Gerichtsstation AG / LG

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julée
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von julée »

Ara hat geschrieben:Dann schließt sich natürlich die Frage an, wie man einen fähigen RiAG als Ausbilder findet. In meinem Umfeld hab ich von Personen die am AG in der Zivilstation waren leider Feedback nur dahingehend bekommen, welche Amtsrichter man meiden sollte...
Gibt es bei Euch beim Personalrat der Referendare nicht auch Erfahrungsberichte? Ich würde mich da einfach mal durch die Erfahrungsberichte zum örtlich am günstigten gelegenen AG durchblättern und den Geschäftsverteilungsplan checken, ob es den Richter noch gibt.

edit: typo
Zuletzt geändert von julée am Montag 4. April 2016, 12:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von julée »

Kasimir hat geschrieben:Ich schliesse mich Tibor an. Junger RiAG. Was soll dir die KfH bringen. Die Verfahren dort sind in der Regel so umfangreich, dass du in den wenigen Monaten nur einen kleinen Ausschnitt mitbekommen wirst und im Zweifel auch nicht viel verstehst, z.B. in Spruchverfahren oder Beschlussmängelklagen. Die Akten sind oft tausende von Seiten dick und es wird dir keinen Spaß machen, das durchzulesen und auch nichts bringen. Für den Lebenslauf bringt dir eine Station bei der KfH auch nichts. Einer GK ist es völlig egal, wo du deine Station absolviert hast. Mir ist z.B. im Zweifel lieber, wenn ein Referendar das Leben am AG kennengelernt hat und sich in Kenntnis dessen für den Anwaltsberuf entschieden hat. Am AG bekommst du einen viel besseren Einblick in das Berufsbild des Richters.
Wenn man in die Justiz will, sollte man definitiv auch mal eine Station außerhalb irgendwelcher fancy Spezialkammern /-abteilungen verbracht haben. Aber ob einem die richterliche Perspektive liegt, kann man sicherlich auch an einer KfH herausfinden. Das Problem, dass man Verfahren oft nur ausschnittsweise mitbekommt, hat man ja letztlich immer im Ref.
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Ara
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Ara »

julée hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:Dann schließt sich natürlich die Frage an, wie man einen fähigen RiAG als Ausbilder findet. In meinem Umfeld hab ich von Personen die am AG in der Zivilstation waren leider Feedback nur dahingehend bekommen, welche Amtsrichter man meiden sollte...
Gibt es bei Euch beim Personalrat der Referendare nicht auch Erfahrungsberichte? Ich würde mich da einfach mal durch die Erfahrungsberichte zum örtlich am günstigten gelegenen AG durchblättern und den Geschäftsverteilungsplan checken, ob es den Richter noch gibt.

edit: typo
Jo stimmt das wäre ne Möglichkeit. Da kann ich ja sicher auch schon n paar Tage vor offiziellen Ref-Beginn reinschauen. Da die beliebten Ausbilder hier ja immer schon recht flott ausgelastet sein sollen.

Afaik gibt es hier auch die (ungeschriebene?) Regel, dass man die potentiellen Ausbilder erst dann kontaktieren darf/soll, wenn das Ref begonnen hat wegen Chancengleichheit. Also nicht schon vor Refbeginn.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von julée »

Ara hat geschrieben:Afaik gibt es hier auch die (ungeschriebene?) Regel, dass man die potentiellen Ausbilder erst dann kontaktieren darf/soll, wenn das Ref begonnen hat wegen Chancengleichheit. Also nicht schon vor Refbeginn.
Fair hin oder her ("verhindern" kann das ja letztlich nur der Ausbilder, indem er Dir sagt, Du mögest doch gefälligst erst x Monate vor Beginn der Station anrufen) - es macht tlw. auch keinen Sinn sich schon Monate im Voraus den Ausbilder zu sichern, wenn nämlich weder klar ist, ob man selbst zum angestrebten Zeitpunkt das Ref beginnt, noch feststeht, dass der Ausbilder bei Beginn der Station immer noch da tätig ist, wo er in den letzen 5 Jahren war. Bei uns haben bei der StA einige doch eine böse Überraschung erlebt, als sie zwar der gewünschten Abteilung, aber einem völlig anderen Ausbilder zugewiesen worden sind, weil der Gewünschte schlichtweg nicht mehr da war.
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von jurapeasant »

Hallo, ich bin jetzt auf meinen Wunsch hin der KfH zugewiesen worden.

