ebay AGB

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Justitian
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ebay AGB

Beitrag von Justitian »

Wie ist das eigentlich: die eBay AGB werden doch bei einem über die Plattform geschlossenem Kaufvertrag konkludent als Vertragsbestandteil erklärt. Kommt es dann auf die Wirksamkeit der AGB noch an - der Wille der Parteien zur Einbeziehung gilt idR. wohl unbedingt und in ihrem Verhältnis liegen keine AGB vor - oder verbietet die generalpräventive Wirkung der §§ 305 ff. BGB, dass unwirksame AGB dennoch massenhaft zum Einsatz kommen?
"[...] führt das ja nicht dazu, dass eine Feststellungsklage mit dem Inhalt "Wie wird das Wetter morgen?" zulässig wird" - Swann, 01.03.17
boogienat0r
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Re: ebay AGB

Beitrag von boogienat0r »

Ich hätte gesagt, dass die Willenserklärung desjenigen, der bei eBay einen Artikel reinstellt, dahingehend auszulegen ist (§§ 133, 157), dass er - konkludent - auch die eBay AGB zum Bestandteil seines aufschiebend/auflösend bedingten Angebots (a.A. antizipierte Annahme) machen will, da er ansonsten ja nicht die Plattform eBay nutzen würde, wenn er mit deren AGBs nicht einverstanden wäre.

Er ist damit Verwender von diesen AGBs, die AGBs werden anhand der §§ 305 ff. geprüft - auch in der Rechtsbeziehung Käufer/Verkäufer (Kaufvertrag).

Interessant könnte sein, wie es wäre, wenn jemand in seiner Artikelbeschreibung ausdrücklich von den eBay AGB abweicht. Oft findet man ja sowas wie die unsinnige Formulierung "dies hier ist eine Auktion i.S.v. § 156 BGB" usw. Ich kenn mich mit den eBay AGB nicht aus; ggf. ist so etwas dort auch ausdrücklich untersagt und die Willenserklärung wäre dann perplex.
"Ob dagegen aus einer Kreuzung von Mensch und Tier gezeugte Wesen (Chimären) Träger der Menschenwürde sein können , wird man mit Erleichterung als derzeit inaktuell bezeichnen können"
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Justitian
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Re: ebay AGB

Beitrag von Justitian »

boogienat0r hat geschrieben: Interessant könnte sein, wie es wäre, wenn jemand in seiner Artikelbeschreibung ausdrücklich von den eBay AGB abweicht. Oft findet man ja sowas wie die unsinnige Formulierung "dies hier ist eine Auktion i.S.v. § 156 BGB" usw. Ich kenn mich mit den eBay AGB nicht aus; ggf. ist so etwas dort auch ausdrücklich untersagt und die Willenserklärung wäre dann perplex.
BGH, 15.02.2017 - VIII ZR 59/16

Irgendwie habe ich Probleme den Verkäufer hier als Verwender der eBay-AGB zu bezeichnen aber ich kann diese nirgendwo festmachen.
"[...] führt das ja nicht dazu, dass eine Feststellungsklage mit dem Inhalt "Wie wird das Wetter morgen?" zulässig wird" - Swann, 01.03.17
boogienat0r
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Re: ebay AGB

Beitrag von boogienat0r »

Also ich hab das jetzt noch einmal ein wenig recherchiert. Ich lag wohl nicht ganz richtig.

Man unterscheidet grob zwischen "Einbeziehungslösungen" und der "Auslegungslösung".

Einbeziehungslösungen sind in der Lit. vertretene Mindermeinungen, die die eBay AGB unmittelbar in den Kaufvertrag einbeziehen wollen. Vorgeschlagen wird z.B., dass dies bei der Anmeldung bei eBay durch einen Rahmenvertrag der Marktteilnehmer untereinander vereinbart wurde. Die Anmeldung bei eBay wurde z.T. auch als Vertrag zu Gunsten Dritter für den Käufer gesehen, die eBay AGB gelten lassen zu wollen. Andere wollen im Hinblick auf den Schutzzweck der §§ 305 ff. die §§ 307 ff. einfach analog anwenden.

Die Auslegungslösung ist die h.M., die auch der BGH seit dem ricardo Urteil vertritt. Hier z.B. von 2011 aus VIII ZR 289/09

" ... Da diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch jeweils nur zwischen eBay und dem Inhaber eines Mitgliedskontos vereinbart sind, kommt ihnen keine unmittelbare Geltung zwischen Anbieter und Bieter zu. Sie können allenfalls für die Auslegung der vor ihrem Hintergrund erfolgten Erklärungen Bedeutung gewinnen."

Nach der Auslegungslösung werden die eBay AGB nach allg. Auslegungsregeln (§§ 133, 157) nur subsidiär herangezogen, um Vertragslücken im Kaufvertrag zu schließen, d.h. wenn im Kaufvertrag ausdrücklich etwas schon geregelt ist, bedarf es dieses Rückgriffs gar nicht. Der Rückgriff überhaupt rechtfertigt sich dadurch, dass die Marktteilnehmer von eBay erwarten, dass wenn andere Marktteilnehmer eBay nutzen und deren AGB akzeptiert haben, auch mit diesen Regelungen einverstanden sind.

Sympatisch erscheint mir wenn überhaupt eigtl. nur die analoge Anwendung der §§ 307 ff. Warum soll es einen Unterschied machen, ob die AGB nun unmittelbar durch einen Verwender oder mittelbar durch Auslegung den Vertrag bestimmen? Das Schutzbedürfnis ist ja nun eigtl. nicht geringer?
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Justitian
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Re: ebay AGB

Beitrag von Justitian »

Klasse, danke für deine Recherche!
Ich stimme dir zu, wenn überhaupt sollten die §§ 307 ff. BGB analog angewendet werden. Die vergleichbare Interessenlage erscheint mir jedoch nicht unproblematisch, weil sich hier beide Parteien den AGB unterworfen haben und sie nicht eine der anderen stellt. Vor diesem Hintergrund wirkt es unbillig, den Verkäufer mit den harten Rechtsfolgen zu überziehen - er hat sich die AGB ja nicht ausgesucht. Andererseits müsste er eigentlich bei eBay Regress nehmen können. Für eine analoge Anwendung spricht wohl auch, dass die AGB sonst gar nicht kontrolliert werden könnten - außer vielleicht über das UKlaG.
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Re: ebay AGB

Beitrag von Sebast1an »

Auch bei einer "Auslegungslösung" wird man die §§ 307 ff. BGB bei der Überprüfung der eBay AGB anwenden (müssen). Eine unwirksame Klausel darf dann freilich nicht zur Auslegung herangezogen werden.

Im Ergebnis kommt nichts anderes raus, dogmatisch scheint mir das aber die sauberste Lösung.
Ich bin auch nur ein Mensch. Genauso wie ein Weißer Hai auch nur ein Fisch ist. (Zlatan Ibrahimović)
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Justitian
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Re: ebay AGB

Beitrag von Justitian »

Eher ablehnend wohl Grigoleit/Herresthal Rz. 100.
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