Neuer 111n Abs.4 StPO?
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Neuer 111n Abs.4 StPO?
Hallo, ich bin ein Postgrad-Student in Taiwan. Ich habe mir das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung in Deutschland angesehen. Der neuer 111n StPO lautet:
(1) Wird eine bewegliche Sache, die nach § 94 beschlagnahmt oder auf andere Weise sichergestellt oder nach § 111c Absatz 1 beschlagnahmt worden ist, für Zwecke des Strafverfahrens nicht mehr benötigt, so wird sie an den letzten Gewahrsamsinhaber herausgegeben.
(2) Abweichend von Absatz 1 wird die Sache an den Verletzten herausgegeben, dem sie durch die Straftat entzogen worden ist, wenn dieser bekannt ist.
(3) Steht der Herausgabe an den letzten Gewahrsamsinhaber oder den Verletzten der Anspruch eines Dritten entgegen, wird die Sache an den Dritten herausgegeben, wenn dieser bekannt ist.
Die Herausgabe erfolgt nur, wenn ihre Voraussetzungen offenkundig sind.
Ist der Satz „Die Herausgabe erfolgt nur, wenn ihre Voraussetzungen offenkundig sind.“ Abs.4 oder Abs.3 S.2? Ich finde, dass der Satz in dem Entwurf ausdrücklich Abs.4 war, aber dann ist „(4)“ entfallen. Gilt der Satz noch für die Herausgabe an den Verletzten oder den letzten Gewahrsamsinhaber?
(1) Wird eine bewegliche Sache, die nach § 94 beschlagnahmt oder auf andere Weise sichergestellt oder nach § 111c Absatz 1 beschlagnahmt worden ist, für Zwecke des Strafverfahrens nicht mehr benötigt, so wird sie an den letzten Gewahrsamsinhaber herausgegeben.
(2) Abweichend von Absatz 1 wird die Sache an den Verletzten herausgegeben, dem sie durch die Straftat entzogen worden ist, wenn dieser bekannt ist.
(3) Steht der Herausgabe an den letzten Gewahrsamsinhaber oder den Verletzten der Anspruch eines Dritten entgegen, wird die Sache an den Dritten herausgegeben, wenn dieser bekannt ist.
Die Herausgabe erfolgt nur, wenn ihre Voraussetzungen offenkundig sind.
Ist der Satz „Die Herausgabe erfolgt nur, wenn ihre Voraussetzungen offenkundig sind.“ Abs.4 oder Abs.3 S.2? Ich finde, dass der Satz in dem Entwurf ausdrücklich Abs.4 war, aber dann ist „(4)“ entfallen. Gilt der Satz noch für die Herausgabe an den Verletzten oder den letzten Gewahrsamsinhaber?
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Re: Neuer 111n Abs.4 StPO?
Das steht jetzt in Absatz 3 Satz 2. Gesetze recherchierst du am besten hier:
https://dejure.org/gesetze/StPO/111n.html
(Neuerdings weist dejure auch Sätze ausdrücklich durch die hochgestellten Zahlen aus. Früher fehlte das, und man musste selber zählen.)
Im Bundesgesetzblatt sieht das ein bisschen aus wie die Unterabsätze, die das Europarecht kennt. Da es das im deutschen Recht jedoch nicht gibt und die Angabe (4) fehlt, ist es definitiv Absatz 3 Satz 2.
https://dejure.org/gesetze/StPO/111n.html
(Neuerdings weist dejure auch Sätze ausdrücklich durch die hochgestellten Zahlen aus. Früher fehlte das, und man musste selber zählen.)
Im Bundesgesetzblatt sieht das ein bisschen aus wie die Unterabsätze, die das Europarecht kennt. Da es das im deutschen Recht jedoch nicht gibt und die Angabe (4) fehlt, ist es definitiv Absatz 3 Satz 2.
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Neuer 111n Abs.4 StPO?
Das ist mE schon ein Versehen des Bundesanzeigerverlags, denn beschlossen wurde mit (4).
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/116/1811640.pdf
Das Gesetz ist mit „(4)“ zustande gekommen iSv Art 82 Abs 1 GG.
EDIT sagt: Eine spätere Berichtigung ohne neues Gesetzgebungsverfahren dürfte zulässig sein: BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 1978 – 2 BvL 8/74 –, BVerfGE 48, 1-29.
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/116/1811640.pdf
Das Gesetz ist mit „(4)“ zustande gekommen iSv Art 82 Abs 1 GG.
EDIT sagt: Eine spätere Berichtigung ohne neues Gesetzgebungsverfahren dürfte zulässig sein: BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 1978 – 2 BvL 8/74 –, BVerfGE 48, 1-29.
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Re: Neuer 111n Abs.4 StPO?
Verrückt. Die Möglichkeit, dass allen Ernstes die Verkündung vom Gesetzesbeschluss abweichen könnte, habe ich gar nicht in Erwägung gezogen. Ich dachte, die hätten das einfach während des Gesetzgebungsverfahrens geändert.
