35 Stunden Woche bei McDermott

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OJ1988
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von OJ1988 »

julée hat geschrieben:
OJ1988 hat geschrieben:
julée hat geschrieben:Wie wäre es mit ein bisschen Fähigkeit zur Selbstreflexion und Selbstkritik? Sachen, die ich auf den letzten Drücker zu später Stunde mache, sind sicherlich immer noch qualitativ hochwertig
Herrlich.
Schön, dass Du Dich mittels entstellenden Zitieren amüsierst ;)
Recte: [Hervorhebung durch den Autor]. Okay so?
julée
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von julée »

Jein, denn die selbstkritischen Relativierungen im Nachfolgenden lässt Du nach wie vor außer Betracht. ;) Es ist immer eine Frage der Ausgangsbasis und des Vergleichsmaßstabs.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
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Muirne
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von Muirne »

Kasimir hat geschrieben: Zudem wird durch die Verringerung der Stundenzahl ja nicht aufgefangen, dass gerade auch zu Randzeiten gearbeitet wird. Es wird ja jeder Associate dann von 9-18 Uhr arbeiten wollen, aber das funktioniert ja nicht, wenn über Nacht noch etwas fertiggemacht werden muss.
Ich arbeite beispielsweise deutlich lieber und besser bis 23.00 Uhr als schon um 7.00 Uhr. Dass ich nach 20.00 Uhr noch was mache ist sogar eher die Regel. Und ich mache auch schon mal was erst um 2.00, 3.00 Uhr fertig, wenn es sein muss. Gibt also einfach sehr unterschiedliche Typen. Schichtarbeit ist natürlich nix, was man immer haben muss, aber grdsl. werden sich da sicher auch Leute für finden.
Am Liebsten schaffe ich morgens gegen 9 für paar Stunden, gehe dann spazieren, esse, mache lange Pause, idealerweise mit Mittagsschlaf und arbeite dann nochmal bis in den späten Abend. Das liegt mir besser als tagsüber durchzuarbeiten. Ich mag es einfach nicht, wenn sich Nachmittagstief und Arbeitszeit überschneiden.

Für mich wäre das Modell also schon eher was als GK pur, da ich regelmäßig und auf lange Sicht keine 80 Stunden Woche haben muss.
Sicherlich müsste man aber sehen, ob man die Reibungsverluste ausgleichen kann. Ich kann ja nicht einfach da weiterschreiben, wo ein anderer aufhört. Man müsste da dann klare Aufgabenkreise definieren, die Reibungsverluste so gering wie möglich halten.
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julée
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermot

Beitrag von julée »

Muirne hat geschrieben:Sicherlich müsste man aber sehen, ob man die Reibungsverluste ausgleichen kann. Ich kann ja nicht einfach da weiterschreiben, wo ein anderer aufhört. Man müsste da dann klare Aufgabenkreise definieren, die Reibungsverluste so gering wie möglich halten.
In jeder Teamkonstellation funktioniert das gemeinsame Arbeiten an einem Dokument sicherlich nicht reibungslos, aber wenn ein paar Grundparameter übereinstimmen und man in ausreichendem Maße miteinander kommuniziert (bzw man dies in manchen Fragen nicht mehr muss), dann funktioniert auch das erstaunlich gut. Man muss natürlich ein Stück weit so arbeiten, dass der Nächste auch genau weiß, wo er weitermachen muss, welche Fragen ggf. noch zu klären sind und welche Abschnitte er einem gerne übrig lassen darf. Und natürlich bietet es sich an, eine interne Aufgabenverteilung und Spezialisierung zu finden.
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Muirne
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von Muirne »

Das denke ich grdsl. auch, julée. Man muss ja auch nicht so tun als würde ein einziger GK-Anwalt das VW Mandat allein führen. Teamarbeit wird wohl auch eher Regel als Ausnahme sein.
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Tibor
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von Tibor »

Bei der Teamarbeit darf man zudem nicht die Vorteile vergessen: Man diskutiert den Fall, bringt gegenseitige Erfahrung/Wissen ein und kann so schneller Holzwege entdecken. Wurschtelt man allein vor sich hin, kann es leicht passieren, dass man ggf Dinge übersieht und in die falsche Richtung arbeitet.
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von sai »

