Europarecht: estoppel
Moderator: Verwaltung
Europarecht: estoppel
Mir ist klar, was estoppel bedeutet: Rechtsverwirkung usw. Aber woher kommt dieses komische Wort, was ist das für eine Sprache (oder Name)?
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Die Lehre kommt aus dem Amerikanischen und heißt vollständig "promissory estoppel" (Stoll: "Vertrauenshaftung kraft einseitigen Leistungsversprechens"). Köndgen (Selbstbindung ohne Vertrag, S. 82 ff.) hat sie mit der culpa in contrahendo-Lehre verglichen.
Vernunft – ein anderer Ausdruck für Ahnungslosigkeit in Bezug auf Widersprüche zwischen Zwecken und Mitteln (Luhmann)
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Im Gemeinschaftsrecht bedeutet "estoppel", "daß die unmittelbare Wirkung auf das Rechtsprinzip der Verwirkung gestützt wird: Der durch die Richtlinie verpflichtete Staat könne dem einzelnen nicht entgegenhalten, daß ein der Richtlinie entsprechender Rechtszustand nicht bestehe, denn er würde sich damit auf die Verletzung seiner gemeinschaftsrechtlichen Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie berufen (estoppel-Prinzip; nemo auditur turpitudinem suam allegans)" (Götz NJW 1992, 1849, 1855).
Man bringt den Begriff auch in Verbindung mit dem Rechtssatz "venire contra factum proprium", dass nämlich "Richtlinien zum Zwecke einer fortschreitenden Integration in der Gemeinschaft auch und gerade dann innerstaatliche Rechtswirkungen entfalten müssen, wenn die Mitgliedstaaten ihrer Umsetzungspflicht nicht (ordnungsgemäß) nachkommen" (Jarass NJW 1990, 2420, 2422).
Man bringt den Begriff auch in Verbindung mit dem Rechtssatz "venire contra factum proprium", dass nämlich "Richtlinien zum Zwecke einer fortschreitenden Integration in der Gemeinschaft auch und gerade dann innerstaatliche Rechtswirkungen entfalten müssen, wenn die Mitgliedstaaten ihrer Umsetzungspflicht nicht (ordnungsgemäß) nachkommen" (Jarass NJW 1990, 2420, 2422).
Vernunft – ein anderer Ausdruck für Ahnungslosigkeit in Bezug auf Widersprüche zwischen Zwecken und Mitteln (Luhmann)
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Es gibt einen richtig guten Aufsatz von Royla und Lackhoff zum Thema (DVBl 1998, 1116-1121). Der EuGH stützt die Anerkennung der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien auf das "estoppel"- und das "effet utile"-Prinzip. Die Problematik der Grenzen der unmittelbaren Wirkung (vor allem der horizontalen Wirkung) lässt sich damit aber nicht lösen. Royla/Lackhoff zeigen, dass der Schlüssel dafür das Gesetzmäßigkeitsprinzip ist (Vorbehalt des Gesetzes), das der EuGH als allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts anerkannt hat. Sehr lesenswert.
Vernunft – ein anderer Ausdruck für Ahnungslosigkeit in Bezug auf Widersprüche zwischen Zwecken und Mitteln (Luhmann)
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