Kann jemand aus eigener Erfahrung sagen, welche Streitigkeiten verhältnismäßig auftreten, sodass ich mich nochmal in die einschlägigen Rechtsquellen einarbeiten könnte? 705ff. BGB, HGB, GmbHG sind mir noch relativ geläufig.

Grüße!
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scndbesthand
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von scndbesthand »

Schon mal in den Geschäftsverteilungsplan geschaut? Vielleicht gibt es ja an Deinem Gericht eine besondere Zuständigkeitsverteilung auch unter den Kammern für Handelssachen (keine Ahnung, ob das üblich ist).
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Kasimir »

jurapeasant hat geschrieben:Hallo, ich bin jetzt auf meinen Wunsch hin der KfH zugewiesen worden.

Kann jemand aus eigener Erfahrung sagen, welche Streitigkeiten verhältnismäßig auftreten, sodass ich mich nochmal in die einschlägigen Rechtsquellen einarbeiten könnte? 705ff. BGB, HGB, GmbHG sind mir noch relativ geläufig.

Grüße!
Na, da hast du ja richtig auf unsere Ratschlaege gehoert. :-k

Es kommt in der Tat auf die Geschaeftsverteilung an. Teilweise gibt es Spezialzustaendigkeiten bzw. Konzentration von Verfahren, was aber auf vom Bundesland abhaengt.

§ 95 GVG ist dir ja sicher bekannt.

Was du aus dem HGB bzw. GmbHG kennst, wird wohl eher weniger vorkommen. In laendlichen Gebieten gibt es viel Faelle aus dem Handelsvertreterrecht. In Grossstaedten wirst du mehr mit WpPG-Sachen oder aktienrechtlichen Beschlussmaengelklagen zu tun haben.
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von jurapeasant »

Kasimir hat geschrieben:Na, da hast du ja richtig auf unsere Ratschlaege gehoert. :-k
Yolo!

Nein Spaß, es handelt sich beim Ausbilder um einen erfahrenen Richter, an den ich ruhig mit der Bitte herntreten kann, mir so "examenrelevanteste" Zivilrechtsfälle zu geben, wie möglich. Außerdem war die Berichterstattung über die KfH hier sehr durchmischt.
Kasimir hat geschrieben:§ 95 GVG ist dir ja sicher bekannt.
Ja.

Aber Danke für die Ratschläge. Habe mir die Entscheidung sehr schwer gemacht aber letztendlich hat das Herz entschieden ;)
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von spotlessmind »

Im Endeffekt ist es auch vollkommen egal. Nicht jede kleine Entscheidung ist so wichtig wie unter Juristen oft getan wird :)
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Joshua »

Als junger RiAG schließe ich mich Tibor an: Ich kann den Ref. immer noch ganz gute Hinweise geben, da ich die Nöte und Sorgen der stressigen Referendars- und Examensvorbereitungszeit noch in Erinnerung habe.

KfH ist sicher interessant. Du wirst für eine etwaige Justizkarriere aber kaum unmittelbar Vorteile durch deine Erfahrung in einer KfH haben, da die Stellen in den KfH knapp sind auch junge Assessoren hier eher nicht unterkommen.

Das AG ist gegenüber einer KfH eindeutig examensnäher. Allein, weil du Urteile in den Kernbereichen wie Unfallprozess, Gebrauchtwagenkauf etc. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schreiben wirst. Der Übungseffekt ist nicht zu unterschätzen.

