AG/Stationszeugnisse irrelevant?

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Moderator: Verwaltung

AlicImWunderland
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AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von AlicImWunderland »

Hallo, das soll jetzt alles andere als ein Angeberpost werden, aber ich weiß es wirklich nicht und es würde mich mal interessieren:

Jucken irgendwen später die AG und Stationszeugnisse?

Aus mir selber etwas unerklärlichen Gründen läuft es im Ref bei mir deutlich besser als noch im ersten Examen. Alle meine Schriftlichen Arbeiten beim Ausbilder wurden mit 12-16 Punkten bewertet (Okay wenn ich Zeit hatte war ich immer schon gut eigentlich (Seminararbeiten, Hausarbeiten etc.) ) aber auch in den Klausuren hatte ich fast nur VB bislang (Dank des Urteilstils deutlich weniger Zeitprobleme als früher)...hab mich natürlich wahnsinnig darüber gefreut, weil ich gerade in der Praxis echt sehr positives Feedback bekomme und nun doch wieder etwas Hoffnung bezüglich meines Berufswunsches (Richter) habe.

Bin allerdings sehr unsicher, was diese Noten überhaupt "Wert sind". Habe gehört, dass Ausbilder wohl immer ziemlich wohlwollend korrigieren sollen und die Stations und AG Zeugnisse später niemanden interessieren. Könnt ihr das bestätigen? Habe sogar gehört, dass viele Arbeitgeber sich die Zeugnisse nicht einmal ansehen. Dabei sollten diese (Arbeit in der Praxis über langen Zeitraum) ja eigentlich sogar einen besseren Eindruck über das juristische Können vermitteln als die paar mal 5 Stunden Examensklausur^^

Falls das echt so ist, frage ich mich natürlich, ob es sich dann überhaupt lohnt da viel Zeit rein zu investieren (Könnte ja auch 4 Punkte Urteile abgeben und die gesparte Zeit fürs lernen nutzen, wenn eh nur das Examen zählt)? Momentan bin ich noch relativ motiviert.

Naja würde mich einfach mal interessieren, was ihr dazu denkt bzw. was ihr für Erfahrungen gemacht habt. Antworten von Praktikern wären natürlich auch interessant :D


Liebe Grüße
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Ara
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von Ara »

Du kannst die Notenskala nicht mit dem Examen vergleichen... Du kannst bei uns in den Stationen quasi nicht unter 8 oder 9 Punkte kriegen, das wäre Arbeitsverweigerung. In der Regel wird hier immer zweistellig gegeben, alles andere ist zumindest ein Zeichen, dass in der Station irgendwas gehörig schiefgelaufen ist.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von Tobias__21 »

Sehe ich ähnlich wie Ara. Mir wurde neulich offenbart, dass ich im gut stehe, er aber auch "mit Punkten um sich wirft". Eine korrigierte Arbeit habe ich bis heute nicht erhalten. Er meinte aber, dass er die Noten auf dem Zeugnis für die einzelnen Arbeiten angeben wird. Wahrscheinlich würfelt er sie aus :D Meine erste Übungsklausur in der AG waren 9 Punkte. Diese Note würde ich im Examen für diese Bearbeitung niemals kriegen. Eher 4 :) Von daher würde ich darauf nicht viel geben.
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von Kezzlerinho »

Gerade wenn man Bock auf Staatsdienst hat, schaden gute Stationsnoten sicher nicht.

Und auch die Übungsklausuren geben eine grobe Richtung vor. Natürlich kann man im Examen nicht dieselben Noten erwarten. Aber du kannst ja mal schauen, wie du im Vergleich zu deinen Ag-Kollegen abschneidest. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass die Leute, die in den Übungsklausuren am besten waren, letztendlich auch im Examen am besten abgeschnitten haben. Und das hat nicht zwangsläufig korreliert mit den Noten aus dem ersten Examen.
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thh
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von thh »

