Enscheidungsfindung, Krise

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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Gelöschter Nutzer

Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Levi hat geschrieben:
Suchender_ hat geschrieben:M.E. wird das Pferd von hinten aufgezäumt: der Verwaltungsbegriff und die Strafzwecktheorien sollten nicht die Grundlagen bilden, sondern die Kür. Wenn die praktische Fallbearbeitung, der juristische Stil und das juristische, logische Denken erlernt wurden, dann bleibt -- bei Bedarf und Interesse -- noch immer Raum für Vertiefungen und Ergänzungen (gerade für gute und interessierte Studenten). Wer aber noch nicht einmal sauber subsumieren kann, der braucht auch keine Puppe'sche Mindermeinung.
Und wozu braucht es dazu ein Universitätsstudium? 

Praktisches Handwerkszeug wie Fallbearbeitung, juristische Stil, Subsumtion etc. lernt man auch in der Ausbildung des gehobenen Dienstes an der (Fach-)Hochschule. Wissenschaftlich ausgebildete Juristen sollen aber später gerade keine (Rechts-)Sachbearbeiter sein, sondern mit dem "Werkstoff Recht" selbstständig, kreativ und mutig umgehen. Grundlagen wie Verwaltungslehre und Strafzwecktheorien sind daher nicht das Sahnehäuchen für besonders interessierte Studierende sondern die essentielle Basis für eine spätere verantwortungsvolle (leitende) Tätigkeit als Jurist. 

Wer sich dagegen nur für Fallbearbeitung, juristischen Stil, Subsumtion etc. interessiert, sollte sich die Frage stellen, ob er nicht im gehobenen Dienst glücklicher würde.
Wenn die von dir genannten Fähigkeiten erstens wichtig wären, zweitens nicht im Examen abgeprüft würden und drittens nicht "on the job" erlernt werden könnten, dann wäre dieses als Berufszugangsprüfung ungeeignet. Dann solltest du dort ansetzen.
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Levi
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Levi »

Suchender_ hat geschrieben:
Levi hat geschrieben:
Suchender_ hat geschrieben:M.E. wird das Pferd von hinten aufgezäumt: der Verwaltungsbegriff und die Strafzwecktheorien sollten nicht die Grundlagen bilden, sondern die Kür. Wenn die praktische Fallbearbeitung, der juristische Stil und das juristische, logische Denken erlernt wurden, dann bleibt -- bei Bedarf und Interesse -- noch immer Raum für Vertiefungen und Ergänzungen (gerade für gute und interessierte Studenten). Wer aber noch nicht einmal sauber subsumieren kann, der braucht auch keine Puppe'sche Mindermeinung.
Und wozu braucht es dazu ein Universitätsstudium? 

Praktisches Handwerkszeug wie Fallbearbeitung, juristische Stil, Subsumtion etc. lernt man auch in der Ausbildung des gehobenen Dienstes an der (Fach-)Hochschule. Wissenschaftlich ausgebildete Juristen sollen aber später gerade keine (Rechts-)Sachbearbeiter sein, sondern mit dem "Werkstoff Recht" selbstständig, kreativ und mutig umgehen. Grundlagen wie Verwaltungslehre und Strafzwecktheorien sind daher nicht das Sahnehäuchen für besonders interessierte Studierende sondern die essentielle Basis für eine spätere verantwortungsvolle (leitende) Tätigkeit als Jurist. 

Wer sich dagegen nur für Fallbearbeitung, juristischen Stil, Subsumtion etc. interessiert, sollte sich die Frage stellen, ob er nicht im gehobenen Dienst glücklicher würde.
Wenn die von dir genannten Fähigkeiten erstens wichtig wären, zweitens nicht im Examen abgeprüft würden und drittens nicht "on the job" erlernt werden könnten, dann wäre dieses als Berufszugangsprüfung ungeeignet. Dann solltest du dort ansetzen.
Es geht hier gerade nicht um das Erlernen von reproduzierbaren und abprüfbaren Wissen (das man kurze Zeit nach dem Examen ohnehin schon wieder vergessen hat), sondern um das Eintauchen in einen wissenschaftlichen Diskurs. Um das Mit- und Weiter-Denken der Prinzipien des Rechts; nicht um die Anwendung ihrer Regeln. Das geht in dem geschützten Freiraum der Universität gemeinhin deutlich besser als später "on the job", wo man weder die Zeit noch die institutionelle Freiheit für so etwas hat und wo gemeinhin auch die gleichgesinnten Ansprechpartner fehlen. Genau dafür wurden Universitäten geschaffen und ihre Freiheit institutionell abgesichert.

