BGH vs. KG
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- Urs Blank
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BGH vs. KG
Das Kammergericht (Verwaister Link http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/279b/bs/10/page/sammlung.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE205512018&doc.part=L&doc.price=0.0#focuspoint automatisch entfernt) hatte Haftbefehle aufgehoben mit der Begründung, die Sachbehandlung durch den BGH im Revisionsverfahren sei verzögert gewesen. Der 1. Strafsenat antwortet jetzt mit einer umfangreichen Leitsatzentscheidung. Ich fasse zusammen: Er ist sehr böse über die Unbotmäßigkeit des (so wörtlich) Gerichts "geringeren Ranges". Enjoy.
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- batman
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Re: BGH vs. KG
Köstlich!
Das Ganze muss natürlich in BGHSt veröffentlicht werden.
Das Ganze muss natürlich in BGHSt veröffentlicht werden.
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Re: BGH vs. KG
"Kleinteilige Erwägungen", "Im Ansatz richtig", usw.
Aber höre ich da ein leises Mimimi?
Aber höre ich da ein leises Mimimi?
Dies zeigt sich schon am Umfang der Verfahrensakten des Revisionsverfahrens mit
zehn Stehordnern, die neben dem angefochtenen Urteil mit 1.001 Seiten Revisionsbegründungen
der Beschwerdeführer mit zahlreichen Verfahrens- und
Sachrügen, der Staatsanwaltschaft Berlin und von drei Verfallsbeteiligten sowie
Anträge des Generalbundesanwalts und Gegenerklärungen von Verfahrensbeteiligten
enthalten. Dabei umfassen die Revisionsbegründungen der Beschwerdeführer
jeweils drei Stehordner; weitere drei Stehordner beinhalten die Revisionsbegründungen
der Staatsanwaltschaft Berlin und von drei Verfallsbeteiligten,
die Antragsschriften des Generalbundesanwalts und Revisionsgegenerklä-
rungen.
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Re: BGH vs. KG
Großartig!
Der 1. Strafsenat fühlt sich also überfordert, wenn er mit 5 Richtern und diversen wissenschaftlichen Mitarbeitern ca. 75 anhängige Haftsachen im Auge behalten muss und bei Gelegenheit mal den rangniedrigeren Gerichten eine halbe Seite zum aktuellen Bearbeitungsstand schreiben muss, damit diese eine fundierte Haftentscheidung treffen können?
Der 1. Strafsenat fühlt sich also überfordert, wenn er mit 5 Richtern und diversen wissenschaftlichen Mitarbeitern ca. 75 anhängige Haftsachen im Auge behalten muss und bei Gelegenheit mal den rangniedrigeren Gerichten eine halbe Seite zum aktuellen Bearbeitungsstand schreiben muss, damit diese eine fundierte Haftentscheidung treffen können?
- Urs Blank
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Re: BGH vs. KG
Sehr schön auch, wie - mit genügend zeitlichem Abstand - eine "Neigung" des Bundesgerichtshofs zur Gewissheit wird. Und zwar ohne jedes weitere Argument, das über den verschwommenen Hinweis auf die "Verfassung des Gesamtgefüges der Gerichte" hinausgeht:
BGH 5 StR 116/01 hat geschrieben:Soweit es etwa um die Behandlung der beiden Sachen zwischen der Erhebung der Verfassungsbeschwerden und dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2006 gehen kann, neigt der Senat zu der Ansicht, dass einem Gericht grundsätzlich nicht die Möglichkeit eröffnet ist, einen durch ein höherrangiges Gericht begangenen Verstoß der genannten Art gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK festzustellen und zu berücksichtigen, wenn nicht etwa dieses Gericht entsprechende Hinweise gegeben hat. Dies dürfte bereits aus der Verfassung des Gesamtgefüges der Gerichte der Bundesrepublik Deutschland folgen und findet zumindest seine verfahrenspraktische Bestätigung darin, dass dem Gericht geringeren Ranges Kenntnisse zum erfolgten Verfahrensgang beim höherrangigen Gericht fehlen.
