chris0 hat geschrieben:im 1. Semester hat man doch im Zweifel noch nie eine Kanzlei von innen gesehen, Gerichtsverfahren kennt man aus Filmen oder vielleicht war man mal mit der Schulklasse da...
Was dir in 6 bis 8 Jahren tatsächlich gefällt wird sich noch zeigen. Klar gibt es Juristen, die wollen von Beginn an Richter werden und es bleibt auch bei diesem Wunsch. Viele wollen nach den Stationen im Ref aber dann doch genau das nicht mehr und machen was anderes. Vielleicht versteht es ein Anwalt bei deinem ersten Praktikum noch dein Interesse für die Anwaltschaft zu wecken, wer kann das jetzt schon sagen. Du hast einen Marathon zu laufen, sprinte nicht gleich mit deiner Maximalgeschwindigkeit los.
Mittlerweile geht es mir zB. gar nicht mehr so sehr um den Beruf, der nach dem Studium kommt. Es gibt so viele Bereiche, in denen man als Jurist arbeiten kann, und ja auch immer noch die Möglichkeit, in seinem Leben zu wechseln und nicht Jahrzehnte in eben nur einem Beruf an einem Standort zu bleiben. Ich denke, da werden sich sicherlich später Berufe finden lassen, die mir gefallen und mit denen ich glücklich wäre.
Mir geht es vielmehr um die Zweifel bzgl. meiner Leistung. Ich bin am Studium an sich wirklich interessiert, dann surfe ich auf einer Seite wo die StEx-Statistik aufgeführt ist und denke 'sei doch nicht so blöd, du hast noch nie zu den 15% der Besten gehört, weder beim Abi noch von der Intelligenz und dem Arbeitswillen - warum solltest du später zu den 15% gehören, die ein vb schaffen'.
Nein, ein vb ist nicht alles - aber zwei befriedigend müssen auch erstmal geschafft werden.
Im Moment bin ich motiviert und würde mich jeden Tag hinsetzen und lernen - mache ich das auch in 4 Jahren noch? Ich habe auf einer Seite der LMU einen Examensplan gesehen, wie und was man in 18 Monaten als Vorbereitung für das Examen machen sollte. Abgesehen davon, dass ich nicht mal 18 Monate hätte denke ich mir einfach, dass ich nicht so ein Arbeitstier bin und mich über ein Jahr jeden morgen hinsetze und 6 Stunden wiederhole + mindestens 80 5-stündige Klausuren schreibe.
Jetzt sage ich "Klar, das schaffst du, wenn du das Ziel vor Augen hast", aber wer weiß, ob mir nicht genau dann Jura einfach nur zum Hals raushängt und ich keine Lust drauf habe. Ich glaube nicht, dass ich mich so quälen kann. So ein Typ Mensch bin ich einfach nicht... Und selbst wenn ich später 100% gebe, wird es wahrscheinlich nicht reichen. Dafür bin ich einfach nicht gut genug.
Die Frage ist halt, warum ich diesen unsicheren Weg gehen soll (Lerndruck, ständige Zweifel, ständig das Gefühl nicht gut genug zu sein, dadurch kein entspanntes Studium und später ggf. doch ein schlechtes Examen und damit keine großen Chancen) wenn es doch auch andere Alternativen gibt. Klar, ein anderes Studium reizt mich bei weitem nicht so, wie das Jurastudium und ich werde mich da die ersten Semester auch etwas durchquälen, aber der Leistungsdruck ist deutlich geringer, die Noten sind nicht so wichtig und die Bachelorarbeit macht mir bei weitem nicht so große Angst wie das Examen. Und im Endeffekt habe ich später einen guten und sicheren Job, der mir Spaß macht. Ich werde sicherlich nicht so viel verdienen wie mit zwei vb im Staatsexamen, aber wenn ich nur zwei ausreichend schaffe, ist der andere Job dagegen ein Traumjob mit viel Geld.
Das sind halt alles so Fragen, die ich mir stelle. Ich kann nicht einfach sagen "Ich studiere mal drauf los und schaue, was kommt". Wenn ich Jura studiere, will ich mir auch sicher sein, dass ich der Typ bin, der jeden Tag lernt und sich aufraffen kann. Und ich weiß nicht, ob ich das kann.
Dazu kommt auch, dass ich zuhause viel Stress und viele Verpflichtungen habe + die Arbeit am Wochenende. Ich finde es leichter, sich voll und ganz aufs Lernen zu konzentrieren wenn man in uninähe wohnt. Dann macht man eben morgens seine Stunden, aber dann hat man nachmittags auf seine Ruhe und Zeit für seine Hobbys. Ich würde morgens Jura machen und wüsste, ich hab nachmittags nur Stress, dann nutzt man seine 'freie Zeit' ggf. lieber für andere Dinge, als für Jura.
"Der Senat antwortet auf Fragen, die der Fall nicht aufwirft, mit Verfassungsgrundsätzen, die das Grundgesetz nicht enthält.“ - Sondervotum Prof. Dr. Lübbe-Wolff