Kenntnis des Mangels - oder konkludente Vertragsänderung?
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Kenntnis des Mangels - oder konkludente Vertragsänderung?
Guten Tag,
nach 442 I 1 kann der Käufer keine Mängelrechte geltend machen, wenn er den Mangel bei Vertragsschluss kennt. Ihc frage mich, wieso man dann überhaupt von einem Mangel spricht und nicht vielmehr eine (konkludente) Vertragsänderung im Hinblick auf die Beschaffenheit anzunehmen ist, wenn der Vertrag in Kenntnis des Mangels geschlossen wird. In was für Fällen kommt es nun auf den 442 I 1 an und man kann nicht eine konkludente Vertragsänderung annehmen?
nach 442 I 1 kann der Käufer keine Mängelrechte geltend machen, wenn er den Mangel bei Vertragsschluss kennt. Ihc frage mich, wieso man dann überhaupt von einem Mangel spricht und nicht vielmehr eine (konkludente) Vertragsänderung im Hinblick auf die Beschaffenheit anzunehmen ist, wenn der Vertrag in Kenntnis des Mangels geschlossen wird. In was für Fällen kommt es nun auf den 442 I 1 an und man kann nicht eine konkludente Vertragsänderung annehmen?
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Re: Kenntnis des Mangels - oder konkludente Vertragsänderung
Weil der Verkäufer den Mangel in der Regel auch nicht kennt. Und man für deinen Vorschlag zwei übereinstimmende WEen bräuchte. Was Du vielleicht meinst ist eine negative Beschaffenheitsvereinbarung? Eine solche neg. Beschaffenheitsvereinbarung kann auch konkludent getroffen werden, wenn der zugrunde liegende Vertrag formfrei ist.
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Re: Kenntnis des Mangels - oder konkludente Vertragsänderung
Danke, ich beziehe mich auf einen SV, indem der Verkäufer dem Käufer einen Wagen für 15.000 € verkauft und ihn vor Vertragsschluss darauf hinweist, dass der Wagen einen Motor- und Getriebeschaden hat. Kurz nach der Übergabe macht der Käufer dann die Mängelrechte geltend. In der Lösung dazu werden diese ausgeschlossen wegen 442, aber hier haben sich also beide über den Mangel unterhalten...
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Re: Kenntnis des Mangels - oder konkludente Vertragsänderung
Und die Lösung nimmt nicht Stellung zu einer negativen Beschaffenheitsvereinbarung? Die käme in Betracht, wenn sich beide darüber einig waren, dass der Wagen mit Getriebeschaden geschuldet sein soll. Ist das nicht der Fall, dann ist tatsächlich 442 einschlägig.
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Re: Kenntnis des Mangels - oder konkludente Vertragsänderung
Nein, leider ist die Lösung sehr knapp formuliert. Dies ist nur eine Fallvariante.
In der Variante davor verkauft der VK dem K einen Wagen für 15.000 €, wobei der Wagen im schriftlichen KV als Bastlerfahrzeug um Ausschlachten bezeichnet wird. Kurz nach Übergabe entdeckt der K dann den Motor- und Getriebeschaden und verlangt Rückzahlung des Kaufpreises, nachdem VK jede Nacherfüllung ablehnt.
In der Lösung wird zum Thema Mangel zunächst angedacht, dass ein solcher nicht vorliegt, wenn eine subjektive Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt im Hinblick auf ein FZ zum Ausschlachten. Es wird dann aber weitergesagt, dass nach §§ 133, 157 angesichts des Kaufpreises übereinstimmend der Verkauf eines Funktionsfähigen Fzs gewollt war (falsa demonstratio non nocet; Fall nach OLG Oldenburg ZGS 2004, 75), deswegen liegt ein Mangel vor und K kann ohne Fristsetzung zurücktreten.
Die Variante, um die es mir geht, nimmt eben auf diese Bezug, nur dass diesmal das FZ nicht als Bastlerfz. bezeichnet wird und der VK den K auf die Schäden vorher hinweist
In der Variante davor verkauft der VK dem K einen Wagen für 15.000 €, wobei der Wagen im schriftlichen KV als Bastlerfahrzeug um Ausschlachten bezeichnet wird. Kurz nach Übergabe entdeckt der K dann den Motor- und Getriebeschaden und verlangt Rückzahlung des Kaufpreises, nachdem VK jede Nacherfüllung ablehnt.
In der Lösung wird zum Thema Mangel zunächst angedacht, dass ein solcher nicht vorliegt, wenn eine subjektive Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt im Hinblick auf ein FZ zum Ausschlachten. Es wird dann aber weitergesagt, dass nach §§ 133, 157 angesichts des Kaufpreises übereinstimmend der Verkauf eines Funktionsfähigen Fzs gewollt war (falsa demonstratio non nocet; Fall nach OLG Oldenburg ZGS 2004, 75), deswegen liegt ein Mangel vor und K kann ohne Fristsetzung zurücktreten.
Die Variante, um die es mir geht, nimmt eben auf diese Bezug, nur dass diesmal das FZ nicht als Bastlerfz. bezeichnet wird und der VK den K auf die Schäden vorher hinweist
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Re: Kenntnis des Mangels - oder konkludente Vertragsänderung
Wenn das so kleine Fällchen sind, wollen die wohl lediglich die einschlägigen Normen vermitteln.
