Torquemada hat geschrieben:In einer Seminararbeit besteht i.d.R. kein Anlass, das "Meinungsbild" zu einer Rechtsfrage vollständig nachzuweisen. Extrapunkte gibt es für derartige Fleißarbeiten jedenfalls nicht.
Ich habe nicht von "vollständig" gesprochen. Das gelingt selbst in Habilitationen kaum, sofern es nicht um ganz spezielle Rechtsfragen geht, weil dazu mittlerweile schlicht viel zu viel veröffentlicht wird. Ich teile aber die Einschätzung nicht, dass es dafür generell keine "Extrapunkte" gibt. Ich weiß sogar positiv, dass diese "Fleißarbeit" von diversen Prüfern erwartet wird, wenn man Noten im oberen Notenbereich erreichen möchte.
Was das für eine bestimmte Quelle bedeutet, muss man dann eben im Einzelfall entscheiden.
Eben deshalb ist diese Einteilung doch wenig sinnvoll. Bleiben wir einmal bei den von mir genannten Kurzkommentaren: Der Palandt versteht sich sicherlich nicht als reiner Spiegel der Rechtsprechung; das variiert von Bearbeiter zu Bearbeiter, aber im Großen und Ganzen besteht hier zumindest auch auch ein gewisser wissenschaftlicher Anspruch. Gleiches gilt für den Handkommentar von Schulze et alii (der sogar durchweg aus der Feder habilitierter Rechtswissenschaftler stammt). Natürlich wird hier bei vielen Fragen nur die Rechtsprechung referiert, schon weil man gar nicht den Platz für eine weitergehende Vertiefung hat, aber oftmals findet man eben auch (mehr oder weniger) knappe eigene Stellungnahmen, in deren Rahmen die Position der Rechtsprechung begrüßt oder (mit weiteren Nachweisen aus der Lit) kritisiert wird. Diese Vorgehensweise ist typisch für Kurzkommentare, und natürlich ist auch das eine relevante Beteiligung am wissenschaftlichen Diskurs. Wenn ich dann in einer Seminararbeit zB in einer Fußnote nicht nur belege, dass in einem bestimmten Fachaufsatz eine "Mindermeinung" entwickelt worden ist, sondern dass sie inzwischen auch in einem der verbreiteten Kurzkommentare Zustimmung gefunden hat, dann ist das ein schöner und sinnvoller Nachweis.
Ich stimme dir ja vollkommen zu, dass die Quellen, die man bei rechtsdogmatischen Fragen am intensivsten nutzen wird, letztlich typischerweise Fachaufsätze, Dissertationen, Habilitationen und ggf sonstige Monographien sein werden. Aber selbstverständlich kann man auch andere Quellen (einschließlich Kurzkommentaren, -lehrbüchern und Praxishandbüchern) nutzen, und oftmals ist es auch sinnvoll. Man muss schon schauen, ob die Quelle wirklich einen eigenen Standpunkt vertritt, aber die Regelvermutung, die du oben aufgestellt hast, ist so mE schlicht nicht zulässig.