Muirne hat geschrieben:Man muss ja auch nicht so tun als würde ein einziger GK-Anwalt das VW Mandat allein führen.
Sag das mal dem federführenden Partner.
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Baron
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von Baron »

sai hat geschrieben:
Muirne hat geschrieben:Man muss ja auch nicht so tun als würde ein einziger GK-Anwalt das VW Mandat allein führen.
Sag das mal dem federführenden Partner.
:laughing6:
Thandor79
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von Thandor79 »

Guglhupf hat geschrieben:http://www.lto.de/recht/kanzleien-unter ... ssociates/

Gedanken hierzu?
Mein Gedanke: Das klappt nie. Die Stunden werden am Ende doch der Aufgabe angepasst. Und nicht umgekehrt.

Gehen, ja gehen würde es auch umgekehrt. Aber dafür gibt es zu viel Haifischbeckenmentalität, extern wie auch intern.
Brainiac
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von Brainiac »

Kasimir hat geschrieben:Zudem wird durch die Verringerung der Stundenzahl ja nicht aufgefangen, dass gerade auch zu Randzeiten gearbeitet wird. Es wird ja jeder Associate dann von 9-18 Uhr arbeiten wollen, aber das funktioniert ja nicht, wenn über Nacht noch etwas fertiggemacht werden muss.
Dies scheint mir ein wichtiger Punkt zu sein. Und zwar genau aus Anwaltssicht: Vgl. die Aussage des McDermott-Partners: "Kerngedanke des neuen Modells ist, dass jeweils mehrere Anwälte mit zeitlich versetztem Arbeitsbeginn und Arbeitsende in einem Team zusammen arbeiten. So will die Kanzlei eine "Rund um die Uhr"-Betreuung der Mandate [...] sicherstellen". Läuft das Modell dann auf eine 2- oder 3-Schicht-Arbeit (Tibors Fließbandarbeiter lässt grüßen) mit periodisch wechselnder Anfangszeit oä hinaus, dürfte sich der Reiz doch schon erheblich relativieren...
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Tibor
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von Tibor »

Naja, anders kann das nicht gehen. Die Schichten müssen sich zudem erheblich überlappen für die Übergabe, also bspw
7:00-13:30 12:00-18:30 17:00-23:30, wenn man in einer Transaktion mit US Berührung ist. Ansonsten Ggf auch 8:30 bis 21:00 und mehr Überlappung. Das hängt auch davon ab, ob es konsekutives Arbeiten möglich ist oder ob eigentlich nur eine Erreichbarkeit für die Randstunden erforderlich sein soll. Das ist je nach Arbeit immer anders. Im Ergebnis muss man aber erheblich flexibel sein und es läuft gerade nicht auf klassisches 9-5 hinaus.
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julée
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von julée »

Die Frage wäre ja, auf welchen Zeitbereich die "Rund um die Uhr"-Betreuung tatsächlich erstreckt werden soll und inwieweit das in den Lebensrhythmus der einzelnen Teammitglieder passt. 2 Schichten braucht man bei einer täglichen Arbeitszeit von 7-8 Stunden ohnehin, um eine "Servicezeit" von 9-21 Uhr zu gewährleisten. Jetzt kann man die Zeiten mit mehr Schichten noch auf 6-24 Uhr ausdehnen (ggf. mit der Option, dass die Spätschicht gegen entsprechende Kompensation die Nacht durcharbeitet), was sicherlich zunächst einmal gewöhnungsbedürftig erscheint. Allerdings könnte ich mir schon vorstellen, dass es mit kleinen Kindern attraktiv wäre, darauf zu verzichten, sie morgens selbst in die Kita zu bringen, sondern von 6-14/15 Uhr zu arbeiten und den Nachmittag mit den Kindern zu verbringen. Ebenso mag es attraktiv sein, ausschlafen zu können, den ganzen Vormittag/Mittag für sich nutzen zu können und erst ab 16/17 Uhr zu arbeiten. Klingt für mich jedenfalls alles attraktiver als 9/10-21/22 Uhr mit open end.
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Tibor
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von Tibor »

