Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Tobias__21
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Tobias__21 »

Tibor hat geschrieben:Habs: § 66 Abs 3 BWO!
Ajo. Der objektive Tatbestand ist schon erfüllt. Subjektiv dürfte es aber wohl scheitern, da § 107c subjektiv voraussetzt herauszufinden wie ein anderer gewählt hat.
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Honigkuchenpferd
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Nein, es ist beileibe nicht klar, dass § 66 III BWO bei einem selbst erstellten Foto erfüllt ist. Eher im Gegenteil.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Tobias__21 »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:Nein, es ist beileibe nicht klar, dass § 66 III BWO bei einem selbst erstellten Foto erfüllt ist. Eher im Gegenteil.
Streit um Kaisers Bart, subjektiv scheitert 107c.
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Tibor
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Tibor »

Warum? "Wer einer dem Schutz des Wahlgeheimnisses dienenden Vorschrift in der Absicht zuwiderhandelt, sich oder einem anderen Kenntnis davon zu verschaffen, wie jemand gewählt hat, ..." Jemand kann auch der Täter selbst sein, oder? Ist jemand nicht das gleich wie "sich oder einen anderen"? Kenne mich aber im Strafrecht nicht genug aus, wie der BGH hier differenziert.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Tobias__21 hat geschrieben:
Honigkuchenpferd hat geschrieben:Nein, es ist beileibe nicht klar, dass § 66 III BWO bei einem selbst erstellten Foto erfüllt ist. Eher im Gegenteil.
Streit um Kaisers Bart, subjektiv scheitert 107c.
Nein, das ist schon ein wesentlicher Punkt. Soweit mir bekannt, wird deshalb nämlich von niemandem angenommen, dass das Fotografieren bei der Briefwahl rechtlich ein Problem ist.

Darüber hinaus spricht § 107c StGB in diesem Zusammenhang von "jemand", nicht ein anderer. Gerade deshalb ist es ja nicht so einfach.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Tobias__21 »

Tibor hat geschrieben:Warum? "Wer einer dem Schutz des Wahlgeheimnisses dienenden Vorschrift in der Absicht zuwiderhandelt, sich oder einem anderen Kenntnis davon zu verschaffen, wie jemand gewählt hat, ..." Jemand kann auch der Täter selbst sein, oder? Ist jemand nicht das gleich wie "sich oder einen anderen"? Kenne mich aber im Strafrecht nicht genug aus, wie der BGH hier differenziert.
Wie soll ich mir selbst von meinem Wahlergebnis Kenntnis durch den Verstoß einer Wahlschutzvorschrift verschaffen? Ich weiß ja wohl selbst am Besten was ich wähle / gewählt habe. :) Damit kann nur ein anderer gemeint sein, alles andere wäre absurd.

Und mE ist der § 66 III selbstverständlich erfüllt. Wenn ich meinen Wahlvorgang fotografiere und öffentlich mache ist Art. 38 GG verletzt. Das ist genau das gleiche, als würde ich in der Wahlkabine rumschreien, dass ich gerade die AfD wähle.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Tobias__21 »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:
Tobias__21 hat geschrieben:
Honigkuchenpferd hat geschrieben:Nein, es ist beileibe nicht klar, dass § 66 III BWO bei einem selbst erstellten Foto erfüllt ist. Eher im Gegenteil.
Streit um Kaisers Bart, subjektiv scheitert 107c.
Nein, das ist schon ein wesentlicher Punkt. Soweit mir bekannt, wird deshalb nämlich von niemandem angenommen, dass das Fotografieren bei der Briefwahl rechtlich ein Problem ist.