AlicImWunderland hat geschrieben:Jucken irgendwen später die AG und Stationszeugnisse?
"Das kommt darauf an." :)
AlicImWunderland hat geschrieben:Aus mir selber etwas unerklärlichen Gründen läuft es im Ref bei mir deutlich besser als noch im ersten Examen. Alle meine Schriftlichen Arbeiten beim Ausbilder wurden mit 12-16 Punkten bewertet (Okay wenn ich Zeit hatte war ich immer schon gut eigentlich (Seminararbeiten, Hausarbeiten etc.) ) aber auch in den Klausuren hatte ich fast nur VB bislang (Dank des Urteilstils deutlich weniger Zeitprobleme als früher)...hab mich natürlich wahnsinnig darüber gefreut, weil ich gerade in der Praxis echt sehr positives Feedback bekomme und nun doch wieder etwas Hoffnung bezüglich meines Berufswunsches (Richter) habe.
Die Notenskala in den Stationszeugnissen ist in der Regel - selbst in den "staatlichen" Stationen - sehr wohlwollend und damit nach oben "verrutscht". Bereits vor etlichen Jahren haben die Ausbildungsleiter im hiesigen Bezirk darauf verwiesen, dass der langjährige Notendurchschnitt in Zivil- und Strafstation bei bzw. oberhalb von 11 Punkten liegt, und angeregt, das bei der Notengebung im Sinne einer Gleichbehandlung zu berücksichtigen (oder im Zeugnis ausdrücklich darauf zu verweisen, dass die Benotung strikt nach den Maßgaben der JAPrO erfolgt). Mithin kann man davon ausgehen, dass alles unter 11 Punkten eher eine unterdurchschnittliche Leistung darstellt. Vermutlich wird man (mindestens) 3-4 Punkte von den Noten in den Stationszeugnissen abziehen können, um auf einer realistischen Examensnoten zu landen.
AlicImWunderland hat geschrieben:Bin allerdings sehr unsicher, was diese Noten überhaupt "Wert sind". Habe gehört, dass Ausbilder wohl immer ziemlich wohlwollend korrigieren sollen und die Stations und AG Zeugnisse später niemanden interessieren.
Die Bedeutung der Noten ist jedenfalls vergleichsweise gering, weil sie nicht wirklich vergleichbar sind; sie geben mehr eine Tendenz wieder. Ich würde jedoch vermuten, dass auffällig schlechte Noten (d.h. 9 Punkte und weniger) durchaus auffallen können, eben weil sie unüblich sind. Ansonsten gehe ich davon aus, dass allenfalls bestimmte Wendungen (bspw. der Verweis auf besondere Kenntnisse oder Leistungen in bestimmten Rechtsgebieten oder die in geeigneten Fällen in den "staatlichen" Stationen verwendeten Hinweise auf eine Eignung für den Justizdienst) Bedeutung erlangen können, vor allem dann, wenn der Zeugnisverfasser dem jeweiligen Personalverantwortlichen bekannt ist.

Kurz und gut: die Zeugnisse haben m.E. keine gesteigerte Bedeutung, sondern können allenfalls ein gutes (oder auch ein schlechtes ...) Ergebnis abrunden. Ich würde ihre Bedeutung bei einer Bewerbung für die Justiz - insbesondere desselben Landes - etwas höher einschätzen als bei einer Bewerbung in der Wirtschaft.
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julée
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von julée »

Schaden tun gute Stationsnoten sicherlich nicht. Wichtiger dürfte natürlich auch der Text sein: Ist es der Standardtext für 10-12 Punkte mit beliebiger Punktzahl oder ist es doch etwas individueller gehalten?

Wenn man den Vergleich mit Examensnoten haben möchte, dann kann man von den Stationsnoten in vielen Fällen sicherlich mindestens drei Punkte abziehen. Wie es im konkreten Fall ist, wird man immer nur mit kritischer Selbsteinschätzung sagen können.
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von Muirne »

Ich habe in einer Station hingegen die Hälfte der Punkte bekommen, die ich im Examen hatte (und auch davor) und ich bin mir relativ sicher, dass das in keiner Weise dem entspricht, was ich da kann oder geliefert habe; insofern bin ich dann auch froh, dass sie nicht allzu viel zählen. Ich hatte in allen Stationen bisher zudem recht strenge Bewertungen. Das ist aber auch die Tendenz bei anderen; auch wenn es bei den Ausbildern natürlich variiert. Hier gibt's garantiert keinen 11 Punkte Schnitt, sondern das sind hier eher die Höchstnoten.
Man kann sich natürlich drüber freuen und mitschicken und bestimmt sind manche guten Noten auch total gerechtfertigt, aber mE sind sie eben nicht aussagekräftig genug im Vergleich.
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von Anne_Boleyn »

Ich glaube, dass man das nicht so pauschal sagen kann. Bei uns wurde recht streng korrigiert. In den Stationen waren zweistellige Punktzahlen, außer in der Anwaltsstation, eher die Seltenheit.
Und meine Punkte in den AG-Klausuren entsprachen letztlich fast komplett den Examensnoten.

