Bewerbungsgespräch Richter auf Probe

[Gelöschter Nutzer]

Hallo,

ich habe in ca. einer Woche ein Vorstellungsgespräch im OLG Bezirk Oldenburg. Diesbezüglich würde ich gerne wissen, was in den oft beschriebenen Fallbeispielen, die im Rahmen des Gesprächs diskutiert werden, so alles gefragt wird.

Ein paar kurze Beschreibungen von möglischen Szenarien wären da hilfreich...z. B. ob es da eher um Verhandlungsorganisation geht (etwa Zeugenladungen auf einem gemeinsamen Zeitpunkt oder zeitversetzt) oder ob konkrete Situationen, die sich im Gerichtssaal ergeben können, erörtert werden. Vielleicht spielen da ja auch juristische Problemlösungsansätze eine Rolle...

Es wäre schön, wenn jemand mir hierzu Auskunft geben könnte. Am besen jemand, der selbst bereits ein Bewerbungsgespräch bei der Justiz durchlaufen hat und von seinen Erfahrungen berichten kann.

Vielen Dank im Voraus!

Dennis

PS: Ich habe diese Nachricht bereits auf Seite 2 eines bereits existierenden Threads gepostet, aber bisher keine Antwort erhalten. Evtl. blättern aber die wenigsten auf Seite 2 weiter...der Anfangsbeitrag wurde bereits vor über einem Jahr verfasst...

[batman]

Vielleicht interessiert Dich dieser Thread: http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php?f=60&t=37433

[Gelöschter Nutzer]

Danke batman,

den Eintrag hatte ich schon gesehen. Ich hoffe aber immer noch auf ein paar aktuelle Beschreibungen von Gesprächen.

Dennis

[Gelöschter Nutzer]

Hallo Dennis,

bei meinem AC (NRW) wurde damals - neben den üblichen Fragen, ob man weiß wie viel man arbeiten und verdienen wird etc. - vor allem abgefragt, wie man sich in verschiedenen Situationen verhalten würde.
Über Jura haben wir kaum ein Wort verloren, es ging mehr um Flexibilität, Kreativität und Spontaneität.
Man scheint davon auszugehen, dass die eingeladenen Kandidaten durch ihre Examina bereits unter Beweis gestellt haben, dass sie halbwegs brauchbare Juristen sind, so dass man jetzt "nur" noch die sozialen Fähigkeiten abklopft.
Unabhängig von der Frage, ob so ein Assessmentcenter wirklich dazu geeignet ist, eine solche Auswahl zu treffen - Hier ein paar "Fälle", die mir bzw. anderen Kollegen gestellt worden sind:

- Anwalt kommt in Lederkluft in den Sitzungssaal, fängt auf einmal an sich umzuziehen. Wie reagierst du als Richter/in?
- Ein wichtiger geladener Zeuge will sich partout nicht auf die Eingangsdurchsuchung einlassen, wie verhältst du dich?
- Im Beurteilungsgespräch will der Präsident dich aushorchen, wer von euch Kammermitgliedern in einem bestimmten Fall wie genau abgestimmt hat. Was entgegnest du ihm?
- Du schreibst dein erstes Votum und verarbeitest die neuste Rechtsprechung des BGH. Deine Kammermitglieder wollen aber anders entscheiden, weil sie das schon immer so gemacht haben. Wie argumentierst du?

Es ging also hauptsächlich darum zu zeigen, dass man einen halbwegs gesunden Menschenverstand besitzt und sich auch auf ungwöhnliche Situationen einstellen bzw. seinen Standpunkt verteidigen kann.

Ich wünsche dir alles Gute für dein Vorstellungsgespräch!

Viele Grüße
Laura

[T0bi]

Interessant. Alle skizzierten Fragen setzen eben schon juristische (Basis-)Kenntnisse voraus (§ 176 GVG, § 51 StPO/§ 380 ZPO, Art. 97 GG/§ 43 DRiG, Bindungswirkung etc.). Dass es nur um soziale Fähigkeiten geht, kann man draus also doch gerade nicht ableiten. Es ist wohl eine vernünftige, begründbare Reaktion unter besonderer Berücksichtigung des jeweiligen Rechtsrahmens gefordert.

Im Übrigen sind das m.E. ganz gemeine, aber für ein AC leider typische Fragen, bei denen man nämlich nichts richtig, aber alles falsch machen kann. Wenn man das allerdings weiß und ein bisschen trainiert hat, kann man sich um üble Fallen ganz gut herumwinden.

[Gelöschter Nutzer]

Vielen Dank für Eure Beiträge, Laura und Tobi.

Ich hatte bereits Mitte letzter Woche den Termin in Oldenburg, daher kamen für mich die Tipps etwas spät .

Mein Vorstellungsgespräch lief aber sehr erfolgreich ab, so dass ich demnächst als Richter auf Probe in der niedersächsischen Justiz eingestellt werde.

Die Präsentationen von breitangelegter juristischer Fachkenntnis war für das Gespräch tatsächlich nicht von großer Bedeutung, es ging eher um die sogenannten "soft skills", also soziales Verständnis, Fähigkeit zum Ausgleich und zum Kompromiss (Stichwort Vergleichsmöglichkeit im Zivilrecht) etc.

Lustigerweise kam ein Fall dran, der bereits hier im Forum in ähnlicher Form zwar geschildert, aber nicht diskutiert wurde (bzgl. Bewerbungsgespräch beim OLG Celle). Nachbarschaftsstreit wegen Errichtung eines hohen Zauns an der Grundstückgrenze. Das Problem lag aber eher im Kinderlärm, durch den sich die Nachbarn stark gestört fühlten...hier war Mediationsgeschick gefragt...

[T0bi]

Mein Vorstellungsgespräch lief aber sehr erfolgreich ab, so dass ich demnächst als Richter auf Probe in der niedersächsischen Justiz eingestellt werde.

Dann herzlichen Glückwunsch!

Ja, bei solchen Fallschilderungen im Bereich Mediation hat man das ja öfter (wie im wahren Leben auch). Es gilt erstmal herauszufinden, wo der Hund eigentlich begraben ist. Wenn man merkt, dass es nicht um den Knallerbsenstrauch oder den Zaun geht, sondern eigentlich um andere Geschichten, hat man dann bereits gewonnen.