Hab' mal Björn Höckes Rede (vom 21.11.2015), die für die Formulierung "lebensbejahender Ausbreitungstyp trifft auf selbstverneinenden Platzhaltertyp" (auf die ich jetzt nicht eingehe) kritisiert worden war, genauer angehört:
https://www.youtube.com/watch?v=ezTw3ORSqlQ
Die Rede enthält einige ganz interessante Gedanken:
Zum 9. November 1989, ca. Minute 5:00:
Höcke hat geschrieben:Ich wohnte damals im Rheinland, mein Vater und ich schauten uns diese Tagesschau-Sendung gemeinsam an, und diese Ankündigung [von Günter Schabowski] hat uns damals gefühlsmäßig überwältigt. ...
Mein Vater sagte einen Satz, den ich niemals vergessen werde. Er sagte: "Das ist das Ende des Deutschen Volkes".
Natürlich lehnte mein Vater die kommunistische Diktatur in der DDR ab. Aber er verfolgte auch die seit Jahrzehnten ablaufende Multikulturalisierung Westdeutschlands. Und er sah das Anwachsen der nichtassimilierten Parallelgesellschaften in den Ballungsgebieten des Westens. Und die DDR war - trotz ihrer ideologischen Ferne zu uns - für ihn ein Staat, in dem noch diese über Jahrhunderte gewachsene und belastbare Vertrauensgemeinschaft intakt war.
Von einer solchen Reaktion auf die Maueröffnung habe ich bisher noch nie gehört. Sicher, es gab 1989 schon die Deutschtürken und die EG-Niederlassungsfreiheit. Aber von Überfremdung oder von einer "seit Jahrzehnten ablaufenden Multikulturalisierung Westdeutschlands" habe ich in meinem Umfeld nichts mitbekommen. Davon redete auch niemand. Gut, die Grünen forderten die "multikulturelle Gesellschaft". Aber das war nur eine weitere verrückte grüne Vision, die man gar nicht weiter beachtete. Das war noch keine Bedrohung. Seltsam, daß damals jemand schon so empfunden haben soll.
Minute 32:15:
Höcke hat geschrieben:Noch lebt der Bundesbürger in der Annahme, daß für alles jemand zuständig ist.
Für die Sicherheit ist die Polizei zuständig, für die Bildung ist der Lehrer zuständig, und für die Gesundheit der Onkel Doktor.
Nun haben wir aber doch folgendes zu beobachten: Polizisten verfolgen keine Verbrecher mehr, weil es viel zu viele sind und sie ja doch nicht abgeurteilt werden.
Die Justiz wendet das Recht nicht mehr an, weil der Zeitgeist Milde fordert und die Gefängnisse überbelegt sind.
Und der Lehrer macht weniger als "Dienst nach Vorschrift", weil seine Bildungsarbeit in der Multikulti-Klasse sowieso ergebnislos verpufft.
Die Ineffizienz des eigenen Tuns wird gerade von den staatsnahen und damit staatsstabilisierenden Berufen täglich erlebt.
Die Zuständigen treten den Rückzug aus der Zuständigkeit an.
Minute 2:20:
Höcke hat geschrieben:Wir Konservativen ... haben eine gewisse Staatsnähe. Und wenn wir einen wohlgeordneten Staat hätten, dann wären wir Konservative bestimmt nicht Verleger geworden wie Götz Kubitschek oder Politiker geworden wie jetzt seit einigen Jahren Björn Höcke, sondern wir wären Lehrer an einer Universität geworden oder an einem Gymnasium, wir wären vielleicht Juristen im höheren Verwaltungsdienst geworden, oder wir wären Offizier in der Armee geworden.
Das wären wir geworden, wenn man uns dienen lassen würde.
Denn wir wollen dienen, wir wollen unserem Land dienen, und wir wollen unserem Staat dienen.
Aber man läßt uns nicht dienen, bzw. der Zustand dieses Staates ist nicht der, daß man sagt, man möchte diesem Staat in seinem jetzigen Zustand auch noch dienen. Nein.
Wir sind heute auch hier zusammengekommen, um ... Lösungen zu finden und Perspektiven zu eröffnen, wie wir diesen Staat wieder in einen Zustand der Wohlordnung versetzen können.
Das ist das erste Mal, daß ich höre, daß ein Politiker in seiner Rede an Personen denkt, die im höheren Verwaltungsdienst tätig sein möchten.