Examen, Repetitorium und andere Unannehmlichkeiten

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Tadellos
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Examen, Repetitorium und andere Unannehmlichkeiten

Beitrag von Tadellos »

Hallo,

ich stehe nun ca. 13 Monate vor meinem Examenstermin und würde gerne zeitig mit einer intensiven Vorbereitung beginnen. Ich habe mein 1. StEx. erfolgreich ohne Rep. absolviert, würde aber wegen der Zeitknappheit für das 2. StEx. eines nutzen wollen.

Die Qual der Wahl und mangels vorherigem Rep. auch keine Erfahrung, wende ich mich nun hilfesuchend an die reifen Kollegen, um ein paar Einblicke in gemachte Erfahrungen zu erhalten und so eine fundiertere Entscheidung treffen zu können:


1. Grundsätzlich war mein Plan, den Hemmer-Assessor-Klausuren-Kurs zu besuchen. Dort wird eine Klausur geschrieben, korrigiert und dann mehrere Stunden besprochen.
Dazu wollte ich am Wochenende die Kaiser-Seminare besuchen, als grundlegende Ergänzung.

2. Alternativ wäre ein 6-9 monatiger Jura Intensiv Assessorkurs und daneben ein Klausurenkurs im Postversand.


Dass jeder seine individuellen Eigenarten der Stoffverarbeitung mitbringt, ist mir selbstverständlich bewußt.

Ich würde es dennoch sehr zu schätzen wissen, wenn jemand vielleicht rückblickend seine Erfahrungen teilen könnte. Vielleicht gibt es auch dein ein oder anderen Hinweis der erfahrenen Kollegen an den Nachwuchs, was Sie selbst hätten im Nachhinein anders/besser gemacht.

Ich bedanke mich im Voraus bei allen, die sich die Zeit dafür nehmen.

Viele Grüße,

Tl.
OJ1988
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Re: Examen, Repetitorium und andere Unannehmlichkeiten

Beitrag von OJ1988 »

Rückblickend habe ich die Repetitorien für das 2. Examen als weitaus weniger nutzbringend empfunden als für das 1. Examen. Natürlich wird in keinem Fall irgendwo arkanes Wissen weitergegeben, aber bei den Repetitorien für das 2. Examen hatte ich immer das Gefühl, dass dort Leitungswasser verkauft wird. Gerade die Kaiser-Seminare käuen im Wesentlichen die Skripte wieder.

Viel mehr hat mir das Klausurenschreiben und -gliedern gebracht. Zu den Klausurenkursen von hemmer und JI kann ich dir nichts sagen, ich habe nur mit Originalklausuren gearbeitet - was ich auch für besser halte.
Theopa
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Re: Examen, Repetitorium und andere Unannehmlichkeiten

Beitrag von Theopa »

Tadellos hat geschrieben: 1. Grundsätzlich war mein Plan, den Hemmer-Assessor-Klausuren-Kurs zu besuchen. Dort wird eine Klausur geschrieben, korrigiert und dann mehrere Stunden besprochen.
Dazu wollte ich am Wochenende die Kaiser-Seminare besuchen, als grundlegende Ergänzung.
Das ist mE etwas widersprüchlich:
hemmer ist außerhalb Bayerns oft zweifelhaft. In Bayern kann man damit etwas anfangen. Die Klausuren sind zwar zum Teil zu sehr auf ein spezielles prozessuales Problem zugeschnitten, nach einem Jahr hat man aber einen guten Überblick über das Wichtigste bekommen. Wenn man das Glück hat einen guten und regelmäßigen staatlichen Klausurenkurs mit Originalklausuren zu haben, sollte man diesen natürlich bevorzugen.
Kaiser ist dagegen außerhalb Bayerns absoluter Standard, durch die im Vergleich etwas ungewöhnlichen bayerischen Klausuren (nur ein Tatbestand pro Examen, sehr kurze Sachverhalte, Fokus deutlich im materiellen Recht, z.T. andere Rechtsgebiete/Gewichtungen der Rechtsgebiete und Klausurtypen) aber hier wenig sinnvoll.
Eagnai
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Re: Examen, Repetitorium und andere Unannehmlichkeiten

Beitrag von Eagnai »

Gerade wenn du das erste Examen schon erfolgreich ohne Rep geschafft hast, würde ich mir ernsthaft überlegen, auch das zweite Examen alleine anzugehen.

