Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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julée
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von julée »

Suchender_ hat geschrieben:Außerdem geht es nicht nur um Klausuren, sondern auch um die spätere Berufsausübung. Auch diese ist ja idR auf die Fallbearbeitung hin ausgerichtet. Immerhin geht es um die "Befähigung zum Richteramt".
Die Fallbearbeitung in der Praxis kommt aber gerade nicht ohne das theoretische Hintergrundwissen aus, warum, weshalb, wieso etwas so ist und mit welchen Figuren man dogmatisch arbeiten kann. Das ist immer dann von Relevanz, wenn der Fall eben nicht in irgendeinem Lehrbuch steht, sondern einer neuen Lösung zuzuführen ist (und das ist - jedenfalls im Kleinen - oft genug der Fall). Und da hilft auf einmal auch die Erinnerung an den Fall des Reichsgerichts von 1895. Die Rechtsprechungsfälle, die üblicherweise thematisiert werden, stellen überdies - richtig eingesetzt - genau diesen Fall- und Praxisbezug her.
Suchender_ hat geschrieben:Wenn du auf das spätere Berufsleben anspielst: Abgesehen davon, dass dieses Rechtsgebiet auch dort nur für die wenigsten eine Rolle spielen wird, ist es doch utopisch zu denken, dass sich irgendjemand noch an die Vorlesung vor 5-10 Jahren erinnern wird.
Nein, das ist nicht utopisch, sondern überaus real. Natürlich, eine Vorlesung, die man nur über sich hat ergehen lassen, vergisst man schnell. Meine Erinnerungen an meine Vorlesung (im wörtlichen Sinne) zum Verwaltungsrecht AT sind in weiten Teilen auch sehr blass, aber Einzelprobleme aus anderen Vorlesungen sind überaus präsent. Und Du scheinst in dem Punkt, auch zu hohe Anforderungen an das stellen zu wollen, was eine Vorlesung leisten kann: Nur durch die bloße Teilnahme an einer Veranstaltungen kann man nicht die kompletten 90 Minuten dauerhaft als Gelerntes abrufen. Aber es bildet doch einen Grundstock, an den man im weiteren Verlauf des Studiums, der Examensvorbereitung und später im Berufsleben anknüpfen kann.
Darüber hinaus besteht ggf. noch immer Zeit, sich in die Materie einzuarbeiten. Wer das Examen (ordentlich) besteht, kann auch ohne Vorkenntnisse (völlig) Neues bewältigen.
Ersteres ja. Letzteres erscheint mir fraglich, wenn man das Studium auf das Einstudieren des examensrelevanten "Case Laws" beschränkt.
Der entscheidende Punkt für mich ist: in dem Wunsch, alles möglichst "abstrakt", unangreifbar, abschließend, vollständig, verallgemeinerungsfähig und fachlich auf hohem Niveau zu präsentieren, wird das unmittelbare Ziel der Stoffvermittlung völlig verfehlt. Was nützt es, wenn die BauR-Vorlesung theoretisch als Grundlage für andere Planungsverfahren dienen könnte, wenn der Student noch nicht einmal begreift, was ein BBauPl überhaupt ist?
Ich bin ja immer für eine möglichst anschauliche Lehre zu gewinnen. Aber das ist ein Punkt, an dem auch Eigeninitiative gefragt ist: Wie viel Mühe kostet es, mal zu googeln, wie ein Bebauungsplan aussieht (zumal in jeder besseren Vorlesung mal einer gezeigt wird)? Die §§ 214, 215 BauGB in Eigenarbeit zu verstehen ist dagegen deutlich schwieriger. Auch einen Grundbuchauszug kann man sich mit ein wenig Eigeninitiative besorgen, ihn "lesen" zu lernen dauert keine Viertelstunde und dann kann man sich der Frage widmen, was eigentlich eine forderungsentkleidete Hypothek ist.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
Gelöschter Nutzer

Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

julée hat geschrieben:
Suchender_ hat geschrieben:Außerdem geht es nicht nur um Klausuren, sondern auch um die spätere Berufsausübung. Auch diese ist ja idR auf die Fallbearbeitung hin ausgerichtet. Immerhin geht es um die "Befähigung zum Richteramt".
Die Fallbearbeitung in der Praxis kommt aber gerade nicht ohne das theoretische Hintergrundwissen aus, warum, weshalb, wieso etwas so ist und mit welchen Figuren man dogmatisch arbeiten kann. Das ist immer dann von Relevanz, wenn der Fall eben nicht in irgendeinem Lehrbuch steht, sondern einer neuen Lösung zuzuführen ist (und das ist - jedenfalls im Kleinen - oft genug der Fall). Und da hilft auf einmal auch die Erinnerung an den Fall des Reichsgerichts von 1895. Die Rechtsprechungsfälle, die üblicherweise thematisiert werden, stellen überdies - richtig eingesetzt - genau diesen Fall- und Praxisbezug her.
Ich habe nicht gesagt, dass Hintergründe keine Rolle spielen oder Theorie außen vor gelassen werden soll. Das Problem ist die Reihenfolge und die Schwerpunktsetzung. Meiner Meinung nach sollte gelten: Konkretes vor Abstraktem, Einfaches vor Schwierigem, Beispiele vor allgemeinen Aussagen.

Das Verwaltungsrecht ist ein gutes Beispiel dafür. Warum muss denn alles unmittelbar am "Hochreck" beginnen? Was nützt es, zu Beginn auf einer vermeintlich "wissenschaftlichen" Ebene über die Abgrenzung Bauplanungs- und Bauordnungsrecht zu dozieren, wenn noch kein Student ansatzweise weiß, was überhaupt "Sache ist"?

Eine Alternative wäre doch z.B. so etwas wie:

"Wir sind heute in der Vorlesung Baurecht. Klingt trocken, klingt kompliziert, ist es aber nicht unbedingt. Im Grundsatz ist es ganz einfach: im Baurecht geht es in Klausuren und der Praxis meist um überschaubare, ähnliche Fragen.

Konkret: wer darf was und wo bauen? Was muss man machen, wenn man eine Baugenehmigung möchte? Was macht die Behörde, wenn man ohne Genehmigung baut? Was kann der Nachbar machen, wenn man ein Hochhaus in der Schrebergartensiedlung baut?

(...)

Bebauungsplan? Das ist letztlich nichts anderes als eine Vorgabe der Gemeinde (vulgo "Stadt"), was genau in ihren verschiedenen Abschnitten/Bereichen gebaut werden darf. Will heißen: Die Gemeinde sagt, hier im Osten der Stadt hätten wir gerne ein Gewerbegebiet. Hier im Westen sollen nur Menschen wohnen. usw. Natürlich darf die Gemeinde hierbei nicht alles frei entscheiden. Deshalb gibt es rechtliche Vorgaben und Rechtsschutzmöglichkeiten der Bürger gegen Bebauungspläne.

(...)

Im Wesentlichen ist es einfach so: Bauplanungsrecht, das sind die groben Vorgaben dafür, was in einem bestimmten Teil der Gemeinde gebaut werden darf. Also z.B.: keine Hochhäuser, keine Schwimmbäder, keine Fabriken oder so. Bauordnungsrecht regelt dagegen zwei andere Bereiche: Zum einen ob und wie die Behörde handeln darf, zum anderen die "Feinjustierung", insbesondere die Gefahrenabwehr, d.h. z.B. Feuerschutzvorgaben."

Und sobald die Studenten diese Grundlagen verstanden haben, kann man immer noch die Abstraktion und Komplexität bzw. Menge an Theorie erhöhen.
Ersteres ja. Letzteres erscheint mir fraglich, wenn man das Studium auf das Einstudieren des examensrelevanten "Case Laws" beschränkt.
Was heißt schon "case law"? Ich würde behaupten, wer zwei ordentliche Examina hat, verfügt über die notwendige Intelligenz, den erforderlichen Fleiß und das juristische Talent, um sich fast überall einzuarbeiten, evtl. mit Ausnahme von hochkomplexen Spezialmaterien (Steuerrecht?).