Dann wäre die Vorschrift tatsächlich als Absatz 4 zustande gekommen. Fraglich ist nur, was man jetzt bis zu einer (etwaigen) Berichtigung schreiben soll. Ich würde ja bei Absatz 3 Satz 2 bleiben.
Dann wäre die Vorschrift tatsächlich als Absatz 4 zustande gekommen. Fraglich ist nur, was man jetzt bis zu einer (etwaigen) Berichtigung schreiben soll. Ich würde ja bei Absatz 3 Satz 2 bleiben.
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Re: Neuer 111n Abs.4 StPO?
m.E. gilt die von BT/BR beschlossene Gesetzesfassung, also Absatz 4; also wenn man von der "Notarfunktion" des Bundespräsidenten ausgeht und ihm kein materielles Prüfungsrecht einräumt.
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Re: Neuer 111n Abs.4 StPO?
Dogmatisch lässt sich das gut hören (wobei ich das nicht am Prüfungsrecht aufhängen würde); ich dachte aber eher an Klausuren und Co, wo das sicherlich einigermaßen Verwirrung stiften würde.
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Re: Neuer 111n Abs.4 StPO?
Klar, in der Klausursituation ist man auf den Gesetzestext angewiesen, der einem ausgeteilt wird. Im Zweifel wird man dann einfach den Normtext im Volltext wiedergeben, damit keine Zweifel am Verweis bleiben.
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Re: Neuer 111n Abs.4 StPO?
Vielen Dank für Ihre schnelle Antworten!
Ich möchte herausbekommen, ob der Satz noch für die Fälle von Abs.1 oder 2 gilt, aber es gibt keine Antwort in der Literatur.
Ich möchte herausbekommen, ob der Satz noch für die Fälle von Abs.1 oder 2 gilt, aber es gibt keine Antwort in der Literatur.
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Re: Neuer 111n Abs.4 StPO?
Die meisten Kommentare haben sich der Änderung noch nicht angenommen.
Da der eigentliche Absatz 4 aber nur versehentlich so publiziert worden ist, ist es sehr naheliegend, dass die Vorschrift auch für Absatz 1 und 2 gilt. Davon geht auch Huber im BeckOK aus, der die Vorschrift auch ausdrücklich als "Abs. 4" bezeichnet (§ 111n StPO Rn. 10):
Da der eigentliche Absatz 4 aber nur versehentlich so publiziert worden ist, ist es sehr naheliegend, dass die Vorschrift auch für Absatz 1 und 2 gilt. Davon geht auch Huber im BeckOK aus, der die Vorschrift auch ausdrücklich als "Abs. 4" bezeichnet (§ 111n StPO Rn. 10):
F. Entscheidung über Herausgabe
Die Entscheidung über die Herausgabe erfolgt nach Aktenlage ohne Beweisaufnahme und kann in jedem Verfahrensstadium, auch noch nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens, erfolgen. Die Herausgabe darf nach § 111n Abs. 4 nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen offenkundig sind. Sind die Voraussetzungen für die Herausgabe nicht offenkundig, dauert die Beschlagnahme der Sache fort. Sie wird dann als möglicher Gegenstand der verfahrensabschließenden Einziehungsentscheidung weiter benötigt. Die StA kann allerdings den Antragsteller unter Fristsetzung auffordern, seinen Anspruch auf Herausgabe ggf. durch Vorlage eines zivilrechtlichen Titels nachzuweisen.
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Re: Neuer 111n Abs.4 StPO?
Das ist zutreffend dargestellt.Tibor hat geschrieben:Das ist mE schon ein Versehen des Bundesanzeigerverlags, denn beschlossen wurde mit (4).
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/116/1811640.pdf
Das Gesetz ist mit „(4)“ zustande gekommen iSv Art 82 Abs 1 GG.
EDIT sagt: Eine spätere Berichtigung ohne neues Gesetzgebungsverfahren dürfte zulässig sein: BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 1978 – 2 BvL 8/74 –, BVerfGE 48, 1-29.
Das entsprechende formlose Berichtigungsverfahren richtet sich nach § 61 GGO und kommt gar nicht so selten vor.
Wie die Gesetzesmaterialien eindeutig belegen, war der letzte Satz des Paragraphen als eigener Absatz gemeint und sollte sich auf die Absätze 1-3 beziehen (vgl. insbesondere die amtliche Begründung zu Absatz 4 in BT-Drs.18/9525, S. 84). Das Gesetz ist mit vier Absätzen zustande gekommen.
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Re: Neuer 111n Abs.4 StPO?
https://buzer.de/ war auf meinen Hinweis hin so nett, eine Fußnote anzufügen; das BMJV hat mir mitgeteilt, dass ein Berichtigungsverfahren in die Wege geleitet werde.Tibor hat geschrieben:Das ist mE schon ein Versehen des Bundesanzeigerverlags, denn beschlossen wurde mit (4).
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Re: Neuer 111n Abs.4 StPO?
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