Verbeamtung / Psychotherapie

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

Carlos84
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Re: Verbeamtung / Psychotherapie

Beitrag von Carlos84 »

Ist euch da eigentlich eine Abstufung bekannt? Also dass bspw. Hauterkrankungen zwar auch anzugeben sind, aber weniger schlimm wiegen und das idR kein Problem darstellt als zB. Erkrankungen des Nervensystems? Gibt es so eine Abstufung oder kommt es da wirklich - egal ob es eine Allergie oder die Entfernung von Muttermalen ist - drauf an, wie es sich im konkreten Fall ausgewirkt hat (sprich: war man länger krankgeschrieben deswegen etc.)?

Ich habe schonmal gesehen, dass zB nach einer Hausstaub- oder Insektenallergie gefragt wurde...kann mir absolut nicht vorstellen, selbst wenn man das bejaht, dass allein dies dazu führen würde, dass man als Jurist nicht verbeamtet wird (es sei denn man hat seinen Bürostuhl im Bienenstock), sondern sowas meinem Eindruck nach doch wohl eher nur pro forma der Rundumabfrage des Bewerbers dient?!

Gerade was Allergien, Neurodermitis etc. angeht - was ja heutzutage auch leider häufiger auftritt als noch vor Jahrzehnten: das sollte m.E. an sich nicht schwer ins Gewicht wiegen (sofern der Kandidat nicht wirklich extrem davon beeinträchtigt ist und es so schlimm ist, dass er bereits die letzten Jahre viele Krankheitstage deswegen hatte).
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famulus
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Re: Verbeamtung / Psychotherapie

Beitrag von famulus »

Ich glaub endgültig raus ist man nur bei Sachen am Gesäß.
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Tobias__21
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Re: Verbeamtung / Psychotherapie

Beitrag von Tobias__21 »

famulus hat geschrieben:Ich glaub endgültig raus ist man nur bei Sachen am Gesäß.
:onlyamother: Wird das auch abgefragt? Dann verweis ich aufs Forum. Ist austherapiert :D
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Tobias__21
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Re: Verbeamtung / Psychotherapie

Beitrag von Tobias__21 »

@Duschgriff:

Ich will mich ja den Argumenten gar nicht verschließen, die sehe ich auch. Ich kenne auch die Rechtsprechung zu dem Thema. Allerdings sind das gewichtige Eingriffe und dass man das ja alles freiwillig macht ist eben kein Argument. Es gibt auch Stimmen aus der Literatur, die eine Übertragung der Grundsätze des BAG auf das Beamtenverhältnis fordern. In der Wirtschaft darf eben nicht alles zeitlich unbegrenzt nach Belieben abgefragt werden. Sicher, großes öffentliches Interesse, schon klar, sind ja Beamte mit anderem Status als ein Arbeitnehmer. Wobei sich mir dann die Frage stellt, ob es das tatsächlich braucht, dass man Beamte nicht krankheitsbedingt "kündigen" darf. Und ob es im Hinblick auf das Teilhaberecht des Art. 33 GG nicht ggf. sinnvoller wäre das Beamtenrecht zu reformieren. Mir ist natürlich auch klar, dass es auch seinen Sinn hat, dass gerade Richter, Soldaten und Polizisten einen umfassenderen Schutz genießen. Ich werde das aber dennoch mal durchdenken, da ich die Frage doch relativ interessant finde, ob wir heutzutage noch ein Beamtentum (zumindest in der jetzigen Form) überhaupt brauchen. Ich komme da aber gerade auch von Pontius zu Pilatus, weswegen ich das Thema jetzt hier auch ruhen lassen ;)
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Re: Verbeamtung / Psychotherapie

Beitrag von Liz »

@Carlos: Vergegenwärtige Dir schlichtweg die oben zitierte Rechtsprechung des BVerwG: es muss schon Einiges zusammenkommen, um beim Amtsarzt "durchzufallen". Nachdem heute selbst Asthma grds kein Problem ist, wird man auch mit vielen Allergien (bei denen immer eine Verschlechterung eintreten kann) oder minimalen Hauterkrankungen kein Problem haben - außer dass die PKV ggf teurer ist. Aber es sind natürlich möglicherweise in einer Gesamtschau relevante Faktoren, ob ein Bewerber 10 Unverträglichkeiten und Allergien hat und eine weitere Verschlechterung droht oder ob ggf eine Vielzahl an verschiedenen Risikofaktoren zusammenkommen.
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Ara
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Re: Verbeamtung / Psychotherapie