Ich bin ja immer für eine möglichst anschauliche Lehre zu gewinnen. Aber das ist ein Punkt, an dem auch Eigeninitiative gefragt ist: Wie viel Mühe kostet es, mal zu googeln, wie ein Bebauungsplan aussieht (zumal in jeder besseren Vorlesung mal einer gezeigt wird)? Die §§ 214, 215 BauGB in Eigenarbeit zu verstehen ist dagegen deutlich schwieriger. Auch einen Grundbuchauszug kann man sich mit ein wenig Eigeninitiative besorgen, ihn "lesen" zu lernen dauert keine Viertelstunde und dann kann man sich der Frage widmen, was eigentlich eine forderungsentkleidete Hypothek ist.
Zu einem Beispiel für klar verständliche Stoffvermittlung s.o.

Was das Hypothekenbeispiel angeht: du missverstehst mich. Es geht mir keineswegs darum, alle examensrelevanten Probleme in der Anfängervorlesung unterzubringen. Wichtig ist mir vielmehr, dass zunächst die klausur- und praxisrelevanten Grundlagen praktisch beherrscht werden ("Sprache sprechen, nicht nur Theorie pauken").

Hier ein Beispiel: ich habe mir vor kurzem eine Anfängervorlesung BGB angesehen (aus Gründen). Das Niveau war keineswegs unüberwindbar. Dennoch war die Vorlesung (obwohl Beispiele verwendet wurden) recht abstrakt und verhältnismäßig komplex. Ich habe alles verstanden, aber ich habe mein Examen auch schon. Gut.
Dann habe ich mir Anfängerklausuren angeschaut (Lehrstuhl). Klar, ein paar wenige waren ganz ordentlich, aber weit überwiegend war das Niveau schlecht. Das erklärt natürlich auch die Noten.

Deshalb frage ich mich: irgendetwas stimmt doch nicht, wenn man (wohl) überdurchschnittlich intelligente, sicherlich auch nicht sonderlich faule Abiturienten (NC) nimmt, sie ein halbes Jahr unterrichtet, ihnen den Unterschied zwischen Spezial- und Gattungsvollmacht erläutert, sie auf Savigny hinweist und sie dann mit einer Klausur präsentiert, in denen sicher 60-80% eher schockierende Arbeiten (nicht notwendig in notentechnischer Hinsicht) produzieren.

Natürlich sind mir die gängigen Erklärungsmuster bekannt: das Abi ist zu leicht, die Studenten zu faul, die Studenten bereiten sich nicht vor, sie zeigen keine Eigeninitiative, sie sind verwöhnt, ich habe es doch auch geschafft, nicht jeder hat juristisches Talent usw usf.

Aber das ist mir in dieser Pauschalität zu billig. Sicherlich mögen diese Faktoren auch eine Rolle spielen, aber eben nicht exklusiv.
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Justitian
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von Justitian »

Juratutorium, bist es Du?
"[...] führt das ja nicht dazu, dass eine Feststellungsklage mit dem Inhalt "Wie wird das Wetter morgen?" zulässig wird" - Swann, 01.03.17
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Vorkriegsjugend
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von Vorkriegsjugend »

Klingt eher nach einer anderen Fremdforenikone, insbesondere die Beitragslänge.
Gelöschter Nutzer

Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Vorkriegsjugend hat geschrieben:Klingt eher nach einer anderen Fremdforenikone, insbesondere die Beitragslänge.
Justitian hat geschrieben:Juratutorium, bist es Du?
Ich finde es menschlich äußerst faszinierend, dass trotz eines sachlichen Ausgangsposts mehrere Foristen es offensichtlich nötig haben, sich auf ein bestenfalls polemisch-sarkastisches, schlimmstenfalls persönlich-beleidigendes Niveau zu begeben.

Es würde mich äußerst interessieren, woran das liegen mag.

Ist Kritik am Jura-Studium unerwünscht? Identifizieren sich die Betreffenden so sehr mit ihrem (vergangenen) Studium, dass sie Kritik als persönlichen Angriff verstehen? Ist es nicht gewollt, wenn vergleichsweise neue Mitforisten "große" Themen ansprechen?