„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von jurapeasant »

Hmm ok. Danke Dir!

Werde meinen Ausbilder mal darauf ansprechen. Im Zweifel muss ich die examensferne dann eben durch Mehrarbeit ausgleichen.
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von thh »

Joshua hat geschrieben:da die Stellen in den KfH knapp sind auch junge Assessoren hier eher nicht unterkommen.
Der Einsatz von Assessoren als VRLG erfolgt auch außerhalb der KfH vergleichsweise selten.
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Koala_Desperado »

Wie gesagt, es gibt Aspekte, die gegen eine KfH sprechen.

Ich persönlich war aber sehr zufrieden - und das als jemand, der im Studium/Ref nicht gerade der herausstechende Zivil- oder erst recht Wirtschaftsrechtler war.
Meine Ausbilderin hat sich bemüht, mir ein gutes "Programm" zu bieten. Es ist klar, dass die Arbeit in der Zivilstation einen nicht plötzlich examensfit macht. Um für das Examen gut vorbereitet zu sein, ist eine Zivilstation am AG weder Voraussetzung, noch Bestehensgarantie. Natürlich kann man sehr gute Zivilstationen am AG erwischen - das geht am LG aber auch.

Meine KfH hatte zwei Sitzungstage pro Woche. Meine Ausbilderin hat mir schrittweise examensrelevante Aufgaben gegeben - z.B. das klassische "was ist der nächste Schritt"-Spiel, Fertigen von Beweisbeschlüssen, Urteile und Urteilsauszüge, Durchführung von Beweisaufnahmen.

Dadurch, dass die Fälle im Vergleich zum AG oft gut aufbereitet waren, hatte ich das Gefühl, dass man etwas mehr in die Tiefe gehen konnte.

Der hier beschriebene Eindruck, man habe tausende von Seiten von trockenen Fällen (die Befürchtung hatte ich vorher auch), hat sich jedenfalls bei mir nicht bestätigt. Die Fälle waren oft "normales juristisches Handwerk" - mit dem Unterschied, dass beim Schadensfalls eben nicht 50, sondern 50 000 Euro Schaden entstanden waren und die Parteien Akteure des Wirtschaftslebens waren, was das ganze m.E. eher bunt gemacht hat, weil man erfahren hat, was es für einen Mittelständler bedeutet, wenn er seine Zwischenprodukte nicht erhält.

Nebenbei habe ich durch die Station - abseits vom Juristischen - viel fürs Leben erfahren: Ich hatte Einblicke in das Wesen der Binnenschifffahrt, der Windkraftanlagenherstellung, den Alltag von Fernfahrern, den Ablauf des Online-Versandhandels und die Funktionsweise von Schleusen.

Nochmal - ich will hier nicht behaupten, dass eine KfH unbedingt zu empfehlen wäre. Aber jedenfalls bei mir war es eine interessante und auch im Hinblick auf die Ausbildung gute Station. Man wird hier wohl genauso viel Glück oder Pech haben können wie am AG. Und es kommt darauf an, was man für ein Typ ist. Wenn man Wert darauf legt, zu Übungszwecken AG-Akten eher kurz, dafür im Akkord zu bearbeiten, dann ist das AG vielleicht die bessere Wahl. Es ist ja auch eine psychische Sache - es gibt ja Referendare, die schnell das Gefühl haben, sich Gelegenheiten zur Examensvorbereitung entgehen zu lassen.
Wenn man eher Interesse an größeren Fällen hat, die auch mal in unbekannte Gewässer führen (rechtlich und darüber hinaus), dann spricht auch nichts dagegen, es mal mit einer KfH zu probieren.

Das sind so meine Gedanken. :bday:
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Klingeln und Pfeifen »

Hier wurde von Erfahrungsberichten bzgl. der Ausbilder gesprochen. Wo kriegt man die denn her?
Immer dieses Klingeln und Pfeifen...
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von julée »

Jedenfalls hier beim Personalrat der Referendare.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
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