Darüber hinaus spricht § 107c StGB in diesem Zusammenhang von "jemand", nicht ein anderer. Gerade deshalb ist es ja nicht so einfach.
Gut, wenn man darauf abstellt, dass der Täter anderen davon Kenntnis verschafft wie "jemand" (in Bezug auf den Täter selbst) gewählt hat, dann schon. Kann man so sehen, ja. Würde auch Sinn machen und umfassenden Schutz des Wahlgeheimnisses gewähren. Überzeugt mich aber nicht.
Zuletzt geändert von Tobias__21 am Montag 23. Oktober 2017, 20:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Nein, damit kann nicht nur ein anderer gemeint sein, weil es auch genügt, anderen Kenntnis zu verschaffen.

ME ist es schon mit dem Wortlaut kaum zu vereinbaren, ein Foto als "Beobachtung" zu bewerten. Gegen deine Auslegung spricht auch, dass § 66 III 1 BWO ausdrücklich nur auf § 56 VIII BWO verweist, nicht auch auf § 56 II 2 BWO, der jetzt erst aufgenommen worden ist.
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Ara
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Ara »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:Ohne den Aufsatz gelesen zu haben: Meines Erachtens ist der Straftatbestand schon nach dem Wortlaut nicht erfüllt, weil „wie jemand gewählt hat“ nicht durch das Foto eines Wahlzettels zur Kenntnis gelangen kann. „Wählen“ ist nicht das Ankreuzen, sondern das Einwerfen/Abschicken. Niemand weiß, ob der Wahlzettel überhaupt abgeschickt wurde.
Und was ist, wenn die Aufsichtsperson an der Urne, nachdem ich auf meinem Stimmzettel das bzw die Kreuzchen gemacht habe, mal eben den Wahlzettel zur "Nachschau" haben möchte? Vielleicht sagt sie mir auch, sie möchte nur sicherstellen, dass der Stimmzettel auch wirksam ist? Ist der Tatbestand dann auch nicht verwirklicht, weil ich ja noch gar nicht gewählt habe? Hängt die Tatbestandsmäßigkeit davon ab, ob ich den Stimmzettel später noch einwerfe?

Insofern dürfte doch wohl eher der gesamte Wahlvorgang erfasst sein (der natürlich auch das Ausfüllen des Stimmzettels umfasst), und die Frage ist nur, an wen sich § 107c StGB richtet und wessen Interessen die Norm dient.
Die Ansicht widerspricht aber dem gesamten Wahlgesetz. Das Wahlgesetz sieht in allen Fällen, wo das Wahlgeheimnis irgendwie beeinträchtigt sein kann, vor, dass der Wahlzettel vor den Augen des Wahlvorstandes vernichtet werden muss und eine erneute Wahlabgabe (dann geheim) zu erfolgen hat. Nach deiner Ansicht wäre das Wahlgeheimnis zu diesem Zeitpunkt aber schon gebrochen. Das Wahlgesetz sagt dagegen "Das Wahlgeheimnis kann mit DIESEM Stimmzettel nicht mehr gewahr bleiben, aber mit einem neuen Stimmzettel geht das".

Sinn und Zweck des Wahlgeheimnisses ist es nämlich gerade nicht, dass jemand erfährt, was ich möglicherweise wählen möchte. Darum steht es auch nicht unter Strafe, wenn ich vorher oder nachher oder gar aus dem Wahllokal rausrufe "Ich wähle jetzt Partei X". Aus dem Grund sind auch Wahlumfragen kein Problem.

Geschützt ist einzig und alleine die Kenntnis, welche Stimme ich tatsächlich wirksam abgegeben habe. Denn Sinn und Zweck des Wahlgeheimnisses ist es doch gerade, dass kein Dritte Druck auf mich ausübt und kontrollieren kann, welche Partei ich gewählt habe. Das ist aber gerade nicht gegeben, wenn ich zwar zeige was ich angekreuzt habe, aber nicht nachvollziehbar ist, ob die Stimme auch wirklich so abgegeben wurde.

