Promotion oder Proberichter

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

Gelöschter Nutzer

Promotion oder Proberichter

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Guten Morgen. :)

Ich habe vor knapp zwei Wochen das 2. Examen gemacht und stehe jetzt vor der Entscheidung, mich entweder sofort für eine Proberichterstelle zu bewerben oder erst zu promovieren.

Sicher kann mir diese Entscheidung keiner abnehmen, aber ich wollte einfach mal ein paar Erfahrungen, Meinungen, Ideen sammeln.

Grundsätzlich würde ich sehr gerne promovieren. Man wird allerdings auch nicht jünger ;-).

Ich bin bislang immer davon ausgegangen, dass eine berufsbegleitende Promotion ausgeschlossen ist, habe jetzt aber schon ein paar mal gehört, dass das zumindest nach den ersten Monaten doch möglich sein kann. Ich halte es allerdings für unwahrscheinlich, sich dann nach dem Berufseinstieg noch mal daran zu begeben, oder?

Was spräche dafür, sich sofort auf ne Richter stelle zu bewerben? Im Moment scheint ja vermehrt eingestellt zu werden. Man weiß ja nicht, ob das in 1-2 Jahren auch noch so aussieht.

Wäre für ein paar Tipps, Ideen, ... dankbar :-)
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non-liquet
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Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von non-liquet »

Lucy hat geschrieben:Ich bin bislang immer davon ausgegangen, dass eine berufsbegleitende Promotion ausgeschlossen ist, habe jetzt aber schon ein paar mal gehört, dass das zumindest nach den ersten Monaten doch möglich sein kann. Ich halte es allerdings für unwahrscheinlich, sich dann nach dem Berufseinstieg noch mal daran zu begeben, oder?
Das sehe ich auch so.

Bei mir war es so, dass ich zu Beginn des Referendariats die Arbeit abgegeben hatte, danach hat sich dann die Erstellung der Gutachten so lange hingezogen haben, dass ich zum Zeitpunkt des Rigorosums bereits als Richter eingestellt war. Das hieß, dass dann die ganzen Vorarbeiten für die Veröffentlichung (Verlagssuche, Druckfahnen korrigieren etc.) neben dem Berufseinstieg laufen mussten. Das kriegt man hin, aber wirklich spaßig ist es nicht.

Aus der Erfahrung würde ich davon abraten, neben dem Beginn der Arbeit als Richter oder StA die Promotion aufzunehmen. Wenn Du wegen dieser Angelegenheit mit einer halben Stelle liebäugelst, solltest Du daran denken, dass am Anfang daraus auch gerne mal der Aufwand für eine ganze Stelle wird.
Was spräche dafür, sich sofort auf ne Richter stelle zu bewerben?
Du bringst Deine PS auf die Straße, wie es so schön heißt, Du verdienst Geld, lernst neue Leute kennen.
Im Moment scheint ja vermehrt eingestellt zu werden. Man weiß ja nicht, ob das in 1-2 Jahren auch noch so aussieht.
Das richtet sich natürlich nach Fachgebiet, Bundesland usw., aber so weit in die Zukunft hinein weiß man heute so oder so nicht, was dann sein wird.
jan
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Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von jan »

Promotion neben der Proberichtertätigkeit halte ich für nicht nur wenig sinnvoll, sondern auch nur schwer machbar. Entweder du vernachlässgist deinen Tagesjob oder dein Leben verdient den Namen nicht mehr. Du solltest davon ausgehen, dass Du als Proberichter mind. eine 40-50 Stunde Woche hast: Wann willst Du dich um die Doktorarbeit kümmern?

Ob Du den Doktortitel unbedingst brauchst, kannst nur Du alleine entscheiden. Auf das Alter würde ich nur bedingt achten, da Du dein ganzes Leben noch arbeiten gehen werden musst. Was machen da schon 1-3 Jahre mehr oder weniger Arbeitsleben aus.
Gelöschter Nutzer

Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Danke schon mal für die Antworten.

Ist der Dr.-Titel denn möglicherweise für "Beförderungsentscheidungen" o.ä. hilfreich?

Ich hab halt irgendwie Sorge, die im Moment ja wohl bestehende erhöhte Einstellungschance zu verpassen.
Meine Examensnoten waren zwar jetzt ganz gut (12 P. im Ersten, 9,57 P. im Zweiten), aber ich würde mich totärgern, wenn ich in 1-2 Jahren in die Röhre gucke, weil nicht mehr viel eingestellt wird.

Schwiiiiieeeeerig... ;-)
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jurabilis
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Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von jurabilis »

Man hört immer wieder, der Doktor spiele bei der Beförderung keine Rolle.
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Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von Flanke »

Beispiele für Karriererichter ohne ("richtige") Promotion:

http://www.bverfg.de/richter/schluckebier.html (Verwaister Link automatisch entfernt)
http://www.bverfg.de/richter/mellinghoff.html (Verwaister Link automatisch entfernt)
http://www.bverfg.de/richter/landau.html (Verwaister Link automatisch entfernt)

Alle von der CDU benannt. Merke: Fehlender Titel kann durch Parteibuch (bzw. zumindest Parteinähe) ersetzt werden, wenn es die richtige Partei ist.
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jurabilis
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Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von jurabilis »

Das wird aber wohl erst später relevant.
gez. ...j! {Treffpunkt-Captain}

Ortsbekannte Klugscheißer werden gebeten, diesen Post zu ignorieren.
Flanke
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Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von Flanke »

Absolut. Darum hat der (pragmatisch völlig zutreffend) auch seinen Titel erst spät erworben:

http://www.bverfg.de/richter/gaier.html (Verwaister Link automatisch entfernt)
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Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von non-liquet »

Lucy hat geschrieben:Ist der Dr.-Titel denn möglicherweise für "Beförderungsentscheidungen" o.ä. hilfreich?
Nein, genauso wenig wie Examensnoten.