Überhaupt eine bestechende Argumentation: Der BGH weigert sich mehr oder weniger apodiktisch, der "Landesjustiz" Informationen über den Verfahrensgang zu vermitteln - und nimmt dann die fehlende Kenntnis der "Landesjustiz" als "verfahrenspraktische Bestätigung" für seine Auffassung, dass diese bei ihren Entscheidungen den Verfahrensgang beim BGH nicht berücksichtigen darf.BGH 1 StR 36/17 hat geschrieben: Wie der Bundesgerichtshof das Verhältnis zum Bundesverfassungsgericht betreffend bereits mit Blick auf die Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung ausgeführt hat, ist einem Gericht grundsätzlich nicht die Möglichkeit eröffnet, einen durch ein höherrangiges Gericht begangenen Verstoß der genannten Art gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK festzustellen und zu berücksichtigen, wenn nicht etwa dieses Gericht selbst entsprechende Hinweise gegeben hat (BGH, Beschluss vom 25. September 2007– 5 StR 116/01, NJW 2008, 307, 310 Rn. 34). Dies folgt bereits aus der Verfassung des Gesamtgefüges der Gerichte der Bundesrepublik Deutschland und findet zumindest seine verfahrenspraktische Bestätigung darin, dass dem Gericht geringeren Ranges Kenntnisse zum erfolgten Verfahrensgang beim höherrangigen Gericht fehlen (BGH aaO).
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Re: BGH vs. KG
Man könnte ja auf die abwegige Idee kommen, dass es einen Preis haben könnte, wenn man nicht mit so Lästigkeiten wie der Haftkontrolle behelligt werden möchte...
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Re: BGH vs. KG
Der Preis wird übrigens in Stehordnern bemessen, der neuen Ersatzwährung für besonders schwierige Fälle.Liz hat geschrieben:Man könnte ja auf die abwegige Idee kommen, dass es einen Preis haben könnte, wenn man nicht mit so Lästigkeiten wie der Haftkontrolle behelligt werden möchte...
Aber im Ernst: Der BGH ist so beschäftigt damit, sein Revier zu markieren, dass sich der rechtssuchende Bürger (hier: seit 3 Jahren und 6 Monaten in Untersuchungshaft wegen eines Steuerdelikts) mit den routiniert abgespulten Beschleunigungsfloskeln begnügen muss.
Tatsächlich steht der Untersuchungsgefangene im Revisionsverfahren dumm da: Zwischen dem BGH, der den Verfahrensgang kennt, aber die Haftfrage nicht entscheiden darf und dem Untergericht, das zwar entscheiden darf, aber den Verfahrensgang nicht kennt (und den BGH auch nicht soll fragen dürfen).
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Re: BGH vs. KG
Das lief schon alles wie geplant, wenn man in die Befangenheitsbeschlüsse zum Fall schaut:
Also merken wir uns: 150 Verfahren, davon mehr als die Hälfte sind Haftsachen. Also wohl irgendwas zwischen 50-65%, sonst hätte man ja zwei Drittel oder drei Viertel geschrieben. Wenn dieses Verfahren mit den 10 Stehordnern (ca 5.000 Blatt) erwähnenswerte 7 Monate Bearbeitungszeit durch WiMi und BE benötigt, dann muss man doch aber für das karge R6 Bund mal Mitleid zeigen.
In der 2. KW wurde dann aber erst über das Befangenheitsgesuchs aus der 1. KW beraten....die Revision des Angeklagten zwar am 4. Mai 2017 zur Kenntnis genommen ..., gleichwohl bis zum 13. Dezember 2017 ... nicht daran gearbeitet hätten. ... erstmals am 13. Dezember 2017 „ein Lebenszeichen“ von sich gegeben habe, als die Berichterstatterin, ..., ein Schreiben des Verteidigers ... beantwortet habe, das bereits vom 18. Mai 2017 datiere. In diesem Schreiben habe die Berichterstatterin mitgeteilt, dass derzeit nicht beabsichtigt sei, über die Revision des Mitangeklagten aufgrund einer Hauptverhandlung zu entscheiden, und dass eine erste Beratung der Sache im Senat für die 2. Kalenderwoche 2018 vorgesehen sei.
