Tobias__21 hat geschrieben:Kommt es eigentlich öfter vor, dass Mandanten ihrem Verteidiger die Straftat gestehen und dann erwarten, dass der Verteidiger sie trotzdem rausholt? Der Verteidiger muss ja nicht dabei mitwirken, dass der Strafanspruch des Staates auch verwirklicht wird, aber wenn der Verteidiger von der Schuld des Mandanten weiß, kommt er doch relativ schnell in den Bereich des § 258 StGB.
Kommt fast nie vor. Entweder sagen die Leute "Ich wars, ich wills gestehen" oder die Leute sagen, vor allem bei beschämenden Taten, sie waren es nicht. Häufig einfach weil sie sich auch vor sich selbst schämen. Das Zwischending ist, dass sie den Vorwurf abschwächen (z.B. war ein Unglück statt Vorsatz). Alle Jubeljahre kommt mal wer und sagt "Ich hab X gemacht, was mach ich nun?". Dann sagste "Sie gestehen und kriegen Y Jahre Freiheitsstrafe oder sie schweigen und nach aktueller Beweislage sieht es gut aus, dass sie freigesprochen wurde". Ich habe übrigens noch keinen gesehen, der sich für die 2. Variante entschieden hat (wenn es um Freiheitsstrafen geht). Was man manchesmal bei Wirtschaftsstrafsachen hat sind Leute die irgendwann dann mal sagen "Der X (das Opfer) hat es doch genauso gemacht. Was soll ich dran glauben und er steht hier als Opfer". Aber auch das ist nach meiner Erfahrung eher selten.
Manchesmal merkt man aber natürlich, dass die Mandanten schlicht lügen. Ihre Story ergibt gar keinen Sinn. Aber wir hatten hier letzten nen versuchten Mord und der Mandant erzählte uns eine absolut abenteuerliche und abstruse Story. Insbesondere bei einem Tatbeitrag war es völlig fernliegend, dass nicht unser Mandant das gewesen sein soll, sondern ein Mittäter. Das haben wir ihm dann auch so gesagt, dass ihm niemand seine Story so glauben wird, insbesondere weil seine Mittäter alle sagen, dass er es war und es auch plausibel war... Er hat also sein Geständnis angepasst und gesagt er war das. Was passiert in der Hauptverhandlung? Die Mittäter kippen um und behaupten nun die ursprüngliche absurde Story, die uns der Mandant auch uns ursprünglich erzählte. Die Kammer und StA hat dann mehrfach die Mittäter ausgezählt, warum sie denn so dreist lügen würden und unseren Mandante entlasten, obwohl er es doch selbst eingeräumt hat. Glaub wurde sogar strafschärfend nachher berücksichtigt, dass bis zum Ende gelogen wurde und der Haupttäter versucht wurde gedeckt zu werden.
Das ist dann so eine Geschichte, wo man natürlich auf Seiten der Verteidigung mehr weiß als das Gericht und weiß, dass die Vorwürfe und Feststellungen die die Kammer da trifft, einfach falsch sind. Da wünscht man sich dann manchesmal auch etwas Demut, weil viele Richter dazu neigen tatsächlich zu glauben, dass ihre Feststellungen zur Wahrheit werden. Dabei passiert das nur auf dem Papier.
Fun Story dazu: Anderer Mandant erklärt 5 Minuten vor der Verhandlung er will unbedingt sich einlassen und alles gestehen und dann seine Strafe kassieren und seinen Frieden finden (mit abstrusen Gründen warum). Schon im Vorgespräch wurde ihm gesagt, er wird freigesprochen wenn er schweigt. Naja, also sagt man dem Mandante, er hat den Rat gehört und wenn er gestehen will, dann soll er mal machen. Dann erzählt er in der Hauptverhandlung groß was er alles getan hat und räumt wirklich alles ein wie es war. Das Problem war nur, dass der Tatbestand nen dolus directus voraussetzte, der Mandant aber nur nen dolus eventualis einräumte. Mehrfach hat das Gericht und der Staatsanwalt ihn in die Mangel genommen, ob er es "es nicht doch wollte und es gerade darauf anlegte" und der Mandant sagte immer "Doch klar... Ich hab mir schon gedacht, dass es möglich sei und habs dann so hingenommen" und 5 oder 6 mal hat der Staatsanwalt wirklich genervt nachgefragt und der Mandant wusste gar nicht was die von ihm wollen... Irgendwann sagte er auch "Ich räume hier doch alles ein!".
Im Plädoyer hat der Staatsanwalt dann dreist erzählt, dass er auf Freispruch plädieren muss, dem Mandanten aber kein Wort glaubt, es sei wohl von seiner Verteidigung gut instruiert worden und schloss ab mit "aber wenn sie so weiter machen, dann kriegen wir sie". Wenn der Staatsanwalt wüsste, dass der Mandant einfach nur zu blöd war zum gestehen... Aber das ist ja das was ich auch vorhin meinte: Als Außenstehender weiß man häufig gar nicht, was die Beweggründe dafür sind, warum die Verteidigung nun so agiert wie sie agiert.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11