Beitrag von Ara »

Carlos84 hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:Man muss auch beachten, dass in vielen Bundesländern die "amtsärztliche Untersuchung" aktuell nur noch aus dem Zusenden eines Fragebogens besteht... Das heißt das "Bejahen" der Frage führt überhaupt erst zu einer persönlichen Untersuchung und einer Entscheidung. Sinn und Zweck der "Eingangsfragen" ist es daher die völlig unproblematischen Fälle durchzuwinken.
Welche Bundesländer sind das denn? Eine körperliche Untersuchung findet dann ggf. auch gar nicht mehr statt (mit diesen Spielchen wie "nach vorne Beugen und den Boden berühren", Hörtest etc) sondern es wird rein anhand des Fragebogens darüber entschieden? :eeeek: Dann kann man sich ja auch mal ruhig 2cm größer und 5kg leichter machen. :D
Also aus Hamburg weiß ich es 100% für Verwaltungsbeamte (afaik betrifft es aber alle Juristen). Meines Wissens ist das hier aber keine Exklusivität in Hamburg, sondern auch in einigen anderen Bundesländern Standard. In der Regel sehen die Bewerber hier den Amtsarzt daher wirklich nicht. Auch wenn gängige Allergien wie Heuschnupfen angekreuzt werden, wird man regelmäßig ohne persönliche Untersuchung durchgewunken.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Verbeamtung / Psychotherapie

Beitrag von Liz »

@Tobias: eine Kündigung kranker Beamter dürfte mit der Fürsorgepflicht nicht in Einklang zu bringen sein. Zumal es zu der rein praktischen Folgefrage führte, wie deren Absicherung für den Fall der Dienstunfähigkeit aussehen soll.
Tobias__21
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Re: Verbeamtung / Psychotherapie

Beitrag von Tobias__21 »

Liz hat geschrieben:@Carlos: Vergegenwärtige Dir schlichtweg die oben zitierte Rechtsprechung des BVerwG: es muss schon Einiges zusammenkommen, um beim Amtsarzt "durchzufallen". Nachdem heute selbst Asthma grds kein Problem ist, wird man auch mit vielen Allergien (bei denen immer eine Verschlechterung eintreten kann) oder minimalen Hauterkrankungen kein Problem haben - außer dass die PKV ggf teurer ist. Aber es sind natürlich möglicherweise in einer Gesamtschau relevante Faktoren, ob ein Bewerber 10 Unverträglichkeiten und Allergien hat und eine weitere Verschlechterung droht oder ob ggf eine Vielzahl an verschiedenen Risikofaktoren zusammenkommen.
Eine Pollenallergie, die bei mir damals wirklich ausgeprägt war, hat bei der Musterung für T1 gereicht. Erst auf mein Bitten, dass ich im Sommer wirklich nicht draußen sein kann, und er doch bitte T2 draus machen soll, meinte der Arzt : "Na, gut, sie wollen ja eh verweigern". Denke also nicht, dass man da Probleme kriegen wird. Eine Freundin von mir hat Epilepsie und wurde auch verbeamtet.
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Re: Verbeamtung / Psychotherapie

Beitrag von Tobias__21 »

Liz hat geschrieben:@Tobias: eine Kündigung kranker Beamter dürfte mit der Fürsorgepflicht nicht in Einklang zu bringen sein. Zumal es zu der rein praktischen Folgefrage führte, wie deren Absicherung für den Fall der Dienstunfähigkeit aussehen soll.
Ich muss mich da wie gesagt erst ein bisschen einlesen, das sind nur Gedankenspiele, ohne wirkliche Substanz. Dafür sind meine Kenntnisse in dem Bereich zu bescheiden. Eine Absicherung dürfte man aber irgendwie hinbekommen, da sehe ich jetzt nich unbedingt das Problem. Ggf. die Besoldung höher und ein Teil geht in eine Art Fonds/Rentenkasse für den Krankheitsfall und man bildet Rückstellungen, ähnlich wie bei normalen Versicherungen. Aber lassen wir das :) Wenn meine Gedanken ausgereift sind, mache ich mal einen neuen Thread dazu auf, oder auch nicht. Aber erst nach dem Examen :D
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thh
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Re: Verbeamtung / Psychotherapie