Also merken wir uns: 150 Verfahren, davon mehr als die Hälfte sind Haftsachen. Also wohl irgendwas zwischen 50-65%, sonst hätte man ja zwei Drittel oder drei Viertel geschrieben. Wenn dieses Verfahren mit den 10 Stehordnern (ca 5.000 Blatt) erwähnenswerte 7 Monate Bearbeitungszeit durch WiMi und BE benötigt, dann muss man doch aber für das karge R6 Bund mal Mitleid zeigen.
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Re: BGH vs. KG
Wahnsinn. Was haben diese Ausführungen überhaupt in dem Beschluss des BGH verloren? Im Prinzip ist das doch alles nebenbei Gesagtes, oder?
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Re: BGH vs. KG
Der 1. Strafsenat hat neun Richter. Unter sieben Richter hat aktuell kein Strafsenat. Bei den Zivilsenaten sieht es kaum anders aus. Grüchteweise die alte Leipzig-Krux: der nächste neue Senat soll nach Leipzig kommen, damit der 5. Strafsenat nicht mehr so einsam ist.Liz hat geschrieben:Der 1. Strafsenat fühlt sich also überfordert, wenn er mit 5 Richtern und diversen wissenschaftlichen Mitarbeitern ca. 75 anhängige Haftsachen im Auge behalten muss und bei Gelegenheit mal den rangniedrigeren Gerichten eine halbe Seite zum aktuellen Bearbeitungsstand schreiben muss, damit diese eine fundierte Haftentscheidung treffen können?
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Re: BGH vs. KG
Dass es an der "Rutschklausel" liegt, dürfte mehr als ein Gerücht sein
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Re: BGH vs. KG
@Duschgriff: gut zu wissen, macht es indes nicht besser.
Warum ist Leipzig denn so unbeliebt? Verkehrstechnisch liegt Leipzig doch für weite Teile des Bundesgebiets deutlich günstiger als Karlsruhe?
Warum ist Leipzig denn so unbeliebt? Verkehrstechnisch liegt Leipzig doch für weite Teile des Bundesgebiets deutlich günstiger als Karlsruhe?
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Re: BGH vs. KG
Weil man am Karlsruher Gerichts-Hollywood teilnehmen kann. Studiengesellschaft, Fachgruppen, fachlicher Austausch, mehr im Zentrum des Wirkortes des Bundesgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichts steht. Bundesgericht ist Politik auf anderer Ebene. 16 Senate sitzen in Karlsruhe, einer in Leipzig. Das Bordum Leipzig ist einer internen Karriere wahrscheinlich mehr als abträglich.Liz hat geschrieben:Warum ist Leipzig denn so unbeliebt? Verkehrstechnisch liegt Leipzig doch für weite Teile des Bundesgebiets deutlich günstiger als Karlsruhe?
Zuletzt geändert von Einwendungsduschgriff am Samstag 12. Mai 2018, 19:24, insgesamt 1-mal geändert.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Re: BGH vs. KG
Ich wollte es vorsichtig formulieren.batman hat geschrieben:Dass es an der "Rutschklausel" liegt, dürfte mehr als ein Gerücht sein
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Re: BGH vs. KG
Mit Blick auf die Entscheidung des KG (Haftfortdauer unverhältnismäßig wegen Verzögerung des Revisionsverfahrens) drängte durchaus die Frage auf, ob die Angeklagten für die Verzögerung auch noch anderweitig eine Kompensation verlangen können. Und offenbar war es nicht möglich, die kleinteiligen Erwägungen des KG zu widerlegen, so dass man lieber die Gelegenheit genutzt hat, sich gegen die Dreistigkeit des KG zu verwahren.famulus hat geschrieben:Wahnsinn. Was haben diese Ausführungen überhaupt in dem Beschluss des BGH verloren? Im Prinzip ist das doch alles nebenbei Gesagtes, oder?