Zurechnung - nicht angeschnalltes Unfallopfer

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

Moderator: Verwaltung

Antworten
Gelöschter Nutzer

Zurechnung - nicht angeschnalltes Unfallopfer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo,

sagt mal, entfällt die Zurechnung bei einer Fahrlässigen Körperverletzung komplett, wenn das Unfallopfer nicht angeschnallt war und auch nur aufgrund dessen Verletzungen erlitt?
Im Zivilrecht heißt es immer, dass das Opfer dann eine Mitschuld trifft, aber muss sich im Strafrecht der Täter den Erfolg auch zurechnen lassen?

LG
Benutzeravatar
schlemil
Super Power User
Super Power User
Beiträge: 1183
Registriert: Dienstag 10. Januar 2006, 15:42

Beitrag von schlemil »

auf den ersten Blick würde ich sagen, dass der, wer durch sein Fehlverhalten den Unfall verursacht insoweit überlegens Sachwissen auch gegenüber dem unangeschnallten Opfer besitzt und daher insoweit auch auch strafrechtlich die Verantwortung trägt.
Das Nichtanschnallen kann schwer monokausal für den Unfall sein.
INsofern kommt es darauf grundsätzlich eher nicht an und liegt die Selbstgefährdung schon allein im Mitfahren.
:--
Benutzeravatar
Elandee
Super Power User
Super Power User
Beiträge: 967
Registriert: Samstag 19. November 2005, 01:35
Ausbildungslevel: RRef

Beitrag von Elandee »

Vielleicht ließe sich eine Parallele ziehen zu den Fällen, in denen beim Opfer verdeckte außergewöhnliche Dispositionen vorliegen, die den Schaden verschlimmern bzw überhaupt erst ermöglichen: z.B. Raubopfer stirbt schon durch die Bedrohung am Herzstillstand, weil durch einen Herzfehler eine Überempfindlichkeit bestand. Meines Wissens trägt auch bei solchen atypischen Kausalverläufen grds der Täter das Risiko, es sei denn, es handelt sich um ein völlig außerhalb jeder Vorhersehbarkeit liegendes Ereignis (Bluter veblutet infolge Anrempelns).

Beim Anschnall-Beispiel käme zu Lasten des Opfers dazu, dass es sich beim Nicht-Anschnallen um eine willkürliche Risikoerhöhung handelt. Andererseits gilt im Straßenverkehr das Gebot der Rücksichtnahme (irgendwo im StVG festgemacht, glaube ich), welches u.a. beinhaltet, dass jeder Verehrsteilnehmer bei seiner Sorgfalt im Straßenverkehr auch leichte Regelübertretungen der anderen einzukalkulieren hat (sich jedenfalls insbesondere in kritischen Situationen nicht uneingeschränkt darauf verlassen kann, dass sich alle anderen genau regelkonform verhalten). Daher wäre im Ergebnis die Zurechenbarkeit mE genauso zu behandeln wie bei den verdeckten außergewöhnlichen Dispositionen oben (grds Zurechenbarkeit (+), es sei denn völlig atypischer Kausalverlauf).
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Und wie sieht es mit einer Einwilligung des Opfers aus???
Bei Fahrlässigkeitsdelikten soll das ja generell auch möglich sein.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

sternwicht hat geschrieben:Und wie sieht es mit einer Einwilligung des Opfers aus???
Bei Fahrlässigkeitsdelikten soll das ja generell auch möglich sein.
Möglich ja, aber in unserem Fall wohl eher nicht anzunehmen.
Der nicht angeschnallte Verkehrsteilnehmer mag sich zwar grundsätzlich bewusst sein, dass es zu Körperverletzungen kommen kann, wird aber eher darauf vertrauen, dass es nicht dazu kommt bzw. nicht damit rechnen. Anders als z.B. der Fußballspieler, der evtl. in eine KV einwilligt, wenn er auf den Platz geht.

H.
Antworten