung

ausnahme evtl: schwere und unerträgliche beeinträchtigung
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Beitrag von veltina »

Nur bei Art. 14 GG, und so richtig unstreitig ist das auch nicht. "Meine" Pseudo-Nachbarn haben sich aber auf 2 II, 2 I, 12 und weiß der Teufel was berufen.
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Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Jurafix hat geschrieben:grundrechte klagebefugjnis für nachbar is nich wg nassauskiesungsentscheidung

ausnahme evtl: schwere und unerträgliche beeinträchtigung
das meinte ich......seitdem auch bei schwerer und unerträglicher Folge keine direkte Berufung auf GR mehr....und schon gar nicht 2I !!!
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