Eine staatliche Berufszugangsprüfung hat dagegen einen völlig anderen Fokus. Sie hat Wettbewerbscharakter, regelt den Zugang zu öffentlichen Ämtern und muss justiziabel sein. In der Wissenschaft geht es nicht um Wettbewerb und Ämter (oder sollte es zumindest nicht primär), sondern um Erkenntnis. Um das gemeinsame Ringen nach Wahrheit oder doch zumindest um die beste Beschreibung der Wirklichkeit. 

Wissenschaft fängt da an, wo das abprüfbare und unmittelbar anwendbare Wissen und Handwerkszeug aufhört. 
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thh
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von thh »

Blaumann hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:Du hast bisher noch nicht deine Behauptung belegen können, dass das Studium der Rechtswissenschaften an einer inländischen Universität vorrangig der Examensvorbereitung nach den JAG der Länder dienen soll.
Das ergibt sich doch bereits aus der Systematik der JAGs und JAPOs?

Die Gesetze schreiben einen bestimmten Unterrichtskanon (kleine und große Übungen in den Hauptrechtsgebieten und Grundlagenfächer) vor.
Also keine Vorlesungen ...
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Ryze »

Suchender_ hat geschrieben:
Levi hat geschrieben:
Suchender_ hat geschrieben:M.E. wird das Pferd von hinten aufgezäumt: der Verwaltungsbegriff und die Strafzwecktheorien sollten nicht die Grundlagen bilden, sondern die Kür. Wenn die praktische Fallbearbeitung, der juristische Stil und das juristische, logische Denken erlernt wurden, dann bleibt -- bei Bedarf und Interesse -- noch immer Raum für Vertiefungen und Ergänzungen (gerade für gute und interessierte Studenten). Wer aber noch nicht einmal sauber subsumieren kann, der braucht auch keine Puppe'sche Mindermeinung.
Und wozu braucht es dazu ein Universitätsstudium? 

Praktisches Handwerkszeug wie Fallbearbeitung, juristische Stil, Subsumtion etc. lernt man auch in der Ausbildung des gehobenen Dienstes an der (Fach-)Hochschule. Wissenschaftlich ausgebildete Juristen sollen aber später gerade keine (Rechts-)Sachbearbeiter sein, sondern mit dem "Werkstoff Recht" selbstständig, kreativ und mutig umgehen. Grundlagen wie Verwaltungslehre und Strafzwecktheorien sind daher nicht das Sahnehäuchen für besonders interessierte Studierende sondern die essentielle Basis für eine spätere verantwortungsvolle (leitende) Tätigkeit als Jurist. 

Wer sich dagegen nur für Fallbearbeitung, juristischen Stil, Subsumtion etc. interessiert, sollte sich die Frage stellen, ob er nicht im gehobenen Dienst glücklicher würde.
Wenn die von dir genannten Fähigkeiten erstens wichtig wären, zweitens nicht im Examen abgeprüft würden und drittens nicht "on the job" erlernt werden könnten, dann wäre dieses als Berufszugangsprüfung ungeeignet. Dann solltest du dort ansetzen.
Es wurde ja oft genug betont, dass zwar die Basisfähigkeiten, die zumindest ein Großteil der Juristen im Alltag benötigt, in den Examina (mit einem Fokus auf dem 2. Staatsexamen) abgeprüft werden, sodass die Examinierten grundsätzlich in der Lage sind (bzw. sein sollten), praktisch tätig zu werden. Bisher hast du dich ja vehement dagegen gewehrt, dass insbesondere den historischen und methodischen Grundlagen (im weitest denkbaren Sinne) und den systematischen Zusammenhängen, sofern sie keine Relevanz in der Fallprüfung finden (also in den 1 1/2 Sätzen zur systematischen Auslegung einer Norm), kein praktischer Wert zukommt. Gerade das ist aber m.E. immer wieder der Fall. Insbesondere in der Kautelarpraxis werden Anwälte immer wieder mit Fragestellungen und Situationen konfrontiert, in denen ihnen diese Grundlagenkenntnisse erst Zugang zu einer Ausarbeitung eines praktischen Vorschlags und eine Risikoeinschätzung ermöglichen, weil sie als rechtliches Phänomen (noch) nicht von der Rechtsprechung und/oder der Literatur behandelt wurden. In diesen Fällen wird derjenige, der ausschließlich anhand von Fällen die mehr oder weniger standardisierten Problemen gelernt hat und nur in einem Umfang, der die Lösung des Falls beinhaltet, das genannte und kritisierte Grundlagenwissen erworben hat, einen weitaus schwereren Stand haben als derjenige, der in Vorlesungen Kenntnisse über z.B. die Grundlagen des Sachenrechts oder konkreter der Sicherungsmittel erworben hat und insbesondere deren kritische Beleuchtung durch Professoren in Vorlesungen nachvollzogen hat. Durch diese rechtswissenschaftliche Durchdringung des Rechts ergeben sich valide und letztlich entscheidende Argumente, die den Anwalt befähigen, z.B. Fragestellungen um die Besicherung von Konsortialkreditverträgen großer Banken beantworten zu können, die mit Instrumentarien operieren, die in Examensklausuren nicht vorkommen.