Ganz offensichtlich ist eine nüchterne Diskussion in einigen Posts schon möglich. Weshalb also die Feindseligkeit von manchen?

----

Und nein, das ist das erste "Jura-Forum" auf dem ich je gepostet habe und mein einziger Account (wobei es sein kann, dass ich es einmal nicht geschafft habe, mich erfolgreich zu registrieren.

----

Ich meine das übrigens ernst: ich bin kein Troll und will keinem auf den Schlips treten. Wenn ich also etwas falsch mache oder falsch gemacht habe, einfach sagen. Vielleicht kann ich es ja ändern und vielleicht bringt es mir sogar etwas für die Zukunft.
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Tibor
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von Tibor »

Justitian hat geschrieben:Juratutorium, bist es Du?
Nein, ist er nicht.
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von Tibor »

@suchender: Es ist eben in Reinform nicht zu machen. Der Blick muss immer vom Allgemeinen zum Besonderen wechseln. Und wenn ein Student im 2. bis 5. Semester noch nicht weiß, wozu das Baurecht da ist, wo der Unterschied zwischen Ordnungs- und Planungsrecht ist, dann muss der Prof in der Uni die Studenten nicht an die Hand nehmen und erklären "stellen Sie sich vor, Sie wollen am Stadtrand aus einer alten Scheune ne Villa machen", nein, dann kann er davon ausgehen, dass der Student sich vorher mal ein Lehrbuch genommen hat und bspw die Einführung gelesen hat. Was du verlangst ist eben Verschulung und nicht selbständiges Lernen.
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von OJ1988 »

In welcher Uni wird denn am Beginn einer Vorlesung sofort mit wilden Theorien um sich geschmissen? Ich habe es schon so in Erinnerung, dass bspw. zu Beginn der Vorlesung "Polizeirecht" grob gesagt wird, um was es gehen soll (à la "Was darf die Polizei machen?" usw.).

Diese Abstraktionsebene ist andererseits aber auch immer recht banal und in 5 Minuten schnell erklärt.
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von Tobias__21 »

@Suchender: Kann es sein, dass Du etwas schnell eingeschnappt bist? ;) Die Kommentare hier sind doch nicht böse gemeint, da gab es hier schon ganz andere persönliche Anwürfe. Es gab ja auch ernsthafte Reaktionen auf Deinen Beitrag, aber scheinbar scheinst Du mit Deiner Meinung wohl leider etwas allein auf weiter Flur zu stehen.
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Tobias__21 hat geschrieben:@Suchender: Kann es sein, dass Du etwas schnell eingeschnappt bist? ;) Die Kommentare hier sind doch nicht böse gemeint, da gab es hier schon ganz andere persönliche Anwürfe. Es gab ja auch ernsthafte Reaktionen auf Deinen Beitrag, aber scheinbar scheinst Du mit Deiner Meinung wohl leider etwas allein auf weiter Flur zu stehen.
Wenn es nett gemeint ist, ist das kein Problem.

Ich hatte nur bei manchen das Gefühl, ich hätte ihnen ans Bein gepinkelt. Aber wie gesagt, bin ja recht neu hier. ;)

Bei mir persönlich ist es eben so: ich diskutiere gerne, auch über kontroverse Themen, aber immer sachlich und nüchtern. Welche Position jemand hat, woher jemand kommt, ist mir prinzipiell egal. Wichtig sind mir rationale, überzeugende Argumente.

Deshalb ärgert es mich auch etwas, dass gerade in der Juristerei oft eher auf den tatsächlichen oder vermeintlichen Status verwiesen wird ("der ist Prof., du nicht"/"quod licet iovi..."/"X hat Note Y und ist deshalb toll") oder etwas für gut befunden wird, "weil man das eben so macht" oder "weil es schon immer so war" oder "weil es eben so heißt" oder "weil wir eben keine law school sind".