Wichtig ist, dass Du weisst, was eine negative Beschaffenheitsvereinbarung ist. Das ist dann aber keine konkludente Vertragsänderung, sondern dann ist die Sache von Anfang an unter Normalbeschaffenheit geschuldet. Man kann die negative Beschaffenheitsvereinbarung auch nachträglich treffen, was dann wohl eine "Vertragsänderung" wäre. Eine Vertragsänderung ist aber ihrerseits natürlich ein Vertrag, § 311 BGB, und setzt zwei korrespondierende Willenserklärungen voraus. Nur weil der Käufer eine mangelhafte Sache in Kenntnis des Mangels annimmt, kann er den Vertrag nicht einseitig ändern. Evtl. kann eine Vertragsanpassung verlangt werden. Etwa über § 313 BGB. Mit irgendwelchen konkludenten Verträgen wäre ich generell eher vorsichtig. Dafür braucht man dann schon gewisse Anhaltspunkte. Man muss das halt auslegen und wenn man einen hohen Kaufpreis zahlt (wie in deinem Fall) spricht das schon dafür, dass man eine funktionstüchtige Sache haben will (§§ 133, 157). Und natürlich aufpassen wenn der ursprüngliche Vertrag formbedürftig war (etwa bei einem Grundstückskauf).
Wichtig ist, dass Du weisst, was eine negative Beschaffenheitsvereinbarung ist. Das ist dann aber keine konkludente Vertragsänderung, sondern dann ist die Sache von Anfang an unter Normalbeschaffenheit geschuldet. Man kann die negative Beschaffenheitsvereinbarung auch nachträglich treffen, was dann wohl eine "Vertragsänderung" wäre. Eine Vertragsänderung ist aber ihrerseits natürlich ein Vertrag, § 311 BGB, und setzt zwei korrespondierende Willenserklärungen voraus. Nur weil der Käufer eine mangelhafte Sache in Kenntnis des Mangels annimmt, kann er den Vertrag nicht einseitig ändern. Evtl. kann eine Vertragsanpassung verlangt werden. Etwa über § 313 BGB. Mit irgendwelchen konkludenten Verträgen wäre ich generell eher vorsichtig. Dafür braucht man dann schon gewisse Anhaltspunkte. Man muss das halt auslegen und wenn man einen hohen Kaufpreis zahlt (wie in deinem Fall) spricht das schon dafür, dass man eine funktionstüchtige Sache haben will (§§ 133, 157). Und natürlich aufpassen wenn der ursprüngliche Vertrag formbedürftig war (etwa bei einem Grundstückskauf).
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Re: Kenntnis des Mangels - oder konkludente Vertragsänderung
An dieser Stelle mal ein Lob für Tobias_21, dessen (juristische) Beiträge seit Jahren an Qualität immer mehr zunehmen.
P.S.: Wie gehts der Fistel?
P.S.: Wie gehts der Fistel?
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Re: Kenntnis des Mangels - oder konkludente Vertragsänderung
Ich danke Dir für das Lob. Aus deinem Munde ehrt mich das sehr Den Seitenhieb mit der Fistel konntest Du dir wohl nicht verkneifen Es geht ihr aber sehr gut. Keine Spur davon, dass das eine rezidivierende Geschichte wird, was bei Fisteln öfter vorkommt, selbst bei der Schlachtermethode, die von vielen noch als Mittel der Wahl verkauft wird. Ich bin jedenfalls froh, dass ich das mit der neuen Lasertechnik habe machen lassen. Kann ich nur jedem empfehlen, den das Problem ereiltOJ1988 hat geschrieben:An dieser Stelle mal ein Lob für Tobias_21, dessen (juristische) Beiträge seit Jahren an Qualität immer mehr zunehmen.
P.S.: Wie gehts der Fistel?
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Re: Kenntnis des Mangels - oder konkludente Vertragsänderung
Oh, klär mich mal auf: Was ist die "Schlachtermethode"?
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Re: Kenntnis des Mangels - oder konkludente Vertragsänderung
Na gut, ich will mal nicht so sein. Die Fistel wird komplett freigelegt und dann gespalten und entfernt. Das zieht i.d.R größere Wunden nach sich, die offen verheilen müssen. Die granulieren dann von unten nach oben und es dauert Wochen bis Monate, bis die Wunde wieder zu ist. Natürlich ist das dann auch ziemlich eklig, weil sich Wundflüssigkeit bildet. Körperlich arbeiten kannst du da nicht und die Wunde muss mehrmals täglich ausgeduscht und mit Kompressen abgedeckt werden. Und da Fisteln echt häufig vorkommen (gerade bei Männern), machen die natürlich schön Cash mit diesen Operationen. Man muss ja da auch ein paar Mal zur Wundkontrolle und Nachsorge, was man schön abrechnen kann. Der Laser hingegen ist sehr teuer in der Anschaffung und es geht unter lokal Anästhesie (ich habe aber Vollnarkose vorgezogen, weil ich ein Weichei bin) und man ist sofort wieder fit. Keine Wunde, keine Nachsorge, keine Narbe, kein gar nix.OJ1988 hat geschrieben:Oh, klär mich mal auf: Was ist die "Schlachtermethode"?
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Re: Kenntnis des Mangels - oder konkludente Vertragsänderung
In der Tat, es handelt sich da um so kleine Fällchen; im Einzelfall wird das sicher mal anders zu beurteilen sein, danke für Deine Hilfe