In den Examina und folglich auch in der Praxis werden aber viel profanere Grundlagen ignoriert, etwa der zeitliche Anwendungsbereich von Normen (die Existenz des EGBGB scheint Vielen überhaupt nicht bekannt zu sein), der Auslandsbezug von zivilrechtlichen Fällen (die Kenntnis dieses Ausschnitts soll ja sogar vollständig aus dem Prüfungskatalog entfernt werden). Allein diese Punkte zeigen m.E. schon, dass das bloße Bestehen einer Berufszugangshürde und das Durchlaufen des Studiums mit einem (hypothetischen) Fokus hierauf nicht einmal mehr umfänglich dazu befähigt, Alltagsfälle praktisch zu bearbeiten. Die Unkenntnis allein dieser Punkte hat ein existenzbedrohendes Haftungspotential, das sich in der Praxis auch tatsächlich immer wieder realisiert.

Ein anderes Beispiel wäre etwa die Erarbeitung eines Gesetzesentwurfs, mit der ein Regierungsrat in einem Ministerium oder aber auch ein Anwalt in einer großen Kanzlei konfrontiert werden kann. Auch dort kann in großem Maße davon profitieren, wer weiß, welche Methodik und Konzeption der bisherigen Gesetzeslage zugrunde lag und welche (möglicherweise durch Rechtsvergleichung gewonnene) Gegenmodelle bei der Erarbeitung der neuen Gesetzeslage ggf. darzustellen und zu berücksichtigen sind, wie verschiedene Regulierungsansätze auf die Rechtsunterworfenen wirken, welche Modelle zur Eingrenzung des Anwendungsbereichs eines Gesetzes existieren und welche Gefahren dabei lauern, welche Prinzipien bei der Auslegung durch den Rechtsanwender wirken bzw. berücksichtigen sind, welche - möglicherweise unliebsamen - Konsequenzen dies für die Rechtslage im Übrigen oder auch andere Rechtsunterworfene hat und wie hierauf zu reagieren ist usw. In der Position als Rechtsrat in der Europäischen Kommission kann die Lage noch viel komplexer werden, ist man an der Erarbeitung einer Richtlinie beteiligt und hat mehrere Rechtsordnungen mit unterschiedlichen Systemen und Lösungsansätzen zu berücksichtigen.
Das soll nicht heißen, dass derjenige, der all diese Grundlagen geflissentlich ignoriert hat und immer nur auf Prüfungen gelernt hat, überhaupt kein Ergebnis produzieren können wird, die Rechtswissenschaften stellen den Bearbeiter aber weitaus mehr Instrumentarien bereit, um weitreichende praktische Probleme profund begründet (!) ausarbeiten zu können. Die qualitativen Unterschiede in den Ausarbeitungen sind in der Praxis durchaus spürbar - dass die letztlich verabschiedeten Gesetze der letzten Legislativperiode teils von miserabler Qualität waren und zunehmend offenkundige Mängel, die schon in den Ministerien, aber auch in den Expertengremien offengelegt wurden, ignoriert werden und/oder so schnell verabschiedet wurden, dass für eine wissenschaftlich fundierte Ausarbeitung überhaupt keine Zeit war: geschenkt. Rechtswissenschaften im weiteren Sinne ist nicht lediglich l'art pour l'art, die Degradierung zur Prüfungsbefähigungsinstitution würde m.E. schon mittelfristig die Gefahr eines Stillstands der rechtlichen Entwicklung bzw. einer massiven Qualitätsverlustes bergen. Was ist also das bestehende Ziel? Wie der Name schon sagt, ist der Untersuchungsgegenstand der Rechtswissenschaften das Recht selbst in ihren mannigfaltigen Formen, Voraussetzungen, dem Zustandekommen, der Wirkungsweise, dem Sein und auch dem Sollen. Das Recht ist zu umfangreich und komplex und die Realität stellt zu große Anforderungen und Fragen an uns, an jeden Juristen, der das Studium abgeschlossen hat und seine Beiträge zum Recht in Praxis oder Theorie erbringt, als dass wir darauf setzen sollten, dass sich ein (selbst-)kritischer Innovationsgeist und das Streben nach Fortentwicklung aus bloßem Selbstantrieb heraus und ohne Inspiration im Studium bei einer hinreichenden Anzahl von Juristen herausbildet. Kurz: Das Lösen von Fällen allein befähigt einen Juristen nicht dazu, sämtliche Herausforderungen der Praxis zu bewältigen. Daher hielt ich auch als WissMit und Referendar den Hinweis, den man oft von Studenten hört, man brauche das doch alles gar nicht, weil man später eh nur in den Kommentar/Juris/Beck-Online schaut, für äußerst gefährlich.