Klar, aber es wird doch nahezu täglich oder wöchentlich Änderungen "im Schichtplan" geben müssen, wenn nicht wenigstens eins von zwei oder drei Teammitgliedern sehr flexibel ist und auch Überstunden gegen Freizeitausgleich leisten kann. Der Freizeitausgleich führt dann allerdings zu Folgeproblemen, denn insoweit fehlt die Person danach. So richtig funktionieren kann das also nur in einem Team von 4-6 Personen wovon 2 klassisches Fulltimeanwälte sind und 4 Teilzeitler dazu.
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julée
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von julée »

Warum muss es nahezu täglich oder wöchentlich Änderungen "im Schichtplan" geben?

Der Witz dürfte ja sein, dass pro Anwalt weniger Überstunden anfallen, weil für den aus der Frühschicht der aus der Mittagsschicht übernehmen kann und der aus der Spätschicht für den aus der Mittagsschicht; nur der aus der Spätschicht muss ggf. bereit sein, open end Überstunden dranzuhängen, was man wiederum tlw. dadurch auffangen könnte, dass man die Spätschicht z. B. regulär mit etwas weniger Arbeitszeit bemisst und einen Teil der Arbeitszeit auf die erwartbaren Überstunden entfallen lässt. Ein bis zwei Überstunden dürften sich hingegen in den Überlappungszeiten zeitnah kompensieren lassen - und verglichen mit den heute üblichen Arbeitszeiten in der GK dürfte es ein "Luxusproblem" darstellen, wenn das Kind mal erst um 17 statt um 15 Uhr aus der Kita abgeholt werden kann; ebenso dürfte es deutlich weniger dramatisch sein, ab 24 Uhr mal noch 3 Überstunden dranzuhängen, wenn man erst am späten Nachmittag angefangen hat, als wenn man schon morgens um 9 Uhr im Büro war und weiß, dass man am nächsten Morgen wieder um 9 Uhr da sein muss. Mit der Zahl der teilnehmenden Anwälte dürfte zudem die Stabilität des Systems zunehmen, weil dann ggf. auch teamübergreifend die Vertretung innerhalb der verschiedenen Schichten gewährleistet werden kann.

So völlig ohne Flexibilität und "Teamgeist" wird es natürlich nicht gehen, aber wenn man das nicht aufbringt, scheiden ja letztlich 90 % der juristischen Berufe aus.
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Atropos
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Re: 35 Stunden Woche bei McDermott

Beitrag von Atropos »

Ich finde es manchmal etwas abwegig, so zu tun, als wäre GK eben ein Job wie jeder andere. Werden die ganzen Arbeitszeitregeln denn in den
Spitzen der Ministerialbürokratie eingehalten, wenn gerade die Eurozone gerettet werden muss?

Grundsätzlich ist doch wohl klar: Manche Projekte sind einfach so komplex und dringend, dass man sie nicht mit 40 Stunden Arbeitszeit pro Woche bewältigen kann - und dann führt die normative Kraft des Faktischen eben dazu, dass länger gearbeitet wird. (Wohlgemerkt ist der Umkehrschluss nicht richtig, dass nur weil sehr lange gearbeitet wird das automatisch bedeuten muss, dass das Projekt komplex + dringend war oder die Arbeitszeiten wirklich im konkreten Fall notwendig ist. Es gibt diese Fälle aber objektiv.)

@julée: Was, wenn man einen Fall aufgrund des komplexen Sachverhaltes eigentlich erst effektiv bearbeiten kann, wenn man sich vorher ~ 100-200 Stunden in den konkreten Fall eingelesen hat. Sollen dann Mandanten quasi 2 oder 3 Mitarbeiter für diese Einarbeitungszeit bezahlen, damit diese sich im Schichtdienst abwechseln können? Ich wäre natürlich dafür, aber ich kann verstehen, wenn Mandanten das nicht wollen.
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