Beitrag von thh »

Tobias__21 hat geschrieben:Ich werde das aber dennoch mal durchdenken, da ich die Frage doch relativ interessant finde, ob wir heutzutage noch ein Beamtentum (zumindest in der jetzigen Form) überhaupt brauchen.
Es wäre sicherlich kein Schaden, wenn man auch Beamte schlicht entlassen könnte; es würde vieles erleichtern. Von Trump lernen heißt ... äh ... Egal.
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Re: Verbeamtung / Psychotherapie

Beitrag von Tobias__21 »

thh hat geschrieben:
Tobias__21 hat geschrieben:Ich werde das aber dennoch mal durchdenken, da ich die Frage doch relativ interessant finde, ob wir heutzutage noch ein Beamtentum (zumindest in der jetzigen Form) überhaupt brauchen.
Es wäre sicherlich kein Schaden, wenn man auch Beamte schlicht entlassen könnte; es würde vieles erleichtern. Von Trump lernen heißt ... äh ... Egal.
:laughing6: :laughing6: Meinen Kumpel, den alten Amtsinspektor Sesselfurzer, würde ich als allererstes entlassen
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Re: Verbeamtung / Psychotherapie

Beitrag von RefinBY »

Hallöchen,

ich habe kürzlich die amtsärztliche Untersuchung gehabt (angeordnet vom Justizministerium) und kann dazu folgendes berichten:

- zur Untersuchung: es wird schon mehr oder minder umfangreich alles abgeprüft/getestet: Blutdruck, Hörtest, Sehtest, Körpergewicht und -größe, Gleichgewichtssinn, Beweglichkeit, etc.

- zum Thema Psychotherapie: ich selbst habe vor ca. 4. Jahren eine Therapie wegen sozialer Phobie gemacht. Hatte richtig Angst, dass die Verbeamtung deshalb ins Wasser fällt und hatte mir davor gut überlegt, ob ich das angebe oder nicht und falls ja wie. Hab es dann angegeben und die Ärztin hat selbstverständlich nachgefragt und wollte die Ursache, die genaue Diagnose und die Behandlungsdauer wissen. Solch ein Befund musste ich dann auch von dem Therapeuten nachreichen (Diagnose und Dauer). Sie hat dann auch Symptome abgefragt und abgefragt, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung damals war. Ich war allgemein sehr ehrlich, aber natürlich auch sehr positiv und hab das gut verargumentiert (das können wir Juristen ja ;) ). Sie hat dann gemeint, das schlimmste was mir passieren könnte ist, dass sie ein Zusatzgutachten von einem Facharzt (sprich einem Psychiater) anfordert, bevor sie meine Dienstfähigkeit bestätigen kann. Das dauert dann allerdings aber, so dass ich meinen Einstellungstermin nicht hätte wahrnehmen können. Das hat sie dann aber nicht gemacht. Sie hat intern mit einem Psychiater gesprochen und mich dann für gesundheitlich geeignet erklärt. Ich denke, wichtig ist insbesondere die Prognose, was du aus der Therapie mitgenommen hast (positiver Ausblick) und ob du tatsächlich arbeitsunfähig warst wegen der psychischen Erkrankung. Wenn du dir in einer schwierigen Situation Hilfe geholt hast, bewerten das viele Amtsärzte als positiv. Die schwächste Diagnose ist übrigens eine Anpassungsstörung. Evtl. kann man vor Therapiebeginn auch mit dem Therapeuten offen über die anzugebende Diagnose sprechen ;)

- zudem habe ich Neurodermitis und Allergien. Das war so gut wie gar kein Thema, sie wollte lediglich wissen, ob ich diesbezüglich Medikamente einnehme. Ich denke solche Erkrankungen sind nicht so relevant, insbesondere wenn man bislang keine Ausfallzeiten deswegen hatte und die Erkrankung nicht schwerwiegend ist.

- allgemein wird viel zu viel Panik gemacht. Die Ärzte sind wirklich nett und der Staat braucht ja auch Leute.

Grüße und viel Erfolg
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