Wieso kann man all das nicht in den Examina prüfen? Weil es schlicht zu komplex und in der Sache zu umfangreich ist. Wenn ich dich richtig verstehe, würdest du aber all diese Beispiele aus dem Vorlesungsstoff verbannen wollen, weil sie im Prüfungskatalog auftauchen und daher auch nicht Prüfungsstoff sein können. Das fände ich einen Schritt in die falsche Richtung.

Nur kurz zur angeblichen Dominanz des angelsächischen Rechts: Die Glorifzierung des angelsächischen Rechtraums würde ich überdenken, bzw. bin ich recht zuversichtlich, dass du - solltest du im M&A Metier tätig werden - deine Meinung bezüglich der Aussagekraft der von dir genannten Begründungen für diese Ansicht noch ändern wirst. Die Größe und Anzahl von "Deals" ist ebenso wenig wie die Bezahlung in großen Kanzleien (die sich meines Wissens auch nicht mehr signifikant unterscheidet; insbesondere nicht im Vergleich zum UK) ein tauglicher Indikator zur Bewertung der rechtlichen Qualität von Juristen, sondern lediglich ein Ausdruck des bestehen Rechtsberatungsbedarfs im Verhältnis zum Angebot. Die Systeme der Ausbildung und des Rechts selbst sind auch zu verschieden als dass sie im Hinblick auf Qualität und Effizienz verglichen werden könnten. Sie bieten jeweils ihre Vor- und Nachteile, dazu gibt es z.B. fundierte Hinweise in diversen Beiträgen der RabelsZ; gerade innerhalb der EU-Institutionen, aber auch anderen internationalen Institutionen ist man sich dessen auch durchaus bewusst, gerade der Synergieeffekt führt zu sehr guten Ergebnissen. Die Relevanz des deutschen Rechts selbst würde ich im internationalen Vergleich angesichts der Übertragung von nicht gerade wenigen Rechtsinstituten bis hin zu ganzen Zivilgesetzbüchern auch nicht unterschätzen. Der Grund zur Wahl englischen Rechts hat oft auch eher praktische, rechtliche Gründe (etwa rechtliche Unsicherheit bezüglich der strengen AGB-Prüfung des BGHs), stellt aber seit jeher keinen Hinderungsgrund für die Beratung durch deutsche Anwälte dar.
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Solar
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Solar »

Ryze hat geschrieben:
Suchender_ hat geschrieben:Wenn die von dir genannten Fähigkeiten erstens wichtig wären, zweitens nicht im Examen abgeprüft würden und drittens nicht "on the job" erlernt werden könnten, dann wäre dieses als Berufszugangsprüfung ungeeignet. Dann solltest du dort ansetzen.
Es wurde ja oft genug betont, dass zwar die Basisfähigkeiten, die zumindest ein Großteil der Juristen im Alltag benötigt, in den Examina (mit einem Fokus auf dem 2. Staatsexamen) abgeprüft werden, sodass die Examinierten grundsätzlich in der Lage sind (bzw. sein sollten), praktisch tätig zu werden. Bisher hast du dich ja vehement dagegen gewehrt, dass insbesondere den historischen und methodischen Grundlagen (im weitest denkbaren Sinne) und den systematischen Zusammenhängen, sofern sie keine Relevanz in der Fallprüfung finden (also in den 1 1/2 Sätzen zur systematischen Auslegung einer Norm), kein praktischer Wert zukommt. Gerade das ist aber m.E. immer wieder der Fall. Insbesondere in der Kautelarpraxis werden Anwälte immer wieder mit Fragestellungen und Situationen konfrontiert, in denen ihnen diese Grundlagenkenntnisse erst Zugang zu einer Ausarbeitung eines praktischen Vorschlags und eine Risikoeinschätzung ermöglichen, weil sie als rechtliches Phänomen (noch) nicht von der Rechtsprechung und/oder der Literatur behandelt wurden. In diesen Fällen wird derjenige, der ausschließlich anhand von Fällen die mehr oder weniger standardisierten Problemen gelernt hat und nur in einem Umfang, der die Lösung des Falls beinhaltet, das genannte und kritisierte Grundlagenwissen erworben hat, einen weitaus schwereren Stand haben als derjenige, der in Vorlesungen Kenntnisse über z.B. die Grundlagen des Sachenrechts oder konkreter der Sicherungsmittel erworben hat und insbesondere deren kritische Beleuchtung durch Professoren in Vorlesungen nachvollzogen hat. Durch diese rechtswissenschaftliche Durchdringung des Rechts ergeben sich valide und letztlich entscheidende Argumente, die den Anwalt befähigen, z.B. Fragestellungen um die Besicherung von Konsortialkreditverträgen großer Banken beantworten zu können, die mit Instrumentarien operieren, die in Examensklausuren nicht vorkommen.