Ich habe beide Examen ohne Rep gemacht und fand, dass man gerade die Vorbereitung auf das zweite sehr gut alleine strukturieren kann - je nachdem auch, welcher Lerntyp man ist. Ich lerne zum Beispiel durch Zuhören nur sehr schlecht, ich muss die Sachen immer selbst lesen - daher erschien es mir zeitsparender, einfach die Kaiser-Skripte zu nehmen und selbst zu lesen, als Zeit und Geld in die Seminare zu stecken, die ja doch im Wesentlichen denselben Stoff vermitteln wie die Skripte.
Flash
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Re: Examen, Repetitorium und andere Unannehmlichkeiten

Beitrag von Flash »

Ein Repetitorium für das Zweite Examen ist m.E. nicht nötig (jedenfalls, wenn das erste gut gelaufen ist bzw. man einen Überblick über das materielle Recht hat). Wie die meisten habe ich zwar keinen Vergleich aus eigener Anschauung, weil ich kein Rep besucht habe, aber was die Kollegen von den Kaiser Wochenendeseminaren oder JI-Kursen erzählten klang nicht wirklich nach Mehrwert, sondern nach Skriptdurchkauen und dem Verteilen von Listen mit "heißen" Rechtsprechungstipps (die dann doch keiner durcharbeitet - was auch nicht nötig ist).

Aber auch ohne Vergleich halte ich den Besuch eines Reps vor dem Zweiten aus zwei Gründen für Zeit- und Geldverschwendung: Denn vor dem Zweiten geht es letztlich einerseits um auffrischen des materiellen Rechts (hierfür reicht etwas Disziplin und im Groben der Stoffplan, den man noch vom Ersten Examen kennt). Und andererseits geht es um das neue Erlernen einiger prozessrechtlicher Fragen, aber v.a. um das Erlernen neuer Klausurtypen. Das lernt man - wie bereits von anderen hier angesprochen - auch nach meiner Erfahrung am besten mit (Original-)Klausuren. Deshalb halte ich v.a. den Klausurenkurs am Gericht für wichtig.

Ein Rep mag lohnen, wenn man es zur Gewissensberuhigung braucht (was ich völlig ernst und nicht abwertend meine, denn das psychische Wohlbefinden ist durchaus wichtig und dem Erfolg oft förderlich). Für die juristische Seite ist es entbehrlich.
Die Beurteilung, ein Antrag im Sinne des § 24 Satz 1 BVerfGG sei offensichtlich unbegründet, setzt nicht voraus, daß seine Unbegründetheit auf der Hand liegt; sie kann auch das Ergebnis vorgängiger gründlicher Prüfung sein. (BVerfGE 82, 316)
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Re: Examen, Repetitorium und andere Unannehmlichkeiten

Beitrag von i live in tokyo »

Ich empfehle den Hemmer-Klausurenkurs, Rest Eigenarbeit.
Für's erste war ich in Sachsen und habe den Hemmer-Jahreskurs besucht. Am Ende haben mir aber nur die geschriebenen (meine) Klausuren etwas gebracht.

Jetzt bin ich in NRW und schreibe im März das Zweite. Ich bereite mich nur mit Klausuren vor und schreibe täglich eine und bearbeite dazu dann noch weitere Klausuren (von Kaiser und Original-Klausuren aus der AG). Ich kann dir die Hemmer-Klausuren sehr empfehlen. Sind natürlich hemmer-style oft in der Lösung sehr detailliert. Würd ich so niemals in der Klausur schaffen, aber das Gute ist eben, dass du anhand der detaillierten Lösung m.E. gut mit- bzw. nachlernst.

Generell schadet es aber wohl nicht, Klausuren ohne Ende zu "machen". Meine Erfahrung mit hemmer war jedenfalls sehr gut.

