Grundrechtsbindung Verwaltungsprivatrecht

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Tobias__21
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Grundrechtsbindung Verwaltungsprivatrecht

Beitrag von Tobias__21 »

Hallo,

wie weit geht eigentlich die Grundrechtsbindung wenn sich die Gemeinde einer GmbH o.ä bedient um eine freiwillige Aufgabe zu erfüllen? Nehmen wir eine öffentliche Einrichtung. Auf der Stufe des "wie" werden ja privatrechtliche Verträge mit der GmbH abgeschlossen. Eine Flucht ins Privatrecht ist der Gemeinde ja verwehrt :) Kennt man. Gleichwohl kann die Gemeinde freiwillige Aufgaben auch durch Private erfüllen lassen, oder durch eine eigene GmbH. Muss dann jeder Vertragspartner im Lichte des Art. 3 GG wirklich gleich behandelt werden? Art. 3 spielt ja immer eine Rolle. Aber würde es bspw. soweit gehen, dass die GmbH (ggf. über Einwirkung der Gemeinde) jedem die gleichen Vertragsbedingungen (bspw. Entgelt, Mietdauer, etc.) anbieten muss? Das kann ja eigentlich nicht sein :-k Oder muss man hier tatsächlich sachliche Gründe für den Abschluss unterschiedlicher Verträge anführen? Die Gemeinde muss bei freiwilligen Aufgaben m.E. etwas freier sein. Sie könnte sich dieser Aufgabe ja auch einfach wieder entledigen, bspw. eine Schwimmbad schließen.

Was ich mir vorstellen könnte ist, dass wenn bspw. ein Weihnachtsmarkt stattfindet (also mehrere Bewerber gleichzeitig zugelassen werden) die Verträge einigermaßen gleich sein müssen, was die Standmiete angeht, ggf. abhängig von Größe des Standes. Aber eben berechenbar. Mir geht es aber eher um Fälle in denen die Verträge nacheinander geschlossen werden. Bspw. eine Miete der Stadthalle. Muss man dann Mieter Y den gleichen Mietzins anbieten wie Mieter X davor?
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Levi
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Re: Grundrechtsbindung Verwaltungsprivatrecht

Beitrag von Levi »

Darauf, ob es eine Pflichtaufgabe oder eine freiwillige Aufgabe der Gemeinde ist, kommt es für die (unmittelbare) Grundrechtsbindung der kommunalen GmbH nicht an. [hier unterstellt, die GmbH stehe im Allein- oder Mehrheitseigentum der Gemeinde.]

vgl. zu deinem Schwimmbadbeispiel: BVerfG · Beschluss vom 19. Juli 2016 · Az. 2 BvR 470/08

Das bedeutet aber natürlich nicht, dass immer und von allen der gleiche Preis für die Leistung verlangt werden muss. Sonst dürfte es ja z.B. auch keine unterschiedlichen Preise für Kinder, Familien, Sozialleistungsempfänger etc. geben.

Eine solche "Gleichmacherei" widerspräche dem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG gerade. Das Grundrecht verbietet ja nicht nur wesentlich Gleiches willkürlich ungleich zu behandeln, sondern auch wesentlich Ungleiches willkürlich gleich. Oder mit der "neuen Formel" des BVerfG: es verbietet eine Differenzierung, wenn zwischen vergleichbaren Normadressaten keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können.

Von daher darf von Mieter Y ein anderer Preis verlangt werden als von Mieter X, wenn zwischen beiden Miet-Konstellationen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können; aber eben auch nur dann. Ob dem so ist, ist eine Frage des Einzelfalls.
Tobias__21
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Re: Grundrechtsbindung Verwaltungsprivatrecht

Beitrag von Tobias__21 »

Danke! Ich hatte tatsächlich im Kopf, dass je nach Aufgabe eine abgeschwächte Grundrechtsbindung besteht. Das klingt auch in der BVerfG Entscheidung an, dass das von einigen Gerichten so gehandhabt wurde. Da muss ich mal die Verweise checken.

Man müsste sich dann also bei jedem Vertrag auf der Stufe des "wie" die Frage stellen, ob ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung vorliegt. Da könnte man ja sicher auch auf die Leistungsfähigkeit eines Bewerbers abstellen, oder? Wenn bspw. Uli Hoenes seine Würstchen auf dem Weihnachtsmarkt verkaufen will, dürfte es doch gerechtfertigt sein von ihm eine höhere Standmiete zu verlangen, also vom Metzger um die Ecke? :D Auch Kriterien wie "bekannt und bewährt" dürften auf der Stufe des "wie" doch sicher zulässige sachliche Gründe sein. Das ist ja schon auf der Stufe des "ob" ein zulässiges Auswahlkriterium, nur nicht für sich alleine genommen. Dann dürfte das ja auf der zweiten Stufe erst Recht angeführt werden.
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