In den Examina und folglich auch in der Praxis werden aber viel profanere Grundlagen ignoriert, etwa der zeitliche Anwendungsbereich von Normen (die Existenz des EGBGB scheint Vielen überhaupt nicht bekannt zu sein), der Auslandsbezug von zivilrechtlichen Fällen (die Kenntnis dieses Ausschnitts soll ja sogar vollständig aus dem Prüfungskatalog entfernt werden). Allein diese Punkte zeigen m.E. schon, dass das bloße Bestehen einer Berufszugangshürde und das Durchlaufen des Studiums mit einem (hypothetischen) Fokus hierauf nicht einmal mehr umfänglich dazu befähigt, Alltagsfälle praktisch zu bearbeiten. Die Unkenntnis allein dieser Punkte hat ein existenzbedrohendes Haftungspotential, das sich in der Praxis auch tatsächlich immer wieder realisiert.

Ein anderes Beispiel wäre etwa die Erarbeitung eines Gesetzesentwurfs, mit der ein Regierungsrat in einem Ministerium oder aber auch ein Anwalt in einer großen Kanzlei konfrontiert werden kann. Auch dort kann in großem Maße davon profitieren, wer weiß, welche Methodik und Konzeption der bisherigen Gesetzeslage zugrunde lag und welche (möglicherweise durch Rechtsvergleichung gewonnene) Gegenmodelle bei der Erarbeitung der neuen Gesetzeslage ggf. darzustellen und zu berücksichtigen sind, wie verschiedene Regulierungsansätze auf die Rechtsunterworfenen wirken, welche Modelle zur Eingrenzung des Anwendungsbereichs eines Gesetzes existieren und welche Gefahren dabei lauern, welche Prinzipien bei der Auslegung durch den Rechtsanwender wirken bzw. berücksichtigen sind, welche - möglicherweise unliebsamen - Konsequenzen dies für die Rechtslage im Übrigen oder auch andere Rechtsunterworfene hat und wie hierauf zu reagieren ist usw. In der Position als Rechtsrat in der Europäischen Kommission kann die Lage noch viel komplexer werden, ist man an der Erarbeitung einer Richtlinie beteiligt und hat mehrere Rechtsordnungen mit unterschiedlichen Systemen und Lösungsansätzen zu berücksichtigen.
Das soll nicht heißen, dass derjenige, der all diese Grundlagen geflissentlich ignoriert hat und immer nur auf Prüfungen gelernt hat, überhaupt kein Ergebnis produzieren können wird, die Rechtswissenschaften stellen den Bearbeiter aber weitaus mehr Instrumentarien bereit, um weitreichende praktische Probleme profund begründet (!) ausarbeiten zu können. Die qualitativen Unterschiede in den Ausarbeitungen sind in der Praxis durchaus spürbar - dass die letztlich verabschiedeten Gesetze der letzten Legislativperiode teils von miserabler Qualität waren und zunehmend offenkundige Mängel, die schon in den Ministerien, aber auch in den Expertengremien offengelegt wurden, ignoriert werden und/oder so schnell verabschiedet wurden, dass für eine wissenschaftlich fundierte Ausarbeitung überhaupt keine Zeit war: geschenkt. Rechtswissenschaften im weiteren Sinne ist nicht lediglich l'art pour l'art, die Degradierung zur Prüfungsbefähigungsinstitution würde m.E. schon mittelfristig die Gefahr eines Stillstands der rechtlichen Entwicklung bzw. einer massiven Qualitätsverlustes bergen. Was ist also das bestehende Ziel? Wie der Name schon sagt, ist der Untersuchungsgegenstand der Rechtswissenschaften das Recht selbst in ihren mannigfaltigen Formen, Voraussetzungen, dem Zustandekommen, der Wirkungsweise, dem Sein und auch dem Sollen. Das Recht ist zu umfangreich und komplex und die Realität stellt zu große Anforderungen und Fragen an uns, an jeden Juristen, der das Studium abgeschlossen hat und seine Beiträge zum Recht in Praxis oder Theorie erbringt, als dass wir darauf setzen sollten, dass sich ein (selbst-)kritischer Innovationsgeist und das Streben nach Fortentwicklung aus bloßem Selbstantrieb heraus und ohne Inspiration im Studium bei einer hinreichenden Anzahl von Juristen herausbildet. Kurz: Das Lösen von Fällen allein befähigt einen Juristen nicht dazu, sämtliche Herausforderungen der Praxis zu bewältigen. Daher hielt ich auch als WissMit und Referendar den Hinweis, den man oft von Studenten hört, man brauche das doch alles gar nicht, weil man später eh nur in den Kommentar/Juris/Beck-Online schaut, für äußerst gefährlich.