Wenn wir fiktiv davon ausgehen, dass der Wähler W von Droher D bedroht wird, er wird umgebracht wenn er nicht die A-Partei wählt. Und W macht ein Foto wie er im Stringtanga die A-Partei ankreuzt. Schickt diesen aber nicht ab, sondern geht mit seinen Briefwahlunterlagen in sein Wahllokal, wo seine Briefwahlunterlagen vernichtet werden und er einen neuen Stimmzettel ausgehändigt bekommt und kreuzt dort die B-Partei an, dann ist das Wahlgeheimnis gar nicht berührt.

Sinn und Zweck der Norm (untwe Berücksichtigung des Sinn und Zwecks des Wahlgeheimnisses) kann daher nur sein, dass ausschließlich die wirksame Stimmabgabe geschützt ist und nicht irgendwelche Vorbereitungshandlungen.
Zuletzt geändert von Ara am Montag 23. Oktober 2017, 20:19, insgesamt 2-mal geändert.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Tobias__21 »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:Nein, damit kann nicht nur ein anderer gemeint sein, weil es auch genügt, anderen Kenntnis zu verschaffen.

ME ist es schon mit dem Wortlaut kaum zu vereinbaren, ein Foto als "Beobachtung" zu bewerten. Gegen deine Auslegung spricht auch, dass § 66 III 1 BWO ausdrücklich nur auf § 56 VIII BWO verweist, nicht auch auf § 56 II 2 BWO, der jetzt erst aufgenommen worden ist.
Neben (zumindest bedingtem) Vorsatz bzgl. der Zuwiderhandlung erfordert der subjektive Tatbestand die Absicht, sich oder einem anderen Kenntnis von der Stimmabgabe eines Dritten zu verschaffen. Dies setzt den zielgerichteten Willen voraus, darüber Kenntnis zu erlangen, wie jemand gewählt hat, und nicht lediglich darüber, ob jemand überhaupt seine Stimme abgegeben hat (Fischer Rn. 3; NK-StGB/Wohlers/Kargl Rn. 2).

(BeckOK StGB/Valerius StGB § 107c Rn. 3, beck-online)

Der BeckOK ist auf meiner Seite
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Ara hat geschrieben:Die Ansicht widerspricht aber dem gesamten Wahlgesetz. Das Wahlgesetz sieht in allen Fällen, wo das Wahlgeheimnis irgendwie beeinträchtigt sein kann, vor, dass der Wahlzettel vor den Augen des Wahlvorstandes vernichtet werden muss und eine erneute Wahlabgabe (dann geheim) zu erfolgen hat. Nach deiner Ansicht wäre das Wahlgeheimnis zu diesem Zeitpunkt aber schon gebrochen. Das Wahlgesetz sagt dagegen "Das Wahlgeheimnis kann mit DIESEM Stimmzettel nicht mehr gewahr bleiben, aber mit einem neuen Stimmzettel geht das".
Das wäre selbstverständlich nicht der Fall, wenn es einen hinreichenden Grund für ein solches Verlangen gäbe, dann würde es auch gar nicht im Widerspruch zu Vorschriften stehen, die dem Schutz des Wahlgeheimnisses dienen. Ansonsten denke ich eher, dass deine "Auslegung" offensichtlich in keiner Weise mit Sinn und Zweck des Gesetzes zu vereinbaren und halt eine fixe Idee ist.

Aus dem MüKo, § 107c Rn. 5:
Die Tathandlung besteht in dem Verstoß gegen eine dem Schutz des Wahlgeheimnisses dienende Vorschrift (→ Rn. 1). Sie kann zB durch Kennzeichnung von Stimmzetteln, Einblicknahme in Wahlkabinen (etwa Nutzung von Spiegeln) oder Öffnen von Wahlumschlägen bzw. Entfalten von Stimmzetteln vor deren Einwurf in die Wahlurne begangen werden.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Tobias__21 »

Ara hat geschrieben: Sinn und Zweck der Norm (untwe Berücksichtigung des Sinn und Zwecks des Wahlgeheimnisses) kann daher nur sein, dass ausschließlich die wirksame Stimmabgabe geschützt ist und nicht irgendwelche Vorbereitungshandlungen.