Wie sehen denn die Noten deiner Refkollegen aus?

Wenn du in den Staatsdienst willst, schaden gute Noten in den Stationen nicht. In meinem Vorstellungsgespräch in Bayern wurde deutlich, dass man sich auch mit dem Stationszeugnissen recht intensiv befasst hatte.
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von julée »

Natürlich, es mag regionale Unterschiede geben, aber die sind ja zumindest wenn man in der Region bleibt, auch den Personalern in der Justiz bzw im öffentlichen Dienst bekannt. Dh die 11 Punkte werden dann schon richtig als Bestnote oder als Durchschnittsnote eingeordnet. Aber es gibt ja keinen Grund, nicht möglichst gute Stationszeugnisse mitzunehmen, nur weil sie am Ende möglicherweise doch nicht so viel zählen. Gerade in den staatlichen Stationen ist noch ausreichend Zeit bis zum Examen, so dass man hier den halben Nachmittag mehr investieren kann, um was Vernünftiges abzugeben.
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von Samson83 »

Vertretbar ist allerdings auch, dass die staatlichen Stationen die letzte lockere Zeit im Arbeitsleben sein können, wenn man sich auf eine Minimalleistung beschränkt.

Ich war im öffentlichen Dienst, mit bis zur Anwaltsstation grottigen Stationszeugnissen (z.B. 7 Punkte bei der StA). Dies war im AC nicht mal Thema. In Bewerbungsgesprächen in der freien Wirtschaft schon gar nicht.
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von julée »

Samson83 hat geschrieben:Ich war im öffentlichen Dienst, mit bis zur Anwaltsstation grottigen Stationszeugnissen (z.B. 7 Punkte bei der StA). Dies war im AC nicht mal Thema.
Wobei auch dort immer die Frage sein dürfte, ob vor Ort gerade jeder eingestellt wird, der halbwegs passable Examensnoten mitbringt und sich im AC nicht als völlig ungeeignet erweist, oder ob doch etwas genauer hingeschaut wird - und dann dürften gute Stationszeugnisse bei Examensnoten knapp um die "Mindestnote" herum etwas wert sein.
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von Samson83 »

julée hat geschrieben:
Samson83 hat geschrieben:Ich war im öffentlichen Dienst, mit bis zur Anwaltsstation grottigen Stationszeugnissen (z.B. 7 Punkte bei der StA). Dies war im AC nicht mal Thema.
Wobei auch dort immer die Frage sein dürfte, ob vor Ort gerade jeder eingestellt wird, der halbwegs passable Examensnoten mitbringt und sich im AC nicht als völlig ungeeignet erweist, oder ob doch etwas genauer hingeschaut wird - und dann dürften gute Stationszeugnisse bei Examensnoten knapp um die "Mindestnote" herum etwas wert sein.
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Im aktuellen Bewerbungsprozess meiner Wenigkeit werden die Stationszeugnisse meistens ausdrücklich angefordert. Egal ob öffentlicher Dienst oder Wirtschaft.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von Eagnai »

Dass standardmäßig immer nur Stationsnoten im Bereich von VB oder höher verteilt werden, kann ich hier aus der Gegend auch nicht unbedingt bestätigen.

Ich habe selbst zumindest schon mehreren Referendaren (in der StA-Station) "nur" ein Befriedigend gegeben und weiß, dass Kollegen das ähnlich handhaben.

Allerdings muss man ehrlicherweise sagen, dass das jeweils Kandidaten waren, die - bei examensrealistischer Bewertung - Mühe gehabt hätten, überhaupt vier Punkte zu erreichen. Insofern ist es hier schon so, dass deutlich besser als im Examen bewertet wird, wenn auch keineswegs automatisch nur mit zweistelligen Noten.
julée
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Re: AG/Stationszeugnisse irrelevant?

Beitrag von julée »

Vielleicht sollte man auch nicht so ganz aus den Augen verlieren, über welche Gruppen man im Einzelnen spricht. Bei denen, die sich notenmäßig für Justiz / Verwaltung bewerben könnten, dürfte, wenn keine regionalen Besonderheiten bestehen, eine einstellige Stationsnote doch eher selten sein und entweder auf einen sehr strengen Ausbilder hindeuten oder darauf, dass der Ausbilder dem Betreffenden - aus welchen Gründen auch immer - keine Empfehlung für die Justiz / Verwaltung schreiben kann / möchte. Bei allen anderen dürfte gelten "befriedigend ist das neue ausreichend".
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