Wieso kann man all das nicht in den Examina prüfen? Weil es schlicht zu komplex und in der Sache zu umfangreich ist. Wenn ich dich richtig verstehe, würdest du aber all diese Beispiele aus dem Vorlesungsstoff verbannen wollen, weil sie im Prüfungskatalog auftauchen und daher auch nicht Prüfungsstoff sein können. Das fände ich einen Schritt in die falsche Richtung.

Nur kurz zur angeblichen Dominanz des angelsächischen Rechts: Die Glorifzierung des angelsächischen Rechtraums würde ich überdenken, bzw. bin ich recht zuversichtlich, dass du - solltest du im M&A Metier tätig werden - deine Meinung bezüglich der Aussagekraft der von dir genannten Begründungen für diese Ansicht noch ändern wirst. Die Größe und Anzahl von "Deals" ist ebenso wenig wie die Bezahlung in großen Kanzleien (die sich meines Wissens auch nicht mehr signifikant unterscheidet; insbesondere nicht im Vergleich zum UK) ein tauglicher Indikator zur Bewertung der rechtlichen Qualität von Juristen, sondern lediglich ein Ausdruck des bestehen Rechtsberatungsbedarfs im Verhältnis zum Angebot. Die Systeme der Ausbildung und des Rechts selbst sind auch zu verschieden als dass sie im Hinblick auf Qualität und Effizienz verglichen werden könnten. Sie bieten jeweils ihre Vor- und Nachteile, dazu gibt es z.B. fundierte Hinweise in diversen Beiträgen der RabelsZ; gerade innerhalb der EU-Institutionen, aber auch anderen internationalen Institutionen ist man sich dessen auch durchaus bewusst, gerade der Synergieeffekt führt zu sehr guten Ergebnissen. Die Relevanz des deutschen Rechts selbst würde ich im internationalen Vergleich angesichts der Übertragung von nicht gerade wenigen Rechtsinstituten bis hin zu ganzen Zivilgesetzbüchern auch nicht unterschätzen. Der Grund zur Wahl englischen Rechts hat oft auch eher praktische, rechtliche Gründe (etwa rechtliche Unsicherheit bezüglich der strengen AGB-Prüfung des BGHs), stellt aber seit jeher keinen Hinderungsgrund für die Beratung durch deutsche Anwälte dar.
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sai
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von sai »

Suchender_ hat geschrieben:Wenn die universitäre Lehre nicht auf die Abschlussprüfungen vorbereiten soll, dann ist sie zu mindestens 90 % überflüssig. Denn die "Weitergabe der Forschungsergebnisse" ist allenfalls für die Minderheit an Studierenden relevant, die eine Promotion anstreben.
Wie stehst du denn zu der Frage in anderen Fächern?

Gilt das auch für Informatik, Ingenieurswesen oder Theaterwissenschaften?
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Samson »

Und Geschichte, Philosophie, Germanistik, Soziologie...?
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Tibor »

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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Wozu Geschichte, Vergangenheit ist Vergangenheit, man muss nach vorne schauen!

Wozu Philosophie, das Leben findet nicht in den Köpfen, sondern auf den Straßen statt.

Wozu Soziologie, 1 Jahr im Knast und man weiß Bescheid.

Dass die Germanisten alle arbeitslos sind, weiß auch jeder, wozu also diese Geldverschwendung an der Uni! :D

Schau Dir die Politik an, da hast Du genug Theater. Man sollte dieses Laster nicht noch wissenschaftlich kultivieren. [-X
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Blaumann »

thh hat geschrieben:
Blaumann hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:Du hast bisher noch nicht deine Behauptung belegen können, dass das Studium der Rechtswissenschaften an einer inländischen Universität vorrangig der Examensvorbereitung nach den JAG der Länder dienen soll.
Das ergibt sich doch bereits aus der Systematik der JAGs und JAPOs?