Was die "Mehrheitsmeinung" angeht: sie mag richtig oder falsch sein, aber die Anzahl an Vertretern hat damit nur begrenzt etwas zu tun (vgl. Trump, wenngleich via Wahlmänner).
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von Ara »

OJ1988 hat geschrieben:In welcher Uni wird denn am Beginn einer Vorlesung sofort mit wilden Theorien um sich geschmissen? Ich habe es schon so in Erinnerung, dass bspw. zu Beginn der Vorlesung "Polizeirecht" grob gesagt wird, um was es gehen soll (à la "Was darf die Polizei machen?" usw.).

Diese Abstraktionsebene ist andererseits aber auch immer recht banal und in 5 Minuten schnell erklärt.
Die ersten 3 Wochen Strafrecht AT waren bei uns Strafzwecklehre mit Kant und Hegel... Am Ende war dann keine Zeit mehr für Fahrlässigkeit und Unterlassen... Fand ich damals schon sehr verfehlt...
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von Peaches2 »

Meine Erfahrung war, dass es immer drauf ankommt bei wem die Vorlesung war und vielleicht auch welches Gebiet. Bei einem war es ganz toll und da hat man immer viel mitgenommen. Beim anderen ist man besser daheim geblieben und hat sich ein Lehrbuch geschnappt. Anders ist es im Rep aber auch nicht. Es sich beibringen und vor allem anwenden muss man immer selbst.
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von Tobias__21 »

Ara hat geschrieben:
OJ1988 hat geschrieben:In welcher Uni wird denn am Beginn einer Vorlesung sofort mit wilden Theorien um sich geschmissen? Ich habe es schon so in Erinnerung, dass bspw. zu Beginn der Vorlesung "Polizeirecht" grob gesagt wird, um was es gehen soll (à la "Was darf die Polizei machen?" usw.).

Diese Abstraktionsebene ist andererseits aber auch immer recht banal und in 5 Minuten schnell erklärt.
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von thh »

Suchender_ hat geschrieben:Ich habe nicht gesagt, dass Hintergründe keine Rolle spielen oder Theorie außen vor gelassen werden soll. Das Problem ist die Reihenfolge und die Schwerpunktsetzung. Meiner Meinung nach sollte gelten: Konkretes vor Abstraktem, Einfaches vor Schwierigem, Beispiele vor allgemeinen Aussagen.
Ich würde hingegen vom Abstrakten zum Konkreten gehen und allgemeine Aussagen an Beispielen belegen und vertiefen.
Suchender_ hat geschrieben:Konkret: wer darf was und wo bauen? Was muss man machen, wenn man eine Baugenehmigung möchte? Was macht die Behörde, wenn man ohne Genehmigung baut? Was kann der Nachbar machen, wenn man ein Hochhaus in der Schrebergartensiedlung baut?
Das ist sicherlich Geschmackssache, aber nicht das, was ich in einer universitären Vorlesung erwarten würde.
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Re: Stoffpräsentation im Studium -- Kritik

Beitrag von Samson83 »

Tobias__21 hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:
OJ1988 hat geschrieben:In welcher Uni wird denn am Beginn einer Vorlesung sofort mit wilden Theorien um sich geschmissen? Ich habe es schon so in Erinnerung, dass bspw. zu Beginn der Vorlesung "Polizeirecht" grob gesagt wird, um was es gehen soll (à la "Was darf die Polizei machen?" usw.).

Diese Abstraktionsebene ist andererseits aber auch immer recht banal und in 5 Minuten schnell erklärt.
Die ersten 3 Wochen Strafrecht AT waren bei uns Strafzwecklehre mit Kant und Hegel... Am Ende war dann keine Zeit mehr für Fahrlässigkeit und Unterlassen... Fand ich damals schon sehr verfehlt...
Ernsthaft jetzt? :eeeek:
Ich finde das richtig. Strafzwecktheorien halte ich für einen Strafrechtlcher für unabdingbar; ansonsten ist über (Straf-)rechtspolitik nicht diskutierbar; und dem Kuscheljustiz beschimpenden Stammtisch nicht vernünftig entgegenzutreten. Und Kant kommt (ernsthaft!) im Studium, insbesondere im Verfassungsrecht sowieso zu kurz. Irgendwelche Meinungsstreitigkeiten und Definitionen stehen hingegen hinreichend erläutert im Wessels/Beulke und ähnlicher Trivialliteratur.
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