Vom DAV-Klausurenkurs kann ich abraten. War zwei Monate da. Schlechte, fehlerhafte Klausuren. Lächerliche Besprechungen. Sehr unzufriedenstellend.
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Re: Examen, Repetitorium und andere Unannehmlichkeiten

Beitrag von juraklasse »

Ist es eigentlich wirklich notwendig, so viele Klausuren im Vorfeld zu schreiben? Mich schreckt der Gedanke ab und ich denke mir, dass man auch anstelle von Übungsklausuren viel Theorie (Prozessrecht, materielles Recht) lernen könnte. Die Zeiteinteilung lernt man doch wohl auch in ausreichendem Maße in den AG-Klausuren. Allerdings betonen immer alle wie wichtig das Klausurschreiben doch sei, sodass ich etwa verunsichert bin.

Gibt es vlt. auch einige hier, die nur sehr wenige Übungsklausuren geschrieben haben bzw. nur eine kurze Lösungsskizze gemacht haben?
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Re: Examen, Repetitorium und andere Unannehmlichkeiten

Beitrag von OJ1988 »

Im 2. Examen ist das Klausurenschreiben m.E. noch wichtiger, weil es anders als im 1. Examen eine Handvoll verschiedene Klausurtypen gibt, die man jeweils mal ausreichend geübt haben muss. Nur mit Lösungsskizzen schreiben kommst du da nicht sehr weit.
sai
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Re: Examen, Repetitorium und andere Unannehmlichkeiten

Beitrag von sai »

Sehe ich auch so.
Das ganze theoretische lernen hilft dir nichts, wenn du es nicht praxisgerecht umsetzen kannst.
Und AG-Klausuren von vor fünf Jahren helfen dir auch nicht viel weiter, weil der Zeitdruck aufgrund des Umfangs der Klausuren mittlerweile nochmal krasser geworden ist.
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Re: Examen, Repetitorium und andere Unannehmlichkeiten

Beitrag von thryller »

OJ1988 hat geschrieben:Im 2. Examen ist das Klausurenschreiben m.E. noch wichtiger, weil es anders als im 1. Examen eine Handvoll verschiedene Klausurtypen gibt, die man jeweils mal ausreichend geübt haben muss. Nur mit Lösungsskizzen schreiben kommst du da nicht sehr weit.
Das würde ich grundsätzlich auch unterschreiben. Diesen Ansatz fand ich recht sinnvoll: http://www.juratopia.de/klausurentraining/.

Letztlich kommt es aber auch hier wieder auf den individuellen "Lerntyp" und die eigenen Stärken und Schwächen an. Ich persönlich habe irgendwas zwischen 20 und 25 Klausuren vor dem Assessorexamen geschrieben, weit überwiegend Klausuren gegliedert und selbst geschriebene Skripten gepaukt und konnte damit meine - zugegebenermaßen nicht übermäßig hohe ;) - Punktzahl aus dem ersten Examen verdoppeln. Ein Kollege hat knapp 100 Klausuren geschrieben und konnte in beiden Versuchen sein VB aus dem ersten Examen im schriftlichen Teil nicht erreichen. Meiner Meinung nach haben hier die Verhältnisse nicht gestimmt, weil 100 Klausuren - ohne Nachbereitung! - rund 500 Stunden Zeitaufwand bedeuten, die dann auf der theoretischen Ebene fehlen. Aber auch hier gibt es sicher Gegenbeispiele, die eine andere Argumentation stützen. Wie eingangs schon gesagt: Typsache.
OJ1988
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Re: Examen, Repetitorium und andere Unannehmlichkeiten

Beitrag von OJ1988 »

Klar kann man über die Anzahl diskutieren; da ist jeder irgendwo verschieden. Das Erlebnis, im Examen zu sitzen und sich zu denken "Oh, eine Urteilsklausur im Strafrecht, hab ich ja noch nie geschrieben. Was stand da nochmal im Kaiser-Skript?" sollte man aber tunlichst vermeiden. Manche Dinge muss man im Examen einfach als Automatismus (für JuS-Leser: 'Rechtsreflex') parat haben.

Klausuren nicht nachzubereiten ist übrigens immer bescheuert, egal wie viele man schreibt. Das ist vergeudete Zeit.
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