Die Gesetze schreiben einen bestimmten Unterrichtskanon (kleine und große Übungen in den Hauptrechtsgebieten und Grundlagenfächer) vor.
Also keine Vorlesungen ...
"Kleine Übung" = Vorlesung + Arbeitsgemeinschaft + Abschlussklausur
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Blaumann »

Levi hat geschrieben:
Universitätsstudium und staatliche Berufszugangsprüfungen sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Dinge. Sie gehören weder historisch noch aktuell notwendigerweise zusammen. Kein Mensch käme beispielsweise auf den Gedanken, dass die Universitäten auf die Steuerberater-, Wirtschaftsprüfer- oder Patentanwaltsprüfung vorbereiten müssten.
Die genannten Prüfungen sind Berufszugangsprüfungen, die im Anschluss an ein absolviertes Universitätsstudium abgelegt werden. Die 1. Juristische Prüfung schließt hingegen das Studium des Rechts ab und setzt die Immatrikulation für das Fach Rechtswissenschaft voraus. Sinnvoller Vergleichspunkt für das Steuerberaterexamen etc. wäre daher das Zweite Staatsexamen nicht das Erste.

Es mag historisch in Preußen so gewesen sein, dass das Studium der Rechte und die juristische Staatsprüfung sachlich völlig getrennt gewesen sind, in der modernen deutschen Juristenausbildung ist es jedenfalls nicht mehr der Fall, siehe JAGs und JAPOs.

Es wäre übrigens interessant zu wissen, ob das preußische Staatsexamen von 1850 tatsächlich nicht die Immatrikulation im Studium der Rechte voraussetzte.
Die Universitäten haben einen Forschungs- und Lehrauftrag, aber nicht den Auftrag, auf das optimale Bestehen staatlicher Prüfungen vorzubereiten. Sie tun das zwar heute - im eigenen Interesse - auch, aber obligatorisch ist das nicht. Noch vor 20-30 Jahren war es wohl so (jedenfalls wenn man den entsprechenden Erzählungen älterer Juristen Glauben schenken darf), dass es nicht einmal Examensklausurenkurse und Uni-Reps gegeben hat, sondern man insoweit vollständig auf die kommerziellen Repetitorien angewiesen war.
Und vor 60-70 Jahren gab es noch nicht einmal Arbeitsgemeinschaften, die die Fakultäten erst Schrittweise von der Referendarsausbildung an den Landgerichten übernahmen.

Der Umstand, dass die meisten Universitäten sich sehr bemüht zeigen, das Studienangebot an die Anforderungen des Staatsexamens anzupassen, spricht meines Erachtens sehr dafür, dass man sich dort dort der eigenen Verantwortung sehr wohl bewusst ist.
Die JAG verpflichten zwar die Studierenden zum Besuch bestimmter Veranstaltungen und zum Erwerb bestimmten Wissens. Daraus folgt jedoch keine Verpflichtung der Universitäten, diese auch möglichst optimal vorzubereiten. Zwar müssen Veranstaltungen zum Pflichtstoff von den Universitäten angeboten werden, eine bestimmte Art und Qualität wird jedoch nicht verlangt.
Aus der Lehrfreiheit ergibt sich, dass der Hochschullehrer seine Vorlesung frei gestalten kann. Aus der Berufsfreiheit der Studenten ergibt sich jedoch auch, dass der Staat sie zum Ablegen einer Prüfung nicht zum Besuch von Veranstaltungen verpflichten darf, die mit dem Prüfungsziel nichts zu tun haben. Der Hochschullehrer ist also im Sinne praktischer Konkordanz selbst gehalten, den Pflichtfachstoff so zu vermitteln, dass den Studenten die Aneignung von anwendungsbereitem Wissen ermöglicht wird.
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Blaumann »

Candor hat geschrieben:
Blaumann hat geschrieben:Ich glaube, in keinem anderen universitären Fach käme man auf die Idee eine solche künstliche Trennung zu konstruieren. In meinem Geschichtsstudium war es jedenfalls völlig klar, dass die Veranstaltungen von Grund- und Hauptstudium dazu dienen sollen, die wesentlichen Inhalte und vor allem Methodenkenntnisse zu vermitteln, um am Ende eine entsprechende wissenschaftliche Arbeit abzuliefern.
Du erwähnst Dein Geschichtsstudium: Warum sollte es den Uni-Professoren nur um die Lehre gehen, wenn doch so viel an Geschichte aufzuarbeiten ist? Es muss doch ein höheres Ziel geben, das über eine reine Vermittlung von Lernstoff hinausgeht, sonst gäbe es keinen Fortschritt im jeweiligen Fachbereich.
Wo soll ich das denn vertreten haben? Ich habe aufgezeigt, dass die universitäre Lehre im Fach Geschichte den Zweck verfolgt, die Studenten auf den Abschluss vorzubereiten und sie zu Historikern auszubilden. Natürlich lässt der Professor seine eigene Forschung einfließen. Wo widerspricht sich das?