Auch dieser Wahlgrundsatz erfasst nicht nur die Stimmabgabe selbst – das BVerfG spricht von der „unbeobachteten Erzeugung der Stimme“ (BVerfGE 123, 39 (76) = NVwZ 2009, 708 (712)) –, sondern darüber hinaus auch die Phase der Wahlvorbereitung.
76
(BeckOK GG/Butzer GG Art. 38 Rn. 75-77, beck-online)
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Tobias__21 hat geschrieben:Neben (zumindest bedingtem) Vorsatz bzgl. der Zuwiderhandlung erfordert der subjektive Tatbestand die Absicht, sich oder einem anderen Kenntnis von der Stimmabgabe eines Dritten zu verschaffen. Dies setzt den zielgerichteten Willen voraus, darüber Kenntnis zu erlangen, wie jemand gewählt hat, und nicht lediglich darüber, ob jemand überhaupt seine Stimme abgegeben hat (Fischer Rn. 3; NK-StGB/Wohlers/Kargl Rn. 2).

(BeckOK StGB/Valerius StGB § 107c Rn. 3, beck-online)

Der BeckOK ist auf meiner Seite
Man kann das natürlich so sehen. Man kann aber auch das Gegenteil vertreten. Ich habe ja oben gerade deshalb darauf hingewiesen, dass dieser Punkt nicht so einfach ist und man sich fragen muss, welchen Schutzzweck die Vorschrift hat. Bei anderen findest du diese Einschränkung dementsprechend auch nicht.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Ara »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:Die Ansicht widerspricht aber dem gesamten Wahlgesetz. Das Wahlgesetz sieht in allen Fällen, wo das Wahlgeheimnis irgendwie beeinträchtigt sein kann, vor, dass der Wahlzettel vor den Augen des Wahlvorstandes vernichtet werden muss und eine erneute Wahlabgabe (dann geheim) zu erfolgen hat. Nach deiner Ansicht wäre das Wahlgeheimnis zu diesem Zeitpunkt aber schon gebrochen. Das Wahlgesetz sagt dagegen "Das Wahlgeheimnis kann mit DIESEM Stimmzettel nicht mehr gewahr bleiben, aber mit einem neuen Stimmzettel geht das".
Das wäre selbstverständlich nicht der Fall, wenn es einen hinreichenden Grund für ein solches Verlangen gäbe, dann würde es auch gar nicht im Widerspruch zu Vorschriften stehen, die dem Schutz des Wahlgeheimnisses dienen. Ansonsten denke ich eher, dass deine "Auslegung" offensichtlich in keiner Weise mit Sinn und Zweck des Gesetzes zu vereinbaren und halt eine fixe Idee ist.

Aus dem MüKo, § 107c Rn. 5:
Die Tathandlung besteht in dem Verstoß gegen eine dem Schutz des Wahlgeheimnisses dienende Vorschrift (→ Rn. 1). Sie kann zB durch Kennzeichnung von Stimmzetteln, Einblicknahme in Wahlkabinen (etwa Nutzung von Spiegeln) oder Öffnen von Wahlumschlägen bzw. Entfalten von Stimmzetteln vor deren Einwurf in die Wahlurne begangen werden.
Da drückt sich Müller mE im MüKo einfach undeutlich aus, aber wichtig ist "vor deren Einwurf in die Wahlurne". Es muss also nach der Beobachtung auch zu einer Stimmabgabe kommen.

In BeckOK ist der Fall sogar ausdrücklich genannt:

"Beispiele für Verhaltensweisen, die mangels entgegenstehender blankettausfüllender Norm nicht von § 107c erfasst sind:

Beobachten eines Wählers beim Ausfüllen seiner Briefwahlunterlagen durch eine Privatperson (OLG Celle Nds. Rpfl. 1961, 134; Greiser NJW 1978, 927 (928));"
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Tobias__21 »

Wäre doch eigentlich ein Thema für "Fischer im Recht". Der Meister wird es wissen, oder auch nicht ;)
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