Da geht es dann - überspitzt gesagt - darum, wie daß man möglichst viele Fälle weghaut.
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Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von Gizmo »

Ein Doktortitel ist im Staatsdienst nicht unbedingt erforderlich, ob sicherlich nicht schädlich. Wer also Spaß an der Promotion hat, sollte diese zunächst ruhig angehen.

Hinsichtlich der Stellensituation halte ich dies auch nicht für verkehrt. In den nächsten Jahren steht eine Pensionierungswelle an, so dass nicht damit zu rechnen ist, dass es erneut zu einem Einstellungsstop kommt (wie z.B. in Niedersachsen im 2. HJ 2009).

Ein weiterer Aspekt, den man sich überlegen sollte, ist der finanzielle. Wenn man für eine Promotion nur 1,5 J ansetzt und sich dabei mit einer halben wissenschaftlichen Mitarbeiterstelle über Wasser hält, gehen einem im Vergleich zum Richtergehalt sicherlich zwischen 15.000,- und 20.000,- EUR durch die Lappen. Ein stattliches Sümmchen für eine Promotion.
Eine Promotion neben dem Richterdienst (Vollzeit) halte ich für ausgeschlossen.
jan
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Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von jan »

non-liquet hat geschrieben:
Lucy hat geschrieben:Ist der Dr.-Titel denn möglicherweise für "Beförderungsentscheidungen" o.ä. hilfreich?
Nein, genauso wenig wie Examensnoten.

Da geht es dann - überspitzt gesagt - darum, wie daß man möglichst viele Fälle weghaut.
Hmm, da habe ich irgendwie meine Zweifel. Woher stammt diese Erkenntnis/Erfahrung?
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non-liquet
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Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von non-liquet »

jan hat geschrieben:
non-liquet hat geschrieben:
Lucy hat geschrieben:Ist der Dr.-Titel denn möglicherweise für "Beförderungsentscheidungen" o.ä. hilfreich?
Nein, genauso wenig wie Examensnoten.

Da geht es dann - überspitzt gesagt - darum, wie daß man möglichst viele Fälle weghaut.
Hmm, da habe ich irgendwie meine Zweifel. Woher stammt diese Erkenntnis/Erfahrung?
Aus der Praxis. :D

Um den Hintergrund zu verdeutlichen: Es bereitet gewisse Probleme, die berufliche Leistung eines Richters zu beurteilen. An den Entscheidungsinhalt, die Verhandlungsführung oder die Art und Weise Fallbearbeitung kommt man abgesehen von ganz groben Schnitzern nicht einmal bei Proberichtern ran (sachliche Unabhängigkeit; wie es bei Staatsanwälten ist, weiß ich nicht), andererseits sind "weiche" Kriterien wie Sozialverhalten usw. zwar wichtig, aber auch nicht der einzige Gesichtspunkt. Deshalb greift man eben auf die Erledigungsstatistik zurück. Nackte Zahlen erscheinen objektiv und dann gilt eben die Tendenz: je mehr, je besser.

Damit es auch noch der letzte merkt: Ich sagte oben ja "überspitzt". Wenn es um Bewerbungen auf "Beförderungsstellen" und erst recht um Funktionsposten (Aufsichtsrichter, Direktor, Präsident) geht, dann gibt es da auch noch andere Gesichtspunkte: Bewährung in einer Erprobungsabordnung (OLG, GenStA, LAG, LSG, VGH; das berühmte "dritte Staatsexamen") oder absolvierte Sonderverwendungen (Ministerium, BGH, BVerfG oder so), Mitwirkung in der Juristenausbildung als Prüfer oder AG-Leiter oder ähnliches. All das bringt aber nichts, wenn das Dezernat absäuft.
Gelöschter Nutzer

Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo.

Vielen Dank für die Antworten! Die haben geholfen.

Viele Grüße und bis bald :drinking:
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Muirne
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Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von Muirne »

Ich schlage mich gerade mit demselben Problem rum...
Die Einstellungswelle wird wohl bald rum sein, aber eine Promotion würde ich gerne machen. Ich weiß schon, dass es keine ideale Situation ist, aber haltet ihr es für möglich, sich während der Zeit nach dem Mündlichen (wenn man sich vorher bereits Thema und DV gesucht hat - das würde ich spätestens nach den schriftlichen anpeilen) intensiv einige Monate (5-6) in die Promotion reinzuhängen (ggfs. neben halber Stelle) und den Rest dann nebenberuflich zu machen?
Ich möchte keine Schmalspurpromotion abliefern, aber es muss ja auch kein episches 600 Seiten Werk werden. Also ich möchte schon was ordentliches machen, bin aber immer schon jemand gewesen, der Sachen lieber in kurzer Zeit intensiv geschrieben hat (auch den LL.M.), sodass ich mir vorstellen kann, dass es machbar ist, wenn man einen guten Teil fertig hat - was meint ihr?
»Natürlich ist das herablassend. Torquemada ist mir gegenüber herablassend, ich bin esprit gegenüber herablassend. So ist die Nahrungskette in diesem Forum nunmal.« - Swann
sai
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Re: Promotion oder Proberichter

Beitrag von sai »

jan hat geschrieben:
non-liquet hat geschrieben:
Lucy hat geschrieben:Ist der Dr.-Titel denn möglicherweise für "Beförderungsentscheidungen" o.ä. hilfreich?
Nein, genauso wenig wie Examensnoten.

Da geht es dann - überspitzt gesagt - darum, wie daß man möglichst viele Fälle weghaut.
Hmm, da habe ich irgendwie meine Zweifel. Woher stammt diese Erkenntnis/Erfahrung?
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