Und warum sollte sich das in der Rechtswissenschaft widersprechen?
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Levi »

Blaumann hat geschrieben:
Levi hat geschrieben: Universitätsstudium und staatliche Berufszugangsprüfungen sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Dinge. Sie gehören weder historisch noch aktuell notwendigerweise zusammen. Kein Mensch käme beispielsweise auf den Gedanken, dass die Universitäten auf die Steuerberater-, Wirtschaftsprüfer- oder Patentanwaltsprüfung vorbereiten müssten.
Die genannten Prüfungen sind Berufszugangsprüfungen, die im Anschluss an ein absolviertes Universitätsstudium abgelegt werden. Die 1. Juristische Prüfung schließt hingegen das Studium des Rechts ab und setzt die Immatrikulation für das Fach Rechtswissenschaft voraus. Sinnvoller Vergleichspunkt für das Steuerberaterexamen etc. wäre daher das Zweite Staatsexamen nicht das Erste.

Es mag historisch in Preußen so gewesen sein, dass das Studium der Rechte und die juristische Staatsprüfung sachlich völlig getrennt gewesen sind, in der modernen deutschen Juristenausbildung ist es jedenfalls nicht mehr der Fall, siehe JAGs und JAPOs.
Die erste juristische (Staats-)Prüfung ist die Berufszugangsprüfung zum Rechtsreferendariat. Der Unterschied zum Steuerberaterexamen besteht nur in der Art des Berufs.

Die 1. Juristische Prüfung schließt im Übrigen nicht das Studium der Rechtswissenschaften ab. Das ist ja auch der Grund, warum man für gewöhnlich zwei Urkunden bekommt. Einerseits das Zeugnis über die bestandene 1. Juristische Prüfung als Berufszugangsprüfung (mit dem Landeswappen), mit der sich in den meisten Bundesländern zugleich die Befugnis ergibt, die Berufsbezeichnung "Rechtsreferendar" o. ä. zu führen und andererseits die Diplom- oder LL.B-Urkunde (mit dem Universitätssiegel). Letzteres ist erforderlich, weil die 1. Juristische Prüfung eben formal kein Studienabschluss ist und auch noch niemals gewesen ist.
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Blaumann »

Levi hat geschrieben:Die 1. Juristische Prüfung schließt im Übrigen nicht das Studium der Rechtswissenschaften ab.
§ 1 Abs. 2 JAG Berlin: 'Das Universitätsstudium wird mit der ersten juristischen Prüfung abgeschlossen.'
Das ist ja auch der Grund, warum man für gewöhnlich zwei Urkunden bekommt. Einerseits das Zeugnis über die bestandene 1. Juristische Prüfung als Berufszugangsprüfung (mit dem Landeswappen), mit der sich in den meisten Bundesländern zugleich die Befugnis ergibt, die Berufsbezeichnung "Rechtsreferendar" o. ä. zu führen und andererseits die Diplom- oder LL.B-Urkunde (mit dem Universitätssiegel). Letzteres ist erforderlich, weil die 1. Juristische Prüfung eben formal kein Studienabschluss ist und auch noch niemals gewesen ist.
Nein, das ist nicht der Grund. Die Verleihung des Diplom-Grades wurde in jüngerer Zeit eingeführt, weil die 1. Juristische Prüfung/das 1. Staatsexamen keinen akademischen Grad verleiht. Gleichwohl ist sie ein Hochschulabschluss, s.o. Ein Absolvent der 1. Juristischen Prüfung ist Akademiker, ganz egal, ob er sich für 20 € von der Uni eine Diplom-Urkunde ausstellen lässt oder nicht.

"Diplom-Jurist" klingt halt schöner und vor allem griffiger als "Absolvent der 1. Juristischen Prüfung". Einen tieferen Grund als diese (für die Betroffenen allerdings oft wichtige) Geschmacksfrage gibt es dafür nicht. Es gibt immer noch mehrere Unis in Deutschland, die keinen entsprechenden Titel verleihen.
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Re: Enscheidungsfindung, Krise

Beitrag von Levi »

Wenn du der Meinung bist, dass ein Hochschulabschluss auch noch durch irgendeine andere InstitutIon als durch eine Hochschule verliehen werden kann, dann sei es eben so. Wir werden hier keinen Konsens erzielen. 
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