Darstellung schlankes Geständnis

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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dosenbaer
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Darstellung schlankes Geständnis

Beitrag von dosenbaer »

In einer Revisionsklausur finden sich im abgedruckten Urteil nach Verständigung in der Hauptverhandlung folgende Sätze:

"Der Angeklagte hat den unter II. festgestellten Sachverhalt in vollem Umfang eingeräumt und Abläufe, die Täterwissen offenbaren, detailliert geschildert. Sein Geständnis ist glaubhaft.
Hinsichtlich des Tatvorwurfs
[weiter mit Zeugenaussagen]."

Ich habe da relativ breit die Darstellungsrüge geprüft von wegen bei Absprachen sei ein qualifiziertes Geständnis notwendig, welches das Gericht voll zu prüfen hat. Und diese Überprüfung muss auch dem Revisionsgericht zugänglich sein. Was bei so einem pauschalen Satz natürlich umöglich ist. Daher Sachrüge und Revision (+).

So verstehe ich auch bspw. BGH, Beschluss vom 24. September 2013, Az. 2 StR 267/13, Rn. 25:
"Das Urteil ist aufgrund der Sachrüge aufzuheben, denn ihm fehlt eine tragfähige Beweisgrundlage. Das Landgericht hat sich auf die Mitteilung beschränkt: "Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten eingeräumt. An der Richtigkeit des Geständnisses besteht kein Zweifel." Dies trägt die Verurteilung nicht. Aus dem Schuldprinzip folgt die Verpflichtung der Strafgerichte, von Amts wegen den wahren Sachverhalt zu erforschen (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1060)"

Also miese Lösungsskizze oder Denkfehler meinerseits? :-s
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Tibor
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Re: Darstellung schlankes Geständnis

Beitrag von Tibor »

"unter II. festgestellten Sachverhalt" ist mE dahingehend zu verstehen, dass das Gericht auch ohne Geständnis vom Sachverhalt überzeugt ist. Habe aber keine Strafurteilspraxis.
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Re: Darstellung schlankes Geständnis

Beitrag von thh »

Tibor hat geschrieben:"unter II. festgestellten Sachverhalt" ist mE dahingehend zu verstehen, dass das Gericht auch ohne Geständnis vom Sachverhalt überzeugt ist. Habe aber keine Strafurteilspraxis.
Nein, das nimmt nur die Feststellungen in Bezug; wie das Gericht zu diesen gekommen ist, folgt dann aus der Beweiswürdigung unter III.
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Tibor
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Re: Darstellung schlankes Geständnis

Beitrag von Tibor »

Ok. Kenne die Aufteilung in II und III nicht.
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thh
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Re: Darstellung schlankes Geständnis

Beitrag von thh »

dosenbaer hat geschrieben:In einer Revisionsklausur finden sich im abgedruckten Urteil nach Verständigung in der Hauptverhandlung folgende Sätze:

"Der Angeklagte hat den unter II. festgestellten Sachverhalt in vollem Umfang eingeräumt und Abläufe, die Täterwissen offenbaren, detailliert geschildert. Sein Geständnis ist glaubhaft.
Hinsichtlich des Tatvorwurfs
[weiter mit Zeugenaussagen]."
Wird denn durch die dargestellten Zeugenaussagen das Geständnis bestätigt?
dosenbaer hat geschrieben: "Das Urteil ist aufgrund der Sachrüge aufzuheben, denn ihm fehlt eine tragfähige Beweisgrundlage. Das Landgericht hat sich auf die Mitteilung beschränkt: "Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten eingeräumt. An der Richtigkeit des Geständnisses besteht kein Zweifel." Dies trägt die Verurteilung nicht. Aus dem Schuldprinzip folgt die Verpflichtung der Strafgerichte, von Amts wegen den wahren Sachverhalt zu erforschen (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1060)"
Das hätte das Gericht dann ja ggf. durch Zeugenbeweis getan.
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Re: Darstellung schlankes Geständnis

Beitrag von dosenbaer »

thh hat geschrieben:Wird denn durch die dargestellten Zeugenaussagen das Geständnis bestätigt?
In der Art und Weise, dass angegeben wird, dass Zeugenaussage und Geständnis übereinstimmen und der Zeuge den Sachverhalt geschildert hat wie unter II.
Aber eine Wiedergabe, was wer überhaupt gesagt hat, erfolgt nicht.

Ich weiß, dass es dies generell nicht zwingend bedarf, wenn etwa der Sachverhalt sehr einfach gelegen ist und alle übereinstimmend ausgesagt haben.
Ich bin nur bisher davon ausgegangen, dass, sobald Absprachen im Spiel sind, ich zumindest den Inhalt des Geständnis wiedergeben muss. Oder von mir aus pasuchale Wiedergabe und dann in den einzelnen Zeugenaussagen angeben, dass dieses oder jenes Merkmal der Angeklagte ebenfalls so bekundet hat.
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Re: Darstellung schlankes Geständnis

Beitrag von Zippocat »

Warum sollte der Inhalt des Geständnisses wiedergegeben werden, wenn es den Feststellungen entspricht?
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Re: Darstellung schlankes Geständnis

Beitrag von dosenbaer »

Zippocat hat geschrieben:Warum sollte der Inhalt des Geständnisses wiedergegeben werden, wenn es den Feststellungen entspricht?
Weil nur so das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob dem auch so ist oder das Gericht etwas grob vereinfacht oder völlig unvertretbar falsch interpretiert hat. Zugegebernermaßen, dank copy&paste&sprachlicher Anpassung dürfte ein solcher "ausufernder" Formalismus in der Praxis kaum revisionsrechtlich Angriffsfläche bieten.

Oder muss ich das Urteil oben so verstehen:
"Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten eingeräumt. An der Richtigkeit des Geständnisses besteht kein Zweifel."
-> Sachrüge (+)
"Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten eingeräumt und wie in den Feststellungen zu II. wiedergegeben geschildert. An der Richtigkeit des Geständnisses besteht kein Zweifel."
-> Sachrüge (-)
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Re: Darstellung schlankes Geständnis

Beitrag von thh »

dosenbaer hat geschrieben:Oder muss ich das Urteil oben so verstehen:
"Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten eingeräumt. An der Richtigkeit des Geständnisses besteht kein Zweifel."
-> Sachrüge (+)
"Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten eingeräumt und wie in den Feststellungen zu II. wiedergegeben geschildert. An der Richtigkeit des Geständnisses besteht kein Zweifel."
"Sie wird überdies durch die Aussage des Zeugen Z bestätigt."
dosenbaer hat geschrieben:-> Sachrüge (-)
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Re: Darstellung schlankes Geständnis

Beitrag von dosenbaer »

thh hat geschrieben:"Sie wird überdies durch die Aussage des Zeugen Z bestätigt."
Und damit Ende der Beweiswürdigung oder folgt nun die Darstellung, was der Zeuge ausgesagt hat und inwieweit sich dies mit der Aussage des Angeklagten deckt?


Ich würde bei Abwesenheit von Zeugen mal ein paar Floskeln erwarten, dass das Gericht den Angeklagten mit seinem Geständnis konfrontiert hat und an welchen Punkten es nachgehakt hat. An welchen Punkten der Angeklagte etwa von der Anklageschrift abwich oder nicht. Und falls sich das alles nicht angeboten hat, dann halt ein Absatz dazu.

Klar, letztlich würde dies Floskel mit Floskel austauschen, aber ein derart vager Halbsatz bzgl. "wie in den Feststellungen"... wenn man deswegen ein LG über sein Urteil stolpern lässt, kann man auch Ausführlichkeit verlangen.
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